L 18 B 608/06 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 101 AS 6062/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 B 608/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 14. Juli 2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.

Das Sozialgericht (SG) hat es zu Recht abgelehnt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Zusicherung zu den Aufwendungen für die Wohnung in der PStraße in B zu erteilen. Die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung sind nicht erfüllt.

Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Nach Satz 2 a. a. O. sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Anordnungsanspruch ist hier die Notwendigkeit der Regelung eines vorläufigen Zustandes zur Abwendung wesentlicher Nachteile; ein Anordnungsgrund liegt vor, wenn der Antragsteller bei einem Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache Gefahr laufen würde, seine Rechte nicht mehr verwirklichen zu können. Die einstweilige Anordnung soll verhindern, dass der Antragsteller vor vollendete Tatsachen gestellt wird, bevor er wirksamen Rechtsschutz erlangen kann.

Der Antragsteller hat weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund im Sinne des § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung glaubhaft gemacht.

Der Träger ist gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II zur Zusicherung (nur) verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Zwar kann zu Gunsten des Antragstellers die Erforderlichkeit des Umzuges unterstellt werden, da er sich wohl aus nachvollziehbaren Gründen nach Eigenbedarfskündigung durch den Vermieter im Rahmen eines Vergleiches verpflichtet hat, die bisherige Wohnung in der Gstraße in B bis zum 31. Juli 2006 zu räumen. Die Aufwendungen für die in Rede stehende neue Wohnung sind jedoch nicht angemessen. Der unbestimmte Rechtsbegriff gibt den Trägern einen gewissen Handlungsrahmen (Lang, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, § 22, Rn. 77). Die Ablehnung der Zusicherung ist jedenfalls dann im Grundsatz nicht zu beanstanden, wenn die neue Bruttowarmmiete – wie hier – um mehr als 10 % außerhalb der Richtwerte gemäß § 4 Abs. 2 der Ausführungsvorschriften zu Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung (AV-Wohnen) vom 7. Juni 2005 (ABl. S. 3743) liegt. Dabei ist, worauf bereits das SG hingewiesen hat, auch die derzeit vergleichsweise entspannte Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt zu berücksichtigen. Besondere Gründe, die im Einzelfall bei Neuanmietung von Wohnraum ggf. eine Überschreitung des Richtwerts (360 EUR bei 1-Personen-Haushalt) um mehr als 10 % rechtfertigen könnten, hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere liegt die Wohnung P-Straße bezogen auf die Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln und die Erreichbarkeit der behandelnden Ärzte Dres. M. eher ungünstiger als die Wohnung in der Gstraße, die sich nahe am U-Bahnhof V.-L.-Platz befindet. Der Antragsteller hat auch nicht schlüssig dargetan, inwiefern er behinderungsbedingt auf "eine gewisse Geräumigkeit" (Beschwerdeschrift, Seite 2) der Wohnung angewiesen ist, erst recht nicht, dass aus diesem Grund andere, ihm angebotene Wohnungen nicht in Betracht kamen.

Das SG hat auch das hilfsweise erhobene Begehren, die Zusicherung zu den Aufwendungen für die Wohnung in der PStraße in B einstweilen zu erteilen, soweit diese angemessen sind, zutreffend abgelehnt. Der Senat folgt insoweit den Gründen der angefochtenen Entscheidung und sieht in entsprechender Anwendung von § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung ab.

Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Aus der von ihm eingereichten Bescheinigung der GSW vom 26. Juli 2006 ergibt sich, dass die Anmietung der Wohnung PStraße erst zum 1. September 2006 vorgesehen ist. Dieses Datum, das im Widerspruch zum bisherigen Vortrag des Antragstellers steht, hat der Vertreter der GSW, Herr R, auf telefonische Nachfrage bestätigt. Es ist davon auszugehen, dass der Antragsteller jedenfalls noch bis Ende August 2006 entweder in der bisherigen oder übergangsweise in einer anderen Wohnung wohnen kann. Der Antragsteller hat damit noch mindestens einen Monat Zeit, bei der Antragsgegnerin die Zusicherung für ein günstigeres Wohnungsangebot einzuholen. Die Antragsgegnerin hat auf telefonische Anfrage des Berichterstatters ausdrücklich bestätigt, dass bei Vorlage eines ausreichend spezifizierten und angemessenen Angebotes die Zusicherung noch am gleichen Tag erteilt werden kann. Damit besteht derzeit kein eiliges Regelungsbedürfnis im Sinne von § 86 Abs. 2 Satz 2 SGG, zumal ein Umzug nach Angaben des Antragstellers "auf Zuruf" (Schriftsatz vom 26. Juli 2006) durchgeführt werden kann. Eine Folgenabwägung unter Berücksichtigung auch der grundrechtlichen Belange des Antragstellers (vgl. BVerfG, Beschluss der Dritten Kammer des Ersten Senats vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05 = NVwZ 2005, 927 ff.) führt bei dieser Sachlage nicht zu anderer Beurteilung.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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