Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
29
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 21 AS 397/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 29 B 531/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialge-richts Frankfurt (Oder) vom 19. Mai 2006 geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 03. Mai 2006 wird für den Zeitraum vom 1. Mai 2006 bis zum 5. Mai 2006 angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. Außergerichtliche Kosten des Antragstellers sind von der Antragsgegnerin zu 1/6 zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtschutzes gegen eine Leistungs-einstellung für Mai 2006.
Der 1971 geborene Antragsteller ist Jurist und beantragte zum 01. Juni 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Im An-tragsformular gab er u. a. an, bis zum 28. Mai 2005 Arbeitslosengeld (nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch -SGB III) bezogen zu haben und Pachteinkünfte zu erzielen. Die Pachtein-künfte bezifferte er im Zusatzblatt 2.1. mit jährlich 530,66 EUR und legte Kopien von Pachtverträ-gen einschließlich Anlagen aus den Jahren 1993 und 2002 vor. Nach diesen Pachtverträgen betrugen die verpachteten Flächen 1,6140 und 0,5110 ha bei einer jährlichen Pacht von 403,50 EUR und 127,16 EUR. Im Zusatzblatt Nr. 3 gab er weiter ein Girokontoguthaben von ca. 4.200,00 EUR und Wertpapiere im Kurswert von 1.539,54 EUR mit einem jährlichen Zinsertrag von 2,75 EUR mit dem Zusatz an, dass eine vorzeitige Auflösung nicht möglich sei, weil es sich um vermögens-wirksame Leistungen handelten (Sperrfrist bis 31. Dezember 2006). Darüber hinaus übersandte er Abrechnung, Saldenmitteilung bis zum 24. April 2005 seines VISA-Kartenkontos bei der D D K AG, das einen Gesamtsaldo von 2.801,96 EUR auswies und einen Kontoauszug (Nr.: 004/2005 vom 06. April 2005 bis zum 06. Mai 2005; Kontonr.: ) mit einem Guthaben von 1.330,86 EUR (Stand: 06. Mai 2005).
Mit Bescheid vom 08. Juni 2005 bewilligte die Antragsgegnerin Leistungen für den Zeitraum vom 01. Juni 2005 bis zum 30. November 2005 in monatlicher Höhe von 661,07 EUR und mit Bescheid vom 16. November 2005 für den Folgezeitraum ab 01. Dezember 2005 bis zum 30. April 2006 in Höhe von 660,93 EUR monatlich und vom 01. bis zum 31. Mai 2006 in monatlicher Höhe von 655,59 EUR. Nach den Zahlungsnachweisen gelangten die Leistungen zu Beginn eines Monats für den jeweiligen Monat zur Auszahlung.
Auf Grund eines Datenabgleiches mit dem Bundesamt für Finanzen erfuhr die Antragsgegnerin von Kapitalerträgen bei der D K B in Höhe von 601,00 EUR für das Jahr 2004. Sie forderte den Antragsteller daraufhin mit Schreiben vom 26. Januar 2006 mit Hinweis auf seine Mitwir-kungspflichten und die Folgen, wenn er diesen Pflichten nicht nachkomme, auf, seine wirt-schaftliche Situation zu den Zinseinkünften offen zu legen und Nachweise über die Geldanla-gen bis zum 08. Februar 2006 beizubringen.
Der Antragsteller teilte daraufhin mit Schreiben vom 29. Januar 2006 mit, er sei lediglich für die Bewilligung von Arbeitslosengeld II (Alg II) ab 01. Juni 2005 verpflichtet, über den aktuel-len Stand seiner Vermögenssituation zu diesem Zeitpunkt Angaben zu machen. Für das Jahr 2004 bestünde eine solche Verpflichtung aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht. Im Übri-gen sei die Rechtmäßigkeit der Datenerhebung beim Bundesamt für Finanzen hinsichtlich sei-ner Kapitalerträge für das Jahr 2004 und deren Übermittlung an die Antragsgegnerin zu be-zweifeln. Das 2004 noch vorhandene Vermögen sei bis auf die angegebenen Restbeträge ver-braucht. Mit einer Anlage vom 30. Januar 2006, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 37 der Ver-waltungsakten der Antragsgegnerin verwiesen wird, gab der Antragsteller seine Guthaben mit Stand zum Februar 2005 bzw. Januar 2006 und die Zinseinkünfte vom 01. Juni 2005 bis zum 31. Dezember 2005 an.
Die Antragsgegnerin forderte daraufhin den Antragsteller mit Schreiben vom 24. Februar 2006 nochmals unter Fristsetzung Folgen, wenn er diesen Pflichten nicht nachkomme, auf, Nachwei-se über sein Vermögen bei der D K B B vorzulegen. Dies lehnte der Antragsteller mit Schrei-ben vom 13. März 2006 unter Hinweis auf § 35 Abs. 3 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) ab. Er sei lediglich verpflichtet, über seine Vermögenslage zum Zeitpunkt der erstmaligen An-tragsstellungen auf Leistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II vorzule-gen. Frühere Zeiträume (bsp. Kapitalerträge aus dem Jahre 2004) seien nicht relevant.
Die Antragsgegnerin entzog daraufhin mit Bescheid vom 03. Mai 2006 ab dem 01. Mai 2006 die Leistungen wegen Verletzung der Mitwirkungspflichten ganz. Ergänzend wies sie mit Schreiben vom 03. Mai 2006 darauf hin, die Behauptung des Antragstellers, er habe sein Ver-mögen aus dem Jahre 2004 bis auf den angegebenen Rest verbraucht, sei nicht nachprüfbar.
Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 06. Mai 2006 Widerspruch im Wesentlichen aus den Gründen im Schreiben vom 29. Januar 2006. Über den Widerspruch ist bislang nicht entschieden worden.
Am 09. Mai 2006 hat er vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) beantragt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 03. Mai 2006 anzuordnen. Das Sozialge-richt Frankfurt (Oder) hat mit Beschluss vom 19. Mai 2006 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid vom 03. Mai 2006 angeordnet und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Bescheid vom 03. Mai 2006 sei nach summari-scher Prüfung offensichtlich rechtswidrig, da die Mitwirkungspflichten nach den § 60 ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch I (SGB I) nur insoweit bestünden, als die Tatsachen für den gegenwär-tigen Zeitraum erheblich seien. Umstände der Vergangenheit dürften nur insoweit herangezo-gen werden, als sie eindeutige Kenntnisse über die gegenwärtige Lage des Antragstellers er-möglichten. Dem Antrag sei deswegen stattzugeben gewesen.
Gegen diesen am 24. Mai 2006 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 22. Juni 2006 Beschwerde bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt: Die Leistung sei zu Recht versagt worden, da die Leistungsvoraussetzungen nicht nachgewiesen seien. Der Ent-zug der Leistungen sei auch nicht aufgrund bloßer Mutmaßungen erfolgt, sondern aufgrund diverser Tatsachen. Aufgrund der Angaben des Antragstellers sei bekannt, dass er Eigentümer eines Kraftfahrzeuges, von landwirtschaftlichen Flächen, eines Girokontos und einer Geldanla-ge bei der H sei. Bei Zinserträgen in Höhe von rund 600,00 EUR aus dem Jahre 2004 liege zudem die Vermutung nahe, dass der Antragsteller noch über ein weiteres Vermögen verfügt habe bzw. verfüge und damit insgesamt keine Bedürftigkeit gegeben sei. Der Antragsteller vereitele eine Aufklärung dieser Vermutung, in dem er sich weigere, Angaben zu machen.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landessozialgericht Ber-lin-Brandenburg vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vorbringen der Beteiligten und wegen des Verfahrens wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und Verwaltungsakten der Antragsgegnerin ((Az.: ) Be-zug genommen. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidung gewesen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Nach § 39 Nr. 1 SGB II haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungs-akt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende entscheidet, keine aufschie-bende Wirkung. Gemäß § 86 b Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine auf-schiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Bei die-ser Entscheidung ist die Wertung des Gesetzgebers zu berücksichtigen, regelmäßig in den ge-nannten Fällen dem Widerspruch oder der Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung beizumessen. Eine Ausnahme von dieser Regel ist nur dann geboten, wenn ein überwiegendes Interesse des durch den Verwaltungsakt Belasteten feststellbar ist (Meyer-Ladewig, Keller, Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 86 b Rn. 12 a). Von einem solchen überwiegenden Interesse ist auszugehen, wenn der Verwaltungsakt sich als offenbar rechtswidrig erweist. Ist der Verwal-tungsakt demgegenüber voraussichtlich rechtmäßig, so ist ein überwiegendes Interesse der All-gemeinheit an der Vollziehung anzunehmen. Ist die Erfolgsaussicht nicht in dieser Weise ab-schätzbar, so ist eine allgemeine Interessenabwägung vorzunehmen, wobei die Aussichten des Hauptsacheverfahrens mit berücksichtigt werden können (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O.).
Gemessen hieran ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vorliegend nur für den Zeit-raum vom 1. bis zum 5. Mai 2006 anzuordnen gewesen. Denn für diesen Zeitraum erweist sich der angegriffene Bescheid als offensichtlich rechtswidrig, weil er insoweit die Leistung rück-wirkend versagt. Eine rückwirkende Versagung ist jedoch in § 66 Erste Buch Sozialgesetzbuch -SGB I- nicht vorgesehen. Hierzu hat das Bundessozialgericht (BSG) bereits in seinem Urteil vom 26 Mai 1983 – 10 RKg 13/82 (SozR 1200 § 66 Nr. 10) ausgeführt:
" Die Folgen einer Verletzung der Mitwirkungspflicht sind jetzt ausschließlich in § 66 SGB I geregelt, der eine rückwirkende Entziehung der Leistung nicht vorsieht. Zwar sagt der Wortlaut dieser Vorschrift nichts darüber aus, ob die vorgesehene Entziehung der Leis-tung nur für die Zukunft oder auch rückwirkend zulässig ist. Die Unzulässigkeit einer rückwirkenden Entziehung ergibt sich aber aus dem Sinn der Vorschrift. Da die Entziehung an die Verletzung der Mitwirkungspflicht anknüpft und nach Fristsetzung und Belehrung nur bis zur Nachholung der unterlassenen Handlung wirkt, kann sie nicht schon mit dem Zeitpunkt der Verletzung der Mitwirkungspflicht einsetzen, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich der Wirksamkeit des Entziehungsbescheides. Dafür spricht auch, daß die Leistung ohne weitere Ermittlungen, also auch dann entzogen werden darf, wenn die Anspruchsvoraussetzungen weiterhin vorliegen und auch festgestellt werden könnten "
Nach dieser Rechtsprechung konnte mit dem Bescheid vom 3. Mai 2006 erst ab dessen Be-kanntgabe (§ 39 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch- SGB X) die Leistung versagt werden. Es ist spätestens von einer Bekanntgabe am 6. Mai 2006 auszugehen, da das Widerspruchsschreiben des Antragsstellers von diesem Tage resultiert.
Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) erweist sich der angegriffene Be-scheid im Übrigen nicht als offensichtlich rechtswidrig, so dass nicht bereits aus diesem Grund von einem überwiegenden Interesse des Antragstellers bzgl. der Anordnung der aufschieben-den Wirkung des Widerspruchs auszugehen ist.
Die Antragsgegnerin hat im Rahmen einer Leistungsgewährung nach dem Zweiten Buch Sozi-algesetzbuch insbesondere die Hilfebedürftigkeit nach § 7 Abs. 1 Nr. 3, § 9 SGB II zu prüfen. Erlangt sie nach der Bewilligung Kenntnis von Tatsachen, die Einfluss auf die Bewilligung haben können, so ist sie verpflichtet, diesbezügliche Ermittlungen einzuleiten. Der Antragstel-ler ist wiederum nach § 60 ff. SGB I verpflichtet, die erheblichen Tatsachen anzugeben und eventuelle Beweismittel vorzulegen oder ihrer Vorlage zu zustimmen. Dieser Verpflichtung ist der Antragsteller nach dem vorliegenden Inhalt der Akten nicht nachgekommen.
Dem Antragsteller ist zwar zuzugeben, dass für die Ermittlung der Bedürftigkeit als Leistungs-voraussetzung auf den Leistungszeitraum (ab Juni 2005) abzustellen ist. Liegen jedoch Er-kenntnisse aus dem Jahre 2004 vor, die die Vermutung nahe legen, dass die Angaben für den streitigen Zeitraum unvollständig sind, so ist der Leistungsempfänger zu entsprechenden An-gaben verpflichtet. Anders als bei dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Mai 2005 (BvR 569/05) und in dem des Hessischen Landessozialgericht vom 22. August 2005 (Az.: L 7 AS 32/05 ER in: ASR 2006,30) liegen hier solche Erkenntnisse vor, sodass die Ent-scheidung der Antragsgegnerin nicht lediglich aufgrund bloßer Mutmaßungen erfolgte. Denn nach der Mitteilung aus dem Datenabgleich erzielte der Antragsteller 2004 noch Kapitalerträge in Höhe von 601,00 EUR aus einem Vermögen bei der De K B B. Wie die Antragsgegnerin in ih-rer Beschwerdeschrift zutreffend ausführte, legen diese Kapitalerträge aus dem Jahre 2004 ein erhebliches Vermögen zum damaligen Zeitraum nahe. Beginnt, wie vorliegend, ein halbes Jahr später zum 01. Juni 2005 der Leistungsbezug bei der Antragsgegnerin, so erscheint es nicht als offensichtlich rechtswidrig, wenn die Antragsgegnerin den Antragsteller zu einer Erklärung über den Verbleib des Vermögens auffordert und im Falle einer Weigerung die Leistung nach § 66 SGB I (ex nunc) bis zur Nachholung der Mitwirkung entzieht. Dies gilt umso mehr, als nach den bereits erfolgten Angaben des Antragstellers im Juni 2005 und Januar 2006 ein Vermögen vorhanden ist, welches den Vermögensfreibetrag annähernd erreicht. Aufgrund des noch 2004 vorhandenen Vermögens ist es nicht unwahrscheinlich, dass 2005 und auch im Mai 2006 noch mehr Vermögen vorhanden war, als angegeben wurde, und dadurch keine Bedürftigkeit be-stand. Erscheint der Bescheid vom 03. Mai 2006 damit für den Zeitraum ab dem 6. Mai 2006 als voraussichtlich rechtmäßig, so bleibt es bei der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollzie-hung.
Selbst wenn ausgehend von offenen Erfolgsaussichten eine Interessenabwägung vorzunehmen wäre, so ist ein überwiegendes Interesse des Antragstellers an der Aussetzung nicht erkennbar. Der Antragsteller hat es durch die geforderte Mitwirkung selbst in der Hand, unverzüglich wieder zu einer Leistungsbewilligung (für den hier streitigen Monat Mai 2006) zu gelangen. Erteilt er die geforderten Auskünfte und legt er die Belege vor, so wird die Antragsgegnerin in die Lage versetzt, den Leistungsanspruch zu prüfen. Wie bereits in dem Bescheid vom 03. Mai 2006 ausgeführt, wird sie dann die Leistung im Falle einer Bewilligung auch ganz oder teilwei-se nachzahlen.
Auch die Gründe der Weigerung können unter Abwägung der öffentlichen Interessen kein ü-berwiegendes Interesse an der Aussetzung der Vollziehung begründen. Der Antragsteller hat die Mitteilung im Wesentlichen aus Gründen des Datenschutzes (Recht auf informationelle Selbstbestimmung – Art. 2 Grundgesetz) unterlassen. Dieses Recht ist jedoch nicht schranken-los gewährleistet; der Einzelne muss vielmehr Einschränkungen dieses Rechts im überwiegen-den Allgemeininteresse hinnehmen (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 9. März 1988- 1 BvL 49/86). Solche überwiegenden Allgemeininteressen sind hier betroffen. Denn zur Siche-rung der Funktionsfähigkeit und des Erhaltes der Sozialen Sicherungssysteme und damit letzt-lich des Sozialstaates besteht ein elementares öffentliches Interesse daran, Sozialleistungen nicht zu Unrecht zu gewähren.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass im vorliegenden Beschwerdeverfahren lediglich Leis-tungen für den Monat Mai 2006 im Streit sind. Entsprechend des Tenors und der Gründe des Beschlusses vom 19.Mai 2006 wurde nur über den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung aus dem Bescheid vom 3. Mai 2006 entschieden. Mit diesem Bescheid wurde ab dem 01. Mai 2006 eine Leistung entzogen, die ursprünglich noch bis zum 31. Mai 2006 bewilligt war. Damit wird
zumindest im Beschwerdeverfahren (ab dem 22. Juni 2006) nur noch über eine Leistung in der Vergangenheit gestritten. Für die Auszahlung von Leistungen aus der Vergangenheit in einem Verfahren auf vorläufigen Rechtschutz ist jedoch grundsätzlich kein überwiegendes Interesse des Leistungsempfängers gegeben.
Soweit der Antragsteller auch die Weitergewährung ab Juni 2006 im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2 SGG begehrt hat, ist dies nicht Gegenstand des Beschwerdever-fahrens; denn hierüber wurde vom Sozialgericht im angegriffenen Beschluss nicht entschieden.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtschutzes gegen eine Leistungs-einstellung für Mai 2006.
Der 1971 geborene Antragsteller ist Jurist und beantragte zum 01. Juni 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Im An-tragsformular gab er u. a. an, bis zum 28. Mai 2005 Arbeitslosengeld (nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch -SGB III) bezogen zu haben und Pachteinkünfte zu erzielen. Die Pachtein-künfte bezifferte er im Zusatzblatt 2.1. mit jährlich 530,66 EUR und legte Kopien von Pachtverträ-gen einschließlich Anlagen aus den Jahren 1993 und 2002 vor. Nach diesen Pachtverträgen betrugen die verpachteten Flächen 1,6140 und 0,5110 ha bei einer jährlichen Pacht von 403,50 EUR und 127,16 EUR. Im Zusatzblatt Nr. 3 gab er weiter ein Girokontoguthaben von ca. 4.200,00 EUR und Wertpapiere im Kurswert von 1.539,54 EUR mit einem jährlichen Zinsertrag von 2,75 EUR mit dem Zusatz an, dass eine vorzeitige Auflösung nicht möglich sei, weil es sich um vermögens-wirksame Leistungen handelten (Sperrfrist bis 31. Dezember 2006). Darüber hinaus übersandte er Abrechnung, Saldenmitteilung bis zum 24. April 2005 seines VISA-Kartenkontos bei der D D K AG, das einen Gesamtsaldo von 2.801,96 EUR auswies und einen Kontoauszug (Nr.: 004/2005 vom 06. April 2005 bis zum 06. Mai 2005; Kontonr.: ) mit einem Guthaben von 1.330,86 EUR (Stand: 06. Mai 2005).
Mit Bescheid vom 08. Juni 2005 bewilligte die Antragsgegnerin Leistungen für den Zeitraum vom 01. Juni 2005 bis zum 30. November 2005 in monatlicher Höhe von 661,07 EUR und mit Bescheid vom 16. November 2005 für den Folgezeitraum ab 01. Dezember 2005 bis zum 30. April 2006 in Höhe von 660,93 EUR monatlich und vom 01. bis zum 31. Mai 2006 in monatlicher Höhe von 655,59 EUR. Nach den Zahlungsnachweisen gelangten die Leistungen zu Beginn eines Monats für den jeweiligen Monat zur Auszahlung.
Auf Grund eines Datenabgleiches mit dem Bundesamt für Finanzen erfuhr die Antragsgegnerin von Kapitalerträgen bei der D K B in Höhe von 601,00 EUR für das Jahr 2004. Sie forderte den Antragsteller daraufhin mit Schreiben vom 26. Januar 2006 mit Hinweis auf seine Mitwir-kungspflichten und die Folgen, wenn er diesen Pflichten nicht nachkomme, auf, seine wirt-schaftliche Situation zu den Zinseinkünften offen zu legen und Nachweise über die Geldanla-gen bis zum 08. Februar 2006 beizubringen.
Der Antragsteller teilte daraufhin mit Schreiben vom 29. Januar 2006 mit, er sei lediglich für die Bewilligung von Arbeitslosengeld II (Alg II) ab 01. Juni 2005 verpflichtet, über den aktuel-len Stand seiner Vermögenssituation zu diesem Zeitpunkt Angaben zu machen. Für das Jahr 2004 bestünde eine solche Verpflichtung aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht. Im Übri-gen sei die Rechtmäßigkeit der Datenerhebung beim Bundesamt für Finanzen hinsichtlich sei-ner Kapitalerträge für das Jahr 2004 und deren Übermittlung an die Antragsgegnerin zu be-zweifeln. Das 2004 noch vorhandene Vermögen sei bis auf die angegebenen Restbeträge ver-braucht. Mit einer Anlage vom 30. Januar 2006, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 37 der Ver-waltungsakten der Antragsgegnerin verwiesen wird, gab der Antragsteller seine Guthaben mit Stand zum Februar 2005 bzw. Januar 2006 und die Zinseinkünfte vom 01. Juni 2005 bis zum 31. Dezember 2005 an.
Die Antragsgegnerin forderte daraufhin den Antragsteller mit Schreiben vom 24. Februar 2006 nochmals unter Fristsetzung Folgen, wenn er diesen Pflichten nicht nachkomme, auf, Nachwei-se über sein Vermögen bei der D K B B vorzulegen. Dies lehnte der Antragsteller mit Schrei-ben vom 13. März 2006 unter Hinweis auf § 35 Abs. 3 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) ab. Er sei lediglich verpflichtet, über seine Vermögenslage zum Zeitpunkt der erstmaligen An-tragsstellungen auf Leistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II vorzule-gen. Frühere Zeiträume (bsp. Kapitalerträge aus dem Jahre 2004) seien nicht relevant.
Die Antragsgegnerin entzog daraufhin mit Bescheid vom 03. Mai 2006 ab dem 01. Mai 2006 die Leistungen wegen Verletzung der Mitwirkungspflichten ganz. Ergänzend wies sie mit Schreiben vom 03. Mai 2006 darauf hin, die Behauptung des Antragstellers, er habe sein Ver-mögen aus dem Jahre 2004 bis auf den angegebenen Rest verbraucht, sei nicht nachprüfbar.
Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 06. Mai 2006 Widerspruch im Wesentlichen aus den Gründen im Schreiben vom 29. Januar 2006. Über den Widerspruch ist bislang nicht entschieden worden.
Am 09. Mai 2006 hat er vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) beantragt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 03. Mai 2006 anzuordnen. Das Sozialge-richt Frankfurt (Oder) hat mit Beschluss vom 19. Mai 2006 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid vom 03. Mai 2006 angeordnet und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Bescheid vom 03. Mai 2006 sei nach summari-scher Prüfung offensichtlich rechtswidrig, da die Mitwirkungspflichten nach den § 60 ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch I (SGB I) nur insoweit bestünden, als die Tatsachen für den gegenwär-tigen Zeitraum erheblich seien. Umstände der Vergangenheit dürften nur insoweit herangezo-gen werden, als sie eindeutige Kenntnisse über die gegenwärtige Lage des Antragstellers er-möglichten. Dem Antrag sei deswegen stattzugeben gewesen.
Gegen diesen am 24. Mai 2006 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 22. Juni 2006 Beschwerde bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt: Die Leistung sei zu Recht versagt worden, da die Leistungsvoraussetzungen nicht nachgewiesen seien. Der Ent-zug der Leistungen sei auch nicht aufgrund bloßer Mutmaßungen erfolgt, sondern aufgrund diverser Tatsachen. Aufgrund der Angaben des Antragstellers sei bekannt, dass er Eigentümer eines Kraftfahrzeuges, von landwirtschaftlichen Flächen, eines Girokontos und einer Geldanla-ge bei der H sei. Bei Zinserträgen in Höhe von rund 600,00 EUR aus dem Jahre 2004 liege zudem die Vermutung nahe, dass der Antragsteller noch über ein weiteres Vermögen verfügt habe bzw. verfüge und damit insgesamt keine Bedürftigkeit gegeben sei. Der Antragsteller vereitele eine Aufklärung dieser Vermutung, in dem er sich weigere, Angaben zu machen.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landessozialgericht Ber-lin-Brandenburg vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vorbringen der Beteiligten und wegen des Verfahrens wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und Verwaltungsakten der Antragsgegnerin ((Az.: ) Be-zug genommen. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidung gewesen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Nach § 39 Nr. 1 SGB II haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungs-akt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende entscheidet, keine aufschie-bende Wirkung. Gemäß § 86 b Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine auf-schiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Bei die-ser Entscheidung ist die Wertung des Gesetzgebers zu berücksichtigen, regelmäßig in den ge-nannten Fällen dem Widerspruch oder der Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung beizumessen. Eine Ausnahme von dieser Regel ist nur dann geboten, wenn ein überwiegendes Interesse des durch den Verwaltungsakt Belasteten feststellbar ist (Meyer-Ladewig, Keller, Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 86 b Rn. 12 a). Von einem solchen überwiegenden Interesse ist auszugehen, wenn der Verwaltungsakt sich als offenbar rechtswidrig erweist. Ist der Verwal-tungsakt demgegenüber voraussichtlich rechtmäßig, so ist ein überwiegendes Interesse der All-gemeinheit an der Vollziehung anzunehmen. Ist die Erfolgsaussicht nicht in dieser Weise ab-schätzbar, so ist eine allgemeine Interessenabwägung vorzunehmen, wobei die Aussichten des Hauptsacheverfahrens mit berücksichtigt werden können (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O.).
Gemessen hieran ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vorliegend nur für den Zeit-raum vom 1. bis zum 5. Mai 2006 anzuordnen gewesen. Denn für diesen Zeitraum erweist sich der angegriffene Bescheid als offensichtlich rechtswidrig, weil er insoweit die Leistung rück-wirkend versagt. Eine rückwirkende Versagung ist jedoch in § 66 Erste Buch Sozialgesetzbuch -SGB I- nicht vorgesehen. Hierzu hat das Bundessozialgericht (BSG) bereits in seinem Urteil vom 26 Mai 1983 – 10 RKg 13/82 (SozR 1200 § 66 Nr. 10) ausgeführt:
" Die Folgen einer Verletzung der Mitwirkungspflicht sind jetzt ausschließlich in § 66 SGB I geregelt, der eine rückwirkende Entziehung der Leistung nicht vorsieht. Zwar sagt der Wortlaut dieser Vorschrift nichts darüber aus, ob die vorgesehene Entziehung der Leis-tung nur für die Zukunft oder auch rückwirkend zulässig ist. Die Unzulässigkeit einer rückwirkenden Entziehung ergibt sich aber aus dem Sinn der Vorschrift. Da die Entziehung an die Verletzung der Mitwirkungspflicht anknüpft und nach Fristsetzung und Belehrung nur bis zur Nachholung der unterlassenen Handlung wirkt, kann sie nicht schon mit dem Zeitpunkt der Verletzung der Mitwirkungspflicht einsetzen, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich der Wirksamkeit des Entziehungsbescheides. Dafür spricht auch, daß die Leistung ohne weitere Ermittlungen, also auch dann entzogen werden darf, wenn die Anspruchsvoraussetzungen weiterhin vorliegen und auch festgestellt werden könnten "
Nach dieser Rechtsprechung konnte mit dem Bescheid vom 3. Mai 2006 erst ab dessen Be-kanntgabe (§ 39 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch- SGB X) die Leistung versagt werden. Es ist spätestens von einer Bekanntgabe am 6. Mai 2006 auszugehen, da das Widerspruchsschreiben des Antragsstellers von diesem Tage resultiert.
Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) erweist sich der angegriffene Be-scheid im Übrigen nicht als offensichtlich rechtswidrig, so dass nicht bereits aus diesem Grund von einem überwiegenden Interesse des Antragstellers bzgl. der Anordnung der aufschieben-den Wirkung des Widerspruchs auszugehen ist.
Die Antragsgegnerin hat im Rahmen einer Leistungsgewährung nach dem Zweiten Buch Sozi-algesetzbuch insbesondere die Hilfebedürftigkeit nach § 7 Abs. 1 Nr. 3, § 9 SGB II zu prüfen. Erlangt sie nach der Bewilligung Kenntnis von Tatsachen, die Einfluss auf die Bewilligung haben können, so ist sie verpflichtet, diesbezügliche Ermittlungen einzuleiten. Der Antragstel-ler ist wiederum nach § 60 ff. SGB I verpflichtet, die erheblichen Tatsachen anzugeben und eventuelle Beweismittel vorzulegen oder ihrer Vorlage zu zustimmen. Dieser Verpflichtung ist der Antragsteller nach dem vorliegenden Inhalt der Akten nicht nachgekommen.
Dem Antragsteller ist zwar zuzugeben, dass für die Ermittlung der Bedürftigkeit als Leistungs-voraussetzung auf den Leistungszeitraum (ab Juni 2005) abzustellen ist. Liegen jedoch Er-kenntnisse aus dem Jahre 2004 vor, die die Vermutung nahe legen, dass die Angaben für den streitigen Zeitraum unvollständig sind, so ist der Leistungsempfänger zu entsprechenden An-gaben verpflichtet. Anders als bei dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Mai 2005 (BvR 569/05) und in dem des Hessischen Landessozialgericht vom 22. August 2005 (Az.: L 7 AS 32/05 ER in: ASR 2006,30) liegen hier solche Erkenntnisse vor, sodass die Ent-scheidung der Antragsgegnerin nicht lediglich aufgrund bloßer Mutmaßungen erfolgte. Denn nach der Mitteilung aus dem Datenabgleich erzielte der Antragsteller 2004 noch Kapitalerträge in Höhe von 601,00 EUR aus einem Vermögen bei der De K B B. Wie die Antragsgegnerin in ih-rer Beschwerdeschrift zutreffend ausführte, legen diese Kapitalerträge aus dem Jahre 2004 ein erhebliches Vermögen zum damaligen Zeitraum nahe. Beginnt, wie vorliegend, ein halbes Jahr später zum 01. Juni 2005 der Leistungsbezug bei der Antragsgegnerin, so erscheint es nicht als offensichtlich rechtswidrig, wenn die Antragsgegnerin den Antragsteller zu einer Erklärung über den Verbleib des Vermögens auffordert und im Falle einer Weigerung die Leistung nach § 66 SGB I (ex nunc) bis zur Nachholung der Mitwirkung entzieht. Dies gilt umso mehr, als nach den bereits erfolgten Angaben des Antragstellers im Juni 2005 und Januar 2006 ein Vermögen vorhanden ist, welches den Vermögensfreibetrag annähernd erreicht. Aufgrund des noch 2004 vorhandenen Vermögens ist es nicht unwahrscheinlich, dass 2005 und auch im Mai 2006 noch mehr Vermögen vorhanden war, als angegeben wurde, und dadurch keine Bedürftigkeit be-stand. Erscheint der Bescheid vom 03. Mai 2006 damit für den Zeitraum ab dem 6. Mai 2006 als voraussichtlich rechtmäßig, so bleibt es bei der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollzie-hung.
Selbst wenn ausgehend von offenen Erfolgsaussichten eine Interessenabwägung vorzunehmen wäre, so ist ein überwiegendes Interesse des Antragstellers an der Aussetzung nicht erkennbar. Der Antragsteller hat es durch die geforderte Mitwirkung selbst in der Hand, unverzüglich wieder zu einer Leistungsbewilligung (für den hier streitigen Monat Mai 2006) zu gelangen. Erteilt er die geforderten Auskünfte und legt er die Belege vor, so wird die Antragsgegnerin in die Lage versetzt, den Leistungsanspruch zu prüfen. Wie bereits in dem Bescheid vom 03. Mai 2006 ausgeführt, wird sie dann die Leistung im Falle einer Bewilligung auch ganz oder teilwei-se nachzahlen.
Auch die Gründe der Weigerung können unter Abwägung der öffentlichen Interessen kein ü-berwiegendes Interesse an der Aussetzung der Vollziehung begründen. Der Antragsteller hat die Mitteilung im Wesentlichen aus Gründen des Datenschutzes (Recht auf informationelle Selbstbestimmung – Art. 2 Grundgesetz) unterlassen. Dieses Recht ist jedoch nicht schranken-los gewährleistet; der Einzelne muss vielmehr Einschränkungen dieses Rechts im überwiegen-den Allgemeininteresse hinnehmen (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 9. März 1988- 1 BvL 49/86). Solche überwiegenden Allgemeininteressen sind hier betroffen. Denn zur Siche-rung der Funktionsfähigkeit und des Erhaltes der Sozialen Sicherungssysteme und damit letzt-lich des Sozialstaates besteht ein elementares öffentliches Interesse daran, Sozialleistungen nicht zu Unrecht zu gewähren.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass im vorliegenden Beschwerdeverfahren lediglich Leis-tungen für den Monat Mai 2006 im Streit sind. Entsprechend des Tenors und der Gründe des Beschlusses vom 19.Mai 2006 wurde nur über den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung aus dem Bescheid vom 3. Mai 2006 entschieden. Mit diesem Bescheid wurde ab dem 01. Mai 2006 eine Leistung entzogen, die ursprünglich noch bis zum 31. Mai 2006 bewilligt war. Damit wird
zumindest im Beschwerdeverfahren (ab dem 22. Juni 2006) nur noch über eine Leistung in der Vergangenheit gestritten. Für die Auszahlung von Leistungen aus der Vergangenheit in einem Verfahren auf vorläufigen Rechtschutz ist jedoch grundsätzlich kein überwiegendes Interesse des Leistungsempfängers gegeben.
Soweit der Antragsteller auch die Weitergewährung ab Juni 2006 im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2 SGG begehrt hat, ist dies nicht Gegenstand des Beschwerdever-fahrens; denn hierüber wurde vom Sozialgericht im angegriffenen Beschluss nicht entschieden.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
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