Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 30 RJ 1228/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 17 RJ 43/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 15. Juli 2004 wird zurückgewiesen.
Tatbestand:
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe:
Die Beteiligten streiten über eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 1952 geborene Kläger verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung. Nach seinen Angaben wurde er von August 1992 bis April 1993 betrieblich zum Baumaschinenführer angelernt. Zuletzt war er von 1995 bis Dezember 1999 als Baufachwerker und danach vom 11. bis 15. September 2000 als Baumaschinist tätig. Nach Kranken- und Arbeitslosengeldbezug nahm der Kläger vom 21. Mai bis 11. Juni 2002 an einer von der Beklagten bewilligten Rehabilitationsmaßnahme teil, aus der er arbeitsfähig entlassen wurde. Im Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik Lvom 18. Juni 2002 werden folgende Diagnosen genannt:
Halswirbelsäulen-, Schulter – Arm – Syndrom beidseits bei degenerativen Veränderung mit Neuroforameneinengung C6/7 beidseits (fragliches C8 – Syndrom links),
Lendenwirbelsäulensyndrom, Wirbelsäulenfehlstatik,
tablettenpflichtiger Diabetes mellitus,
medikamentös behandelter Hypertonus.
Zur Leistungsbeurteilung wurde von dieser Stelle ausgeführt, als Bauwerker könne der Kläger nur noch weniger als drei Stunden täglich tätig sein. Leichte bis mittelschwere Arbeiten in allen Haltungsarten könnten jedoch noch im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausgeübt werden. Zu vermeiden seien Zwangshaltungen, Überkopftätigkeiten sowie Leiter- und Gerüstarbeiten. Gefährdung trete durch Kälte, Nässe und besonderen Zeitdruck ein. Arbeiten in Nachtschicht solle der Kläger nicht mehr verrichten.
Im Januar 2003 stellte der Kläger einen Rentenantrag und machte zu dessen Begründung geltend, er halte sich seit dem 03. Dezember 1999 wegen totaler Abnutzung der Wirbelsäule, Bluthochdruck und Zucker für erwerbsgemindert. Die Beklagte stellte fest, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die beantragte Rentenart bezogen auf den Zeitpunkt der Antragstellung vorliegen, zog die im Zusammenhang mit dem Rehabilitationsverfahren erstellten ärztlichen Unterlagen (u. a. Gutachten von der Ärztin für Innere Medizin Dr. W vom 28. Februar 2002, die die Erwerbsfähigkeit des Klägers als erheblich gefährdet oder gemindert eingeschätzt hatte) bei und holte eine prüfärztliche Stellungnahme von dem Arzt für Innere Medizin Dr. F vom 05. Juli 2002 ein, der sich der im Rehabilitationsentlassungsbericht genannten Einschätzung des Leistungsvermögens des Klägers anschloss.
Mit Bescheid vom 06. Februar 2003 und Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 2003 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Nach dem Rehabilitationsentlassungsbericht und den sonstigen in jenem Verfahren erstellten ärztlichen Unterlagen könne der Kläger noch leichte Arbeiten mit weiteren Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Da ihm nach seinem beruflichen Werdegang alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsfeldes zumutbar seien, liege weder Berufsunfähigkeit noch teilweise oder volle Erwerbsminderung vor.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 17. Juli 2003 Klage erhoben und geltend gemacht, er sei mindestens teilweise erwerbsgemindert bzw. berufsunfähig, da er aufgrund von körperlichen Leiden nicht mehr sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne. Zudem habe er psychisch bedingte Schlafstörungen, die zu erhöhtem Alkoholkonsum führten, und es bestehe eine reaktive Depression mit Rückzugstendenzen, die durch die lange Arbeitslosigkeit und die mit den Leiden verbundenen Schmerzen bedingt sei.
Das Sozialgericht hat Befundberichte von der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. B vom 15. Oktober 2003, vom Arzt für Allgemeinmedizin und Chirotherapie Dr. K vom 27. Oktober 2003 und vom Arzt für Neurologie und Psychiatrie Wgeben in ihren Befundberichten an, der Kläger sei noch in der Lage, leichte körperliche und geistig einfache Arbeiten vollschichtig zu verrichten. Dr. K beantwortete die Frage zum Leistungsvermögen nicht.
Mit Gerichtsbescheid vom 15. Juli 2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung der Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger könne aufgrund seines beruflichen Werdegangs keinen Berufsschutz beanspruchen und sei damit grundsätzlich auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Dafür sei noch ein ausreichendes Leistungsvermögen vorhanden. Dies ergebe sich aus dem Rehabilitationsentlassungsbericht und den vom Gericht eingeholten Befundberichten der behandelnden Ärzte. Von Dr. Bund dem Arzt W sei ausdrücklich ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche und einfache geistige Arbeiten bejaht worden und Dr. K habe die Behauptung des Klägers, nicht mehr zumindest sechs Stunden täglich erwerbsfähig zu sein, jedenfalls nicht bestätigt.
Gegen den ihm am 28. Juli 2004 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich der Kläger mit der am 24. August 2004 eingelegten Berufung. Zu deren Begründung macht er geltend, das Sozialgericht hätte sich in Ansehung seiner Beschwerden gedrängt fühlen müssen, ein orthopädisches und ein neurologisches Fachgutachten von Amts wegen in Auftrag zu geben. Das Versorgungsamt habe 2003 einen Grad der Behinderung von 30 erkannt. Zudem seien bei ihm bereits 2001 Taubheit und Muskelkrämpfe der linken Hand ärztlich festgestellt worden. Infolge Alkoholmissbrauchs sei es auch zu einer Wesensveränderung mit Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit gekommen. Seiner Auffassung nach könne er aufgrund der körperlichen Leiden und der hinzugetretenen Sensibilitätsstörungen in den Armen keine Arbeiten von wirtschaftlichem Wert mehr verrichten. Zudem müsse beachtet werden, dass er in seinem bisherigen Berufsleben als "Arbeiter der groben Hand" tätig gewesen sei, sich im vorgerückten Alter befinde und nicht mehr über die erforderliche Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten wie beispielsweise Pförtner oder Telefonist verfüge.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 15. Juli 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 06. Februar 2003 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 10. Juli 2003 aufzuheben und diese zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung seit Januar 2003 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz – SGG – hat der Senat ein Gutachten vom Facharzt für Orthopädie Dr. R eingeholt. In seinem Gutachten vom 23. Juni 2005 hat der Sachverständige angegeben, der Kläger leide auf orthopädischem Fachgebiet an einem Halswirbelsäulensyndrom bei degenerativen Veränderungen mit sensiblen Nervenwurzelreizerscheinungen sowie einem Brust- und Lendenwirbelsäulensyndrom bei Fehlstatik und degenerativen Veränderungen. Zum Leistungsvermögen hat er ausgeführt, der Kläger könne noch täglich regelmäßig leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Einfluss von Kälte, Feuchtigkeit und Zugluft im Gehen, Stehen oder Sitzen verrichten. Eine einseitige Belastung der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule müsse vermieden werden. Arbeiten unter Zeitdruck, in Wechsel- und Nachtschicht sowie im festgelegten Arbeitsrhythmus und auch an laufenden Maschinen seien möglich. Das Heben und Tragen von Lasten müsse auf 5 bis gelegentlich 10 kg beschränkt werden. Wegen der vom Kläger angegebenen Verkrampfungen der Hände sei das Arbeiten auf Leitern und Gerüsten nicht mehr möglich. Gleiches gelte für Tätigkeiten, welche eine besondere Fingergeschicklichkeit verlangten. Die auf orthopädischem Gebiet festgestellten Leiden beschränkten den Kläger nicht in der Ausübung geistiger Arbeiten. Besonderheiten für den Weg zur Arbeitsstelle seien nicht zu berücksichtigen. Das Leistungsvermögen reiche noch für die volle übliche Arbeitszeit von mindestens 6 Stunden täglich aus und es seien auch keine zusätzlichen Arbeitspausen erforderlich. Zur Feststellung des Leistungsvermögens werde ein weiteres Gutachten nicht benötigt.
Die Akten des Sozialgerichts Berlin zum Aktenzeichen S 30 RJ 1228/03 sowie die den Kläger betreffenden Renten- und Rehabilitationsakten der Beklagten haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Eine Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 Sozialgesetzbuch 6. Buch (SGB VI) in der seit dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung erhalten Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie die allgemeine Wartezeit erfüllt und in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben sowie voll oder teilweise erwerbsgemindert sind. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Volle Erwerbsminderung liegt vor, wenn Versicherte unter den genannten Bedingungen nicht mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein können (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Nach den Feststellungen der Beklagten liegen zwar die allgemeinen und die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die beantragte Rentenart vor. Der Kläger ist aber nicht erwerbsgemindert, da ihm eine zumutbare Erwerbstätigkeit im Umfang von täglich mindestens sechs Stunden trotz seiner Erkrankungen noch möglich ist.
Dieses Leistungsvermögen kann bereits den im Verwaltungsverfahren und vom Sozialgericht eingeholten medizinischen Unterlagen entnommen werden. Aus der Rehabilitation war der Kläger arbeitsfähig mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Arbeiten entlassen worden. Die übrigen im Entlassungsbericht genannten qualitativen Einschränkungen sind nicht so schwerwiegend, dass sie Zweifel an der Einsatzfähigkeit unter betriebsüblichen Bedingungen rechtfertigen könnten. Zwangshaltungen fallen bei körperlich leichten Arbeiten in der Regel nicht an. Das Gleiche gilt für Überkopftätigkeiten und Leiter- und Gerüstarbeiten. Der Ausschluss von Arbeiten in Nachtschicht und unter besonderem Zeitdruck sowie solchen mit belastenden Witterungseinflüssen (Kälte und Nässe) stellt nicht die Erwerbsfähigkeit grundsätzlich in Frage, sondern wirkt sich nur auf Tätigkeiten aus, die in den genannten Bereichen besondere Anforderungen stellen. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen liegt jedenfalls nicht vor, denn mit dem verbliebenen Leistungsvermögen ist der Kläger grundsätzlich noch in der Lage, Tätigkeiten zu verrichten, die ein Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Kleben, Sortieren oder Verpacken kleiner Teile zum Gegenstand haben, soweit die Anforderungen nicht über körperlich leichte Arbeiten hinausgehen (vgl. Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts – BSG – vom 19. Dezember 1996 SozR 3 – 2600 § 44 Nr. 8).
Auch die ihn behandelnden Ärzte haben nicht die Einschätzung des Klägers, er könne keine Arbeiten von wirtschaftlichem Wert mehr verrichten, bestätigt. Bereits vom Sozialgericht ist zutreffend darauf hingewiesen worden, dass sowohl die behandelnde Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. B als auch der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie W ausdrücklich angegeben haben, der Kläger sei noch in der Lage, zumindest leichte körperliche und einfache geistige Arbeiten vollschichtig, d. h. im Umfang von acht Stunden täglich, zu verrichten. Auch vom Facharzt für Allgemeinmedizin und Chirotherapie Dr. K ist nicht angegeben worden, der Kläger sei nicht mehr leistungsfähig. Er hat die Frage zum Leistungsvermögen lediglich nicht beantwortet. Es kann im Ergebnis offen bleiben, warum er dazu keine Angaben gemacht hat, denn der Senat sieht das Leistungsvermögen des Klägers aus allgemeinmedizinischer Sicht durch die Angaben von Dr. B, dem die von Dr. Kzuletzt erhobenen Befunde bekannt waren (vgl. den dem Befundbericht von Dr. B beigefügten Kurzbefund von Dr. K vom 29. August 2003) als hinreichend geklärt an.
Zur Durchführung weiterer Ermittlungen von Amts wegen sah sich der Senat bei dieser Sachlage nicht gedrängt. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens von Amts wegen war nicht erforderlich, da sich bereits aus den vorhandenen medizinischen Unterlagen ergab, dass das Leistungsvermögen des Klägers nicht in dem für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente erforderlichen Maße herabgesunken ist. Ermittlungen im Hinblick auf die in § 103 SGG normierte Untersuchungsmaxime, die besagt, dass im sozialgerichtlichen Verfahren der Sachverhalt von den Gerichten von Amts wegen zu erforschen ist, sind nur dann erforderlich, wenn die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen noch ungeklärt sind. Welcher Mittel sich das Gericht zur Sachaufklärung bedient, ist grundsätzlich in sein Ermessen gestellt. Ist das Leistungsvermögen eines Versicherten streitig, wird es zwar in der Regel geboten sein, einen medizinischen Sachverständigen mit der Erstellung eines Fachgutachtens zu beauftragen. Ein solches Gutachten ist jedoch nicht in jedem Fall erforderlich. Es kann unterbleiben, wenn die Beweisfrage auch durch sonstige Beweismittel bereits erschöpfend geklärt werden konnte. So verhielt es sich hier. Die Feststellungen zum Leistungsvermögen des Klägers im Rehabilitationsentlassungsbericht sind von den behandelnden Ärzten im Ergebnis ausdrücklich bestätigt worden oder ihnen wurde jedenfalls nicht widersprochen. Es hat auch nicht lediglich eine Sachverhaltsaufklärung in Teilbereichen stattgefunden. Soweit ersichtlich, sind alle behandelnden Ärzte des Klägers durch Einholung von Befundberichten befragt worden. Bei dieser Sachlage war nicht allein deshalb ein Sachverständigengutachten von Amts wegen einzuholen, weil der Kläger sein Leistungsvermögen abweichend von den benannten Stellen einschätzt, denn die subjektive Einschätzung hat gegenüber einer fachärztlichen Beurteilung regelmäßig einen weit geringeren Beweiswert. Dies gilt schon deshalb, weil die Ärzte der Rehabilitationsklinik besonders kompetent zur Beantwortung der Beweisfrage sind. Sie kennen den Kläger nicht lediglich aus einer einmaligen Untersuchungssituation, sondern hatten aufgrund mehrwöchiger stationärer Behandlung Gelegenheit, sich ein umfassendes und von Tagesschwankungen unabhängiges Bild vom Leistungsvermögen zu machen.
Auch die übrigen Einwendungen des Klägers vermögen nicht zu überzeugen. Der in der Berufungsbegründung genannte Alkoholmissbrauch mit Wesensänderung ist vom behandelnden Facharzt für Neurologie und Psychiatrie W ebenso wie die beginnenden polyneuropathischen Beschwerden im Befundbericht vom 06. März 2004 benannt und in der Auswirkung auf das Leistungsvermögen gewürdigt worden. Anhaltspunkte dafür, dass diese fachkompetente Einschätzung unrichtig sein könnte, liegen nicht vor. Im Bescheid des Versorgungsamtes werden keine zusätzlichen Diagnosen benannt. Der nicht das Maß einer Schwerbehinderung erreichende Grad der Behinderung lässt zudem keine Rückschlüsse auf die Erwerbsfähigkeit des Klägers zu, da die Feststellungen im Schwerbehindertenverfahren nach anderen Grundsätzen als im Rentenverfahren erfolgen.
Ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis sogar mittelschwere Arbeiten hat auch die auf Antrag des Klägers erfolgte Begutachtung durch den Facharzt für Orthopädie Dr. R ergeben. Nach dessen Angaben bestehen zwar gewisse – im Tatbestand bereits näher beschriebene – qualitative, aber keine quantitativen Leistungseinschränkungen aufgrund der Erkrankungen des Klägers. Psychische Auffälligkeiten konnte der Arzt bei seiner Untersuchung nicht feststellen und von ihm wurde auch nicht die Notwendigkeit zur Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens gesehen. Damit ist durch dieses Gutachten das nach Aktenlage bestehende Leistungsvermögen bestätigt worden.
Dem Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren, aufgrund seiner bisherigen Tätigkeit und seines vorgerückten Alters fehle ihm die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit für leidensgerechte Tätigkeiten, vermochte der Senat nicht zu folgen. Es ist zwar zutreffend, dass der Kläger in seinem Berufsleben ausschließlich körperliche Arbeiten geleistet hat und deshalb beispielsweise für eine Bürotätigkeit wenig geeignet erscheint. Wie aus dem Entlassungsbericht ersichtlich ist, hatte der Kläger aber während der Rehabilitation selbst angegeben, eine Tätigkeit im Haushandwerkerbereich – leichte Arbeiten im Umfang von sechs Stunden täglich – traue er sich zu. Die vom Kläger geäußerten Bedenken hinsichtlich Umschulungsmaßnahmen oder Tätigkeiten, die mathematische Fähigkeiten oder größere Anforderungen an die Rechtschreibung sowie Computerkenntnisse voraussetzen, sind aufgrund seiner Ausbildung und seines bisherigen Berufslebens durchaus verständlich, jedoch hinsichtlich einer Tätigkeit als Haushandwerker oder in Bezug auf die bereits benannten geistig einfachen und körperlich leichten Sortier- oder Verpackungstätigkeiten nicht begründet. Diese Tätigkeiten stellen solche Anforderungen nicht.
Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass sich insbesondere die psychischen Beschwerden des Klägers seit der Rehabilitationsmaßnahme bedeutsam verschlechtert haben. Der behandelnde Facharzt W hatte noch im März 2004 keine gravierenden kognitiven Störungen feststellen können. Soweit er den Kläger als etwas unkonzentriert, im Denken leicht verarmt und im Antrieb matt schildert, steht dies auch nach Einschätzung dieses Arztes der Ausübung einfacher geistiger Tätigkeiten nicht entgegen. Eine seither eingetretene Leidensverschlechterung ist nicht ersichtlich und vom Kläger zudem nicht geltend gemacht worden. Sie ergibt sich auch nicht aus dem Gutachten von Dr. R.
Da der Kläger zumutbare Tätigkeiten noch vollschichtig verrichten kann, liegen auch die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI nicht vor. Der Kläger ist nicht berufsunfähig. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelischen gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als 6 Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufsfähigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Der Kläger kann keinen Berufsschutz für sich in Anspruch nehmen, denn er verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung und hat allenfalls – kurzeitig – angelernte Tätigkeiten ausgeübt. Er gehört nicht zu den so genannten Angelernten des oberen Bereichs. Diese Gruppe umfasst nach dem vom Bundessozialgericht – BSG – entwickelten Mehrstufenschema Tätigkeiten, mit einer regelmäßigen – auch betrieblichen – Ausbildung bzw. Anlernzeit von über 12 bis zu 24 Monaten. In diesem zeitlichen Umfang ist der Kläger nicht angelernt worden. Gegen eine entsprechende Qualifikation spricht auch seine letzte langjährige Tätigkeit als Baufachwerker, die nach dem Bundesrahmentarifvertrag für die Berufe des Baugewerbes der Berufsgruppe VI zuzuordnen ist. Erst für die zwei Berufsgruppen darüber, d. h. in der Gruppe IV eingestufte Tätigkeit eines gehobenen Baufacharbeiters hat das BSG eine Zuordnung zur Stufe der Angelernten des oberen Bereichs als möglich angesehen (vgl. BSG Urteil vom 19. März 1997, Az.: 5 RJ 18/96).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe:
Die Beteiligten streiten über eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 1952 geborene Kläger verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung. Nach seinen Angaben wurde er von August 1992 bis April 1993 betrieblich zum Baumaschinenführer angelernt. Zuletzt war er von 1995 bis Dezember 1999 als Baufachwerker und danach vom 11. bis 15. September 2000 als Baumaschinist tätig. Nach Kranken- und Arbeitslosengeldbezug nahm der Kläger vom 21. Mai bis 11. Juni 2002 an einer von der Beklagten bewilligten Rehabilitationsmaßnahme teil, aus der er arbeitsfähig entlassen wurde. Im Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik Lvom 18. Juni 2002 werden folgende Diagnosen genannt:
Halswirbelsäulen-, Schulter – Arm – Syndrom beidseits bei degenerativen Veränderung mit Neuroforameneinengung C6/7 beidseits (fragliches C8 – Syndrom links),
Lendenwirbelsäulensyndrom, Wirbelsäulenfehlstatik,
tablettenpflichtiger Diabetes mellitus,
medikamentös behandelter Hypertonus.
Zur Leistungsbeurteilung wurde von dieser Stelle ausgeführt, als Bauwerker könne der Kläger nur noch weniger als drei Stunden täglich tätig sein. Leichte bis mittelschwere Arbeiten in allen Haltungsarten könnten jedoch noch im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausgeübt werden. Zu vermeiden seien Zwangshaltungen, Überkopftätigkeiten sowie Leiter- und Gerüstarbeiten. Gefährdung trete durch Kälte, Nässe und besonderen Zeitdruck ein. Arbeiten in Nachtschicht solle der Kläger nicht mehr verrichten.
Im Januar 2003 stellte der Kläger einen Rentenantrag und machte zu dessen Begründung geltend, er halte sich seit dem 03. Dezember 1999 wegen totaler Abnutzung der Wirbelsäule, Bluthochdruck und Zucker für erwerbsgemindert. Die Beklagte stellte fest, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die beantragte Rentenart bezogen auf den Zeitpunkt der Antragstellung vorliegen, zog die im Zusammenhang mit dem Rehabilitationsverfahren erstellten ärztlichen Unterlagen (u. a. Gutachten von der Ärztin für Innere Medizin Dr. W vom 28. Februar 2002, die die Erwerbsfähigkeit des Klägers als erheblich gefährdet oder gemindert eingeschätzt hatte) bei und holte eine prüfärztliche Stellungnahme von dem Arzt für Innere Medizin Dr. F vom 05. Juli 2002 ein, der sich der im Rehabilitationsentlassungsbericht genannten Einschätzung des Leistungsvermögens des Klägers anschloss.
Mit Bescheid vom 06. Februar 2003 und Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 2003 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Nach dem Rehabilitationsentlassungsbericht und den sonstigen in jenem Verfahren erstellten ärztlichen Unterlagen könne der Kläger noch leichte Arbeiten mit weiteren Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Da ihm nach seinem beruflichen Werdegang alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsfeldes zumutbar seien, liege weder Berufsunfähigkeit noch teilweise oder volle Erwerbsminderung vor.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 17. Juli 2003 Klage erhoben und geltend gemacht, er sei mindestens teilweise erwerbsgemindert bzw. berufsunfähig, da er aufgrund von körperlichen Leiden nicht mehr sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne. Zudem habe er psychisch bedingte Schlafstörungen, die zu erhöhtem Alkoholkonsum führten, und es bestehe eine reaktive Depression mit Rückzugstendenzen, die durch die lange Arbeitslosigkeit und die mit den Leiden verbundenen Schmerzen bedingt sei.
Das Sozialgericht hat Befundberichte von der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. B vom 15. Oktober 2003, vom Arzt für Allgemeinmedizin und Chirotherapie Dr. K vom 27. Oktober 2003 und vom Arzt für Neurologie und Psychiatrie Wgeben in ihren Befundberichten an, der Kläger sei noch in der Lage, leichte körperliche und geistig einfache Arbeiten vollschichtig zu verrichten. Dr. K beantwortete die Frage zum Leistungsvermögen nicht.
Mit Gerichtsbescheid vom 15. Juli 2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung der Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger könne aufgrund seines beruflichen Werdegangs keinen Berufsschutz beanspruchen und sei damit grundsätzlich auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Dafür sei noch ein ausreichendes Leistungsvermögen vorhanden. Dies ergebe sich aus dem Rehabilitationsentlassungsbericht und den vom Gericht eingeholten Befundberichten der behandelnden Ärzte. Von Dr. Bund dem Arzt W sei ausdrücklich ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche und einfache geistige Arbeiten bejaht worden und Dr. K habe die Behauptung des Klägers, nicht mehr zumindest sechs Stunden täglich erwerbsfähig zu sein, jedenfalls nicht bestätigt.
Gegen den ihm am 28. Juli 2004 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich der Kläger mit der am 24. August 2004 eingelegten Berufung. Zu deren Begründung macht er geltend, das Sozialgericht hätte sich in Ansehung seiner Beschwerden gedrängt fühlen müssen, ein orthopädisches und ein neurologisches Fachgutachten von Amts wegen in Auftrag zu geben. Das Versorgungsamt habe 2003 einen Grad der Behinderung von 30 erkannt. Zudem seien bei ihm bereits 2001 Taubheit und Muskelkrämpfe der linken Hand ärztlich festgestellt worden. Infolge Alkoholmissbrauchs sei es auch zu einer Wesensveränderung mit Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit gekommen. Seiner Auffassung nach könne er aufgrund der körperlichen Leiden und der hinzugetretenen Sensibilitätsstörungen in den Armen keine Arbeiten von wirtschaftlichem Wert mehr verrichten. Zudem müsse beachtet werden, dass er in seinem bisherigen Berufsleben als "Arbeiter der groben Hand" tätig gewesen sei, sich im vorgerückten Alter befinde und nicht mehr über die erforderliche Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten wie beispielsweise Pförtner oder Telefonist verfüge.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 15. Juli 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 06. Februar 2003 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 10. Juli 2003 aufzuheben und diese zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung seit Januar 2003 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz – SGG – hat der Senat ein Gutachten vom Facharzt für Orthopädie Dr. R eingeholt. In seinem Gutachten vom 23. Juni 2005 hat der Sachverständige angegeben, der Kläger leide auf orthopädischem Fachgebiet an einem Halswirbelsäulensyndrom bei degenerativen Veränderungen mit sensiblen Nervenwurzelreizerscheinungen sowie einem Brust- und Lendenwirbelsäulensyndrom bei Fehlstatik und degenerativen Veränderungen. Zum Leistungsvermögen hat er ausgeführt, der Kläger könne noch täglich regelmäßig leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Einfluss von Kälte, Feuchtigkeit und Zugluft im Gehen, Stehen oder Sitzen verrichten. Eine einseitige Belastung der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule müsse vermieden werden. Arbeiten unter Zeitdruck, in Wechsel- und Nachtschicht sowie im festgelegten Arbeitsrhythmus und auch an laufenden Maschinen seien möglich. Das Heben und Tragen von Lasten müsse auf 5 bis gelegentlich 10 kg beschränkt werden. Wegen der vom Kläger angegebenen Verkrampfungen der Hände sei das Arbeiten auf Leitern und Gerüsten nicht mehr möglich. Gleiches gelte für Tätigkeiten, welche eine besondere Fingergeschicklichkeit verlangten. Die auf orthopädischem Gebiet festgestellten Leiden beschränkten den Kläger nicht in der Ausübung geistiger Arbeiten. Besonderheiten für den Weg zur Arbeitsstelle seien nicht zu berücksichtigen. Das Leistungsvermögen reiche noch für die volle übliche Arbeitszeit von mindestens 6 Stunden täglich aus und es seien auch keine zusätzlichen Arbeitspausen erforderlich. Zur Feststellung des Leistungsvermögens werde ein weiteres Gutachten nicht benötigt.
Die Akten des Sozialgerichts Berlin zum Aktenzeichen S 30 RJ 1228/03 sowie die den Kläger betreffenden Renten- und Rehabilitationsakten der Beklagten haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Eine Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 Sozialgesetzbuch 6. Buch (SGB VI) in der seit dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung erhalten Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie die allgemeine Wartezeit erfüllt und in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben sowie voll oder teilweise erwerbsgemindert sind. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Volle Erwerbsminderung liegt vor, wenn Versicherte unter den genannten Bedingungen nicht mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein können (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Nach den Feststellungen der Beklagten liegen zwar die allgemeinen und die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die beantragte Rentenart vor. Der Kläger ist aber nicht erwerbsgemindert, da ihm eine zumutbare Erwerbstätigkeit im Umfang von täglich mindestens sechs Stunden trotz seiner Erkrankungen noch möglich ist.
Dieses Leistungsvermögen kann bereits den im Verwaltungsverfahren und vom Sozialgericht eingeholten medizinischen Unterlagen entnommen werden. Aus der Rehabilitation war der Kläger arbeitsfähig mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Arbeiten entlassen worden. Die übrigen im Entlassungsbericht genannten qualitativen Einschränkungen sind nicht so schwerwiegend, dass sie Zweifel an der Einsatzfähigkeit unter betriebsüblichen Bedingungen rechtfertigen könnten. Zwangshaltungen fallen bei körperlich leichten Arbeiten in der Regel nicht an. Das Gleiche gilt für Überkopftätigkeiten und Leiter- und Gerüstarbeiten. Der Ausschluss von Arbeiten in Nachtschicht und unter besonderem Zeitdruck sowie solchen mit belastenden Witterungseinflüssen (Kälte und Nässe) stellt nicht die Erwerbsfähigkeit grundsätzlich in Frage, sondern wirkt sich nur auf Tätigkeiten aus, die in den genannten Bereichen besondere Anforderungen stellen. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen liegt jedenfalls nicht vor, denn mit dem verbliebenen Leistungsvermögen ist der Kläger grundsätzlich noch in der Lage, Tätigkeiten zu verrichten, die ein Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Kleben, Sortieren oder Verpacken kleiner Teile zum Gegenstand haben, soweit die Anforderungen nicht über körperlich leichte Arbeiten hinausgehen (vgl. Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts – BSG – vom 19. Dezember 1996 SozR 3 – 2600 § 44 Nr. 8).
Auch die ihn behandelnden Ärzte haben nicht die Einschätzung des Klägers, er könne keine Arbeiten von wirtschaftlichem Wert mehr verrichten, bestätigt. Bereits vom Sozialgericht ist zutreffend darauf hingewiesen worden, dass sowohl die behandelnde Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. B als auch der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie W ausdrücklich angegeben haben, der Kläger sei noch in der Lage, zumindest leichte körperliche und einfache geistige Arbeiten vollschichtig, d. h. im Umfang von acht Stunden täglich, zu verrichten. Auch vom Facharzt für Allgemeinmedizin und Chirotherapie Dr. K ist nicht angegeben worden, der Kläger sei nicht mehr leistungsfähig. Er hat die Frage zum Leistungsvermögen lediglich nicht beantwortet. Es kann im Ergebnis offen bleiben, warum er dazu keine Angaben gemacht hat, denn der Senat sieht das Leistungsvermögen des Klägers aus allgemeinmedizinischer Sicht durch die Angaben von Dr. B, dem die von Dr. Kzuletzt erhobenen Befunde bekannt waren (vgl. den dem Befundbericht von Dr. B beigefügten Kurzbefund von Dr. K vom 29. August 2003) als hinreichend geklärt an.
Zur Durchführung weiterer Ermittlungen von Amts wegen sah sich der Senat bei dieser Sachlage nicht gedrängt. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens von Amts wegen war nicht erforderlich, da sich bereits aus den vorhandenen medizinischen Unterlagen ergab, dass das Leistungsvermögen des Klägers nicht in dem für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente erforderlichen Maße herabgesunken ist. Ermittlungen im Hinblick auf die in § 103 SGG normierte Untersuchungsmaxime, die besagt, dass im sozialgerichtlichen Verfahren der Sachverhalt von den Gerichten von Amts wegen zu erforschen ist, sind nur dann erforderlich, wenn die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen noch ungeklärt sind. Welcher Mittel sich das Gericht zur Sachaufklärung bedient, ist grundsätzlich in sein Ermessen gestellt. Ist das Leistungsvermögen eines Versicherten streitig, wird es zwar in der Regel geboten sein, einen medizinischen Sachverständigen mit der Erstellung eines Fachgutachtens zu beauftragen. Ein solches Gutachten ist jedoch nicht in jedem Fall erforderlich. Es kann unterbleiben, wenn die Beweisfrage auch durch sonstige Beweismittel bereits erschöpfend geklärt werden konnte. So verhielt es sich hier. Die Feststellungen zum Leistungsvermögen des Klägers im Rehabilitationsentlassungsbericht sind von den behandelnden Ärzten im Ergebnis ausdrücklich bestätigt worden oder ihnen wurde jedenfalls nicht widersprochen. Es hat auch nicht lediglich eine Sachverhaltsaufklärung in Teilbereichen stattgefunden. Soweit ersichtlich, sind alle behandelnden Ärzte des Klägers durch Einholung von Befundberichten befragt worden. Bei dieser Sachlage war nicht allein deshalb ein Sachverständigengutachten von Amts wegen einzuholen, weil der Kläger sein Leistungsvermögen abweichend von den benannten Stellen einschätzt, denn die subjektive Einschätzung hat gegenüber einer fachärztlichen Beurteilung regelmäßig einen weit geringeren Beweiswert. Dies gilt schon deshalb, weil die Ärzte der Rehabilitationsklinik besonders kompetent zur Beantwortung der Beweisfrage sind. Sie kennen den Kläger nicht lediglich aus einer einmaligen Untersuchungssituation, sondern hatten aufgrund mehrwöchiger stationärer Behandlung Gelegenheit, sich ein umfassendes und von Tagesschwankungen unabhängiges Bild vom Leistungsvermögen zu machen.
Auch die übrigen Einwendungen des Klägers vermögen nicht zu überzeugen. Der in der Berufungsbegründung genannte Alkoholmissbrauch mit Wesensänderung ist vom behandelnden Facharzt für Neurologie und Psychiatrie W ebenso wie die beginnenden polyneuropathischen Beschwerden im Befundbericht vom 06. März 2004 benannt und in der Auswirkung auf das Leistungsvermögen gewürdigt worden. Anhaltspunkte dafür, dass diese fachkompetente Einschätzung unrichtig sein könnte, liegen nicht vor. Im Bescheid des Versorgungsamtes werden keine zusätzlichen Diagnosen benannt. Der nicht das Maß einer Schwerbehinderung erreichende Grad der Behinderung lässt zudem keine Rückschlüsse auf die Erwerbsfähigkeit des Klägers zu, da die Feststellungen im Schwerbehindertenverfahren nach anderen Grundsätzen als im Rentenverfahren erfolgen.
Ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis sogar mittelschwere Arbeiten hat auch die auf Antrag des Klägers erfolgte Begutachtung durch den Facharzt für Orthopädie Dr. R ergeben. Nach dessen Angaben bestehen zwar gewisse – im Tatbestand bereits näher beschriebene – qualitative, aber keine quantitativen Leistungseinschränkungen aufgrund der Erkrankungen des Klägers. Psychische Auffälligkeiten konnte der Arzt bei seiner Untersuchung nicht feststellen und von ihm wurde auch nicht die Notwendigkeit zur Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens gesehen. Damit ist durch dieses Gutachten das nach Aktenlage bestehende Leistungsvermögen bestätigt worden.
Dem Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren, aufgrund seiner bisherigen Tätigkeit und seines vorgerückten Alters fehle ihm die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit für leidensgerechte Tätigkeiten, vermochte der Senat nicht zu folgen. Es ist zwar zutreffend, dass der Kläger in seinem Berufsleben ausschließlich körperliche Arbeiten geleistet hat und deshalb beispielsweise für eine Bürotätigkeit wenig geeignet erscheint. Wie aus dem Entlassungsbericht ersichtlich ist, hatte der Kläger aber während der Rehabilitation selbst angegeben, eine Tätigkeit im Haushandwerkerbereich – leichte Arbeiten im Umfang von sechs Stunden täglich – traue er sich zu. Die vom Kläger geäußerten Bedenken hinsichtlich Umschulungsmaßnahmen oder Tätigkeiten, die mathematische Fähigkeiten oder größere Anforderungen an die Rechtschreibung sowie Computerkenntnisse voraussetzen, sind aufgrund seiner Ausbildung und seines bisherigen Berufslebens durchaus verständlich, jedoch hinsichtlich einer Tätigkeit als Haushandwerker oder in Bezug auf die bereits benannten geistig einfachen und körperlich leichten Sortier- oder Verpackungstätigkeiten nicht begründet. Diese Tätigkeiten stellen solche Anforderungen nicht.
Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass sich insbesondere die psychischen Beschwerden des Klägers seit der Rehabilitationsmaßnahme bedeutsam verschlechtert haben. Der behandelnde Facharzt W hatte noch im März 2004 keine gravierenden kognitiven Störungen feststellen können. Soweit er den Kläger als etwas unkonzentriert, im Denken leicht verarmt und im Antrieb matt schildert, steht dies auch nach Einschätzung dieses Arztes der Ausübung einfacher geistiger Tätigkeiten nicht entgegen. Eine seither eingetretene Leidensverschlechterung ist nicht ersichtlich und vom Kläger zudem nicht geltend gemacht worden. Sie ergibt sich auch nicht aus dem Gutachten von Dr. R.
Da der Kläger zumutbare Tätigkeiten noch vollschichtig verrichten kann, liegen auch die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI nicht vor. Der Kläger ist nicht berufsunfähig. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelischen gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als 6 Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufsfähigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Der Kläger kann keinen Berufsschutz für sich in Anspruch nehmen, denn er verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung und hat allenfalls – kurzeitig – angelernte Tätigkeiten ausgeübt. Er gehört nicht zu den so genannten Angelernten des oberen Bereichs. Diese Gruppe umfasst nach dem vom Bundessozialgericht – BSG – entwickelten Mehrstufenschema Tätigkeiten, mit einer regelmäßigen – auch betrieblichen – Ausbildung bzw. Anlernzeit von über 12 bis zu 24 Monaten. In diesem zeitlichen Umfang ist der Kläger nicht angelernt worden. Gegen eine entsprechende Qualifikation spricht auch seine letzte langjährige Tätigkeit als Baufachwerker, die nach dem Bundesrahmentarifvertrag für die Berufe des Baugewerbes der Berufsgruppe VI zuzuordnen ist. Erst für die zwei Berufsgruppen darüber, d. h. in der Gruppe IV eingestufte Tätigkeit eines gehobenen Baufacharbeiters hat das BSG eine Zuordnung zur Stufe der Angelernten des oberen Bereichs als möglich angesehen (vgl. BSG Urteil vom 19. März 1997, Az.: 5 RJ 18/96).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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