L 16 R 39/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 8 R 172/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 39/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 30. September 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstat- ten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Streitig ist, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, für Beschäftigungszeiten des Klägers vom 01. Februar 1975 bis zum 15. März 1985 Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVTI) sowie die entsprechenden Arbeitsverdienste festzustellen.

Dem am 1938 geborenen Kläger wurde in der früheren Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nach einem Studium an der THI der akademische Grad "Diplom-Ingenieur" verliehen (Diplomurkunde vom 1964). Ab dem 08. Februar 1965 war der Kläger wie folgt beschäftigt: bis zum 03. April 1968 bei dem Volkseigenen Betrieb (VEB) E B (Diplom-Ingenieur), vom 08. April 1968 bis zum 31. Januar 1975 bei dem Institut für E-A B (Entwicklungsingenieur), vom 01. Februar 1975 bis zum 15. März 1985 bei der DDR-S-R und -K (im Folgenden: DSRK; wis-senschaftlicher Mitarbeiter) und vom 16. März 1985 bis zum 30. Juni 1990 bei der Hochschule für Ökonomie "B L" in B (wissenschaftlicher Assistent).

Der Kläger hatte Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) der DDR für die Zeit vom 01. Februar 1974 bis zum 31. Dezember 1974 und vom 01. Dezember 1983 bis zum 30. Juni 1990 gezahlt. Eine Versorgungszusage hatte er nicht erhalten.

Mit Bescheid vom 18. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Februar 2005 stellte die Beklagte Zugehörigkeitszeiten des Klägers zur AVTI vom 08. Februar 1965 bis zum 03. April 1968 und vom 08. April 1968 bis zum 31. Januar 1975 sowie Zugehörigkeitszeiten zum Zusatzversorgungssystem Nr. 4 der Anlage 1 zum AAÜG vom 16. März 1985 bis zum 30. Juni 1990 und die Anwendbarkeit des AAÜG fest. Die Zeit vom 01. Februar 1975 bis zum 15. März 1985 bei der DSRK könne nicht als Zugehörigkeitszeit zur AVTI berücksichtigt werden, weil die DSRK weder ein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens noch ein diesen Betrieben gleichgestellter Betrieb gewesen sei.

Mit der Klage hat der Kläger beantragt, die Beklagte zu verpflichten, seine Beschäftigungszeit vom 01. Februar 1975 bis zum 15. März 1985 als weitere Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen. Die Beteiligten haben umfangreiche Unterlagen zur DSRK vorgelegt, auf deren Inhalt Bezug genommen wird. Das Sozialgericht (SG) Frankfurt (Oder) hat die Klage mit Urteil vom 30. September 2005 abgewiesen. Zur Begründung ist aus-geführt: Die Klage sei nicht begründet. Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Feststellung der im Klageantrag genannten Daten. Gleichgestellte Pflichtbeitragszeiten vom 01. Februar 1975 bis zum 15. März 1985 im Sinne von § 5 AAÜG würden nicht vorlie-gen. Der Kläger sei in dem streitigen Zeitraum zwar entsprechend seiner Ausbildung als Inge-nieur tätig gewesen, nicht jedoch in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens bzw. einem diesen Betrieben gleichgestellten Betrieb. Die DSRK sei kein VEB gewesen, was bereits daraus folge, dass sie die Bezeichnung "VEB" nicht geführt habe. Es habe sich insoweit auch nicht um einen gleichgestellten Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung (2. DB) zur Verordnung über die AVTI in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (AVTI-VO) vom 24. Mai 1951 (GBl. 487) gehandelt. Die DSRK sei kein Institut oder Betrieb der Schifffahrt im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB gewesen. Denn nach der Anordnung über das Statut der DSRK vom 27. Dezember 1972 (GBl. I S. 42; AO-DSRK 1972) habe die DSRK die Aufgabe gehabt, die technische Schiffssicherheit von aufsichts- und klassifikationspflichtigen Wasserfahrzeugen einschließlich deren Bauteile, Aus-rüstungen und Einrichtungen zu überwachen und dadurch zum Schutz des Fahrzeuges und des menschlichen Lebens auf See und anderen Gewässern und zum sicheren Transport der Ladung beizutragen. Aus den weiteren in § 3 AO-DSRK 1972 genannten Aufgaben folge, dass es sich bei der DSRK um ein Schifffahrtsaufsichtsorgan der DDR gehandelt habe, nicht um ein Institut der Schifffahrt im Sinne der Versorgungsordnung. Das Recht der DDR habe den Begriff des "Instituts" gekannt, wie insbesondere die Organisation der Hauptverwaltung des Seeverkehrs deutlich mache. Die DSRK sei zu keiner Zeit als Institut definiert worden. Sie sei auch kein Betrieb der Schifffahrt gewesen (Verweis auf Landessozialgericht für das Land Brandenburg, Beschluss vom 08. Februar 2005 - L 22 RA 90/04 -).

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt vor: Bei der DSRK habe es sich entgegen der Auffassung des SG um einen gleichgestellten Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB gehandelt. Sie sei der Hauptverwaltung der Schifffahrt direkt unterstellt gewesen. Der Kläger legt ergänzend zahlreiche Unterlagen vor, auf deren Inhalt Bezug genom-men wird.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 30. September 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 18. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Februar 2005 zu verpflichten, den Zeitraum vom 01. Februar 1975 bis zum 15. März 1985 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversor- gungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsge- setz sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Auf die mit Schriftsatz vom 20. Juni 2006 gestellten Beweisanträge des Klägers wird Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Akte der Beklagten und die Gerichtsakten (2 Bände) haben vorgelegen und sind Gegen-stand der Beratung gewesen.

II.

Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Beschluss zurückweisen können, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Ver-handlung für nicht erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Der Kläger hat keinen mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) durchsetzbaren Anspruch gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 AAÜG auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG sowie ggf. der entsprechenden Arbeitsentgelte gemäß § 8 Abs. 2 AAÜG für den Zeitraum vom 01. Februar 1975 bis zum 15. März 1985.

Zwar sind die Vorschriften des AAÜG auf den Kläger ungeachtet dessen anwendbar, dass er in der früheren DDR zu keinem Zeitpunkt bis zum 30. Juni 1990 eine Versorgungszusage erhalten hatte. Denn die Beklagte hat in dem angegriffenen Bescheid vom 18. November 2003 - insoweit unangefochten und damit bindend (vgl. § 77 SGG) - in Gestalt eines feststellenden Entscheidungssatzes im Sinne von § 31 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) eine positive Statusentscheidung über die Anwendbarkeit des AAÜG auf den Kläger getroffen (vgl. hierzu: BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 S. 10 f.). Dem Klä-ger steht jedoch kein Anspruch auf Feststellung von Tatbeständen gleichgestellter Pflichtbei-tragszeiten nach § 5 Abs. 1 AAÜG für den streitigen Zeitraum vom 01. Februar 1975 bis zum 15. März 1985 zu. Denn die in Rede stehenden Beschäftigungszeiten sind keine Zugehörig-keitszeiten im Sinne von § 5 Abs. 1 AAÜG. Dabei ist der Rechtsgehalt des § 5 AAÜG aus-schließlich nach objektiven Auslegungskriterien des Bundesrechts unter Beachtung des Gleichheitssatzes zu ermitteln und die jeweiligen Versorgungsordnungen i.V. mit den Durch-führungsbestimmungen sowie den sonstigen sie ergänzenden bzw. ausfüllenden abstrakt-generellen Regelungen sind lediglich faktische Anknüpfungspunkte dafür, ob in der DDR nach dem Stand der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 (vgl. § 5 Abs. 2 AAÜG) eine Beschäfti-gung ihrer Art nach von einem Versorgungssystem erfasst war. Dabei kommt es weder auf die Auslegung der Versorgungsordnungen durch die Staatsorgane der DDR noch auf deren Ver-waltungspraxis an (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R - veröffentlicht in juris). Eine Zeit der Zugehörigkeit zur AVTI kann danach nur vorliegen, wenn der Kläger 1. die Berechtigung hatte, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Vorausset-zung), 2. eine der Berufsbezeichnung entsprechende Beschäftigung oder Tätigkeit verrichtet hat (sachliche Voraussetzung) und 3. die Beschäftigung oder die Tätigkeit in einem volkseige-nen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs. 1 der 2. DB) oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung) ausgeübt hat (vgl. hierzu BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 6; Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 32/01 R - veröffentlicht in juris).

Der Kläger war zwar im streitigen Zeitraum berechtigt, aufgrund seines abgeschlossenen Stu-diums an der T H in I den Titel eines "Diplom-Ingenieurs" zu führen (Urkunde vom 1964). Ob er als wissenschaftlicher Mitarbeiter der DSRK die sachliche Voraussetzung für eine Einbezie-hung in die AVTI, nämlich die Verrichtung einer ingenieurtechnischen Tätigkeit, erfüllt hat, kann dahinstehen. Denn mit der Beschäftigung bei der DSRK vom 01. Februar 1975 bis zum 15. März 1985 (bzw. laut Abschlussbeurteilung bis zum 14. März 1985) erfüllte der Kläger jedenfalls nicht die betriebliche Voraussetzung für eine Zeit der Zugehörigkeit zur AVTI. Die DSRK war kein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens und einem solchen Betrieb auch nicht gleichgestellt.

Die DSRK war kein VEB im Sinne der bundesrechtlichen Auslegung der AVTI-VO, sondern ein Organ des Ministeriums für Verkehrswesen der DDR für die Wahrnehmung der sich auf dem Gebiet der technischen Schiffssicherheit ergebenden staatlichen Aufgaben (vgl. § 1 Abs. 1 AO-DSRK). Auf die DSRK als staatliches Organ fanden die staatlichen Vorschriften der DDR über VEB (VO über Maßnahmen zur Einführung des Prinzips der wirtschaftlichen Rechnungs-führung vom 20. März 1952 - GBl. S. 225 -, VO über die Aufgaben, Rechte und Pflichten des volkseigenen Produktionsbetriebes vom 09. Februar 1967 - GBl. II S. 121 - i.V.mit der VO über das Verfahren der Gründung und Zusammenlegung von VEB vom 16. Oktober 1968 - GBl. II S. 965 -, VO über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der VEB, Kombinate und Verei-nigungen Volkseigener Betriebe vom 28. März 1973 - GBl. I S. 129 - und die VO über Volks-eigene Kombinate, Kombinatsbetriebe und VEB vom 08. November 1979 - GBl. I S. 355 -) keine Anwendung (vgl. auch das Schreiben des Hauptdirektors der DSRK an das Ministerium für Verkehrswesen zur Umwandlung der DSRK in eine Kapitalgesellschaft vom 10. April 1990). Insbesondere hatte die DSRK weder einen Status noch führte sie einen Namen, der die Bezeichnung "VEB" enthalten musste, und sie trat unter diesem Namen im Rechtsverkehr auch nicht auf. Sie war auch nicht in das Register der Volkseigenen Wirtschaft eingetragen.

Die DSRK war auch keinem volkseigenen Produktionsbetrieb nach § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellt. Aus dem Bereich des Verkehrswesens werden in der genannten Vorschrift aus-drücklich nur Institute und Betriebe der Eisenbahn und Schifffahrt benannt. Die DSRK war aber weder ein Institut noch ein Betrieb der Schifffahrt. Die DSRK war ein staatliches Schifffahrtsaufsichtsorgan der DDR, dem die Gewährleistung der technischen Sicherheit aller natio-nalen Wasserfahrzeuge durch Erlass und Kontrolle der Einhaltung von Bau-, Reparatur-, Aus-rüstungs- und Betriebsvorschriften oblag. Die Organisation der Hauptverwaltung des Seeverkehrs und der Hafenwirtschaft untergliederte sich nach der vom Kläger vorgelegten Darstellung in die Direktion des Seeverkehrs und der Hafenwirtschaft, das Institut für den Seeverkehr und die Hafenwirtschaft, das Seefahrtsamt der DDR und die DSRK, die allesamt der Hauptverwaltung direkt unterstellt waren. Bereits aus dieser Organisationsdarstellung erhellt, dass nach dem Sprachgebrauch der DDR der Begriff des "Instituts" als Rechtsbegriff verwendet wurde (vgl. u. a. VO über die Bildung eines Planökonomischen Instituts beim Ministerium für Planung vom 16. Februar 1950 - GBl. S. 132; Statut des "Deutschen Pädagogischen Zentralinstituts" und seiner Zweigstellen vom 02. März 1950 - GBl. S. 155; Anordnung über das Statut des Instituts für Kommunalwirtschaft - GBl. II 1967, S. 209; Anordnung über das Statut des Instituts zur Ausbildung von Ökonompädagogen - GBl. DDR II 1967, S. 255; Anordnung über das Institut für Kulturbauten - GBl. I 1975, S. 213; Anordnung über das Statut des Instituts für Bergbausicherheit - GBl. I 1987, S. 203). Die DSRK wurde in sämtlichen Anordnungen über das ihr zugrunde liegende Statut nicht als Institut definiert, sondern als staatliches Aufsichtsor-gan. Die DSRK war auch keine Hauptverwaltung im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB. Denn sie war der Hauptverwaltung Schifffahrt bzw. der Hauptverwaltung Seeverkehr und Hafenwirt-schaft lediglich unterstellt, und zwar als rechtsfähige juristische Person und Haushaltsorganisa-tion (§ 10 AO-DSRK 1972). Zu den Hauptverwaltungen im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB zählen aber nur die wirtschaftsleitenden staatlichen Organe der DDR, die auch diesen Namen führten, beispielsweise die Hauptverwaltung Holz- und Kulturwaren, die Hauptverwaltung Funkwesen, die Hauptverwaltung Eisen-, Blech- und Metallwaren und eben auch die Haupt-verwaltung Seeverkehr und Hafenwirtschaft (vgl. BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 2).

Die DSRK war auch kein Betrieb der Schifffahrt, und zwar schon deshalb nicht, weil ihr die Beförderung von Gütern und Personen mit Wasserfahrzeugen nicht das Gepräge gegeben hat. Auch nach der Rechtsordnung der DDR gehörten zur Schifffahrt der Betrieb und die Verwendung von Wasserfahrzeugen im Rahmen der Binnenschifffahrt oder der Schifffahrt auf dem offenen Meer (vgl. § 2 der Anordnung über die Organisation der Volkseigenen Schifffahrts- und Umschlagsbetriebe vom 22. Dezember 1956 - GBl. I 1957 S. 18 -, § 3 Abs. 3 Seehandels-schifffahrtsgesetz der DDR vom 05. Februar 1976 - GBl. I, S. 109). Die DSRK ist auch nach den Rechtsvorschriften der DDR zu keiner Zeit als Schifffahrtsbetrieb definiert worden. Dass sämtliche wirtschaftlichen Organisationseinheiten, die im weitesten Sinne mit Schifffahrt zu tun hatten, von der Gleichstellungsregelung des § 1 Abs. 2 der 2. DB erfasst würden, ist nach objektiven Auslegungskriterien des Bundesrechts unter Berücksichtigung der genannten DDR-Vorschriften als faktische Anknüpfungspunkte nicht ersichtlich. Aus dem vom Kläger vorgelegten Rahmenkollektivvertrag über die Arbeits- und Lohnbedingungen der Beschäftigten des Volkseigenen Kombinates Seeverkehr und Hafenwirtschaft - Deutfracht/Seereederei - (RKV Seeverkehrswirtschaft) folgt keine andere Beurteilung. Denn hieraus folgt nicht, dass für die diesem RKV unterfallenden Arbeitsrechtsverhältnisse zugleich die versorgungsrechtlichen Regelungen der AVTI maßgebend waren. Im Übrigen unterschied auch das Recht der DDR zwischen staatlichen Organen und Betrieben, wie sich aus § 11 Abs. 2 und Abs. 3 des Zivilge-setzbuches der DDR vom 19. Juni 1975 (GBl. I S. 465) ergibt. Demgemäß war die DSRK ge-mäß der "Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR" (Ausgabe 1985), herausgegeben von der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik beim Ministerrat der DDR, mit der Be-triebsnummer 91140 den staatlichen Verwaltungen und gesellschaftlichen Organisationen zu-geordnet und nicht dem Wirtschaftsbereich Verkehr, Post- und Fernmeldewesen. Eine Erweite-rung der gleichgestellten Betriebe und Einrichtungen über die in der 2. DB genannten hinaus kommt jedoch nicht in Betracht (vgl. dazu BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 18/03 R - veröffentlicht in juris).

Dem Beweisantrag des Klägers, namentlich benannte frühere Mitarbeiter der DSRK zu hören, bei denen die Beklagte Zugehörigkeitszeiten zur AVTI positiv beschieden habe, war nicht zu entsprechen. Es mag zwar durchaus so sein, dass tatsächlich Mitarbeiter der DSRK in die AVTI einbezogen wurden, beispielsweise aufgrund eines Einzelvertrages (vgl. § 1 Abs. 3 der 2. DB). Auf die Auslegung der Versorgungsordnung durch die Staatsorgane der DDR und de-ren Verwaltungspraxis kommt es aber nicht an (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R -). Im Übrigen kann der Kläger daraus, dass möglicherweise nachträglich - zu Unrecht - Zugehörigkeitszeiten im Sinne des § 5 AAÜG bei ehemaligen Mitarbeitern der DSRK, die weder eine Versorgungszusage noch einen Einzelvertrag hatten, von der Beklagten berücksichtigt wurden, auch im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz des Artikels 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) keine Rechte herleiten. Denn es gibt keinen Anspruch auf Gleichbehand-lung im Unrecht.

Auch dem Beweisantrag des Klägers, ein Sachverständigengutachten darüber einzuholen, dass die DSRK im Sprachgebrauch der DDR ein Institut oder ein Betrieb der Schifffahrt gewesen sei, war nicht zu folgen. Denn die vorliegend entscheidungserhebliche Norm des Bundesrechts, § 5 AAÜG, hat allein das Gericht auszulegen. Der Amtsermittlungsgrundsatz des § 103 Satz 1 SGG gilt nur für die Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts, nicht für die Aus-legung von inländischen Rechtsvorschriften (vgl. BSG SozR Nr. 27 zu § 103 SGG).

Andere Rechtsgrundlagen, auf die der Kläger sein Begehren stützen könnte, sind nicht ersicht-lich. Insbesondere verstößt es nicht gegen Verfassungsrecht, dass der Bundesgesetzgeber an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausgestaltung der Versorgungssysteme der DDR und deren Differenzierungen angeknüpft hat. Denn der Gleichbehandlungsgrundsatz des Artikels 3 GG gebietet es nicht, von den historischen Gegebenheiten in der DDR, aus de-nen sich Ungleichheiten ergeben könnten, abzusehen und sie rückwirkend zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen. Die Begünstigung der damals Einbezogenen hat der Bundesgesetzgeber als ein Teilergebnis der Verhandlungen im Einigungsvertrag angesichts der historischen Bedingungen hinnehmen dürfen (vgl. BverfGE 100, 138, 190 = SozR 3-8570 § 7 Nr. 1). Zu einer "Totalrevision" des aus der DDR stammenden Versorgungsrechts war er über die mit der ständigen Rechtsprechung des BSG vorgenommene Modifikation von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG hinaus nicht verpflichtet (vgl. BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 2; Urteil vom 18. Juni 2003 - B 4 RA 1/03 R -). Zwischenzeitlich hat auch das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Auslegung der Texte der Zusatzversorgungsordnungen durch die Fachgerichte, insbesondere durch das BSG, nicht willkürlich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08. September 2004 - 1 BvR 1503/04 - nicht veröffentlicht; zuletzt Beschluss vom 26. Oktober 2005 - 1 BvR 1921/04 u.a. - veröffentlicht in juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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