Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 30 RJ 126/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 17 R 1024/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 08. Juni 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der am 16. November 2001 gestellte Antrag auf Gewährung medizinischer Rehabilitation als Rentenantrag gilt.
Der am 1967 geborene Kläger stellte bei der Beklagten am 24. Januar 2000 einen Antrag auf Rente wegen Erwerbs- beziehungsweise Berufsunfähigkeit. Nach Einholung zweier medizinischer Gutachten (Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. G vom 06. März 2000, Ärztin für Neurologie und Psychiatrie G vom 17. April 2000) lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 26. Mai 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. August 2000 ab, da der Kläger nach dem Ergebnis der Gutachten noch in der Lage sei, unter gewissen Einschränkungen körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig auszuüben. Hiergegen erhob der Kläger am 18. September 2000 Klage vor dem Sozialgericht Berlin. Das Sozialgericht holte diverse Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte ein (wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 60, 63-65, 67-70, 73 und 97-100 der Gerichtsakten S 22 RJ 1902/00 Bezug genommen). Die Beklagte nahm zu den Befundberichten durch ihren Ärztlichen Dienst Stellung, der ein Heilverfahren vorschlug. Mit Schreiben vom 21. Juni 2001 forderte sie den Kläger auf, einen Antrag auf Aufnahme in eine Rehabilitationseinrichtung zu stellen. Der Kläger wies dies wegen des anhängigen Rentenverfahrens zurück. In dem vom Sozialgericht anberaumten Erörterungstermin am 16. November 2001, in dem unter anderem die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie W von der ärztlichen Abteilung der Beklagten sowie die den Kläger behandelnde Ärztin für Nervenheilkunde I als sachverständige Zeugin anwesend waren, stellte der Kläger nach Erörterung der Sach- und Rechtslage einen Antrag auf Gewährung medizinischer Rehabilitation und nahm die Klage zurück.
Am 11. Dezember 2001 ging bei der Beklagten der ausgefüllte Vordruck zur medizinischen Rehabilitation ein. Die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Wbefürwortete anschließend eine Begleitperson für die Hin- und Rückfahrt zur Rehabilitationseinrichtung und benannte die FKlinik in M als geeignete Einrichtung.
Dem Kläger wurde daraufhin mit streitigem Bescheid vom 25. Februar 2002 eine stationäre Heilbehandlung als medizinische Rehabilitation in der FKlinik bewilligt. Hiergegen legte er am 26. März 2002 Widerspruch ein. Die benannte Klinik verfüge über keine orthopädischen beziehungsweise physiotherapeutischen Behandlungsmöglichkeiten, die er aber dringend benötige.
Am 03. Juli 2002 beantragte der Kläger, den Rehabilitationsantrag in einen Rentenantrag umzudeuten.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 25. Februar 2002 mit Widerspruchsbescheid vom 07. Januar 2003 zurück. Die medizinischen Voraussetzungen für die Bewilligung einer medizinischen Rehabilitationsleistung seien sorgfältig geprüft worden. Hierbei sei man zu dem Schluss gekommen, dass die angstneurotischen Störungen mit Phobien im Behandlungsvordergrund stünden und habe im Rahmen des zustehenden Ermessens die FKlinik in M, die nicht weit von Berlin entfernt sei, ausgewählt. Eine Umdeutung des Rehabilitationsantrages in einen Rentenantrag nach § 116 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) komme nicht in Betracht, da dessen Voraussetzungen nicht vorlägen.
Der Kläger hat am 27. Januar 2003 Klage erhoben und vorgetragen, es bestünden noch behandlungsbedürftige orthopädische Leiden. Die Durchführung einer rein psychiatrisch-neurologischen Maßnahme sei nicht ausreichend. Die Beklagte sei nicht in der Lage, eine entsprechende Heilbehandlung anzubieten, daher schlage der Antrag auf Gewährung einer Maßnahme zur Rehabilitation in einen Rentenantrag um, über den die Beklagte zu entscheiden habe. Im weiteren Verlauf des Verfahrens verwies der Kläger darauf, dass eine Rehabilitationsmaßnahme nicht Erfolg versprechend sei. Tatsächlich sei er trotz seines noch jungen Alters voll erwerbsgemindert. Die Beklagte hätte bei diesem Sachverhalt medizinische Leistungen zur Rehabilitation gar nicht gewähren dürfen (Hinweis auf Bundessozialgericht – BSG – vom 28. August 1991 – 13/5 RJ 47/90 –). Es treffe ihn deswegen auch keine Verpflichtung, dieser zuzustimmen. Diese Überzeugung habe er bereits zum Zeitpunkt des damaligen Erörterungstermins gehabt. Den Rehabilitationsantrag habe er nur auf Hinwirken der Beklagten gestellt. Durch die Klagerücknahme habe er auf erlangte Rechtspositionen verzichten müssen. Unter diesen Gegebenheiten sei der Rehabilitationsantrag als Rentenantrag umzudeuten, spätestens ab 03. Juli 2002, dem Tag der Antragstellung auf Umdeutung.
Die Beklagte hat dem Vorbringen des Klägers entgegengehalten, die Klage sei im Erörterungstermin allein wegen der mangelnden Erfolgsaussicht zurückgenommen worden. Aufgrund der medizinischen Aussagen der Sachverständigen sei zu erkennen gewesen, dass die rehabilitativen Möglichkeiten noch nicht ausgeschöpft gewesen seien. Diese Situation habe sich bis jetzt auch nicht geändert. Es werde davon ausgegangen, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers durch eine psychosomatische Heilbehandlung wesentlich gebessert beziehungsweise eine Verschlimmerung verhindert werden könne. Vom Kläger könne daher auch eine Mitarbeit erwartet werden.
Das Sozialgericht hat medizinisch ermittelt (vgl. Befundberichte des den Kläger behandelnden Facharztes für Orthopädie Dr. M vom 18. November 2003 und des Facharztes für Allgemeinmedizin D vom 14. Januar 2004 sowie Mitteilung der Fachärztin für Nervenheilkunde vom 20. November 2003 – wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 25, 27, 28, 30, 31 der Gerichtsakten Bezug genommen) und die Klage mit Gerichtsbescheid vom 08. Juni 2005 abgewiesen. Die Voraussetzungen von § 116 Abs. 2 SGB VI lägen nicht vor.
Der Kläger hat gegen den Gerichtsbescheid am 06. Juli 2005 Berufung eingelegt, die er trotz Aufforderung nicht begründet hat.
Dem Vorbringen des Klägers ist der Antrag zu entnehmen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 08. Juni 2005 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07. Januar 2003 zu ändern und diese zu verpflichten, den Antrag auf Leistungen zur Rehabilitation vom 16. November 2001 in einen Rentenantrag umzudeuten und diesen zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Ausführungen des Sozialgerichts in seinem Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Verwaltungsakten der Beklagten – – sowie die Gerichtsakten des Sozialgerichts Berlin – S 30 RJ 126/03 und S 22 RJ 1902/00 – lagen dem Senat vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte entscheiden, obwohl der Bevollmächtigte des Klägers nicht zum Termin erschienen ist, denn er ist auf diese Möglichkeit in der ihm ordnungsgemäß zugestellten Ladung hingewiesen worden. Eine Verlegung des Termins, wie vom Prozessbevollmächtigten in seinem Schriftsatz vom 20. März 2006 wegen bereits länger bestehender Arbeitsunfähigkeit beantragt, kam nicht in Betracht, weil eine anderweitige Vertretung möglich war (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 110 RdNr. 5 ), denn der Prozessbevollmächtigte des Klägers arbeitet in einer Bürogemeinschaft mit Rechtsanwalt Weißhaupt, der sich für ihn bereits mit Schriftsatz vom 20. März 2006 gemeldet hatte. Im Übrigen wurde die Arbeitsunfähigkeit trotz Aufforderung des Gerichts nicht glaubhaft gemacht (vgl. § 202 Sozialgerichtsgesetz – SGG – in Verbindung mit § 227 Zivilprozessordnung).
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Die Klage ist zulässigerweise erhoben worden, obwohl der Kläger durch die Bewilligung einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme nicht beschwert ist. Die Beklagte hat jedoch im Widerspruchsbescheid vom 07. Januar 2003 darüber hinaus die Umdeutung des am 16. November 2001 gestellten Antrages auf medizinische Rehabilitation abgelehnt. Diese hatte der Kläger am 03. Juli 2002 ausdrücklich beantragt. Das für die Erhebung einer Klage erforderliche Rechtsschutzbedürfnis liegt daher vor.
Das Sozialgericht hat die Klage jedoch zu Recht als unbegründet abgewiesen, weil die Voraussetzungen für eine Umdeutung des Antrages auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in einen Rentenantrag nicht vorliegen.
Die hier allein in Betracht kommende Rechtsgrundlage für die begehrte Umdeutung des Rehabilitationsantrages in einen Rentenantrag ist § 116 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI. Danach gilt der Antrag auf Leistung zur medizinischen Rehabilitation als Antrag auf Rente, wenn der Versicherte vermindert erwerbsfähig ist und ein Erfolg von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht zu erwarten ist.
Zum Zeitpunkt des Erörterungstermins am 16. November 2001 war weder von einer verminderten Erwerbsfähigkeit noch von der Erfolglosigkeit einer medizinischen Rehabilitation auszugehen. Es lagen zwei Gutachten der Beklagten vor. Die Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. G kam in ihrem Gutachten vom 06. März 2000 zu dem Ergebnis, dass der Kläger – zumindest was ihr Sachgebiet betreffe – noch in der Lage sei, vollschichtig leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. Dieses Ergebnis wurde von der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie G in ihrem Gutachten vom 17. April 2000 bestätigt. In ihrer zusammenfassenden Beurteilung führte sie als wesentliche Diagnose eine angstneurotische Störung mit Phobien aus. Bei starkem Leidensbewusstsein erscheine die Prognose für eine Überwindung der Ängste noch eher gut. Leider sei er wegen seiner Ängste zu einem psychosomatischen Heilverfahren nicht in der Lage, so dass er jetzt alle Hoffnung in eine von ihm angestrebte Psychotherapie setze. Zweifellos sei der Kläger vorläufig wegen der Angstsymptomatik arbeitsunfähig. Es sei aber damit zu rechnen, dass er nach Aufnahme einer Psychotherapie in der Lage sei, seine Ängste und Panikzustände zu überwinden, und innerhalb des nächsten dreiviertel Jahres auch seine bisherige Tätigkeit als Briefsortierer wieder aufnehmen könne. Unter diesen Umständen werde empfohlen, den Rentenantrag abzulehnen.
Die vom Sozialgericht sodann eingeholten Befundberichte enthielten unterschiedliche Einschätzungen. Die für die Erkrankung des Klägers fachnächste Ärztin, die Neurologin und Psychiaterin I führte aus, der Kläger könne unter Umständen unter einer länger dauernden Psychotherapie einen Teil seiner Probleme bearbeiten, die zu der Panikstörung geführt hätten. Derzeit sei er nicht arbeitsfähig, da er insbesondere nicht in der Lage sei, ohne Begleitung die Wohnung zu verlassen und in kleineren Räumen beziehungsweise mit mehreren Menschen gemeinsam in einem Raum zu arbeiten.
Aus den genannten medizinischen Einschätzungen ergibt sich zum Zeitpunkt des Erörterungstermins jedenfalls eine Übereinstimmung dahingehend, dass zwar Arbeitsunfähigkeit, nicht jedoch Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit vorlag. Einer Arbeitsaufnahme stand daher aus therapeutischer Sicht eine voraussichtlich in absehbarer Zeit überwindbare Krankheit entgegen. Wenn der Kläger dann im Erörterungstermin im Beisein seines Prozessbevollmächtigten sowie seiner ihn behandelnden Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie I einen Antrag auf medizinische Leistungen zur Rehabilitation stellt, kann daraus nur geschlossen werden, dass auch er diese für sinnvoll und möglich hielt. Von einer zu erwartenden Erfolglosigkeit einer medizinischen Rehabilitation war danach nicht auszugehen.
Diese Situation hat sich bis zum heutigen Zeitpunkt nicht verändert. Die vom Sozialgericht zum hiesigen Verfahren eingeholten Befundberichte belegen lediglich für den orthopädischen Beschwerdekreis eine andauernde Behandlung. Der Orthopäde hält die Einschränkungen des Klägers jedoch nicht für wesentlich. Er hat nicht einmal Arbeitsunfähigkeit attestiert. Wie das Sozialgericht bereits zutreffend in seinem Gerichtsbescheid ausgeführt hat, ist nicht erkennbar, warum eine medizinische Rehabilitation nicht geeignet sein soll, den Kläger wieder mit Erfolg in das Erwerbsleben zurückzuführen.
Der vom Kläger zur Unterstützung seines Anspruchs zitierte Aufsatz (H in DAngVers Mai 1985, Seite 193 ff.) sowie die Entscheidung des BSG (vom 28. August 1991 13/5 RJ 47/90 in SozR 3-2200 § 1247 Nr. 8) gehen erkennbar von einem anderen Sachverhalt aus, nämlich der Situation, dass ein Versicherter einer ihm vom Versicherungsträger nahe gelegten Rehabilitationsmaßnahme nicht zustimmt, also erst gar keinen Antrag stellt. Im vorliegenden Fall hat der Kläger aber einen solchen gestellt. Hieran muss er sich auch festhalten lassen. Die Behauptung, er habe bereits zum Zeitpunkt des Erörterungstermins im November 2001 nicht an einen Erfolg der medizinischen Rehabilitation geglaubt, kann nicht nachvollzogen werden. Der Kläger hat an einer medizinischen Rehabilitation auch noch nach Erlass des bewilligenden Bescheides festgehalten, denn zunächst wurde lediglich im Widerspruchsschreiben vom 25. März 2002 gerügt, dass die orthopädischen Leiden bei der Auswahl der Rehabilitationseinrichtung keine Rolle gespielt hätten. Ausdrücklich wurde sogar die Bereitschaft zur medizinischen Rehabilitation bestätigt. Erst ab Juli 2002 wurde am Rehabilitationsantrag nicht mehr festgehalten und eine Umdeutung geltend gemacht. Wie jedoch bereits oben ausgeführt, ist nicht erkennbar, was sich seit Juli 2002 am Gesundheitszustand des Klägers geändert haben soll.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der am 16. November 2001 gestellte Antrag auf Gewährung medizinischer Rehabilitation als Rentenantrag gilt.
Der am 1967 geborene Kläger stellte bei der Beklagten am 24. Januar 2000 einen Antrag auf Rente wegen Erwerbs- beziehungsweise Berufsunfähigkeit. Nach Einholung zweier medizinischer Gutachten (Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. G vom 06. März 2000, Ärztin für Neurologie und Psychiatrie G vom 17. April 2000) lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 26. Mai 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. August 2000 ab, da der Kläger nach dem Ergebnis der Gutachten noch in der Lage sei, unter gewissen Einschränkungen körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig auszuüben. Hiergegen erhob der Kläger am 18. September 2000 Klage vor dem Sozialgericht Berlin. Das Sozialgericht holte diverse Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte ein (wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 60, 63-65, 67-70, 73 und 97-100 der Gerichtsakten S 22 RJ 1902/00 Bezug genommen). Die Beklagte nahm zu den Befundberichten durch ihren Ärztlichen Dienst Stellung, der ein Heilverfahren vorschlug. Mit Schreiben vom 21. Juni 2001 forderte sie den Kläger auf, einen Antrag auf Aufnahme in eine Rehabilitationseinrichtung zu stellen. Der Kläger wies dies wegen des anhängigen Rentenverfahrens zurück. In dem vom Sozialgericht anberaumten Erörterungstermin am 16. November 2001, in dem unter anderem die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie W von der ärztlichen Abteilung der Beklagten sowie die den Kläger behandelnde Ärztin für Nervenheilkunde I als sachverständige Zeugin anwesend waren, stellte der Kläger nach Erörterung der Sach- und Rechtslage einen Antrag auf Gewährung medizinischer Rehabilitation und nahm die Klage zurück.
Am 11. Dezember 2001 ging bei der Beklagten der ausgefüllte Vordruck zur medizinischen Rehabilitation ein. Die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Wbefürwortete anschließend eine Begleitperson für die Hin- und Rückfahrt zur Rehabilitationseinrichtung und benannte die FKlinik in M als geeignete Einrichtung.
Dem Kläger wurde daraufhin mit streitigem Bescheid vom 25. Februar 2002 eine stationäre Heilbehandlung als medizinische Rehabilitation in der FKlinik bewilligt. Hiergegen legte er am 26. März 2002 Widerspruch ein. Die benannte Klinik verfüge über keine orthopädischen beziehungsweise physiotherapeutischen Behandlungsmöglichkeiten, die er aber dringend benötige.
Am 03. Juli 2002 beantragte der Kläger, den Rehabilitationsantrag in einen Rentenantrag umzudeuten.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 25. Februar 2002 mit Widerspruchsbescheid vom 07. Januar 2003 zurück. Die medizinischen Voraussetzungen für die Bewilligung einer medizinischen Rehabilitationsleistung seien sorgfältig geprüft worden. Hierbei sei man zu dem Schluss gekommen, dass die angstneurotischen Störungen mit Phobien im Behandlungsvordergrund stünden und habe im Rahmen des zustehenden Ermessens die FKlinik in M, die nicht weit von Berlin entfernt sei, ausgewählt. Eine Umdeutung des Rehabilitationsantrages in einen Rentenantrag nach § 116 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) komme nicht in Betracht, da dessen Voraussetzungen nicht vorlägen.
Der Kläger hat am 27. Januar 2003 Klage erhoben und vorgetragen, es bestünden noch behandlungsbedürftige orthopädische Leiden. Die Durchführung einer rein psychiatrisch-neurologischen Maßnahme sei nicht ausreichend. Die Beklagte sei nicht in der Lage, eine entsprechende Heilbehandlung anzubieten, daher schlage der Antrag auf Gewährung einer Maßnahme zur Rehabilitation in einen Rentenantrag um, über den die Beklagte zu entscheiden habe. Im weiteren Verlauf des Verfahrens verwies der Kläger darauf, dass eine Rehabilitationsmaßnahme nicht Erfolg versprechend sei. Tatsächlich sei er trotz seines noch jungen Alters voll erwerbsgemindert. Die Beklagte hätte bei diesem Sachverhalt medizinische Leistungen zur Rehabilitation gar nicht gewähren dürfen (Hinweis auf Bundessozialgericht – BSG – vom 28. August 1991 – 13/5 RJ 47/90 –). Es treffe ihn deswegen auch keine Verpflichtung, dieser zuzustimmen. Diese Überzeugung habe er bereits zum Zeitpunkt des damaligen Erörterungstermins gehabt. Den Rehabilitationsantrag habe er nur auf Hinwirken der Beklagten gestellt. Durch die Klagerücknahme habe er auf erlangte Rechtspositionen verzichten müssen. Unter diesen Gegebenheiten sei der Rehabilitationsantrag als Rentenantrag umzudeuten, spätestens ab 03. Juli 2002, dem Tag der Antragstellung auf Umdeutung.
Die Beklagte hat dem Vorbringen des Klägers entgegengehalten, die Klage sei im Erörterungstermin allein wegen der mangelnden Erfolgsaussicht zurückgenommen worden. Aufgrund der medizinischen Aussagen der Sachverständigen sei zu erkennen gewesen, dass die rehabilitativen Möglichkeiten noch nicht ausgeschöpft gewesen seien. Diese Situation habe sich bis jetzt auch nicht geändert. Es werde davon ausgegangen, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers durch eine psychosomatische Heilbehandlung wesentlich gebessert beziehungsweise eine Verschlimmerung verhindert werden könne. Vom Kläger könne daher auch eine Mitarbeit erwartet werden.
Das Sozialgericht hat medizinisch ermittelt (vgl. Befundberichte des den Kläger behandelnden Facharztes für Orthopädie Dr. M vom 18. November 2003 und des Facharztes für Allgemeinmedizin D vom 14. Januar 2004 sowie Mitteilung der Fachärztin für Nervenheilkunde vom 20. November 2003 – wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 25, 27, 28, 30, 31 der Gerichtsakten Bezug genommen) und die Klage mit Gerichtsbescheid vom 08. Juni 2005 abgewiesen. Die Voraussetzungen von § 116 Abs. 2 SGB VI lägen nicht vor.
Der Kläger hat gegen den Gerichtsbescheid am 06. Juli 2005 Berufung eingelegt, die er trotz Aufforderung nicht begründet hat.
Dem Vorbringen des Klägers ist der Antrag zu entnehmen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 08. Juni 2005 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07. Januar 2003 zu ändern und diese zu verpflichten, den Antrag auf Leistungen zur Rehabilitation vom 16. November 2001 in einen Rentenantrag umzudeuten und diesen zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Ausführungen des Sozialgerichts in seinem Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Verwaltungsakten der Beklagten – – sowie die Gerichtsakten des Sozialgerichts Berlin – S 30 RJ 126/03 und S 22 RJ 1902/00 – lagen dem Senat vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte entscheiden, obwohl der Bevollmächtigte des Klägers nicht zum Termin erschienen ist, denn er ist auf diese Möglichkeit in der ihm ordnungsgemäß zugestellten Ladung hingewiesen worden. Eine Verlegung des Termins, wie vom Prozessbevollmächtigten in seinem Schriftsatz vom 20. März 2006 wegen bereits länger bestehender Arbeitsunfähigkeit beantragt, kam nicht in Betracht, weil eine anderweitige Vertretung möglich war (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 110 RdNr. 5 ), denn der Prozessbevollmächtigte des Klägers arbeitet in einer Bürogemeinschaft mit Rechtsanwalt Weißhaupt, der sich für ihn bereits mit Schriftsatz vom 20. März 2006 gemeldet hatte. Im Übrigen wurde die Arbeitsunfähigkeit trotz Aufforderung des Gerichts nicht glaubhaft gemacht (vgl. § 202 Sozialgerichtsgesetz – SGG – in Verbindung mit § 227 Zivilprozessordnung).
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Die Klage ist zulässigerweise erhoben worden, obwohl der Kläger durch die Bewilligung einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme nicht beschwert ist. Die Beklagte hat jedoch im Widerspruchsbescheid vom 07. Januar 2003 darüber hinaus die Umdeutung des am 16. November 2001 gestellten Antrages auf medizinische Rehabilitation abgelehnt. Diese hatte der Kläger am 03. Juli 2002 ausdrücklich beantragt. Das für die Erhebung einer Klage erforderliche Rechtsschutzbedürfnis liegt daher vor.
Das Sozialgericht hat die Klage jedoch zu Recht als unbegründet abgewiesen, weil die Voraussetzungen für eine Umdeutung des Antrages auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in einen Rentenantrag nicht vorliegen.
Die hier allein in Betracht kommende Rechtsgrundlage für die begehrte Umdeutung des Rehabilitationsantrages in einen Rentenantrag ist § 116 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI. Danach gilt der Antrag auf Leistung zur medizinischen Rehabilitation als Antrag auf Rente, wenn der Versicherte vermindert erwerbsfähig ist und ein Erfolg von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht zu erwarten ist.
Zum Zeitpunkt des Erörterungstermins am 16. November 2001 war weder von einer verminderten Erwerbsfähigkeit noch von der Erfolglosigkeit einer medizinischen Rehabilitation auszugehen. Es lagen zwei Gutachten der Beklagten vor. Die Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. G kam in ihrem Gutachten vom 06. März 2000 zu dem Ergebnis, dass der Kläger – zumindest was ihr Sachgebiet betreffe – noch in der Lage sei, vollschichtig leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. Dieses Ergebnis wurde von der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie G in ihrem Gutachten vom 17. April 2000 bestätigt. In ihrer zusammenfassenden Beurteilung führte sie als wesentliche Diagnose eine angstneurotische Störung mit Phobien aus. Bei starkem Leidensbewusstsein erscheine die Prognose für eine Überwindung der Ängste noch eher gut. Leider sei er wegen seiner Ängste zu einem psychosomatischen Heilverfahren nicht in der Lage, so dass er jetzt alle Hoffnung in eine von ihm angestrebte Psychotherapie setze. Zweifellos sei der Kläger vorläufig wegen der Angstsymptomatik arbeitsunfähig. Es sei aber damit zu rechnen, dass er nach Aufnahme einer Psychotherapie in der Lage sei, seine Ängste und Panikzustände zu überwinden, und innerhalb des nächsten dreiviertel Jahres auch seine bisherige Tätigkeit als Briefsortierer wieder aufnehmen könne. Unter diesen Umständen werde empfohlen, den Rentenantrag abzulehnen.
Die vom Sozialgericht sodann eingeholten Befundberichte enthielten unterschiedliche Einschätzungen. Die für die Erkrankung des Klägers fachnächste Ärztin, die Neurologin und Psychiaterin I führte aus, der Kläger könne unter Umständen unter einer länger dauernden Psychotherapie einen Teil seiner Probleme bearbeiten, die zu der Panikstörung geführt hätten. Derzeit sei er nicht arbeitsfähig, da er insbesondere nicht in der Lage sei, ohne Begleitung die Wohnung zu verlassen und in kleineren Räumen beziehungsweise mit mehreren Menschen gemeinsam in einem Raum zu arbeiten.
Aus den genannten medizinischen Einschätzungen ergibt sich zum Zeitpunkt des Erörterungstermins jedenfalls eine Übereinstimmung dahingehend, dass zwar Arbeitsunfähigkeit, nicht jedoch Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit vorlag. Einer Arbeitsaufnahme stand daher aus therapeutischer Sicht eine voraussichtlich in absehbarer Zeit überwindbare Krankheit entgegen. Wenn der Kläger dann im Erörterungstermin im Beisein seines Prozessbevollmächtigten sowie seiner ihn behandelnden Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie I einen Antrag auf medizinische Leistungen zur Rehabilitation stellt, kann daraus nur geschlossen werden, dass auch er diese für sinnvoll und möglich hielt. Von einer zu erwartenden Erfolglosigkeit einer medizinischen Rehabilitation war danach nicht auszugehen.
Diese Situation hat sich bis zum heutigen Zeitpunkt nicht verändert. Die vom Sozialgericht zum hiesigen Verfahren eingeholten Befundberichte belegen lediglich für den orthopädischen Beschwerdekreis eine andauernde Behandlung. Der Orthopäde hält die Einschränkungen des Klägers jedoch nicht für wesentlich. Er hat nicht einmal Arbeitsunfähigkeit attestiert. Wie das Sozialgericht bereits zutreffend in seinem Gerichtsbescheid ausgeführt hat, ist nicht erkennbar, warum eine medizinische Rehabilitation nicht geeignet sein soll, den Kläger wieder mit Erfolg in das Erwerbsleben zurückzuführen.
Der vom Kläger zur Unterstützung seines Anspruchs zitierte Aufsatz (H in DAngVers Mai 1985, Seite 193 ff.) sowie die Entscheidung des BSG (vom 28. August 1991 13/5 RJ 47/90 in SozR 3-2200 § 1247 Nr. 8) gehen erkennbar von einem anderen Sachverhalt aus, nämlich der Situation, dass ein Versicherter einer ihm vom Versicherungsträger nahe gelegten Rehabilitationsmaßnahme nicht zustimmt, also erst gar keinen Antrag stellt. Im vorliegenden Fall hat der Kläger aber einen solchen gestellt. Hieran muss er sich auch festhalten lassen. Die Behauptung, er habe bereits zum Zeitpunkt des Erörterungstermins im November 2001 nicht an einen Erfolg der medizinischen Rehabilitation geglaubt, kann nicht nachvollzogen werden. Der Kläger hat an einer medizinischen Rehabilitation auch noch nach Erlass des bewilligenden Bescheides festgehalten, denn zunächst wurde lediglich im Widerspruchsschreiben vom 25. März 2002 gerügt, dass die orthopädischen Leiden bei der Auswahl der Rehabilitationseinrichtung keine Rolle gespielt hätten. Ausdrücklich wurde sogar die Bereitschaft zur medizinischen Rehabilitation bestätigt. Erst ab Juli 2002 wurde am Rehabilitationsantrag nicht mehr festgehalten und eine Umdeutung geltend gemacht. Wie jedoch bereits oben ausgeführt, ist nicht erkennbar, was sich seit Juli 2002 am Gesundheitszustand des Klägers geändert haben soll.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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