L 1 R 317/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 73 RA 7759/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 R 317/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger beansprucht von der Beklagten eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der 1946 in Sofia/Bulgarien geborene Kläger lebt seit September 1970 in der Bundesrepublik Deutschland. Er ist als Vertriebener nach dem Bundesvertriebenengesetz anerkannt. Von Oktober 1970 bis Oktober 1973 wurden für ihn Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung (der Arbeiter) abgeführt. Von Oktober 1973 bis Juni 1979 studierte er Zahnmedizin. Während dieser Zeit wurde für ihn für Juni 1978 ein weiterer und zugleich der letzte Pflichtbeitrag zur Rentenversicherung (der Angestellten) entrichtet. Am 29. Juni 1979 wurde ihm die Bestallung als Zahnarzt erteilt. Als solcher war er zunächst abhängig beschäftigt und seit 1981 selbstständig. Mit Beginn seiner Pflichtmitgliedschaft bei einer berufsständischen Versorgungseinrichtung am 1. Juli 1979 wurde er von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung der Angestellten befreit (Bescheid der Beklagten vom 23. Oktober 1979). Er gab seine selbstständige Tätigkeit zum 31. Dezember 1997 auf. Seine Zulassung als niedergelassener Zahnarzt endete mit Ablauf des 7. Januar 1998. Seit Februar 1998 lebt er wieder in Sofia.

Im November 2000 beantragte der Kläger bei der Beklagten Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit. Zur Begründung gab er an, er halte sich seit Januar 1998 für berufsunfähig. Auf der Grundlage der von ihm vorgelegten medizinischen Unterlagen lehnte die Beklagte den Rentenantrag durch Bescheid vom 2. August 2001 – bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2001 – ab. Der Kläger sei weder berufs- noch erwerbsunfähig. Er sei auch nicht teilweise oder voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Sozialgesetzbuch (SGB) VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung.

Im Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) Berlin erteilte die Beklagte einen Versicherungsverlauf für den Kläger. Dieser weist für ihn außer Zeiten der Schul-, Fachschul- und Hochschulausbildung Pflichtbeitragszeiten im Umfang von 63 Monaten (Zeiten des Grundwehrdienstes in Bulgarien als Fremdrentenzeiten von Oktober 1964 bis Oktober 1966 und die Zeiten der abhängigen Beschäftigung in Deutschland ab Oktober 1970) sowie einen Monat Ersatzzeiten (Vertreibung/Flucht im September 1970) aus. Dem mit übersandten bulgarischen Versicherungsverlauf sind lediglich die zwei Jahre Grundwehrdienst zu entnehmen.

Durch Urteil vom 27. September 2004 wies das SG die auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit bzw. wegen Erwerbsminderung gerichtete Klage wegen Nichterfüllung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ab. Weder habe der Kläger in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der geltend gemachten verminderten Erwerbsfähigkeit (Januar 1998) mindestens drei Jahre mit Pflichtbeiträgen belegt (§§ 43 Abs. 1 Nr. 2, 44 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung, § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung); noch lägen die übergangsrechtlichen Voraussetzungen der §§ 240, 241 SGB VI (Fassung bis 31. Dezember 2000) bzw. des § 241 SGB VI (Fassung ab 1. Januar 2001) vor, weil die Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit bzw. die Erwerbsminderung nicht bereits vor dem Jahre 1984 eingetreten sei.

Mit der Berufung macht der Kläger erneut geltend, dass er aus gesundheitlichen Gründen als Zahnarzt nicht mehr praktizieren könne und ihm deshalb eine Rente zustehe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. September 2004 sowie den Bescheid vom 2. August 2001 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 15. Oktober 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit bzw. wegen Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akte des SG – S 73 RA 7759/01 -) und der Beklagtenakten (13 260646 P 000) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet.

Der Kläger kann von der Beklagten keine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit – und sei es nur eine Rente wegen Berufsunfähigkeit (§ 43 SGB VI alter Fassung) bzw. wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI neuer Fassung) – verlangen, weil er die Rentenvoraussetzungen unabhängig von dem behaupteten Eintritt eines Versicherungsfalls der verminderten Erwerbsfähigkeit ab Januar 1998 nicht erfüllt. Zu den Voraussetzungen einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gehören außer dem Eintritt des Versicherungsfalls und der Erfüllung der Wartezeit – diese Voraussetzungen müssen bei jeder Sozialversicherungsrente erfüllt sein – zusätzlich noch die Erfüllung besonderer versicherungsrechtlicher Voraussetzungen, wie sie das SG zutreffend genannt hat. Der Kläger erfüllt zwar – eben gerade – die Wartezeit für eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, nämlich die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (= 60 Monaten). Er erfüllt jedoch nicht die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, nämlich weder die diesbezüglichen Regelvoraussetzungen (drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalls) noch die Ersatzvoraussetzungen nach §§ 240, 241 SGB VI alter Fassung bzw. § 241 SGB VI neuer Fassung.

Die zuletzt genannten Vorschriften enthalten zwar mehrere alternative Ersatzvoraussetzungen, von denen das SG nur eine genannt hat, nämlich den Eintritt der verminderten Erwerbsfähigkeit bereits vor dem 1. Januar 1984 (dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen). Die anderen ungenannt gebliebenen alternativen Ersatzvoraussetzungen sind jedoch ebenso wenig erfüllt, weil der Kläger während der Zeit seiner Selbstständigkeit keine weiteren rentenrechtlichen Zeiten zurückgelegt hat und damit die Zeit vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der geltend gemachten verminderten Erwerbsfähigkeit nicht mit so genannten Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist.

Es ist nicht darüber zu befinden, weshalb im erstinstanzlichen Verfahren noch ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt worden ist. Jedenfalls konnte es vom rechtlichen Ergebnis her darauf nicht mehr ankommen. Dass der Versicherungsfall bereits vor dem 1. Januar 1984 eingetreten sein könnte, musste von vornherein ausgeschlossen erscheinen. Die Kostenentscheidung nach § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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