L 1 SF 3/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 SF 3/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Das Gesuch des Klägers, den Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wird zurückgewiesen.

Gründe:

Gemäß § 60 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 42 Abs. 1 und Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) findet die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dies ist der Fall, wenn ein am Verfahren Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei objektiver und vernünftiger Betrachtung davon ausgehen kann, dass der Richter nicht unvoreingenommen entscheiden werde. Solche Gründe sind hier nicht ersichtlich:

Ein Ablehnungsgesuch kann grundsätzlich nicht darauf gestützt werden, dass von einem Rich¬ter unrichtige Entscheidungen in materieller oder in verfahrensrechtlicher Hinsicht getroffen worden seien. Auch Meinungsäußerungen eines Richters sprechen nicht gegen dessen Unvoreingenommenheit und Objektivität, auch ohne diese mit dem Hinweis zu verbinden, dass es sich um eine lediglich vorläufige Meinung handele (so zutreffend Bundesfinanzhof (BFH), Beschluss vom 8. Dezember 1998 -VII B 227/98- Juris mit weiteren Nachweisen). Die Hinweise eines Richters auf seine vorläufige Meinung über den voraussichtlichen Ausgang des Verfahrens liegen im Allgemeinen im wohlverstandenen Interesse der Beteiligten. Diesen ist gewöhnlich daran gelegen, die Einstellung des Richters zu den für den Prozessausgang maßgeblichen rechtlichen Problemen zu erfahren. Auf diese Weise erhalten sie Gelegenheit, ihre eigene, von der des Richters abweichende Ansicht näher zu erläutern und dabei zusätzliche entscheidungserhebliche Gesichtspunkte stärker hervorzuheben. Eine verständige Partei wird diesem Verfahren den Vorzug geben vor einer eher passiven richterlichen Prozessleitung, welche die Beteiligten auf sich allein gestellt lässt (so zutreffend BFH Beschluss vom 25. 01.1996 –X B 130/95- Juris). Eine Besorgnis der Befangenheit kann sich allenfalls aus der Art und Weise ergeben, wie ein Richter seine (vorläufige) Meinung vorträgt. Ein Grund kann bestehen, wenn der Richter in ungewöhnlicher, nach der Prozesslage nicht verständlicher Weise subjektive Gewissheit erkennen lässt, so dass die Beteiligten Anlass haben können zu befürchten, er sei ihren Argumenten gegenüber nicht mehr aufgeschlossen und habe sich seine Auffassung schon abschließend gebildet.

Das richterliche Hinweisschreiben vom 31. Oktober 2005 gibt keinen Anlass zu Annahmen in dieser Richtung. Es war vielmehr sinnvoll, den Beteiligten Gelegenheit zu weiterem Vortrag zur Frage zur ermöglichen, ob die Bevollmächtigten des Klägers ihr Leistungsbestimmungs-

recht schon unwiderruflich auf den Mittelwert beschränkt hatten. Dass der Richter einen Fehler gemacht haben könnte, erschließt sich nicht und wäre auch unmaßgeblich. Nach Aktenlage hat es sich nicht aufgedrängt, dass sich die Bevollmächtigten des Klägers diesem gegenüber eine erneute Ermessensausübung vorbehalten hatten. Die aus Sicht des Klägers überflüssige Anforderung der an den Beklagten übersandten Kostennote hat beim Kläger oder seinen Bevollmächtigten keine Arbeit verursacht.

Auch die Äußerungen in der richterlichen Verfügung vom 1. Dezember 2005 vermögen die Unparteilichkeit des Richters nicht in Zweifel zu ziehen. Bei unbefangener Betrachtung entsteht nämlich nicht der Eindruck, der Richter wolle auf jeden Fall auf dem Ergebnis beharren um "Recht zu behalten". Der Richter hat lediglich darauf hingewiesen, zu welchem vorläufigen Ergebnis seine erneute Prüfung einer Gebührenhöhe von 425,- EUR geführt hat. Diese Prüfung ist aus seiner Sicht erst jetzt entscheidungsrelevant geworden. Aus dem Umstand, dass dem Richter die von ihm zitierte Auffassung des Bundessozialgerichtes zuvor nicht bekannt gewesen ist, folgt nichts für eine mögliche Voreingenommenheit dem Kläger gegenüber. Eine Selbstbindung des Richters an seine zuvor (vorläufig) geäußerte Rechtsauffassung darf es gerade nicht geben.

Soweit der Kläger in seinem Befangenheitsgesuch ein weiteres Fehlverhalten darin erkennen will, dass er in der Verfügung zur Einreichung von Literaturbelegen aufgefordert worden ist, ist dies nicht nachvollziehbar. Unter den Prämissen, sich der zitierten Auffassung des Bundessozialgerichtes anzuschließen und die Folgen der Schwerbehinderteneigenschaft für den Kläger unberücksichtigt zu lassen (vgl. Verfügung vom 31. Oktober 2005), kann es durchaus darauf ankommen, ob im Rahmen der Billigkeit der Rahmengebühr auch der Aufwand des Kostenfestsetzungsverfahrens mit zu berücksichtigen ist. Da der Richter eine dies annehmende Literaturauffassung offenbar nicht veröffentlicht gefunden hat, ist die Aufforderung, sie zu belegen, stimmig und stellt aus Sicht eines verständigen Beteiligten keine "Strafe" dar. Dass er zuvor grob fehlerhaft recherchiert oder sonst wie "seine Hausaufgaben nicht gemacht" haben könnte, ist nicht ersichtlich. Der Kläger selbst liefert jetzt als Beleg eine sozialgerichtliche Entscheidung (vgl. das Zitat in Hartmann, Kostengesetze, 35.A.2005 § 14 RVG Rn. 14).

Der Ablehnungsantrag, hat danach keinen Erfolg.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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