L 16 R 747/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 16 RA 4327/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 747/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 07. April 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich mit dem Rechtsbehelf der Klage gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 2003 und begehrt zudem die Verurteilung der Beklagten zur Erteilung einer Auskunft.

Die am 1926 geborene Klägerin bezieht von der Beklagten seit 01. April 1986 eine nach § 25 Abs. 1 Angestelltenversicherungsgesetz wegen bestehender Erwerbsunfähigkeit umgewandelte Rente wegen Alters. Mit der vorliegenden Klage wendet sich die Klägerin gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 2003. Sie hat zur Begründung vorgetragen, dass sie die "Aufhebung des Verwaltungsaktes" u. a. wegen einer unzulässigen Pfändung von Teilen ihren Rentenleistung und der fehlenden Berücksichtigung eines Beitragszuschusses zur Krankenversicherung begehre. Auf das der Klageschrift beigefügte Widerspruchsschreiben gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 2003 vom 12. Juli 2003 wird Bezug genommen. Die Klägerin begehrt ferner (vgl. Schriftsatz vom 19. August 2003) die Verurteilung der Beklagten zur Erteilung einer Auskunft darüber, wer den laut Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2000 "abgetrennten" Teil ihrer Rentenleistung in welcher Höhe erhalte und wo sie gemäß der verwendeten Kennzahl "970" ihren Wohnsitz in Deutschland haben solle. Die Beklagte hat hierauf mit Schreiben vom 26. November 2003 geantwortet, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.

Das Sozialgericht (SG) Berlin hat mit Gerichtsbescheid vom 07. April 2006 die von der Klägerin erhobene Klage(n) als Klage auf Änderung der Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 2003 und auf Gewährung höherer Altersrente und Rückzahlung "unberechtigt einbehaltener" Rententeile sowie als Klage auf Verurteilung der Beklagten zu der begehrten Auskunft gewertet und diese Klage(n) abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klagen seien unzulässig. Soweit sich die Klägerin gegen die Rentenanpassung zum 01. Juli 2003 wende und unter deren Änderung die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung höherer Regelaltersrente begehre, sei die Klage unzulässig, weil der Regelungsgehalt der Anpassungsmitteilung darauf beschränkt sei, bereits zuerkannte Rentenrechte wertmäßig fortzuschreiben. Eine Neufeststellung der Altersrente sei damit ebenso wenig verbunden wie eine Entscheidung über die Versicherungspflicht der Klägerin in der gesetzlichen Krankenversicherung oder über die Pfändung bzw. Abtrennung von Teilen ihrer Rente. Da die Klage bereits wegen eines fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig sei, komme es auf die Frage der ordnungsgemäßen Durchführung des Vorverfahrens nicht an. Soweit die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Erteilung einer Auskunft darüber begehre, wer in welcher Höhe von ihrer Altersrente den in der Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 2000 erwähnten abgetrennten Teil erhalten habe und warum für sie die Kennzahl "970" gelte, sei die Klage ebenfalls unzulässig. Denn die Beklagte habe die von der Klägerin begehrte Auskunft in ihrem Schriftsatz vom 26. November 2003 bereits erteilt.

Die Klägerin erhebt Einwendungen gegen diesen Gerichtsbescheid, die als Berufung registriert worden sind. Sie trägt vor: Sie rüge die Entscheidung durch Gerichtsbescheid und fordere "weiterhin eine Verhandlung" vor dem SG. Sie wende sich dagegen, dass ihre Einwendungen als "Berufung" behandelt würden. Eine Berufung von ihr liege in dieser Sache nicht vor. Im Übrigen liege bis heute ein Widerspruchsbescheid der Beklagten zu ihrem Widerspruch gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 2003 nicht vor.

Die Klägerin beantragt nach ihrem Vorbringen,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 07.April 2006 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Berlin zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Akten des Sozialgerichts Berlin S 16 RA 5373/02 (L 1 RA 12/03) und S 17 RA 5302/01 (L 16 RA 18/03), die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten der Beklagten (13 Bände) haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Einwendungen der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG Berlin vom 07. April 2006, mit der die Klage gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 2003 und die Klage auf Auskunft als unzulässig abgewiesen worden sind, sind als Rechtsmittel zu werten. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die Klägerin wiederholt darauf hinweist, dass von ihr "keine Berufung oder sonstige sofortige Beschwerde" vorliege. Denn die Klägerin macht mit ihrem Vorliegen geltend, dass das erstinstanzliche Verfahren an einem wesentlichen Verfahrensmangel leidet (§ 159 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –). Dieses Vorbringen der Klägerin zielt damit auf eine Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung und Zurückverweisung an das SG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung. Dieses Ziel lässt sich aber nur im Wege der Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung durch das Rechtsmittelgericht erreichen.

Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Eine Zurückverweisung an das SG nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG scheidet aus, da wesentliche Verfahrensmängel des erstinstanzlichen Verfahrens, die eine Zurückverweisung an das SG rechtfertigen könnten, nicht vorliegen. Entgegen der von der Klägerin sinngemäß vertretenen Auffassung ist das SG, wenn es die Beteiligten – wie hier – zuvor zu dieser Verfahrensweise angehört hat, nicht gehindert, durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG zu entscheiden, wenn die Sache nach Auffassung des Gerichts keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und das Gericht die Beteiligten zuvor im Rahmen der vorgeschriebenen Anhörung (vgl. § 105 Abs. 1 Satz 2 SGG) auf die verfahrensmäßigen Voraussetzungen hinweist. Das Anhörungsschreiben des SG vom 04. März 2004 ist der Klägerin am 10. März 2004 im Wege der Niederlegung in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten in zulässiger Weise zugestellt worden (vgl. § 63 Abs. 2 Satz 1 SGG i. V. mit § 180 Zivilprozessordnung). Selbst wenn in Anbetracht dessen, dass zwischen dem Zugang der Anhörungsmitteilung und der Entscheidung des SG durch Gerichtsbescheid ein Zeitraum von mehr als zwei Jahren lag und daher schon im Hinblick auf das zwischenzeitliche weitere Vorbringen der Klägerin eine erneute Anhörungsmitteilung geboten gewesen sein dürfte, von einem wesentlichen Verfahrensmangel nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG auszugehen wäre, kommt eine Zurückverweisung nicht in Betracht. Denn nach der genannten Vorschrift ist das Berufungsgericht nicht verpflichtet, sondern nur berechtigt, die Sache an das SG zurückzuverweisen. Eine derartige Zurückverweisung ist aber nicht zweckmäßig, wenn – wie hier – das erstinstanzliche Gericht die Klagen zu Recht als unzulässig abgewiesen hat.

Die Klage gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 2003 ist unzulässig, weil es insoweit an einer die Klägerin belastenden und damit in zulässiger Weise anfechtbaren Verwaltungsentscheidung der Beklagten fehlt. Rentenanpassungsmitteilungen sind zwar grundsätzlich Verwaltungsakte, die mit Widerspruch und Klage angefochten werden können. Der Regelungsgehalt derartiger Verwaltungsakte beschränkt sich aber inhaltlich auf die wertmäßige Fortschreibung bereits zuerkannter Rentenrechte (vgl. BSG, Urteil vom 23. März 1999 – B 4 RA 41/98 R = SozR 3-1300 § 31 Nr. 13). Dem von der Klägerin sinngemäß verfolgten Klageziel, im Wege der Anfechtung der Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 2003 höhere Rentenleistungen zuerkannt zu bekommen, fehlt insoweit das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil die Rentenanpassungsmitteilung keine eigenständige Verwaltungsentscheidung zur Höhe des Werts ihres Rechts auf Altersrente enthält.

Da die Klage bereits aus diesem vorrangigen Grund unzulässig ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob vor einer Entscheidung des Gerichts das Widerspruchsverfahren hätte nachgeholt werden müssen, um die Zulässigkeit der Klage herbeizuführen (§ 78 Abs. 1 Satz 1 SGG) und damit eine Entscheidung in der Sache zu ermöglichen. Denn die Zulässigkeit des Klagebegehrens scheitert bereits an dem Fehlen einer die Klägerin belastenden anfechtbaren Verwaltungsentscheidung in der Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 2003.

Hinsichtlich der mit Schriftsatz vom 19. August 2003 erhobenen Klage auf Auskunft ist ein Rechtsschutzbedürfnis nicht (mehr) erkennbar, und zwar deshalb nicht, weil die Beklagte die erbetenen Auskünfte mit ihrem Schreiben vom 26. November 2003 in vollem Umfang erteilt hat. Auch diese Klage hat das SG somit zu Recht als unzulässig abgewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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