L 22 R 109/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 20 RJ 2807/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 R 109/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. August 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Die am 1946 geborene Klägerin hat keine Berufsausbildung erhalten. Von 1970 bis zur Kündigung ihres letzten Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber zum 31. Oktober 2000 arbeitete sie als Büglerin. Noch während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses erkrankte sie am 06. Juli 2000 und war bis einschließlich 16. Oktober 2000 arbeitsunfähig. Seither ist sie arbeitslos oder arbeitsunfähig. Aus einer vom 24. Januar 2001 bis 14. Februar 2001 durchgeführten Rehabilitation wurde sie ausweislich des Reha-Entlassungsberichtes der Rehabilitationsklinik RW vom 15. Februar 2001 mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen für eine körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeit in allen Haltungsarten entlassen. Vermieden werden sollte häufiges Heben, Tragen und Bewegen von Lasten sowie eine wesentliche Belastung des Armes. Als Büglerin könne sie nicht mehr tätig sein.

Am 05. März 2001 stellte die Klägerin einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung und machte geltend, sie halte sich seit Anfang 1999 wegen starker Schmerzen in beiden Ellenbögen für erwerbsgemindert.

Nach Einholung einer Stellungnahme der Ärztlichen Abteilung der Beklagten (Dr. W) vom 09. März 2001 lehnte diese den Rentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 17. April 2001 ab. Auf den dagegen eingelegten Widerspruch veranlasste die Beklagte eine Untersuchung und Begutachtung der Klägerin, die durch den Orthopäden Z durchgeführt wurde. In seinem Gutachten vom 25. Juni 2001 diagnostizierte er:

1. Zustand nach Hohmann`scher Discision des Epikondylus rad. rechts (7/00) und Zustand nach Epikondylitis ulnaris OP rechts (90) und links (93) 2. Chron. LWS-Syndrom bei mittelgradiger linkskonvexer Rotationsskoliose 3. HWS und BWS-Syndrom mit deg. Veränderungen. Die Klägerin könne noch körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel der Haltungsarten ohne schweres Heben und Tragen sowie Zwangshaltungen der Wirbelsäule verrichten. Als Büglerin könne sie nicht mehr arbeiten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 08. November 2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Mit dem ermittelten Leistungsvermögen könne die Klägerin noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Damit liege weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vor. Auch die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme nicht in Betracht, denn aufgrund ihres beruflichen Werdegangs sei sie auf das gesamte Tätigkeitsfeld des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, so dass es nicht darauf ankomme, ob sie die zuletzt verrichtete Beschäftigung weiterhin ausüben könne.

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin am 07. Dezember 2001 Klage erhoben und zu deren Begründung geltend gemacht, ihre gesundheitlichen Einschränkungen seien von der Beklagten in ihrer Schwere nicht zutreffend beurteilt worden. Sie sei keinesfalls in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden erwerbstätig zu sein. Schon bei der Verrichtung einfachster Hausarbeiten habe sie starke Beschwerden im Bereich des rechten Armes sowie des Rückens.

Das Sozialgericht hat einen Befundbericht des behandelnden Orthopäden Dr. S sowie Krankenhausentlassungsberichte des St. J Krankenhauses (Krankenhausaufenthalte im September 1990 wegen eines operativen Eingriffs in den rechten Ellenbogen, im September 1993 wegen eines operativen Eingriffs in den linken Ellenbogen, im Februar 1999 wegen gynäkologischer Beschwerden und im Juli 2000 wegen eines operativen Eingriffs am rechten Ellenbogen) eingeholt. Zudem hat das Sozialgericht den Arzt für Allgemeinmedizin Dipl. med. K zum Sachverständigen ernannt. In seinem Gutachten vom 22. August 2002 hat dieser die Diagnosen:

• Lendenwirbelsäulensyndrom bei Wirbelsäulenfehlform • Hohmann-Operation des rechten radialen Epikondylus (07/700), des rechten ulnaren Epikondylus (1990) und des linken ulnaren Epikondylus (1993), Epikondylitis humeri radialis links • Diabetes mellitus Typ IIA • Halswirbelsäulensyndrom • Psychosomatisierung, subdepressive Stimmungslage

gestellt. Zum Leistungsvermögen der Klägerin hat er ausgeführt, sie könne, ohne auf Kosten der Gesundheit zu arbeiten, täglich regelmäßig noch leichte körperliche Tätigkeiten verrichten. Die Arbeit könne im Freien und/oder in geschlossenen Räumen erfolgen, wobei der Einfluss von Kälte, Feuchtigkeit und Zugluft vermieden werden solle. Die Klägerin könne Tätigkeiten im Wechsel der Haltungsarten ausüben, wobei im Stehen und Sitzen nicht mehr als eine Stunde verharrt werden solle. Einseitige körperliche Belastungen (wie Knien, gebückte Stellungen oder Überkopfarbeiten), Arbeiten unter Zeitdruck, in festgelegtem Arbeitsrhythmus oder auf Leitern und Gerüsten sollten vermieden werden. Das Heben und Tragen von Lasten sei nur bis fünf Kilogramm möglich, allerdings sollte dies auf fünf Minuten beschränkt und sich frühestens nach zehn Minuten wiederholen. Keine Einwände bestünden hinsichtlich einer Tätigkeit an laufenden Maschinen und bezüglich Wechsel- und Nachtschicht. Die Belastbarkeit der Finger, Hände und Arme sei insoweit eingeschränkt, als nur leichte Tätigkeiten ohne Dauerbelastung (Akkord- und Fließbandarbeiten, Arbeiten in festgelegtem Arbeitsrhythmus) ausführbar seien. Ebenso sei die Belastbarkeit der Wirbelsäule eingeschränkt. Bezüglich der Beine bestünden keine Einschränkungen. Keine Beeinträchtigungen bestünden weiterhin hinsichtlich des Hör- Seh- und Reaktionsvermögens, der Lese- und Schreibgewandtheit, der Auffassungsgabe, der Lern- und Merkfähigkeit, des Gedächtnisses, der Konzentrationsfähigkeit, der Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit, der Kontaktfähigkeit sowie der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit. Besonderheiten für den Weg zur Arbeit seien nicht zu berücksichtigen und auch die üblichen Pausen reichten aus. Das verbliebene Leistungsvermögen reiche noch für die volle übliche Arbeitszeit von acht Stunden täglich aus.

Nach Einholung einer ergänzenden Stellungnahme von Dipl. med. K vom 18. März 2003 hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom 30. August 2004 abgewiesen. Zur Begründung der Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei weder berufs- noch erwerbsunfähig im Sinne der §§ 43, 44 des Sozialgesetzbuches Sechstes Buch (SGB VI). Als allenfalls angelernte Arbeiterin seien ihr Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zumutbar. Diese könne sie nach der Einschätzung des Dipl. med. K, dem das Gericht folge, unter weiteren (qualitativen) Einschränkungen auch ausüben. Eine konkrete Verweisungstätigkeit brauche nicht benannt zu werden, denn es liege weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, noch bestehe eine schwere spezifische Leistungsbehinderung. Die Leistungseinschränkungen seien nicht derart, dass sie die Klägerin in besonderer Weise, über die Einschränkungen auf leichte körperliche Tätigkeiten hinaus, belasteten. Auch nach dem ab 01. Januar 2001 geltenden neuen Erwerbsminderungsrecht bestehe kein Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, weil die nunmehr geltenden §§ 43, 240 SGB VI noch weitergehende Leistungsvoraussetzungen normierten als das bisherige Recht.

Gegen das ihrer Prozessbevollmächtigten am 30. Januar 2005 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 3. Januar 2005 eingelegten Berufung. Zur Begründung macht sie unter Vorlage eines sozialmedizinischen Attestes des Orthopäden Dr. Svom 21. Februar 2005 im Wesentlichen geltend, dass ihr quantitatives Leistungsvermögen vom Sachverständigen Dipl. med. K und vom Sozialgericht nicht zutreffend beurteilt worden sei. Insbesondere habe der Sachverständige seine vom behandelnden Orthopäden Dr. S abweichende Einschätzung zu ihrem Leistungsvermögen nicht nachvollziehbar darlegen können. Im Übrigen sei eine Erwerbsminderungsrente auch deswegen zu bewilligen, da sie mit den bestehenden Einschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht vermittelbar sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. August 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 17. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. November 2001 aufzuheben und diese zu verurteilen, der Klägerin vom frühestmöglichen Zeitpunkt an Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und wegen Berufsunfähigkeit, hilfsweise wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren und die höhere Rente zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat einen Befundbericht des Orthopäden Dr. S vom 11. Juli 2005 eingeholt und auf Antrag der Klägerin nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) den Orthopäden Dr. G zum Sachverständigen ernannt. In seinem orthopädischen Fachgutachten vom 09. Dezember 2005 stellte er die Diagnosen:

• Zustand nach operierten Ellenbogen, rechts und links mit gutem funktionellem Ergebnis • Wirbelsäulenverbiegung BWS-/LWS-Übergang • Beckenschiefstand • Chronisches Lumbalsyndrom • Psychosomatose.

Zum Leistungsvermögen der Klägerin hat er ausgeführt, sie könne leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen, ohne Einfluss von Kälte, Hitze, Staub, Feuchtigkeit oder Zugluft durchführen. Ein Wechsel der Haltungsarten sei zu empfehlen. Einseitige körperliche Belastung, ein festgelegter Arbeitsrhythmus, Akkord- oder Fließbandarbeit, Arbeit an laufenden Maschinen sowie Wechsel- oder Nachtschicht sollten vermieden werden. Heben und Tragen könne sie maximal drei Kilogramm. Auf Leitern und Gerüsten sei sie nicht einsatzfähig. Die Belastbarkeit der Hände sowie der Finger seien nur für Arbeiten mit schweren Heben und Tragen, wie zum Beispiel das Bügeln, eingeschränkt. Die Belastungsfähigkeit der Wirbelsäule sei für die tägliche berufliche Belastung ausreichend, da sich das Krankheitsbild nicht wesentlich verändert habe. Die festgestellten Leiden beschränkten die Klägerin nicht in der Ausübung geistiger Arbeiten. Besonderheiten für den Weg zur Arbeitsstelle seien nicht zu berücksichtigen, und auch die üblichen Arbeitspausen seien ausreichend. Das verbliebene Leistungsvermögen reiche noch für eine Arbeitszeit vom mindestens sechs Stunden täglich aus.

Die Klägerin hat dagegen eingewandt, dass auch dieser Gutachter trotz gleicher Diagnosen wie die Vorgutachter Leistungseinschätzungen treffe, die - insbesondere deswegen, weil zwei Gutachter zu anderen Schlüssen gelangt seien - nicht nachvollziehbar seien.

Die Klägerin erhält seit dem 01. März 2006 eine Altersrente für Frauen in Höhe von 447,24 Euro.

Die die Klägerin betreffenden Renten- und Rehabilitationsakten der Beklagten () haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das angefochtene Urteil vom 30. August 2004 ist ebenso wie der Bescheid der Beklagten vom 17. April 2001 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 08. November 2001 nicht zu beanstanden.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit nach den §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a. F.) oder auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach den ab 01. Januar 2001 geltenden §§ 43, 240 SGB VI.

Das vor dem 01. Januar 2001 geltende Recht muss hier - auch - angewandt werden. Nach § 300 Abs. 2 SGB VI sind aufgehobene Vorschriften dieses Gesetzbuches und durch dieses Gesetzbuch ersetzte Vorschriften auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhebung geltend gemacht wird. Das alte Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsrecht war bis zum 31. Dezember 2000 in Kraft. Der im März 2001 gestellte Antrag der Klägerin lag damit innerhalb der Dreimonatsfrist.

Nach § 44 Abs. 1 SGB VI a. F. haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, wenn sie

1. erwerbsunfähig sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Die Klägerin hat die allgemeine Wartezeit von sechzig Kalendermonaten erfüllt. Sie hat auch, ausgehend vom Datum des Rentenantrages im März 2001, ausreichend Pflichtbeiträge entrichtet.

Sie ist aber weder erwerbs- noch berufsunfähig.

Erwerbsunfähig sind nach § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VI a. F. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das monatlich 630 Deutsche Mark übersteigt. Die Kriterien erfüllt die Klägerin nicht, sie erfüllt nicht einmal die weniger strengen Kriterien der Berufsunfähigkeit.

Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB VI a. F.).

Bisheriger Beruf im Sinne des § 43 SGB VI a. F. ist in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 16. November 2000 in SozR 3 - 2600 § 43 Nr. 26). Der bisherige Beruf ist danach der einer Büglerin. Dies ist, wie schon den eigenen Angaben der Klägerin, dass sie keinen Beruf erlernt habe, zu entnehmen ist, eine ungelernte Tätigkeit. Diesen Beruf kann sie nach einvernehmlicher Meinung der Sachverständigen nicht mehr ausüben.

Ein Versicherter ist aber nicht schon dann berufsunfähig, wenn er seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben kann, sondern erst dann, wenn er auch in keinem zumutbaren anderen Beruf (Verweisungstätigkeit) tätig sein kann. Die Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Hierzu hat das BSG in ständiger Rechtsprechung ein so genanntes Mehrstufenschema entwickelt. Ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, werden danach vier Gruppen unterschieden. Die erste Gruppe wird durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion beziehungsweise des besonders qualifizierten Facharbeiters geprägt, die zweite umfasst Facharbeiterberufe mit einer anerkannten Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren, der dritten Gruppe zugeordnet sind angelernte Arbeiter (Ausbildungszeit bis zu zwei Jahren) und der vierten Gruppe unterfallen schließlich ungelernte Arbeiter (BSG vom 18. Februar 1998, SozR3 - 2200 § 1246 Nr. 61 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).

Grundsätzlich darf der Versicherte lediglich auf Tätigkeiten der jeweils niedrigeren Gruppe im Verhältnis zu seinem bisherigen Beruf verwiesen werden, soweit ihn diese weder nach seinem beruflichen Können und Wissen noch hinsichtlich seiner gesundheitlichen Kräfte überfordern (ständige Rechtsprechung; vgl. BSG vom 12. September 1991 in SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 17).

Als ungelernter Arbeiterin sind der Klägerin alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumutbar. Eine solche Arbeit kann sie noch in voller üblicher Arbeitszeit (vollschichtig) ausüben. Der Senat folgt bei der Beurteilung des Leistungsvermögens dem Reha- Entlassungsbericht sowie dem Gutachten des Orthopäden Z und dem Gutachten des Arztes für Allgemeinmedizin Dipl. med. K. Danach ist die Klägerin noch in der Lage, vollschichtig leichte Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten bei normalem Raumklima zu verrichten. Schweres Heben und Tragen sowie Zwangshaltungen müssen vermieden werden. Die Belastbarkeit der Finger, Hände und Arme ist insoweit eingeschränkt als nur leichte Tätigkeiten ohne Dauerbelastung (wie Akkord- und Fließbandarbeiten) ausführbar sind. Vermieden werden müssen Arbeiten unter Zeitdruck sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten. Hinsichtlich der maximalen Tragelast beschreiben sowohl Dipl. med. K und Dr.S die fünf Kilogramm benannt haben, als auch Dr. G mit einer Hebe- und Tragebelastung von drei Kilogramm leichte Arbeiten. Der von Dr. G benannte Ausschluss von Wechsel- und Nachtschicht bei gut eingestelltem Diabetes mellitus ist zwar nicht nachvollziehbar, worauf der Ärztliche Dienst der Beklagten zutreffend verweist, jedoch werden die in Betracht kommenden leichten körperlichen Tätigkeiten nicht zwingend in Schichtarbeit durchgeführt.

Der die Klägerin langjährig behandelnde Orthopäde Dr. S hat zwar in seinem vom Sozialgericht eingeholten Befundbericht Leistungseinschränkungen bei der Klägerin benannt. Hinsichtlich der noch für möglich gehaltenen Arbeitszeiten hat er drei bis sechs Stunden ohne nähere Begründung angegeben. Zugleich hat er jedoch für eine eingehende Beurteilung ein Gutachten eingefordert, was deutlich macht, dass er eine Absicherung seiner Einschätzung durch eine umfangreiche und kompetente Begutachtung für erforderlich hielt. Die gehörten Sachverständigen haben die zeitliche Einschränkung nicht bestätigt. Die Einschätzung des Orthopäden Dr. S in seinem sozialmedizinischen Attest vom 21. Februar 2005, insbesondere die von ihm gesehene Diskrepanz hinsichtlich seiner Schlussfolgerungen (nur noch unter dreistündige Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt) gegenüber dem Reha-Entlassungsbericht, dem Gutachten vom Orthopäden Z, dem Befundbericht von Dr. S sowie dem Gutachten des Dipl. med. K wird in keiner Weise begründet. Die von ihm behauptete Verschlechterung der Symptomatik wird vom behandelnden Orthopäden Dr. S in seinem Befundbericht vom 11. Juli 2005 nicht bestätigt.

Letztlich kommt auch der von der Klägerin nach § 109 SGG benannte Orthopäde Dr. G zu dem Ergebnis, dass die Klägerin noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten mit den bekannten Einschränkungen vollschichtig auszuüben. Der Einwand der Klägerin, die Einschätzung der zeitlichen Leistungsfähigkeit hätte angesichts der von zwei "Gutachtern" getroffenen anderen Auffassung schlüssiger begründet werden müssen, greift nicht durch. Die im Wege des Sachverständigenbeweises gehörten Ärzte haben die von den - von der Klägerin als Gutachter bezeichneten - behandelnden Ärzten vorgelegten Unterlagen gewürdigt, deren Folgerungen aber nicht bestätigen können. Da Dr. S und Dr. S keine Begründungen für die von ihnen für nur möglich gehaltene Arbeitszeit gegeben haben, diese aber bei Einhaltung der genannten qualitativen Einschränkungen auch nicht nachvollziehbar sind, besteht keine Veranlassung, die Einschätzung durch die Sachverständigen in Zweifel zu ziehen.

Eine konkrete Verweisungstätigkeit braucht nicht benannt zu werden, denn die Klägerin ist auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Nur informatorisch weist der Senat darauf hin, dass die Klägerin mit den genannten Leistungseinschränkungen zum Beispiel als Versandfertigmacherin tätig sein kann. In dieser beispielhaft genannten Tätigkeit werden Waren verkaufs- oder versandfertig aufbereitet, etwa in Kartons eingelegt, Gebrauchsanleitungen u.s.w. beigefügt.

Erst wenn die vorhandenen qualitativen Einschränkungen es unwahrscheinlich erscheinen lassen, dass die Arbeitskraft auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nutzbar gemacht werden kann, erfordert dies die Prüfung, ob eine - vom Sozialgericht erwähnte - Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (vgl. Urteile des BSG vom 11. Mai 1999 - B13 RJ 71/97 R und vom 14. Juli 1999 - B 13 RJ 65/97 R). Weder hat die Klägerin hierzu etwas vorgetragen, noch ist ersichtlich, dass Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes von vornherein nicht in Betracht kommen.

Darauf, dass die Klägerin einen ihrem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz tatsächlich nicht erhält, kommt es für die Begründung eines Rentenanspruchs nicht an. Denn die jeweilige Arbeitsmarktlage, die zur Zeit für leistungsgeminderte - insbesondere ältere - Arbeitnehmer entsprechende Arbeitsplatzangebote praktisch nicht mehr zur Verfügung stellt, ist bei der Feststellung des Vorliegens von Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit nicht zu berücksichtigen (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 4 zweiter Halbsatz, § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 zweiter Halbsatz SGB VI a. F.)

Auch nach dem ab dem 01. Januar 2001 geltenden Recht ergibt sich kein Rechtsanspruch der Klägerin auf Erwerbsminderungsrente, weil diese Rechtsvorschriften noch weitergehende Leistungsvoraussetzungen normieren als das bisherige Erwerbsminderungsrecht (vgl. §§ 43, 240 SGB VI in der ab 01. Januar 2001 geltenden Fassung zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 - BGBL. I S. 1827). Insoweit setzt der Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ein auf sechs Stunden eingeschränktes Leistungsvermögen voraus. Eine derartige zeitliche Einschränkung liegt aber, wie ausgeführt, nicht vor. Erst recht liegt die für den Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung erforderliche zeitliche Einschränkung auf drei Stunden täglicher Arbeitszeit nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.

Ein Grund zur Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG ist nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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