L 17 R 124/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 30 RJ 931/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 17 R 124/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 28. Dezember 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, eine neue Versicherungsnummer mit geändertem Geburtsdatum zu erteilen.

Die Klägerin ist in der Türkei geboren. Ende der sechziger Jahre kam sie nach Deutschland. Eine Versicherungsnummer erhielt sie von der Beklagten am 25. Januar 1989, wobei als Bestandteil der Versicherungsnummer das Geburtsdatum 01. Dezember 1963 aufgenommen wurde. Am 08. Oktober 1998 wurde die Klägerin eingebürgert und erhielt die deutsche Staatsangehörigkeit. Folgende Dokumente der Klägerin lagen dem für die Einbürgerung zuständigen Bezirksamt vor: der türkische Pass ( Ausstellungsdatum nicht erkennbar, angegebenes Geburtsdatum 01. Dezember 1963 ), eine türkische Geburtsurkunde ( ausgestellt vom Standesamt V am 13. August 1987, angegebenes Geburtsdatum 01. Dezember 1963 ), eine türkische Bestätigung der Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit ( ausgestellt vom Personenstandsregister V am 18. Dezember 1998, angegebenes Geburtsdatum 01. Dezember 1963 ). Der am 14. Oktober 1998 ausgestellte deutsche Personalausweis weist ebenfalls das Geburtsdatum 01. Dezember 1963 auf.

Unter Vorlage eines Schuldiploms vom 15. Juni 1977, einer Heiratsurkunde vom 13. August 1987 sowie einer Personenstandsbescheinigung, ausgestellt vom Personenstandsregister V vom 19. Oktober 1987 zur Vorlage bei der Sozialversicherung, in denen als Geburtsdatum jeweils der 01. Januar 1963 angegeben wurde, beantragte die Klägerin am 14. Juli 2003 die Änderung ihres Geburtsdatums auf den 01. Januar 1963, da aus diesen Urkunden hervorgehe, dass sie in Wirklichkeit an diesem Tag geboren worden sei.

Die Beklagte lehnte eine Änderung des Geburtsdatums und die Vergabe einer neuen Versicherungsnummer mit Bescheid vom 11. März 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2004 ab, da die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 33 a Abs. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) nicht vorlägen.

Die am 24. Mai 2004 erhobene Klage, mit der die Klägerin die Änderung des Geburtsdatums weiterverfolgt und zu deren Begründung sie auf die im Verwaltungsverfahren vorgelegten Unterlagen verwiesen hat, hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 28. Dezember 2004 abgewiesen. Nach § 33 a Abs. 2 SGB I in Verbindung mit § 3 der Verordnung über die Versicherungsnummer, die Kontoführung und den Versicherungsverlauf in der gesetzlichen Rentenversicherung – Versicherungskontoführungs- und Versicherungsverlaufsverordnung (VKVV vom 30. März 2001 Bundesgesetzblatt I, Seite 475) stehe der Klägerin die Neuvergabe einer Versicherungsnummer unter Berücksichtigung des Geburtsdatums 01. Januar 1963 nicht zu, denn es sei nicht ersichtlich, dass das bisherige Geburtsdatum nicht zutreffend sei. Zwar lägen Urkunden vor, die vor der Erteilung der Versicherungsnummer (1989) ausgestellt worden seien und das Geburtsdatum 01. Januar 1963 auswiesen. Es lägen jedoch ebenso Urkunden über das Geburtsdatum 01. Dezember 1963 vor. Aus den divergierenden Urkunden ergäbe sich jedenfalls nicht, dass das von der Beklagten zugrunde gelegte Geburtsdatum unzutreffend sei. Nach Sinn und Zweck des § 33 a SGB I könne eine Änderung nur bei zweifelsfreier Fehlerhaftigkeit der ursprünglichen Angaben erfolgen.

Gegen den am 07. Januar 2005 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 03. Februar 2005 eingelegte Berufung. Zur weiteren Begründung legt die Klägerin eine Mitgliedsbescheinigung der BKK Rheinland vom 13. April 2005 vor. Hierin bestätigt die Krankenkasse gegenüber dem Vater der Klägerin eine Mitgliedschaft für die Zeit vom 27. Oktober 1969 bis 31. Juli 1972 sowie vom 13. März 1973 bis 20. April 1976; während dieser Zeit sei auch" C A, geboren 1963, mitversichert gewesen. Hier sei sie zwar mit dem Geburtsdatum 15. Januar 1963 erfasst, richtig wäre der 01. Januar 1963. Auf jeden Fall gehe jedoch daraus hervor, dass das Datum 01. Dezember 1963 falsch sei. Darüber hinaus legt sie einen Auszug aus dem Personenstandsregister V vom 07. Juni 2004 vor. Hierin wird für die Klägerin das Geburtsdatum 01. Januar 1963 ausgewiesen.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 28. Dezember 2004 sowie den Bescheid vom 11. März 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine neue Versicherungsnummer unter Berücksichtigung eines Geburtsdatums am 1. Januar 1963 zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, die vorgelegte Mitgliedsbescheinigung sei als Nachweismittel ungeeignet. Auch aus dem vorgelegten Auszug des Personenstandsregisters ergäben sich keine neuen Erkenntnisse.

Die Gerichtsakten des Sozialgerichts Berlin – S 30 RJ 931/04 – sowie die Verwaltungsakten der Beklagten – 25 011263 A 512- haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin hat, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte eine neue Versicherungsnummer erteilt, welche das Geburtsdatum 01. Januar 1963 enthält. Denn aus den vorliegenden Urkunden ergibt sich nicht mit der für eine Änderung erforderlichen hohen Beweiskraft das von ihr geltend gemachte Geburtsdatum.

Der Anspruch auf Neuvergabe einer Versicherungsnummer richtet sich nach §§ 147, 152 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in Verbindung mit der VKVV. Entsprechend der gesetzlichen Ermächtigung ergibt sich dabei aus § 3 Abs. 1 VKVV das Nähere für die Vergabe einer neuen Versicherungsnummer wegen Unrichtigkeit beziehungsweise Unvollständigkeit des in der bisherigen Versicherungsnummer eingetragenen Geburtsdatums. Danach wird eine Versicherungsnummer nur einmal vergeben und grundsätzlich nicht berichtigt (§ 3 Abs. 1 Satz 1 VKVV). Nur Versicherungsnummern, die aufgrund einer nach § 33 a SGB I zu berücksichtigenden Änderung des Geburtsdatums fehlerhaft geworden sind, werden gesperrt (§ 3 Abs. 1 Satz 2 VKVV). Die Versicherten erhalten dann eine neue Versicherungsnummer (§ 3 Abs. 1 Satz 3 VKVV). Gemäß § 33 a Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 SGB I ist für Geburtsdaten, die Bestandteil der Versicherungsnummer sind, das Geburtsdatum maßgebend, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten oder Verpflichteten oder seiner Angehörigen gegenüber dem Sozialversicherungsträger oder, soweit es sich um eine Angabe im Rahmen des Dritten oder Sechsten Abschnitts des Vierten Buches handelt, gegenüber dem Arbeitgeber ergibt.

Danach ist im Falle der Klägerin der 01. Dezember 1963, den sie zuerst gegenüber der Beklagten am 25. Januar 1989 angegeben hat, grundsätzlich das maßgebende Geburtsdatum. Dass die Klägerin dieses Datum zuerst gegenüber der Beklagten angegeben hat, bestreitet sie nicht. Die Voraussetzungen für eine Abweichung von diesem Geburtsdatum liegen nicht vor. Eine Änderung ist nach § 33 a Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 SGB I nur möglich, wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, dass (1.) ein Schreibfehler vorliegt oder (2.) sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der Angabe ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt.

Es "ergibt" sich aus der Urkunde, wenn die durch die Urkunde bewiesenen Tatsachen zur vollen Überzeugung des Gerichts auf ein abweichendes Geburtsdatum im Sinne des § 33 a Abs. 2 SGB I schließen lassen (Bundessozialgericht – BSG – vom 28. April 2004 – B 5 RJ 33/03 R –in SGb 2004, 697).

Dass das Geburtsdatum 01. Dezember 1963 auf einem Schreibfehler beruht, wird weder vorgetragen, noch ist es sonst ersichtlich. Die Klägerin konnte jedoch auch keine Urkunde beibringen, die zur Überzeugung des Senats ein anderes Geburtsdatum als den 01. Dezember 1963 ergibt. Wie das Sozialgericht bereits zutreffend für die bis zum Erlass des Gerichtsbescheides vorgelegten Urkunden ausgeführt hat, ist bei einer Gesamtwürdigung der vorhandenen Urkunden das Geburtsdatum des 01. Dezember 1963 nicht widerlegt worden. Insbesondere kommt dem vorgelegten Schuldiplom vom 15. Juni 1977, der Heiratsurkunde vom 13. August 1987 sowie der Personenstandsbescheinigung vom 19. Oktober 1987 kein höherer Beweiswert zu als den im Rahmen des Einbürgerungsverfahrens vorgelegten Urkunden. Das folgt schon daraus, dass allein das Standesamt/Personenstandsamt/Register Vunterschiedliche Geburtsdaten angibt, ohne dass deutlich wird, warum sie unterschiedlich angegeben werden. So weist die Geburtsurkunde vom 13. August 1987 den 01. Dezember 1963 aus, die Personenstandsbescheinigung vom 19. Oktober 1987 den 01. Januar 1963. Der am 18. Dezember 1998 ausgestellte Nachweis über das Verlassen der türkischen Staatsbürgerschaft weist den 01. Dezember 1963 als Geburtsdatum auf, der am 07. Juni 2004 erstellte Auszug des Personenstandregisters wiederum den 01. Januar 1963.

Eine andere Betrachtung ergibt sich auch nicht aus den von der Klägerin im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen. Sowohl die Mitgliedsbescheinigung der BKK Rheinland vom 13. April 2004 als auch die Bescheinigung des Personenstandsamtes V vom 07. Juni 2004 sind schon deshalb keine geeigneten Beweismittel, weil sie nicht im Sinne des § 33 Abs. 1 Nr. 2 SGB I vor dem 25. Januar 1989 ausgestellt wurden. Selbst wenn man jedoch ihre Eignung unterstellte, kommt der Mitgliedsbescheinigung keinerlei Beweiswert zu. Denn es wird für die Klägerin hier das Geburtsdatum 15. Januar 1963 genannt. Warum das beweisen soll, dass das Geburtsdatum 01. Januar 1963 richtig sei, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Hinsichtlich der Bescheinigung des Personenstandsamtes V vom 07. Juni 2004 kann nur auf die oben gemachten Ausführungen verwiesen werden, deren Widersprüchlichkeit bereits dargelegt worden ist.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved