Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 14 R 457/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 B 132/06 SF
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 6. Juli 2006 wird zurückgewiesen.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde, der das Sozialgericht Potsdam (SG) nicht abgeholfen hat, ist unbegründet. Zutreffend hat das SG in dem angegriffenen Beschluss, auf den wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird, den Antrag auf Ablehnung der Sachverständigen Dr. B zurückgewiesen.
Nach § 118 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. §§ 406 Abs. 1 Satz 1, 42 Abs. 1, 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein gerichtlich bestellter Sachverständiger aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Der Ablehnungsantrag ist nach § 406 Abs. 2 Satz 1 ZPO bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen (§ 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Ein solcher Sachverhalt kann vorliegen, wenn eine Antragstellerin – wie hier – den Ablehnungsgrund aus dem Verhalten des Gutachters bei der Untersuchung bzw. aus dem Inhalt des Gutachtens herleitet. Dann ist der Ablehnungsantrag ohne schuldhaftes Zögern, das heißt innerhalb einer den Umständen des Einzelfalls angepassten Prüfungs- bzw. Überlegungsfrist, zu stellen (so bereits der Senat im Beschluss vom 14. Dezember 2005 – L 1 B 1051/05 SF – mit Bezug auf Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage 2005, § 118 Rdnr. 12m).
Das SG hat danach den Antrag zutreffend als verspätet angesehen, soweit die Antragstellerin dem Gutachter eine despektierliche und herablassende Behandlung während der Untersuchung vorhält und ihm weiter vorwirft, er habe sie gezielt fertig gemacht, ihr das Gefühl vermittelt, etwas verbrochen zu haben und ihr unterstellt habe, etwas zu verheimlichen. Gleiches gilt für die pauschale Behauptung, während des Anamnesegesprächs wiederholt vom Gutachter in ungebührlicher Form provoziert worden zu sein, und den Vorwurf, der Gutachter sei auf Fragen nicht eingegangen. All dies hätte nämlich bereits unmittelbar nach der Untersuchung dem Gericht gegenüber vorgebracht werden können.
Ob der Antrag auch verspätet ist, soweit die Antragstellerin die Befangenheit aus den im einzelnen im Antragsschriftsatz aufgeführten (angeblichen) Untersuchungsfehlern des Gutachters herleiten will bzw. aus einer Gesamtwürdigung der als herablassend empfundenen Untersuchung und der behaupteten Mängel des Gutachtens, kann dahingestellt bleiben. Dagegen spricht, dass das SG die Klägerin nicht zu einer Stellungnahme unter Fristsetzung aufgefordert hat und deshalb eine Verzögerung des Rechtsstreits nicht ersichtlich ist.
Das Ablehnungsgesuch ist jedenfalls unbegründet. Der hier geltend gemachte Ablehnungsgrund der Besorgnis der Befangenheit setzt voraus, dass hinreichende objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an der Unbefangenheit, Unvoreingenommenheit oder Unparteilichkeit des Sachverständigen zu zweifeln. Die nur subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftiger Weise kein Grund ersichtlich ist, reicht dagegen zur Ablehnung nicht aus.
Der Senat kann nicht erkennen, dass objektive Gründe für die Besorgnis der Befangenheit vorliegen. Die behauptete fehlerhafte Untersuchung und Diagnosestellung, die angeblich unrichtigen Rückschlüsse auf das Leistungsvermögen der Klägerin -zum Beispiel im Hinblick auf ihren zuletzt ausgeübten Beruf- sowie der Vorwurf der mangelhaften Auseinandersetzung mit den früheren Gutachten berühren lediglich die Frage der inhaltlichen Richtigkeit des Gutachtens und deuten nicht auf eine Unvoreingenommenheit im vorliegenden Verfahren hin. Selbst wenn die Feststellungen des Sachverständigen fehlerhaft sein sollten, ist ihnen nicht zu entnehmen, dass sie in parteilicher Absicht getroffen sein könnten. Dass die Diagnosen des Sachverständigen von denen früherer ärztlicher Untersuchungen abweichen, betrifft ebenfalls die inhaltliche Richtigkeit und lässt keine Rückschlüsse auf eine etwaige Befangenheit zu. Auch der Vorwurf mangelnder Gründlichkeit bei der Untersuchung betrifft die Qualität der Begutachtung. Unklare oder widersprüchliche Punkte können und müssen gegebenenfalls vom Gericht vor seiner Entscheidung in der Sache durch eine Anhörung oder durch ein ergänzendes Gutachten geklärt werden, sofern sie für die konkret zur Beurteilung stehenden Fragestellung überhaupt erheblich sind.
Entsprechendes gilt für die von der Klägerin vorgebrachten Fehler bei der Anamnese. Es ist nicht ersichtlich, dass es sich bei den Unrichtigkeiten um die Folge einer Voreingenommenheit gehandelt haben könnte.
Weshalb die Ausdrucksweise "zügig und nicht schwerbehindert" ein Indiz für mangelnde Objektivität bedeuten soll, erschließt sich dem Senat nicht.
Auch soweit die Klägerin das Auftreten des Gutachters ihr gegenüber als unangemessen empfunden hat, vermag dies bei der gebotenen Gesamtwürdigung der Umstände keine mögliche Voreingenommenheit herzuleiten. Ärztliche Untersuchungen sind unangenehm. Der Sachverständige ist zur Objektivität verpflichtet und muss deshalb die Angaben der zu Untersuchenden, die nicht seine Patienten sind, kritisch hinterfragen. Es sind keine Anzeichen dafür ersichtlich, dass der Sachverständige die Klägerin unfreundlicher behandelt haben könnte als andere.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die zulässige Beschwerde, der das Sozialgericht Potsdam (SG) nicht abgeholfen hat, ist unbegründet. Zutreffend hat das SG in dem angegriffenen Beschluss, auf den wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird, den Antrag auf Ablehnung der Sachverständigen Dr. B zurückgewiesen.
Nach § 118 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. §§ 406 Abs. 1 Satz 1, 42 Abs. 1, 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein gerichtlich bestellter Sachverständiger aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Der Ablehnungsantrag ist nach § 406 Abs. 2 Satz 1 ZPO bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen (§ 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Ein solcher Sachverhalt kann vorliegen, wenn eine Antragstellerin – wie hier – den Ablehnungsgrund aus dem Verhalten des Gutachters bei der Untersuchung bzw. aus dem Inhalt des Gutachtens herleitet. Dann ist der Ablehnungsantrag ohne schuldhaftes Zögern, das heißt innerhalb einer den Umständen des Einzelfalls angepassten Prüfungs- bzw. Überlegungsfrist, zu stellen (so bereits der Senat im Beschluss vom 14. Dezember 2005 – L 1 B 1051/05 SF – mit Bezug auf Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage 2005, § 118 Rdnr. 12m).
Das SG hat danach den Antrag zutreffend als verspätet angesehen, soweit die Antragstellerin dem Gutachter eine despektierliche und herablassende Behandlung während der Untersuchung vorhält und ihm weiter vorwirft, er habe sie gezielt fertig gemacht, ihr das Gefühl vermittelt, etwas verbrochen zu haben und ihr unterstellt habe, etwas zu verheimlichen. Gleiches gilt für die pauschale Behauptung, während des Anamnesegesprächs wiederholt vom Gutachter in ungebührlicher Form provoziert worden zu sein, und den Vorwurf, der Gutachter sei auf Fragen nicht eingegangen. All dies hätte nämlich bereits unmittelbar nach der Untersuchung dem Gericht gegenüber vorgebracht werden können.
Ob der Antrag auch verspätet ist, soweit die Antragstellerin die Befangenheit aus den im einzelnen im Antragsschriftsatz aufgeführten (angeblichen) Untersuchungsfehlern des Gutachters herleiten will bzw. aus einer Gesamtwürdigung der als herablassend empfundenen Untersuchung und der behaupteten Mängel des Gutachtens, kann dahingestellt bleiben. Dagegen spricht, dass das SG die Klägerin nicht zu einer Stellungnahme unter Fristsetzung aufgefordert hat und deshalb eine Verzögerung des Rechtsstreits nicht ersichtlich ist.
Das Ablehnungsgesuch ist jedenfalls unbegründet. Der hier geltend gemachte Ablehnungsgrund der Besorgnis der Befangenheit setzt voraus, dass hinreichende objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an der Unbefangenheit, Unvoreingenommenheit oder Unparteilichkeit des Sachverständigen zu zweifeln. Die nur subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftiger Weise kein Grund ersichtlich ist, reicht dagegen zur Ablehnung nicht aus.
Der Senat kann nicht erkennen, dass objektive Gründe für die Besorgnis der Befangenheit vorliegen. Die behauptete fehlerhafte Untersuchung und Diagnosestellung, die angeblich unrichtigen Rückschlüsse auf das Leistungsvermögen der Klägerin -zum Beispiel im Hinblick auf ihren zuletzt ausgeübten Beruf- sowie der Vorwurf der mangelhaften Auseinandersetzung mit den früheren Gutachten berühren lediglich die Frage der inhaltlichen Richtigkeit des Gutachtens und deuten nicht auf eine Unvoreingenommenheit im vorliegenden Verfahren hin. Selbst wenn die Feststellungen des Sachverständigen fehlerhaft sein sollten, ist ihnen nicht zu entnehmen, dass sie in parteilicher Absicht getroffen sein könnten. Dass die Diagnosen des Sachverständigen von denen früherer ärztlicher Untersuchungen abweichen, betrifft ebenfalls die inhaltliche Richtigkeit und lässt keine Rückschlüsse auf eine etwaige Befangenheit zu. Auch der Vorwurf mangelnder Gründlichkeit bei der Untersuchung betrifft die Qualität der Begutachtung. Unklare oder widersprüchliche Punkte können und müssen gegebenenfalls vom Gericht vor seiner Entscheidung in der Sache durch eine Anhörung oder durch ein ergänzendes Gutachten geklärt werden, sofern sie für die konkret zur Beurteilung stehenden Fragestellung überhaupt erheblich sind.
Entsprechendes gilt für die von der Klägerin vorgebrachten Fehler bei der Anamnese. Es ist nicht ersichtlich, dass es sich bei den Unrichtigkeiten um die Folge einer Voreingenommenheit gehandelt haben könnte.
Weshalb die Ausdrucksweise "zügig und nicht schwerbehindert" ein Indiz für mangelnde Objektivität bedeuten soll, erschließt sich dem Senat nicht.
Auch soweit die Klägerin das Auftreten des Gutachters ihr gegenüber als unangemessen empfunden hat, vermag dies bei der gebotenen Gesamtwürdigung der Umstände keine mögliche Voreingenommenheit herzuleiten. Ärztliche Untersuchungen sind unangenehm. Der Sachverständige ist zur Objektivität verpflichtet und muss deshalb die Angaben der zu Untersuchenden, die nicht seine Patienten sind, kritisch hinterfragen. Es sind keine Anzeichen dafür ersichtlich, dass der Sachverständige die Klägerin unfreundlicher behandelt haben könnte als andere.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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