Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 58 KR 1541/03 -88
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 8/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin wird als unzulässig verworfen. Die Klage wird abgewiesen. Die Nichtzulassungsbeschwerde wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit ist die Erstattung von privat verauslagten Aufwendungen für die Beschaffung des Medikamentes Craton, einem Ginkgoextrakt in Tablettenform.
Die Klägerin, die an einem so genannten chronischen Erschöpfungssyndrom (CFS = Chronic Fatigue Syndrome) leidet, benötigt nach ihren Angaben über die von ihrem behandelnden Arzt verordnete Menge hinaus einen Mehrbedarf an Craton.
Mit einer am 10. September 2003 bei dem Sozialgericht (SG) Berlin eingegangenen Klage hat sie geltend gemacht, das Medikament Craton werde ihr durch den Hausarzt nur unzureichend verschrieben. Der Hausarzt dürfte nur eine Packung mit 100 Tabletten pro Quartal verschreiben. Sie müsse jedoch drei Tabletten Craton täglich nehmen, sonst bekomme sie Krämpfe. Die Beklagte habe mit Bescheid vom 6. September 2002 die Erstattung abgelehnt. Ihren Widerspruch vom 12. September 2002 habe sie nicht beschieden, so dass Klage geboten sei.
Der Vorgang ließ sich zunächst bei der Beklagten nicht auffinden. Nachdem die Klägerin den Bescheid vom 6. September 2002 zu den Akten gereicht hatte, erließ die Beklagte den Widerspruchsbescheid vom 12. August 2004. Darin heißt es, dass die Erstattung von 334,77 EUR - in dieser Höhe (richtig: 276,14 EUR = (6 - 35,80 EUR) + (3 - 39,99 DM = 119,97 DM = 61,34 EUR)) seien Apothekenquittungen für Craton Filmtabletten vorgelegt worden - nicht erfolgen könne, da es sich bei dem Präparat Craton um ein zugelassenes Medikament handele, über dessen Verordnung (Art und Umfang) allein der behandelnde Arzt im Rahmen vertragsärztlicher Behandlung zu entscheiden habe. Wegen des in der gesetzlichen Krankenversicherung geltenden Sachleistungsprinzips sei eine Kostenerstattung ausgeschlossen.
Durch Urteil vom 22. Oktober 2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Die ursprünglich als Untätigkeitsklage erhobene Klage sei zulässigerweise in eine Verpflichtungsklage umgestellt worden, darin liege keine zustimmungsbedürftige Klageänderung. Die Klage sei jedoch nicht begründet. Hierzu werde auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen und ergänzend darauf hingewiesen, dass einem behandelnden Arzt, der ein verkehrsfähiges und für die Behandlung der festgestellten Erkrankung zugelassenes Medikament einsetze, nur dann ein Regress drohe, wenn das Medikament in Mengen verordnet werde, die mit dem Ziel der Heilung einer Erkrankung oder Linderung der Krankheitsbeschwerden nicht zu vereinbaren seien. Die Klage habe abgewiesen werden müssen, weil das Klagebegehren auf eine Verfahrensweise gerichtet worden sei, die im gesetzlichen Versorgungssystem des Sozialgesetzbuchs 5. Buch (SGB V) nicht vorgesehen sei und der es auch gar nicht bedürfe, weil der Arzt die Befugnis habe, ein zugelassenes Medikament in einem zugelassenen Anwendungsbereich so zu verordnen, wie es die Gesundheit des Patienten erfordere. Das Urteil war mit der Rechtsmittelbelehrung versehen, dass es mit der Berufung zum Landessozialgericht angefochten werden könne.
Mit der dementsprechend eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, mehrere Ärzte hätten sich geweigert, ihr Craton im notwendigen Umfange zu verordnen. Außerdem reicht sie ein Attest der behandelnden Ärztin für Allgemeinmedizin C A vom 13. Dezember 2004 ein, in dem es heißt, dass die Klägerin krankheitsbedingt täglich drei Tabletten Craton einnehmen solle zur Verbesserung des Allgemeinbefindens bei CFS. Da bei dieser Indikation laut Arzneimittelverordnungsgesetz keine Medikation zu Lasten der Krankenkasse möglich sei, habe die Klägerin diese Kosten selbst tragen müssen, trotz nachweislich positivem Nutzen.
Mit Schreiben vom 7. März 2005 hat die Klägerin klargestellt, dass sich die Berufung ausschließlich auf die Zeit vor dem 1. Januar 2004 beziehe. Auch die Apothekenquittungen hätten nur den Zeitraum bis Ende 2003 umfasst.
Die Berichterstatterin hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestünden, weil nach den eingereichten Apothekenquittungen lediglich 276,14 EUR im Streit seien und die Berufung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nur zugelassen sei, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,00 EUR übersteige. Die Klägerin müsse entweder nachweisen, dass noch weitere Aufwendungen entstanden seien oder aber gegebenenfalls Nichtzulassungsbeschwerde erheben. Hierauf teilte die Klägerin mit, dass sie bis Ende 2003 keine weiteren Aufwendungen getätigt habe. Da das Gericht den Streitwert für zu niedrig halte, erweitere sie ihre Klage auf die Jahre 2004 und 2005. Die Summe der beiliegenden Quittungen betrage 379,48 EUR.
Der Senat hat die Klägerin darauf aufmerksam gemacht, dass sie bisher ihr Klagebegehren ausdrücklich auf die Zeit bis 31. Dezember 2003 beschränkt und für Zeiträume ab 1. Januar 2004 ihr ein Bescheid vom 23. Februar 2004 durch die Beklagte erteilt worden sei, den sie nicht angefochten habe. Eine Klageerweiterung im Berufungsverfahren werde daher nicht für sachdienlich gehalten.
Aus den Schriftsätzen der Klägerin ergibt sich, dass sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Oktober 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6. September 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2004 und des Bescheides vom 23. Februar 2004 zu verurteilen, die von ihr getätigten Aufwendungen für die Beschaffung von Craton außerhalb der verordnungsfähigen Mengen zu erstatten.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung, die Klage und die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.
Die den streitigen Vorgang betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten lagen vor und waren Gegenstand der Beratung. Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie den Akteninhalt Bezug genommen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 SGG) erklärt.
Entscheidungsgründe:
1. Die Berufung der Klägerin ist nicht zulässig.
Nach § 144 Abs. 1 Ziff. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 500,00 EUR nicht übersteigt. Dies ist vorliegend der Fall. Streitig im Rahmen des sozialgerichtlichen Verfahrens waren lediglich Kosten in Höhe von 276,14 EUR, die die Klägerin für das Medikament Craton privat aufgewandt hat, damit beträgt auch der Wert des Beschwerdegegenstands nur 276,14 EUR. Das SG hat die Berufung hier nicht zugelassen. Alleine in der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung im Urteil kann eine ausdrückliche Zulassung der Berufung, wie sie § 144 Abs. 1 SGG verlangt, nicht gesehen werden (ständige Rechtssprechung des BSG, vgl. BSGE 5,95; 99, 333).
Die Berufung ist auch nicht deshalb zulässig, weil die Klägerin im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 27. Juli 2005 die Klage auf die Jahre 2004 und 2005 erweitert und weitergehende Forderungen in Höhe von 379,48 EUR geltend gemacht hat. Für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist nämlich auf den Zeitpunkt der Einlegung abzustellen. Durch die spätere Veränderung des Streitgegenstandes wird die Zulässigkeit (oder Unzulässigkeit) der Berufung nicht berührt (vgl. Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer Rz. 10 b vor § 143 SGG).
2. Die mit dem Schriftsatz vom 27. Juli 2005 im Wege der Klageerweiterung erhobene Klage wegen der im Jahre 2004 und 2005 angefallenen Kosten ist ebenfalls unzulässig und war daher abzuweisen. Eine Änderung der Klage im Berufungsverfahren nach § 99 Abs. 1 SGG ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Die Einwilligung der Beklagten in die vorgenommene Klageänderung (Klageerweiterung) liegt nicht vor. Sie kann auch nicht unterstellt werden, weil sich die Beklagte nicht schriftsätzlich auf die abgeänderte Klage eingelassen hat (§ 99 Abs. 2 SGG). Der Senat hat die Klageänderung auch nicht als sachdienlich angesehen, da für den Zeitraum ab 1. Januar 2004 ein Ablehnungsbescheid der Beklagten vorliegt, der nicht innerhalb der vorgesehenen Frist mit einem Widerspruch angegriffen worden ist und also wegen eingetretener Bestandskraft zulässigerweise nicht mehr mit der Klage angefochten werden kann. Ein Fall des § 99 Abs. 3 Ziff. 2 SGG, der nach dem Gesetz nicht als Klageänderung angesehen wird, liegt schließlich nicht vor, weil die Anwendung des Abs. 3 voraussetzt, dass der Klagegrund nicht verändert wird. Eine Änderung des Klagegrundes liegt aber vor, wenn der Lebenssachverhalt, der zu Grunde gelegt wird, ein anderer ist. Hier will die Klägerin die Erstattung von Aufwendungen für einen anderen, bisher nicht einbezogenen Zeitraum geltend machen. Sie beruft sich daher auf einen anderen Lebenssachverhalt. Zudem haben sich auch mit dem 1. Januar 2004 die rechtlichen Voraussetzungen geändert. Nach der ab diesem Zeitpunkt geltenden Fassung des § 34 SGB V sind nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel wie Craton von der Versorgung nach § 31 SGB V grundsätzlich ausgeschlossen.
3. Sofern man in dem Schriftsatz der Klägerin vom 27. Juli 2005 eine Nichtzulassungsbeschwerde erkennen wollte, ist diese unbegründet. Ihre Begründetheit setzte voraus, dass einer der Zulassungsgründe des § 144 Abs. 2 SGG vorliegt und dies durch das Sozialgericht übersehen wurde. Nach dieser Vorschrift ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht werden kann, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Die genannten Voraussetzungen sind sämtlich nicht gegeben. Das Urteil des SG steht in Übereinstimmung mit geltendem Recht und der höchstrichterlichen Rechtssprechung. Ein Verfahrensmangel ist von der Klägerin weder behauptet worden noch ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Tatbestand:
Im Streit ist die Erstattung von privat verauslagten Aufwendungen für die Beschaffung des Medikamentes Craton, einem Ginkgoextrakt in Tablettenform.
Die Klägerin, die an einem so genannten chronischen Erschöpfungssyndrom (CFS = Chronic Fatigue Syndrome) leidet, benötigt nach ihren Angaben über die von ihrem behandelnden Arzt verordnete Menge hinaus einen Mehrbedarf an Craton.
Mit einer am 10. September 2003 bei dem Sozialgericht (SG) Berlin eingegangenen Klage hat sie geltend gemacht, das Medikament Craton werde ihr durch den Hausarzt nur unzureichend verschrieben. Der Hausarzt dürfte nur eine Packung mit 100 Tabletten pro Quartal verschreiben. Sie müsse jedoch drei Tabletten Craton täglich nehmen, sonst bekomme sie Krämpfe. Die Beklagte habe mit Bescheid vom 6. September 2002 die Erstattung abgelehnt. Ihren Widerspruch vom 12. September 2002 habe sie nicht beschieden, so dass Klage geboten sei.
Der Vorgang ließ sich zunächst bei der Beklagten nicht auffinden. Nachdem die Klägerin den Bescheid vom 6. September 2002 zu den Akten gereicht hatte, erließ die Beklagte den Widerspruchsbescheid vom 12. August 2004. Darin heißt es, dass die Erstattung von 334,77 EUR - in dieser Höhe (richtig: 276,14 EUR = (6 - 35,80 EUR) + (3 - 39,99 DM = 119,97 DM = 61,34 EUR)) seien Apothekenquittungen für Craton Filmtabletten vorgelegt worden - nicht erfolgen könne, da es sich bei dem Präparat Craton um ein zugelassenes Medikament handele, über dessen Verordnung (Art und Umfang) allein der behandelnde Arzt im Rahmen vertragsärztlicher Behandlung zu entscheiden habe. Wegen des in der gesetzlichen Krankenversicherung geltenden Sachleistungsprinzips sei eine Kostenerstattung ausgeschlossen.
Durch Urteil vom 22. Oktober 2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Die ursprünglich als Untätigkeitsklage erhobene Klage sei zulässigerweise in eine Verpflichtungsklage umgestellt worden, darin liege keine zustimmungsbedürftige Klageänderung. Die Klage sei jedoch nicht begründet. Hierzu werde auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen und ergänzend darauf hingewiesen, dass einem behandelnden Arzt, der ein verkehrsfähiges und für die Behandlung der festgestellten Erkrankung zugelassenes Medikament einsetze, nur dann ein Regress drohe, wenn das Medikament in Mengen verordnet werde, die mit dem Ziel der Heilung einer Erkrankung oder Linderung der Krankheitsbeschwerden nicht zu vereinbaren seien. Die Klage habe abgewiesen werden müssen, weil das Klagebegehren auf eine Verfahrensweise gerichtet worden sei, die im gesetzlichen Versorgungssystem des Sozialgesetzbuchs 5. Buch (SGB V) nicht vorgesehen sei und der es auch gar nicht bedürfe, weil der Arzt die Befugnis habe, ein zugelassenes Medikament in einem zugelassenen Anwendungsbereich so zu verordnen, wie es die Gesundheit des Patienten erfordere. Das Urteil war mit der Rechtsmittelbelehrung versehen, dass es mit der Berufung zum Landessozialgericht angefochten werden könne.
Mit der dementsprechend eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, mehrere Ärzte hätten sich geweigert, ihr Craton im notwendigen Umfange zu verordnen. Außerdem reicht sie ein Attest der behandelnden Ärztin für Allgemeinmedizin C A vom 13. Dezember 2004 ein, in dem es heißt, dass die Klägerin krankheitsbedingt täglich drei Tabletten Craton einnehmen solle zur Verbesserung des Allgemeinbefindens bei CFS. Da bei dieser Indikation laut Arzneimittelverordnungsgesetz keine Medikation zu Lasten der Krankenkasse möglich sei, habe die Klägerin diese Kosten selbst tragen müssen, trotz nachweislich positivem Nutzen.
Mit Schreiben vom 7. März 2005 hat die Klägerin klargestellt, dass sich die Berufung ausschließlich auf die Zeit vor dem 1. Januar 2004 beziehe. Auch die Apothekenquittungen hätten nur den Zeitraum bis Ende 2003 umfasst.
Die Berichterstatterin hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestünden, weil nach den eingereichten Apothekenquittungen lediglich 276,14 EUR im Streit seien und die Berufung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nur zugelassen sei, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,00 EUR übersteige. Die Klägerin müsse entweder nachweisen, dass noch weitere Aufwendungen entstanden seien oder aber gegebenenfalls Nichtzulassungsbeschwerde erheben. Hierauf teilte die Klägerin mit, dass sie bis Ende 2003 keine weiteren Aufwendungen getätigt habe. Da das Gericht den Streitwert für zu niedrig halte, erweitere sie ihre Klage auf die Jahre 2004 und 2005. Die Summe der beiliegenden Quittungen betrage 379,48 EUR.
Der Senat hat die Klägerin darauf aufmerksam gemacht, dass sie bisher ihr Klagebegehren ausdrücklich auf die Zeit bis 31. Dezember 2003 beschränkt und für Zeiträume ab 1. Januar 2004 ihr ein Bescheid vom 23. Februar 2004 durch die Beklagte erteilt worden sei, den sie nicht angefochten habe. Eine Klageerweiterung im Berufungsverfahren werde daher nicht für sachdienlich gehalten.
Aus den Schriftsätzen der Klägerin ergibt sich, dass sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Oktober 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6. September 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2004 und des Bescheides vom 23. Februar 2004 zu verurteilen, die von ihr getätigten Aufwendungen für die Beschaffung von Craton außerhalb der verordnungsfähigen Mengen zu erstatten.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung, die Klage und die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.
Die den streitigen Vorgang betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten lagen vor und waren Gegenstand der Beratung. Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie den Akteninhalt Bezug genommen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 SGG) erklärt.
Entscheidungsgründe:
1. Die Berufung der Klägerin ist nicht zulässig.
Nach § 144 Abs. 1 Ziff. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 500,00 EUR nicht übersteigt. Dies ist vorliegend der Fall. Streitig im Rahmen des sozialgerichtlichen Verfahrens waren lediglich Kosten in Höhe von 276,14 EUR, die die Klägerin für das Medikament Craton privat aufgewandt hat, damit beträgt auch der Wert des Beschwerdegegenstands nur 276,14 EUR. Das SG hat die Berufung hier nicht zugelassen. Alleine in der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung im Urteil kann eine ausdrückliche Zulassung der Berufung, wie sie § 144 Abs. 1 SGG verlangt, nicht gesehen werden (ständige Rechtssprechung des BSG, vgl. BSGE 5,95; 99, 333).
Die Berufung ist auch nicht deshalb zulässig, weil die Klägerin im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 27. Juli 2005 die Klage auf die Jahre 2004 und 2005 erweitert und weitergehende Forderungen in Höhe von 379,48 EUR geltend gemacht hat. Für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist nämlich auf den Zeitpunkt der Einlegung abzustellen. Durch die spätere Veränderung des Streitgegenstandes wird die Zulässigkeit (oder Unzulässigkeit) der Berufung nicht berührt (vgl. Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer Rz. 10 b vor § 143 SGG).
2. Die mit dem Schriftsatz vom 27. Juli 2005 im Wege der Klageerweiterung erhobene Klage wegen der im Jahre 2004 und 2005 angefallenen Kosten ist ebenfalls unzulässig und war daher abzuweisen. Eine Änderung der Klage im Berufungsverfahren nach § 99 Abs. 1 SGG ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Die Einwilligung der Beklagten in die vorgenommene Klageänderung (Klageerweiterung) liegt nicht vor. Sie kann auch nicht unterstellt werden, weil sich die Beklagte nicht schriftsätzlich auf die abgeänderte Klage eingelassen hat (§ 99 Abs. 2 SGG). Der Senat hat die Klageänderung auch nicht als sachdienlich angesehen, da für den Zeitraum ab 1. Januar 2004 ein Ablehnungsbescheid der Beklagten vorliegt, der nicht innerhalb der vorgesehenen Frist mit einem Widerspruch angegriffen worden ist und also wegen eingetretener Bestandskraft zulässigerweise nicht mehr mit der Klage angefochten werden kann. Ein Fall des § 99 Abs. 3 Ziff. 2 SGG, der nach dem Gesetz nicht als Klageänderung angesehen wird, liegt schließlich nicht vor, weil die Anwendung des Abs. 3 voraussetzt, dass der Klagegrund nicht verändert wird. Eine Änderung des Klagegrundes liegt aber vor, wenn der Lebenssachverhalt, der zu Grunde gelegt wird, ein anderer ist. Hier will die Klägerin die Erstattung von Aufwendungen für einen anderen, bisher nicht einbezogenen Zeitraum geltend machen. Sie beruft sich daher auf einen anderen Lebenssachverhalt. Zudem haben sich auch mit dem 1. Januar 2004 die rechtlichen Voraussetzungen geändert. Nach der ab diesem Zeitpunkt geltenden Fassung des § 34 SGB V sind nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel wie Craton von der Versorgung nach § 31 SGB V grundsätzlich ausgeschlossen.
3. Sofern man in dem Schriftsatz der Klägerin vom 27. Juli 2005 eine Nichtzulassungsbeschwerde erkennen wollte, ist diese unbegründet. Ihre Begründetheit setzte voraus, dass einer der Zulassungsgründe des § 144 Abs. 2 SGG vorliegt und dies durch das Sozialgericht übersehen wurde. Nach dieser Vorschrift ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht werden kann, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Die genannten Voraussetzungen sind sämtlich nicht gegeben. Das Urteil des SG steht in Übereinstimmung mit geltendem Recht und der höchstrichterlichen Rechtssprechung. Ein Verfahrensmangel ist von der Klägerin weder behauptet worden noch ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
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