Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 7 KR 92/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 04.08.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2004 verurteilt, der Klägerin Krankengeld über den 25.07.2003 hinaus bis zum 23.11.2004 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin dem Grunde nach.
Tatbestand:
Umstritten ist die Bewilligung von Krankengeld für den Zeitraum ab dem 25.07.2003.
Die am 14.06.1943 geborene Klägerin ist gelernte Einzelhandelskauffrau. Während ihres Berufslebens war sie neben der Kindererziehung unter anderem auch in einem Lohnbüro, als Versicherungsvertreterin und Reinigungskraft tätig. Seit dem Jahr 2000 war sie ferner noch mit der Pflege ihres Vaters und ihrer Mutter beschäftigt, die in der gesetzlichen Pflegeversicherung der Pflegestufe II bzw. I zugeordnet waren. Von 1972 bis 1984 sowie ab 1997 war sie unterbrochen durch verschiedene Krankheitszeiten im Wesentlichen in Supermärkten als Verkäuferin an der Wurst- oder Käsetheke tätig. Im Rahmen einer solchen Beschäftigung bei der Firma E. wurde sie am 16.01.2003 zunächst wegen einer reaktiven Depression augrund des Todes ihrer Mutter arbeitsunfähig. Diese Arbeitsunfähigkeit ging nahtlos in eine Arbeitsunfähigkeit wegen bewegungs- und belastungsabhängiger Beschwerden in beiden Handgelenken über. Eine Überprüfung dieser Arbeitsunfähigkeit durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) in einem Gutachten vom 21.03.2003 aufgrund einer körperlichen Untersuchung der Klägerin führte zu dem Ergebnis, dass für den Zeitraum der Durchführung physikalisch-therapeutischer Maßnahmen weiterhin Arbeitsunfähigkeit gegeben sei.
Ab dem 02.05.2003 nahm die Klägerin dann ein neues Beschäftigungsverhältnis als Fleischereiverkäuferin bei der Fleischerei K. auf. Zu den genauen Einzelheiten dieser Beschäftigung wird auf die Arbeitgeberauskunft vom 05.10.2004 (Bl. 26/27 der Gerichtsakte) sowie die Auskünfte des Zeugen K. in dem Termin zur Erörterung des Sachverhaltes am 05.04.2005 (Bl. 36-38 der Gerichtsakte) Bezug genommen. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung des Arbeitgebers zum 31.5.2003, nachdem die Klägerin am 27.05.2003 wegen "rheumatischer" Beschwerden der Fingergrundgelenke erneut arbeitsunfähig geworden war. In einem Gutachten des MDK vom 01.07.2003 wurde eine Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit aufgrund weiterhin vorliegender unklarer Beschwerden im Bereich der Hand- und Fingergelenke anerkannt. Der MDK führte aus, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Fleischereifachverkäuferin sei der Klägerin nicht möglich, da sie entsprechende Gerätschaften beispielsweise Messer oder Beile, nicht mit der erforderlichen Kraft führen könne. Eine manuelle Beanspruchung sei zu vermeiden. Die Entscheidung, ob Arbeitsunfähigkeit bzw. Verweisbarkeit am Arbeitsmarkt vorliege, obliege der Kasse. Diese Beurteilung wurde durch einen anderen beratenden Arzt des MDK am 07.07.2003 nach Aktenlage dahingehend korrigiert, dass die Klägerin ab dem 11.07.2003 wieder arbeitsfähig sei. Daraufhin erteilte die Beklagte unter dem 07.07.2003 einen Bescheid, mit dem sie die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin zum 10.07.2003 beendete. Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrem Widerspruch. Zur Begründung legte sie ein Attest ihres behandelnden Allgemeinmediziners Dr. M. vom 10.07.2003 vor. Darin teilte der behandelnde Arzt mit, dass sie aufgrund eines in der Klinik für Rheumatologie der Städtischen Kliniken Duisburg-Wedau festgestellten Verdachts auf eine rheumatoide Arthritis der Hände derzeit nicht in der Lage sei, ihre alte Beschäftigung wieder aufzunehmen. Daraufhin wurde beim MDK eine erneute körperliche Untersuchung der Klägerin veranlasst. Dort kam man unter dem 29.07.2003 zu dem Ergebnis, dass ein unauffälliger Befund bei geringfügigen funktionellen Defiziten im Bereich der rechten Hand (unkompletter Faustschluss; Daumen kann die Fingerkuppe des fünften Fingers nicht berühren; ohne Hinweis auf ein akut entzündliches Geschehen; beidseits kräftiger Spitzgriff; im Bereich beider Ringfinger werden Ringe getragen; Ringe können problemlos hin und her bewegt werden) vorliege. Medizinische Gründe für eine weitere Arbeitsunfähigkeit seien daher nicht mehr gegeben. Für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Verkäuferin bestünde weiterhin ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Im Hinblick auf dieses der Klägerin wohl mündlich mitgeteilte Untersuchungsergebnis legte diese erneut Widerspruch ein und bezog sich zur Begründung auf die Vorlage von Berichten der Klinik für Rheumatologie des Klinikums D.-W. vom 25.06.2003. Nach dem Inhalt dieser Berichte konnte man dort eine chronische Polyarthritis nicht sicher nachweisen, auch wenn der Befund an den Fingergrundgelenken aufgrund der Lokalisation verdächtig für eine beginnende rheumatoide Arthritis war. Man empfahl eine konsequente Einnahme nichtsteroidaler Antiphlogistika sowie lokale Kälteapplikation. Daraufhin erteilte die Beklagte unter dem 04.08.2003 einen weiteren Bescheid, in dem sie das Ende der Arbeitsunfähigkeit nunmehr auf den 25.07.2003 festlegte. Darin bezog sie sich zur Begründung auf die Ergebnisse der weiteren Untersuchungen des MDK. Nachdem die Klägerin ihren Widerspruch aufrecht erhalten hatte, kam der MDK in einer erneuten Begutachtung nach persönlicher Untersuchung der Klägerin am 24.10.2003 wiederum zu dem Ergebnis, dass ihr durchaus leichte körperliche Arbeiten bis zeitweise mittelschwere Arbeiten zumutbar seien. Vor diesem Hintergrund könne sie auch eine Tätigkeit als Verkäuferin ausüben. Inwieweit die letzte Tätigkeit als Fleischverkäuferin herangezogen werden könne, müsse von der Krankenkasse selbst entschieden werden. Die Beklagte wies dann den Widerspruch unter Bezugnahme auf die diversen gutachterlichen Einschätzungen des MDK mit Widerspruchsbescheid vom 14.04.2004 zurück.
Am 27.04.2004 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Duisburg erhoben, mit der sie ihr Begehren auf Fortzahlung von Krankengeld über den 25.07.2003 hinaus weiter geltend macht.
Nach ihrer Auffassung war sie weiter arbeitsunfähig, weil ihre letzte Tätigkeit mit dem Zerschneiden und Zerhacken von Fleischwaren einhergegangen sei. Dies sei ihr wegen ihrer rheumatoiden Arthritis in den Handgelenken nicht mehr möglich gewesen. Schmerzen bestünden bereits, wenn sie Personen zur Begrüßung die Hand reichen müsse. Die Tätigkeiten einer Fleischereifachverkäuferin habe sie nicht mehr ausführen können. Es sei ihr schon nicht möglich gewesen, mit dem Beil Fleisch zu zerteilen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.08.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2004 zu verurteilen, ihr Krankengeld über den 25.07.2003 hinaus bis zum 23.11.2004 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich im Wesentlichen auf die Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid sowie die noch ergänzend im Laufe des Klageverfahrens abgegebenen Stellungnahmen des MDK. Nach ihrer Ansicht kann sich die Klägerin als Maßstab für die Bemessung der Arbeitsunfähigkeit insbesondere nicht auf die Tätigkeit einer Fleischereifachverkäuferin berufen, da sie aufgrund ihres beruflichen Werdeganges nicht aufgrund einer langjährigen Tätigkeit in diesem Bereich eine entsprechende berufliche Qualifikation erworben habe.
Das Gericht hat den medizinischen Sachverhalt weiter aufgeklärt durch die Einholung eines Befundberichtes des behandelnden Allgemeinmediziners Dr. M. vom 05.07.2005. Ferner hat es Beweis erhoben durch die Vernehmung des Zeugen K. K. im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes am 05.04.2005. Hinsichtlich des Inhalts und des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf Bl. 36-38 der Gerichtsakte Bezug genommen. Schließlich hat das Gericht ein fachorthopädisches Sachverständigengutachten des Dr. W. vom 06.04.2006 eingeholt. Der Sachverständige hat zu seinem Gutachten unter dem 10.07.2006 eine ergänzende Stellungnahme abgegeben.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Bescheid vom 04.08.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2004 ist rechtswidrig und die Klägerin deswegen beschwert im Sinne von § 54 Abs 2 S 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Die Klägerin hat nach den Vorschriften der §§ 44 Abs 1 S 1 und 48 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) in dem aus dem Tenor ersichtlichen Zeitraum einen Anspruch auf Zahlung von Krankengeld gegenüber der Beklagten.
Nach § 44 Abs 1 S 1 SGB V erhalten Versicherte Krankengeld, die wegen einer Krankheit arbeitsunfähig sind. Arbeitsunfähigkeit liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) grundsätzlich dann vor, wenn ein Versicherter seine zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalles konkret ausgeübte Tätigkeit wegen Krankheit nicht weiter verrichten kann. Dies gilt nach der auch von der Beklagten in Bezug genommenen Leitentscheidung des BSG vom 14.02.2001 (Az.: B 1 KR 30/00 R) allerdings dann nicht, wenn ein Arbeitsverhältnis nach Eintritt und vor Ende der Arbeitsunfähigkeit aufgegeben oder auf andere Weise beendet wird. In solchen Fällen ändert sich der rechtliche Maßstab für die Arbeitsunfähigkeit insofern, als für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit dann nicht mehr die konkreten Verhältnisse an diesem Arbeitsplatz maßgebend sind, sondern nunmehr abstrakt auf die Art der zuletzt ausgeübten Beschäftigung abzustellen ist. Der Versicherte darf dann auf gleiche oder ähnlich geartete Tätigkeiten "verwiesen" werden, wobei aber der Kreis der möglichen Verweisungstätigkeiten entsprechend der Funktion des Krankengeldes eng zu ziehen ist. Handelt es sich bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit um einen anerkannten Ausbildungsberuf, so scheidet eine Verweisung auf eine außerhalb dieses Berufes liegende Beschäftigung aus. Dieselben Bedingungen gelten bei ungelernten Arbeiten, nur dass hier das Spektrum der zumutbaren Tätigkeiten deshalb größer ist, weil die Verweisung nicht durch die engen Grenzen eines Ausbildungsberufes eingeschränkt ist (vgl. zum Ganzen BSG a. a. O. Rd.-Ziffer 13 -zitiert nach Juris-).
Die Beklagte geht fälschlicherweise davon aus, dass die Arbeitsunfähigkeit nur dann grundsätzlich an den Anforderungen der Tätigkeit bei der Firma K. zu messen wäre, wenn die Klägerin dort eine solche Tätigkeit ausgeübt hätte, die von den Anforderungen her der einer ausgebildeten Fleischereifachverkäuferin entsprochen hätte. Die Kammer kann daher offen lassen, ob -wofür hier allerdings sehr viel spricht - die Klägerin tatsächlich eine solche Tätigkeit bei der Firma K. ausgeübt hat. Denn selbst wenn sie im Hinblick auf insoweit mangelnde Kenntnisse und Fähigkeiten Tätigkeiten verrichtet hätte, die in ihrer Breite dem Berufsbild des anerkannten Ausbildungsberufes einer Fleischereifachverkäuferin nicht entsprachen und es sich somit um eine un- bzw. angelernte Tätigkeit im Sinne der Rechtsprechung zu der Vorschrift des § 43 Abs. 2 a.F. des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) handelte, ist nach der zitierten Rechtsprechung "der Kreis möglicher Verweisungstätigkeiten entsprechend der Funktion des Krankengeldes eng zu ziehen".
Aus der von der Beklagten zitierten Entscheidung ergibt sich, dass es im Rahmen der Vorschriften der §§ 44 ff SGB V geraden keinen qualifizierten Berufsschutz wie im Bereich der früheren Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach dem SGB VI gibt. Die "Verweisung" nach den genannten Vorschriften der § 44 ff. SGB V einerseits und § 43 Abs. 2 a.F. SGB V folgen unterschiedlichen Kriterien. Die Bindung des Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung ist im Bereich der anerkannten Ausbildungsberufe nur insofern enger, als bei der Bewertung der Arbeitsunfähigkeit an die bei den Ausbildungsberufen abstrakt vorgeschriebenen Merkmale anzuknüpfen ist. Die von der Beklagten zitierte Entscheidung des BSG zeigt, dass auch bei den un- und angelernten Tätigkeiten das Anforderungsprofil der zuletzt ausgeübten Beschäftigung in allgemeiner Form weiterhin maßgebend ist. Denn in dem von dem BSG entschiedenen Fall handelte es sich ebenfalls nicht um eine Tätigkeit des Versicherten in einem anerkannten Ausbildungsberuf sondern um eine solche als Disponent (Lagerverwalter). Dort wie hier war von einer Tätigkeit auszugehen, die nicht unerhebliche körperliche Anforderungen stellte. Diese Anforderungen sind im Falle der Klägerin insbesondere darin zu sehen, dass sie Fleisch- und Wurstwaren vorbereiten, zerteilen und portionieren musste. Hierzu gehört insbesondere die Tätigkeit des Herausholens und Verbringens von Ware in und aus dem Kühlraum. Darüber hinaus sind dem Anforderungsprofil insbesondere Tätigkeiten hinzuzurechnen, die mit dem Reinigen der Verkaufsräumlichkeiten einhergingen. Dies dürfte um so mehr gelten, wenn man der Auffassung der Beklagten folgt, dass es sich nicht um eine vollwertige Tätigkeit als Fleischereifachverkäuferin handelte, da bei unterhalb des Facharbeiterniveaus angesiedelten Beschäftigungen erfahrungsgemäß mehr die körperlichen Leistungen im Vordergrund stehen. Die dem anerkannten Berufsbild der Fleischereifachverkäuferin ebenfalls zugeordneten kaufmännischen und administrativen Beschäftigungsanteile dürften bei einer un- bzw. angelernten Tätigkeit im Fleischereibereich wegfallen. Vor diesem Hintergrund und dem Berufsweg der Klägerin dürften als "Verweisungstätigkeiten" erweiternd allgemein allenfalls Tatigkeiten in Betracht zu ziehen sein, die mit dem Begriff einer "Verkäuferin im Lebensmitteleinzelhandel im Frischwarenbereich insbesondere in Supermärkten" umschrieben werden können. Bei diesen Tätigkeiten haben die Beschäftigten mit gekühlter Ware, dem Zerteilen und Portionieren der Lebensmittel und der Sauberhaltung des Verkaufsbereiches zu tun. Eine weitere Verweisung auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne besondere Anforderungen wie sie möglicherweise der Beklagten vorschwebt ist nicht möglich. Denn dies hätte letztlich eine Gleichstellung der Versicherten, die während einer Beschäftigung arbeitsunfähig und noch während dieser Arbeitsunfähigkeit arbeitslos werden, mit den Versicherten zur Folge, die während bereits bestehender Arbeitslosigkeit arbeitsunfähig werden. Nach der vorstehend zitierten Rechtsprechung, der sich die Kammer anschließt, ist aber zwischen diesen beiden Personenkreisen zu differenzieren.
Gemessen an diesen Anforderungen für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit im vorliegenden Fall war die Klägerin nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen über den 25.07.2003 hinaus weiter arbeitsunfähig. Dies steht zur Überzeugung der Kammer fest auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen Dr. W. vom 06.04.2006 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 10.07.2006. Der Sachverständige hat festgestellt, dass die Klägerin in dem hier fraglichen Zeitraum unter einer Fingerpolygelenksarthrose beidseits sowie einer Rhizarthrose beidseits mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung bei mäßiger Funktionsminderung litt. Sie konnte mit diesen Einschränkungen eine Tätigkeit, wie sie hier in Betracht zu ziehen ist, mit der Portionierung von Lebensmitteln, dem Einräumen einer Lebensmitteltheke, dem Reinigen des Verkaufsraumes und Verbringung der Waren in und aus einem Kühlraum nicht verrichten. Der Sachverständige hat hierbei nach einer eingehenden körperlichen Untersuchung der Klägerin und Würdigung der aktenkundigen Befunde aus dem fraglichen Zeitraum für die Kammer nachvollziehbar und schlüssig ausgeführt, dass es sich bei den meisten der der Klägerin abzuverlangenden Tätigkeiten um solche handelt, die mit einer vermehrten Belastung bzw. Kraftentfaltung der Hände einhergehen. Die Beurteilung stimmt im Übrigen auch überein mit den Erkenntnissen des die Klägerin behandelnden Allgemeinmediziners Dr. M. in dem fragenlichen Zeitraum.
Die dagegen vorgebrachten Einwände des MDK greifen aus Sicht der Kammer im Ergebnis nicht durch. Die Einschätzung des Dr. W. wird insbesondere nicht widerlegt durch die zeitnäher erhobenen Befunde des MDK im Verwaltungsverfahren. Denn auch aus dem dort beschriebenen Leistungsvermögen der Klägerin ergibt sich nicht eindeutig, dass diese in dem fraglichen Zeitraum den Anforderungen einer Tätigkeit, wie sie hier im Raum steht, gewachsen gewesen wäre. Die Ausführungen des Dr. G. vernachlässigen insoweit die konkreten Anforderungen der zugrunde zu legenden Tätigkeit. Von seiner Argumentation her verneint er die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin letztlich nicht aus medizinischen Gründen, sondern wegen der aus seiner Sicht breiteren Verweisbarkeit der Klägerin. Wie oben bereits ausgeführt, handelt es sich hierbei jedoch um eine rechtliche und nicht um eine medizinische Einschätzung, die außerhalb seiner Zuständigkeit liegt. Auch nach den von dem MDK erhobenen Befunden war eine Tätigkeit mit nicht unerheblichen Anforderungen an die Gebrauchsfertigkeit der Hände nicht möglich. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Gutachten des Dr. B. vom 29.07.2003 und des Dr. G. vom 24.10.2003, sondern insbesondere auch aus dem Gutachten des Dr. W. vom 01.07.2003, der auf Grundlage des Beschwerdevortrages von einer weiteren Arbeitsunfähigkeit der Klägerin ausging. Schon vor diesem Hintergrund sind die Einwände des Dr. G. gegenüber dem Gutachten des Dr. W. nicht schlüssig. Denn es ist nicht so, dass der MDK im Rahmen der zeitnahen Beurteilungen übereinstimmend stets zu denselben von der Beurteilung des Dr. W. abweichenden Ergebnissen gekommen wäre. Vielmehr wurde von Dr. B. die Einschätzung des Dr. W. ohne weitere Begründung intern abgeändert. Schließlich ist im Hinblick auf die Einwendungen des Dr. G. dem Sachverständigen dahingehend zuzustimmen, dass als entscheidend für die hiesige Beurteilung nicht die konkreten Maßangaben hinsichtlich der Beweglichkeit der Fingergelenke sind, sondern die Beurteilung der Frage, ob die von der Klägerin angegebene schmerzhafte Bewegungseinschränkung plausibel ist. Dies ist aber sowohl nach den Ausführungen des Sachverständigen, die insbesondere durch die Befunde der Klinik für Rheumatologie D.-W. untermauert sind, der Fall. Dementsprechend hat die Kammer keine Bedenken, sich in vollem Umfang der Beurteilung des Sachverständigen Dr. W. anzuschließen. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die Klägerin an der Anerkennung der weiteren Arbeitsunfähigkeit nicht nur wegen der Fortsetzung der Krankengeldzahlung, sondern auch wegen des damit verbunden Erwerbs rentenrechtlich relevanter Zeiten, die sie zur vorzeitigen Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters berechtigen, ein besonders hohes wirtschaftliches Interesse hatte, was Ihren Beschwerdevortrag möglicherweise beeinflusst haben könnte. Die vorstehend dargestellten medizinischen Überlegungen machen den Beschwerdevortrag und den Umfang der geklagten Beschwerden aber hinreichend nachvollziehbar.
Insgesamt bestand die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin damit über den 25.07.2003 hinaus bis zum Ablauf der 78-Wochen-Frist des § 40 Abs 2 SGB V bis zum 23.11.2004 fort. Der Klage war daher in vollem Umfang stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin dem Grunde nach.
Tatbestand:
Umstritten ist die Bewilligung von Krankengeld für den Zeitraum ab dem 25.07.2003.
Die am 14.06.1943 geborene Klägerin ist gelernte Einzelhandelskauffrau. Während ihres Berufslebens war sie neben der Kindererziehung unter anderem auch in einem Lohnbüro, als Versicherungsvertreterin und Reinigungskraft tätig. Seit dem Jahr 2000 war sie ferner noch mit der Pflege ihres Vaters und ihrer Mutter beschäftigt, die in der gesetzlichen Pflegeversicherung der Pflegestufe II bzw. I zugeordnet waren. Von 1972 bis 1984 sowie ab 1997 war sie unterbrochen durch verschiedene Krankheitszeiten im Wesentlichen in Supermärkten als Verkäuferin an der Wurst- oder Käsetheke tätig. Im Rahmen einer solchen Beschäftigung bei der Firma E. wurde sie am 16.01.2003 zunächst wegen einer reaktiven Depression augrund des Todes ihrer Mutter arbeitsunfähig. Diese Arbeitsunfähigkeit ging nahtlos in eine Arbeitsunfähigkeit wegen bewegungs- und belastungsabhängiger Beschwerden in beiden Handgelenken über. Eine Überprüfung dieser Arbeitsunfähigkeit durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) in einem Gutachten vom 21.03.2003 aufgrund einer körperlichen Untersuchung der Klägerin führte zu dem Ergebnis, dass für den Zeitraum der Durchführung physikalisch-therapeutischer Maßnahmen weiterhin Arbeitsunfähigkeit gegeben sei.
Ab dem 02.05.2003 nahm die Klägerin dann ein neues Beschäftigungsverhältnis als Fleischereiverkäuferin bei der Fleischerei K. auf. Zu den genauen Einzelheiten dieser Beschäftigung wird auf die Arbeitgeberauskunft vom 05.10.2004 (Bl. 26/27 der Gerichtsakte) sowie die Auskünfte des Zeugen K. in dem Termin zur Erörterung des Sachverhaltes am 05.04.2005 (Bl. 36-38 der Gerichtsakte) Bezug genommen. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung des Arbeitgebers zum 31.5.2003, nachdem die Klägerin am 27.05.2003 wegen "rheumatischer" Beschwerden der Fingergrundgelenke erneut arbeitsunfähig geworden war. In einem Gutachten des MDK vom 01.07.2003 wurde eine Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit aufgrund weiterhin vorliegender unklarer Beschwerden im Bereich der Hand- und Fingergelenke anerkannt. Der MDK führte aus, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Fleischereifachverkäuferin sei der Klägerin nicht möglich, da sie entsprechende Gerätschaften beispielsweise Messer oder Beile, nicht mit der erforderlichen Kraft führen könne. Eine manuelle Beanspruchung sei zu vermeiden. Die Entscheidung, ob Arbeitsunfähigkeit bzw. Verweisbarkeit am Arbeitsmarkt vorliege, obliege der Kasse. Diese Beurteilung wurde durch einen anderen beratenden Arzt des MDK am 07.07.2003 nach Aktenlage dahingehend korrigiert, dass die Klägerin ab dem 11.07.2003 wieder arbeitsfähig sei. Daraufhin erteilte die Beklagte unter dem 07.07.2003 einen Bescheid, mit dem sie die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin zum 10.07.2003 beendete. Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrem Widerspruch. Zur Begründung legte sie ein Attest ihres behandelnden Allgemeinmediziners Dr. M. vom 10.07.2003 vor. Darin teilte der behandelnde Arzt mit, dass sie aufgrund eines in der Klinik für Rheumatologie der Städtischen Kliniken Duisburg-Wedau festgestellten Verdachts auf eine rheumatoide Arthritis der Hände derzeit nicht in der Lage sei, ihre alte Beschäftigung wieder aufzunehmen. Daraufhin wurde beim MDK eine erneute körperliche Untersuchung der Klägerin veranlasst. Dort kam man unter dem 29.07.2003 zu dem Ergebnis, dass ein unauffälliger Befund bei geringfügigen funktionellen Defiziten im Bereich der rechten Hand (unkompletter Faustschluss; Daumen kann die Fingerkuppe des fünften Fingers nicht berühren; ohne Hinweis auf ein akut entzündliches Geschehen; beidseits kräftiger Spitzgriff; im Bereich beider Ringfinger werden Ringe getragen; Ringe können problemlos hin und her bewegt werden) vorliege. Medizinische Gründe für eine weitere Arbeitsunfähigkeit seien daher nicht mehr gegeben. Für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Verkäuferin bestünde weiterhin ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Im Hinblick auf dieses der Klägerin wohl mündlich mitgeteilte Untersuchungsergebnis legte diese erneut Widerspruch ein und bezog sich zur Begründung auf die Vorlage von Berichten der Klinik für Rheumatologie des Klinikums D.-W. vom 25.06.2003. Nach dem Inhalt dieser Berichte konnte man dort eine chronische Polyarthritis nicht sicher nachweisen, auch wenn der Befund an den Fingergrundgelenken aufgrund der Lokalisation verdächtig für eine beginnende rheumatoide Arthritis war. Man empfahl eine konsequente Einnahme nichtsteroidaler Antiphlogistika sowie lokale Kälteapplikation. Daraufhin erteilte die Beklagte unter dem 04.08.2003 einen weiteren Bescheid, in dem sie das Ende der Arbeitsunfähigkeit nunmehr auf den 25.07.2003 festlegte. Darin bezog sie sich zur Begründung auf die Ergebnisse der weiteren Untersuchungen des MDK. Nachdem die Klägerin ihren Widerspruch aufrecht erhalten hatte, kam der MDK in einer erneuten Begutachtung nach persönlicher Untersuchung der Klägerin am 24.10.2003 wiederum zu dem Ergebnis, dass ihr durchaus leichte körperliche Arbeiten bis zeitweise mittelschwere Arbeiten zumutbar seien. Vor diesem Hintergrund könne sie auch eine Tätigkeit als Verkäuferin ausüben. Inwieweit die letzte Tätigkeit als Fleischverkäuferin herangezogen werden könne, müsse von der Krankenkasse selbst entschieden werden. Die Beklagte wies dann den Widerspruch unter Bezugnahme auf die diversen gutachterlichen Einschätzungen des MDK mit Widerspruchsbescheid vom 14.04.2004 zurück.
Am 27.04.2004 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Duisburg erhoben, mit der sie ihr Begehren auf Fortzahlung von Krankengeld über den 25.07.2003 hinaus weiter geltend macht.
Nach ihrer Auffassung war sie weiter arbeitsunfähig, weil ihre letzte Tätigkeit mit dem Zerschneiden und Zerhacken von Fleischwaren einhergegangen sei. Dies sei ihr wegen ihrer rheumatoiden Arthritis in den Handgelenken nicht mehr möglich gewesen. Schmerzen bestünden bereits, wenn sie Personen zur Begrüßung die Hand reichen müsse. Die Tätigkeiten einer Fleischereifachverkäuferin habe sie nicht mehr ausführen können. Es sei ihr schon nicht möglich gewesen, mit dem Beil Fleisch zu zerteilen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.08.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2004 zu verurteilen, ihr Krankengeld über den 25.07.2003 hinaus bis zum 23.11.2004 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich im Wesentlichen auf die Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid sowie die noch ergänzend im Laufe des Klageverfahrens abgegebenen Stellungnahmen des MDK. Nach ihrer Ansicht kann sich die Klägerin als Maßstab für die Bemessung der Arbeitsunfähigkeit insbesondere nicht auf die Tätigkeit einer Fleischereifachverkäuferin berufen, da sie aufgrund ihres beruflichen Werdeganges nicht aufgrund einer langjährigen Tätigkeit in diesem Bereich eine entsprechende berufliche Qualifikation erworben habe.
Das Gericht hat den medizinischen Sachverhalt weiter aufgeklärt durch die Einholung eines Befundberichtes des behandelnden Allgemeinmediziners Dr. M. vom 05.07.2005. Ferner hat es Beweis erhoben durch die Vernehmung des Zeugen K. K. im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes am 05.04.2005. Hinsichtlich des Inhalts und des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf Bl. 36-38 der Gerichtsakte Bezug genommen. Schließlich hat das Gericht ein fachorthopädisches Sachverständigengutachten des Dr. W. vom 06.04.2006 eingeholt. Der Sachverständige hat zu seinem Gutachten unter dem 10.07.2006 eine ergänzende Stellungnahme abgegeben.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Bescheid vom 04.08.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2004 ist rechtswidrig und die Klägerin deswegen beschwert im Sinne von § 54 Abs 2 S 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Die Klägerin hat nach den Vorschriften der §§ 44 Abs 1 S 1 und 48 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) in dem aus dem Tenor ersichtlichen Zeitraum einen Anspruch auf Zahlung von Krankengeld gegenüber der Beklagten.
Nach § 44 Abs 1 S 1 SGB V erhalten Versicherte Krankengeld, die wegen einer Krankheit arbeitsunfähig sind. Arbeitsunfähigkeit liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) grundsätzlich dann vor, wenn ein Versicherter seine zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalles konkret ausgeübte Tätigkeit wegen Krankheit nicht weiter verrichten kann. Dies gilt nach der auch von der Beklagten in Bezug genommenen Leitentscheidung des BSG vom 14.02.2001 (Az.: B 1 KR 30/00 R) allerdings dann nicht, wenn ein Arbeitsverhältnis nach Eintritt und vor Ende der Arbeitsunfähigkeit aufgegeben oder auf andere Weise beendet wird. In solchen Fällen ändert sich der rechtliche Maßstab für die Arbeitsunfähigkeit insofern, als für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit dann nicht mehr die konkreten Verhältnisse an diesem Arbeitsplatz maßgebend sind, sondern nunmehr abstrakt auf die Art der zuletzt ausgeübten Beschäftigung abzustellen ist. Der Versicherte darf dann auf gleiche oder ähnlich geartete Tätigkeiten "verwiesen" werden, wobei aber der Kreis der möglichen Verweisungstätigkeiten entsprechend der Funktion des Krankengeldes eng zu ziehen ist. Handelt es sich bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit um einen anerkannten Ausbildungsberuf, so scheidet eine Verweisung auf eine außerhalb dieses Berufes liegende Beschäftigung aus. Dieselben Bedingungen gelten bei ungelernten Arbeiten, nur dass hier das Spektrum der zumutbaren Tätigkeiten deshalb größer ist, weil die Verweisung nicht durch die engen Grenzen eines Ausbildungsberufes eingeschränkt ist (vgl. zum Ganzen BSG a. a. O. Rd.-Ziffer 13 -zitiert nach Juris-).
Die Beklagte geht fälschlicherweise davon aus, dass die Arbeitsunfähigkeit nur dann grundsätzlich an den Anforderungen der Tätigkeit bei der Firma K. zu messen wäre, wenn die Klägerin dort eine solche Tätigkeit ausgeübt hätte, die von den Anforderungen her der einer ausgebildeten Fleischereifachverkäuferin entsprochen hätte. Die Kammer kann daher offen lassen, ob -wofür hier allerdings sehr viel spricht - die Klägerin tatsächlich eine solche Tätigkeit bei der Firma K. ausgeübt hat. Denn selbst wenn sie im Hinblick auf insoweit mangelnde Kenntnisse und Fähigkeiten Tätigkeiten verrichtet hätte, die in ihrer Breite dem Berufsbild des anerkannten Ausbildungsberufes einer Fleischereifachverkäuferin nicht entsprachen und es sich somit um eine un- bzw. angelernte Tätigkeit im Sinne der Rechtsprechung zu der Vorschrift des § 43 Abs. 2 a.F. des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) handelte, ist nach der zitierten Rechtsprechung "der Kreis möglicher Verweisungstätigkeiten entsprechend der Funktion des Krankengeldes eng zu ziehen".
Aus der von der Beklagten zitierten Entscheidung ergibt sich, dass es im Rahmen der Vorschriften der §§ 44 ff SGB V geraden keinen qualifizierten Berufsschutz wie im Bereich der früheren Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach dem SGB VI gibt. Die "Verweisung" nach den genannten Vorschriften der § 44 ff. SGB V einerseits und § 43 Abs. 2 a.F. SGB V folgen unterschiedlichen Kriterien. Die Bindung des Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung ist im Bereich der anerkannten Ausbildungsberufe nur insofern enger, als bei der Bewertung der Arbeitsunfähigkeit an die bei den Ausbildungsberufen abstrakt vorgeschriebenen Merkmale anzuknüpfen ist. Die von der Beklagten zitierte Entscheidung des BSG zeigt, dass auch bei den un- und angelernten Tätigkeiten das Anforderungsprofil der zuletzt ausgeübten Beschäftigung in allgemeiner Form weiterhin maßgebend ist. Denn in dem von dem BSG entschiedenen Fall handelte es sich ebenfalls nicht um eine Tätigkeit des Versicherten in einem anerkannten Ausbildungsberuf sondern um eine solche als Disponent (Lagerverwalter). Dort wie hier war von einer Tätigkeit auszugehen, die nicht unerhebliche körperliche Anforderungen stellte. Diese Anforderungen sind im Falle der Klägerin insbesondere darin zu sehen, dass sie Fleisch- und Wurstwaren vorbereiten, zerteilen und portionieren musste. Hierzu gehört insbesondere die Tätigkeit des Herausholens und Verbringens von Ware in und aus dem Kühlraum. Darüber hinaus sind dem Anforderungsprofil insbesondere Tätigkeiten hinzuzurechnen, die mit dem Reinigen der Verkaufsräumlichkeiten einhergingen. Dies dürfte um so mehr gelten, wenn man der Auffassung der Beklagten folgt, dass es sich nicht um eine vollwertige Tätigkeit als Fleischereifachverkäuferin handelte, da bei unterhalb des Facharbeiterniveaus angesiedelten Beschäftigungen erfahrungsgemäß mehr die körperlichen Leistungen im Vordergrund stehen. Die dem anerkannten Berufsbild der Fleischereifachverkäuferin ebenfalls zugeordneten kaufmännischen und administrativen Beschäftigungsanteile dürften bei einer un- bzw. angelernten Tätigkeit im Fleischereibereich wegfallen. Vor diesem Hintergrund und dem Berufsweg der Klägerin dürften als "Verweisungstätigkeiten" erweiternd allgemein allenfalls Tatigkeiten in Betracht zu ziehen sein, die mit dem Begriff einer "Verkäuferin im Lebensmitteleinzelhandel im Frischwarenbereich insbesondere in Supermärkten" umschrieben werden können. Bei diesen Tätigkeiten haben die Beschäftigten mit gekühlter Ware, dem Zerteilen und Portionieren der Lebensmittel und der Sauberhaltung des Verkaufsbereiches zu tun. Eine weitere Verweisung auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne besondere Anforderungen wie sie möglicherweise der Beklagten vorschwebt ist nicht möglich. Denn dies hätte letztlich eine Gleichstellung der Versicherten, die während einer Beschäftigung arbeitsunfähig und noch während dieser Arbeitsunfähigkeit arbeitslos werden, mit den Versicherten zur Folge, die während bereits bestehender Arbeitslosigkeit arbeitsunfähig werden. Nach der vorstehend zitierten Rechtsprechung, der sich die Kammer anschließt, ist aber zwischen diesen beiden Personenkreisen zu differenzieren.
Gemessen an diesen Anforderungen für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit im vorliegenden Fall war die Klägerin nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen über den 25.07.2003 hinaus weiter arbeitsunfähig. Dies steht zur Überzeugung der Kammer fest auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen Dr. W. vom 06.04.2006 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 10.07.2006. Der Sachverständige hat festgestellt, dass die Klägerin in dem hier fraglichen Zeitraum unter einer Fingerpolygelenksarthrose beidseits sowie einer Rhizarthrose beidseits mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung bei mäßiger Funktionsminderung litt. Sie konnte mit diesen Einschränkungen eine Tätigkeit, wie sie hier in Betracht zu ziehen ist, mit der Portionierung von Lebensmitteln, dem Einräumen einer Lebensmitteltheke, dem Reinigen des Verkaufsraumes und Verbringung der Waren in und aus einem Kühlraum nicht verrichten. Der Sachverständige hat hierbei nach einer eingehenden körperlichen Untersuchung der Klägerin und Würdigung der aktenkundigen Befunde aus dem fraglichen Zeitraum für die Kammer nachvollziehbar und schlüssig ausgeführt, dass es sich bei den meisten der der Klägerin abzuverlangenden Tätigkeiten um solche handelt, die mit einer vermehrten Belastung bzw. Kraftentfaltung der Hände einhergehen. Die Beurteilung stimmt im Übrigen auch überein mit den Erkenntnissen des die Klägerin behandelnden Allgemeinmediziners Dr. M. in dem fragenlichen Zeitraum.
Die dagegen vorgebrachten Einwände des MDK greifen aus Sicht der Kammer im Ergebnis nicht durch. Die Einschätzung des Dr. W. wird insbesondere nicht widerlegt durch die zeitnäher erhobenen Befunde des MDK im Verwaltungsverfahren. Denn auch aus dem dort beschriebenen Leistungsvermögen der Klägerin ergibt sich nicht eindeutig, dass diese in dem fraglichen Zeitraum den Anforderungen einer Tätigkeit, wie sie hier im Raum steht, gewachsen gewesen wäre. Die Ausführungen des Dr. G. vernachlässigen insoweit die konkreten Anforderungen der zugrunde zu legenden Tätigkeit. Von seiner Argumentation her verneint er die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin letztlich nicht aus medizinischen Gründen, sondern wegen der aus seiner Sicht breiteren Verweisbarkeit der Klägerin. Wie oben bereits ausgeführt, handelt es sich hierbei jedoch um eine rechtliche und nicht um eine medizinische Einschätzung, die außerhalb seiner Zuständigkeit liegt. Auch nach den von dem MDK erhobenen Befunden war eine Tätigkeit mit nicht unerheblichen Anforderungen an die Gebrauchsfertigkeit der Hände nicht möglich. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Gutachten des Dr. B. vom 29.07.2003 und des Dr. G. vom 24.10.2003, sondern insbesondere auch aus dem Gutachten des Dr. W. vom 01.07.2003, der auf Grundlage des Beschwerdevortrages von einer weiteren Arbeitsunfähigkeit der Klägerin ausging. Schon vor diesem Hintergrund sind die Einwände des Dr. G. gegenüber dem Gutachten des Dr. W. nicht schlüssig. Denn es ist nicht so, dass der MDK im Rahmen der zeitnahen Beurteilungen übereinstimmend stets zu denselben von der Beurteilung des Dr. W. abweichenden Ergebnissen gekommen wäre. Vielmehr wurde von Dr. B. die Einschätzung des Dr. W. ohne weitere Begründung intern abgeändert. Schließlich ist im Hinblick auf die Einwendungen des Dr. G. dem Sachverständigen dahingehend zuzustimmen, dass als entscheidend für die hiesige Beurteilung nicht die konkreten Maßangaben hinsichtlich der Beweglichkeit der Fingergelenke sind, sondern die Beurteilung der Frage, ob die von der Klägerin angegebene schmerzhafte Bewegungseinschränkung plausibel ist. Dies ist aber sowohl nach den Ausführungen des Sachverständigen, die insbesondere durch die Befunde der Klinik für Rheumatologie D.-W. untermauert sind, der Fall. Dementsprechend hat die Kammer keine Bedenken, sich in vollem Umfang der Beurteilung des Sachverständigen Dr. W. anzuschließen. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die Klägerin an der Anerkennung der weiteren Arbeitsunfähigkeit nicht nur wegen der Fortsetzung der Krankengeldzahlung, sondern auch wegen des damit verbunden Erwerbs rentenrechtlich relevanter Zeiten, die sie zur vorzeitigen Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters berechtigen, ein besonders hohes wirtschaftliches Interesse hatte, was Ihren Beschwerdevortrag möglicherweise beeinflusst haben könnte. Die vorstehend dargestellten medizinischen Überlegungen machen den Beschwerdevortrag und den Umfang der geklagten Beschwerden aber hinreichend nachvollziehbar.
Insgesamt bestand die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin damit über den 25.07.2003 hinaus bis zum Ablauf der 78-Wochen-Frist des § 40 Abs 2 SGB V bis zum 23.11.2004 fort. Der Klage war daher in vollem Umfang stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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