L 1 SF 1060/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 SF 1060/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Das Gesuch des Klägers, den Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wird zurückgewiesen.

Gründe:

Das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen den Vorsitzenden der Kammer des Sozialgerichts Berlin, Richter , ist unbegründet.

Nach § 60 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 42 Abs. 1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO) findet die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dies ist der Fall, wenn ein am Verfahren Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei objektiver und ver-nünftiger Betrachtung davon ausgehen darf, dass der Richter das Rechtschutzbegehren nicht unvoreingenommen bearbeiten und entscheiden werde. Die nur subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, ist dagegen nicht Maßstab der Prüfung. Nach § 44 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist der Ablehnungsgrund glaubhaft zu machen.

Danach kann der Kläger sein Ablehnungsgesuch nicht mit Erfolg darauf stützen, dass der abgelehnte Richter ein anonymes Schreiben vom 11. Oktober 2005 veranlasst habe und auf seine (des Klägers) Bitte um Mitteilung, auf wessen Anordnung das Schreiben erfolgt sei, nicht geantwortet habe.

Dem Kläger ist aus seinen zahlreichen Verfahren beim Sozialgericht Berlin die Verwaltungs-praxis bekannt, dass kleine richterliche Verfügungen betreffend etwa die Übersendung von Schriftsätzen eines Beteiligten an die Gegenseite zur Kenntnis oder zur Stellungnahme in der Weise ausgeführt werden oder jedenfalls in der Vergangenheit ausgeführt wurden, dass das Anschreiben zum übersandten Schriftstück lediglich vom Geschäftsstellenmitarbeiter mit dem Zusatz "Auf Anordnung" unterzeichnet wurde, ohne Nennung des Namens des anordnenden Richters.

Wenn Richter angesichts dessen der Bitte um – besondere schriftliche – Mitteilung, auf wessen Anordnung das Schreiben vom 11. Oktober 2005 erfolgt sei, nicht nachkam, ergibt sich daraus allerdings, dass er die Bitte für unangemessen und sich deshalb für berechtigt hielt, ihr nicht zu entsprechen. Es erscheint nämlich schon neben der Sache liegend, Routine-schreiben (wie das vorgenannte), die vom Geschäftsstellenmitarbeiter "Auf Anordnung" unterschrieben werden, als anonym zu bezeichnen. Denn dem Namen und der Person des anordnenden zuständigen Richters kommt im Zusammenhang solcher Routineschreiben keine Bedeutung zu. Auch genügt ein Anruf bei Gericht oder die Einsichtnahme in den Geschäftsver-teilungsplan, um den anordnenden Richter zu "ermitteln".

Der Umstand, dass der Richter ein bestimmtes Ansinnen eines Beteiligten aus immerhin nachvollziehbaren Gründen nicht akzeptiert, lässt indes bei objektiver und vernünftiger Betrachtung nicht schon besorgen, dass er die streitbefangene Rechtssache nunmehr voreingenommen und parteilich bearbeiten werde.

Es kann grundsätzlich nicht unterstellt werden, dass ein Richter nicht zwischen persönlichem Verhalten, Person und Sache zu unterscheiden weiß. Deshalb ist nicht schon dann zu besorgen, dass er der Sache nicht mehr vorurteilsfrei gegenüber stehen kann, wenn er nicht allem, was der Kläger von ihm will, nachkommt. Dies gilt unabhängig davon, ob der Richter der Situation gerecht geworden ist oder nicht, ob er sich richtig verhalten hat oder nicht. Das ist hier nicht zu beurteilen. Jedenfalls bedarf es zusätzlicher Anzeichen, um aus einer fehlenden Überein-stimmung zwischen Richter und Beteiligtem über das Bestehen einer bestimmten formalen Obliegenheit auf eine zu besorgende, die Sachbearbeitung überschattende Voreingenommen-heit des Richters schließen zu können.

An solchen Anzeichen fehlt es hier. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus den Mutmaßungen des Klägers in seinem Schreiben vom 11. Dezember 2005 über schulische und universitäre Einflüsse, durch die der abgelehnte Richter geprägt sein könnte und wodurch es schon in anderer Sache zu einer rechtswidrigen Entscheidung gekommen sei, in der der Richter sich "auch" als unfähig für eine objektive Beurteilung erwiesen habe. Solche Unwägbarkeiten und Spekulationen über ein mögliches "Vorverständnis" eines Richters reichen nicht aus, um eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Eine frühere möglicherweise falsche Entscheidung des Richters als solche ist schließlich ebenfalls kein Ablehnungsgrund.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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