L 6 RJ 17/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 20 RJ 2010/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 6 RJ 17/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. Januar 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ab dem 01. Februar 2002.

Der im 1950 geborene Kläger absolvierte nach dem Besuch der zehnklassigen Polytechnischen Oberschule im Beitrittsgebiet eine Ausbildung zum Betriebsschlosser in der Zeit vom 1. September 1967 bis zum 01. Januar 1969. Nach dem Wehrdienst war er zunächst bis 1974 in seinem Ausbildungsberuf und danach bis 1989 als LKW-Fahrer versicherungspflichtig beschäftigt. Von Juli 1990 bis Oktober 1992 folgte eine Tätigkeit als Monteur und Lagerarbeiter bei der Firma L TGmbH (Facharbeiterentlohnung lt. Auskunft des Arbeitgebers vom 07. Juli 2003). Zuletzt war der Kläger vom 01. November 1992 bis zum 31. Januar 2002 bei der Firma LGmbH als Lagerarbeiter (Be- und Entladen von LKW’s, Kommissionieren von Ware) mit 38 Stunden wöchentlich beschäftigt. Laut Auskunft der Firma L GmbH vom 28. Mai 2003 handelte es sich um mittelschwere Arbeit im Wechsel der Haltungen, die als ungelernte Tätigkeit eingestuft war. Ab dem 28. November 2001 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Vom 06. Februar 2002 an stand er im Bezug von Leistungen der Bundesagentur für Arbeit.

Am 22. Januar 2002 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung auf Grund rezidivierender Lendenwirbelsäulenbeschwerden nach einem im Jahre 1993 erlittenen und konservativ behandelten Bandscheibenvorfall. Die Beklagte lehnte die Gewährung von Rente wegen voller- bzw. teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach §§ 43, 240 Sechstes Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VI) in der ab 01. Januar 2001 maßgeblichen Fassung (n. F.) mit der Begründung ab, der Kläger könne noch vollschichtig Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten. Dem lag der Entlassungsbericht der SB N vom 30. April 1996 über die medizinische Rehabilitationsmaßnahme vom 02. April bis zum 30. April 1996, das im Auftrag der Beklagten erstattete Gutachten des Orthopäden Dr. Wvom 20. März 2002 und eine beratungsärztliche Stellungnahme der Allgemeinmedizinerin Dr. G vom 27. März 2002 zu Grunde. Danach wurde der Kläger als nicht mehr einsatzfähig in seiner letzten Tätigkeit als Lagerist, jedoch noch leistungsfähig für 6 Stunden und mehr für leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in allen Haltungsarten erachtet. Ausgeschlossen wurden Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten über 12 kg, Überkopfarbeiten / Armvorhalt sowie häufiges Klettern oder Steigen. Auf den Widerspruch des Klägers veranlasste die Beklagte eine weitere Begutachtung durch die Internistin Dr. , die im Gutachten vom 21. Juni 2002 neben dem bereits festgestellten Wirbelsäulensyndrom einen Leberparenchymschaden sowie das Vorliegen einer koronaren Herzkrankheit diagnostizierte. Sie erachtete den Kläger noch als vollschichtig leistungsfähig für leichte körperliche Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten, jedoch ohne Zeitdruck (wie Akkord, Fließband) und Nachtschicht. Des Weiteren begrenzte sie das Hebe- und Tragevermögen auf Lasten bis 10 kg. Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2002 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit der weiteren Begründung zurück, er habe sich von dem erlernten Beruf des Betriebsschlossers gelöst und sei als Lagerist auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.

Mit seiner Klage vor dem Sozialgericht (SG) Berlin hat der Kläger sein Rentenbegehren weiterverfolgt. Das SG hat zunächst Befundberichte von den behandelnden Ärzten (der Allgemeinmedizinerin Dr. L vom 04. November 2002 und des Orthopäden G vom 24. Dezember 2002) angefordert sowie Auskünfte der letzten Arbeitgeber (der Firma L GmbH vom 02. Juni 2003 und 07. Juli 2003 und der Firma L GmbH vom 28. Mai 2003) eingeholt. Anschließend hat der Facharzt für Orthopädie Dr. am 10. September 2003 ein medizinisches Sachverständigengutachten erstattet. Hierbei hat er nach Untersuchung des Klägers vom gleichen Tage sowie Auswertung der mitgebrachten Röntgen- und MRT-Befunde sowie neu angefertigter Röntgenaufnahmen als beim Kläger bestehende Erkrankungen festgestellt:

1. Chronisch degeneratives Lumbalsyndrom mit sensibler L 5-Wurzelirritation rechts (bekannter Nucleusprolaps L 4/5 rechts),

2. chronisches degeneratives HWS-Syndrom bei schwerer Osteochondrosis intervertebralis C 5 – C 7 mit intermittierenden pseudoradikulären Abstrahlungen rechten Arm,

3. Wirbelsäulenfehlhaltung.

Der Sachverständige hat den Kläger noch als vollschichtig leistungsfähig für leichte Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten angesehen. Heben und Tragen von Lasten sei bis 10 kg möglich, Überkopfarbeiten sollten nicht in großem Umfang anfallen. Körperzwangshaltungen und das gehäufte Bücken müssten ebenso wie Arbeiten unter Zeitdruck und auf Leitern und Gerüsten vermieden werden. Der Kläger könne Tageswechselschicht verrichten, die Fingergeschicklichkeit sowie die Belastbarkeit der Arme seien nicht eingeschränkt. Die Wegefähigkeit sei erhalten.

Durch Urteil vom 26. Januar 2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Nach dem Ergebnis der medizinischen Begutachtung könne der Kläger noch vollschichtig, d. h. mindestens 6 Stunden täglich, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes leichte körperliche Arbeiten mit gewissen Einschränkungen verrichten. Die beschriebenen Leistungseinschränkungen reichten jedoch über die mit der Beschränkung auf leichte körperliche Tätigkeit verbundenen Merkmale kaum hinaus. Danach sei der Kläger weder teilweise noch voll erwerbsgemindert im Sinne von § 43 SGB VI n.F. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI n. F. sei ebenfalls nicht zu leisten. Denn bei dem bisherigen Beruf des Klägers "Lagerist (Lagerarbeiter)" habe es sich um eine ungelernte Tätigkeit gehandelt, so dass er nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auf alle ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden könne.

Mit seiner Berufung macht der Kläger geltend, zwischenzeitlich habe sich ein psychiatrisches Krankheitsbild bei ihm entwickelt, welches ihn an einer Arbeitsaufnahme hindern könne. Durch die Pflege seiner erkrankten Ehefrau sei es zu einer Belastungsdepression gekommen. Im Übrigen bestehe der Verdacht auf eine Alkoholerkrankung. Auch habe sich seine orthopädische Erkrankung zwischenzeitlich verschlechtert.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. Januar 2004 sowie den Bescheid vom 11. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 01. Februar 2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung und hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und einen Rentenanspruch des Klägers nach wie vor nicht für gegeben.

Der Senat hat durch seine Berichterstatterin am 05. September 2005 beschlossen, den Beschluss vom 16. November 2004, in dem auf Antrag des Klägers die Einholung eines Gutachtens von der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. I. G nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angeordnet worden war, aufzuheben, den Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 109 SGG von einem noch zu benennenden Arzt abzulehnen und den vom Kläger hierfür bereits geleisteten Kostenvorschusse in Höhe von 800,- EUR nach Abzug der entstandenen Kosten zu erstatten. Hinsichtlich der Einzelheiten wird die Gründe des Beschlusses (Seite 2) Bezug genommen.

Des Weiteren hat der Senat den Beteiligten mit Schreiben vom 06. September 2005 Gelegenheit zur Stellungnahme zur beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG gegeben und dabei darauf hingewiesen, dass weitere medizinische Ermittlungen von Amts wegen nicht vorgesehen seien.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten der Beklagten (Reha- und Rentenakte), die bei Entscheidungsfindung vorgelegen haben, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte nach § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG über die Berufung des Klägers durch Beschluss entscheiden. Gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG kann das Landessozialgericht die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen waren im vorliegendem Fall gegeben, da die form- und fristgerecht eingelegte (§151 SGG) Berufung des Klägers nach übereinstimmender Auffassung der Berufsrichter des Senats zwar zulässig (§ 143 SGG), jedoch unbegründet ist.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm sowohl im Klage- als auch im Berufungsverfahren geltend gemachte Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, nach §§ 43, 240 SGB VI in der am 01. Januar 2001 in Kraft getretenen Fassung.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist eine rentenrechtlich beachtliche Erwerbsminderung im Sinne einer vollen oder teilweisen Erwerbsminderung bzw. Berufsunfähigkeit nicht eingetreten. Dies hat das SG in seinem angefochtenen Urteil vom 26. Januar 2004 zutreffend festgestellt. Der Senat, der sich den Ausführungen des SG auf den Seiten 5 bis 7 des Urteils nach eigener Überprüfung voll umfänglich anschließt, nimmt hierauf ausdrücklich Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Der Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung oder zu weiterer Beweiserhebung von Amts wegen. Allein die klägerische Behauptung, es habe sich eine Belastungsdepression entwickelt und es bestehe der Verdacht einer Alkoholerkrankung, reicht noch nicht dazu aus, dass sich der Senat zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen gedrängt sieht. Hierzu hätte es zumindest eines konkreten Vortrages bzgl. des Umfanges der neuen Erkrankungen, ihrer Auswirkungen auf die berufliche Leistungsfähigkeit, deren Dauer und der Behandlungsresistenz sowie der Vorlage fundierter Atteste der behandelnden Ärzte bedurft. Weder ist dargetan, inwieweit die seelische Erkrankung bereits eine dauerhafte Leistungseinschränkung bewirkt noch ob sie in eine fachärztliche Behandlung eingemündet ist. Auch bzgl. des orthopädischen Leidenskomplexes sind vom Kläger keine konkreten medizinischen Tatsachen mitgeteilt und unter Beweis gestellt, die begründen, dass die Einschätzung seines beruflichen Leistungsvermögens im vorliegenden Gutachten im erheblichen Umfang unzutreffend oder unvollständig sein könnte. Vielmehr sind die vorgetragenen Schwindelattacken bzw. orthopädisch bedingte Schmerzen schon Gegenstand der Begutachtung durch Dr. W gewesen. Zudem ist nicht dargetan, dass es sich bei der (akuten?) Verschlechterung um mehr als einen nur behandlungsbedürftigen und besserungsfähigen Zustand handelt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, sie folgt der Entscheidung in der Hauptsache.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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