L 17 P 14/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 76 P 501/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 17 P 14/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. März 2004 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten, ob dem Kläger Pflegeleistungen der Pflegestufe I für die Zeit vom 2000 (Vollendung des 11. Lebensjahres) bis zum 31. Juli 2002 zustehen. Der Kläger ist am 1989 geboren. Am 5. Januar 1999 beantragte er die Gewährung von Pflegegeld und legte dazu einen Bescheid des Versorgungsamtes Berlin vom 9. November 1998 vor, mit dem ein Grad der Behinderung GdB – von 100, eine erhebliche Gehbehinderung und die Notwendigkeit ständiger Begleitung bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmittel festgestellt worden war. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung – MDK , die am 16. März 1999 von der Pflegefachkraft G durchgeführt wurde. Sie stellte die pflegebegründenden Diagnosen: mentale und sprachliche Retardierung, angeborene Klumpfüße beidseits mit anschließender Korrekturoperation im Kleinkindalter. Sie nahm folgenden Pflegebedarf an: Körperpflege Waschen 2x Teilübernahme, 5x Hände / Gesicht Impulsgabe 15’ Duschen 2x wöchentlich Teilübernahme 3’ Zahnpflege 3x Teilübernahme 6’ Kämmen 2x volle Übernahme 2’ Darm-/Blasenentleerung 5x Impulsgabe, 1x Nachsäubern 8’ Ernährung Mundgerechte Zubereitung 5x volle Übernahme 10’ Nahrungsaufnahme 3x 9’ Mobilität Aufstehen/Zu-Bett-Gehen 2x Impulsgabe 5’ An-/Auskleiden 2x Teilübernahme 12’ Stehen 2x 1’ Gehen Verlassen/ Wiederaufsuchen bei Bedarf in Begleitung der Wohnung 8’ 79’ Sie nahm außerdem einen Bedarf bei der hauswirtschaftlichen Versorgung in Höhe von 30 Minuten an und setzte von der Summe einen Bedarf von 35 Minuten für ein gleichaltriges gesundes Kind ab. Es ergaben sich daraus 74 Minuten Pflegebedarf. Darauf lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 10. Juni 1999 ab. Mit seinem Widerspruch machte er Kläger geltend, er leide an Aufmerksamkeits- und Wahrnehmungsstörungen, seine Feinmotorik sei eingeschränkt und es fehle ihm an sozialer Kompetenz. Dazu reichte er ein Pflegetagebuch für die Zeit vom 6. bis 12. September 1999 ein. Die Beklagte holte dazu ein Gutachten nach Aktenlage von der Kinderärztin Dr. St ein und lehnte den Antrag des Klägers erneut ab (Bescheid vom 17. Januar 2000). Der von dem Kläger aufrechterhaltene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14. August 2000 zurückgewiesen. Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben (eingegangen am 5. September 2000) und vorgetragen, seine geistige Behinderung sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Während des Verfahrens ist der Kläger erneut vom MDK begutachtet worden. Die Ärztin K nahm in ihrem Gutachten vom 26. Februar 2002 (der Kläger war inzwischen 12 Jahre und 11 Monate alt) folgenden Pflegebedarf an: Körperpflege Waschen Ganzkörper Unterstützung 10x 10’ Duschen Teilübernahme 4x wöchentlich 5’ Zahnpflege Unterstützung 3x 1’ Kämmen Unterstützung 2x 1’ Darmentleerung Unterstützung 4x wöchentlich 1’ Blasenentleerung Unterstützung 5x 3’ Ernährung Mundgerechte Zubereitung Teilübernahme 3x 3’ Nahrungsaufnahme Mobilität Aufstehen/Zu-Bett-Gehen Unterstützung 2x 2’ An-/Auskleiden Unterstützung 2x 4’ Stehen Gehen Verlassen/ Wiederaufsuchen der Wohnung 30’. Das Sozialgericht hat die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie G mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt, das diese am 22. März 2003 erstellte. Dazu lagen ihr Berichte der Bericht P Gesellschaft vom 23. Juni 1994, vom 6. März und vom 24. April 1995 sowie Berichte des M-Zentrums vom 11. Dezember 2001 und vom 3. Februar 2003 vor. Sie stellte die folgenden pflegebegründenden Diagnosen: emotionale Störung bei Verdacht auf tief greifende Entwicklungsstörung, leichte Intelligenzminderung mit allerdings erheblichen schulischen Defiziten, Klumpfüße bds., mehrfach operiert, Sprachstörung, feinmotorische Störung der oberen Extremitäten. Sie nahm folgenden Pflegebedarf an: Körperpflege Waschen 10x wöchentlich je 10’ 14’ Hände 5x 5’ Duschen/Baden 3x wöchentlich je 20’ 9’ Zahnpflege 3x je 3’ 9’ Reinigen der Zahnspange 2’ Darm-/Blasenentleerung Spülen, Kontrolle der Kleidung, 4x 2’ Ernährung Mundgerechte Zubereitung 3x 3’ Nahrungsaufnahme 3x 3’ Mobilität Aufstehen/Zu-Bett-Gehen 2x 2’ An-/Auskleiden 2x 18’ Stehen Gehen Verlassen/ Wiederaufsuchen pro Jahr 73 Stunden, nämlich der Wohnung pro Jahr 4 Stunden für die Augen- arztbesuche, 2 Stunden für die Besuche im Oskar-Helene-Heim, 12 Stunden für die Besuche beim Kieferorthopäden, 1 Stunde für den Besuch beim Zahnarzt, 45 Stunden für die Besuche beim Psychothe- rapeuten, 3 Stunden für die Besu- che beim Kinderarzt, 3 Stunden für die Besuche im sozialpädiatri schen Zentrum und 3 Stunden für die Anpassung der Orthesen 13’. Zusätzlich sei als krankenspezifische Pflegemaßnahme das Eincremen und Massieren der Füße zu berücksichtigen. Dies müsse in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Waschvorgang erfolgen und erfordere täglich 5 Minuten. Ferner müsse der Kläger täglich einmal beim Wechseln der Strümpfe angeleitet werden. Dafür benötige eine Pflegeperson 3 Minuten. Die Beklagte ist diesem Gutachten entgegengetreten und hat ausgeführt, die Beobachtungen der früheren Gutachterinnen seien zeitnäher erfolgt. Der Kläger habe dabei demonstriert, dass er sich allein an- und ausziehen könne. Die Arztbesuche erfolgten nicht wöchentlich und könnten deshalb nicht in Ansatz gebracht werden. In der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2004 hat die Beklagte den Anspruch des Klägers auf Gewährung von Leistungen der Pflegestufe I seit dem 1. August 2002 anerkannt. Der weiteren auf die Gewährung von Leistungen für die Zeit vom 1. März 1999 bis 31. Juli 2002 gerichteten Klage hat das Sozialgericht mit Urteil vom selben Tage teilweise stattgegeben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger seit dem 2000 bis zum 31. Juli 2002 Leistungen der Pflegestufe I zu gewähren. Zur Begründung hat es sich auf die Ausführungen der Sachverständigen G gestützt. Allerdings seien von dem von ihr angenommenen Pflegebedarf 13 Minuten für Arztbesuche abzusetzen, da diese nicht wöchentlich stattfänden. Auch sei das Eincremen und Massieren der Füße nicht zu berücksichtigen, da es nicht zwingend im Zusammenhang mit dem Waschen erfolgen müsse. Das mittägliche Wechseln der Strümpfe sei mit dem für das An- und Auskleiden angenommenen Bedarf ausreichend abgegolten. Da für ein 11-jähriges gesundes Kind nur noch ein natürlicher Pflegebedarf von 5 Minuten anzusetzen sei, liege ab Vollendung des 11. Lebensjahres die Pflegestufe I vor. Gegen das der Beklagten am 22. April 2004 zugestellte Urteil richtet sich ihre am 17. Mai 2004 eingegangene Berufung. Sie beanstandet, dass sich das Sozialgericht ausschließlich auf das Gutachten der Sachverständigen Ggestützt habe. Sie vermöge sich nicht der Schlussfolgerung anzuschließen, der von Frau G festgestellte Hilfebedarf von 67 Minuten habe durchgehend auch im zurückliegenden streitbefangenen Zeitraum ab März 2000 bestanden. Die Feststellungen der Sachverständigen und des MDK im Gutachten aus März 1999 entsprächen sich hinsichtlich des Gesamthilfebedarfs überwiegend. Es seien aber damals noch 35 Minuten Hilfebedarf gesunder Kinder in Abzug zu bringen gewesen. Auch den hohen Aufsichts- und Anleitungsbedarf, den die Sachverständige aufführe, habe der MDK im Gutachten aus Februar 2002 nicht festzustellen vermocht. Dem MDK-Gutachter sei vorgeführt worden, dass sich der Kläger allein an- und ausziehen, Knöpfe schließen, den Reißverschluss bedienen und selbständig die Fu߬orthesen an- und ablegen könne. Auf diese Gutachten sei das Sozialgericht nicht eingegangen. Dies verstoße gegen Grundsätze der Beweiswürdigung. Gutachten mit gegenteiligem Ergebnis dürften in den Entscheidungsgründen nicht übergangen werden, vielmehr müssten die Gründe über eine Abwägung der widerstreitenden Resultate Aufschluß geben. Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. März 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Die Akten des Sozialgerichts Berlin S 76 P 501/00 und die Akten der Beklag¬ten haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewe¬sen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. März 2004 ist zutreffend. Der Kläger hat einen Anspruch auf Pflegeleistungen der Pflegestufe I auch für die Zeit vom 2000 bis zum 31. Juli 2002. Rechtsgrundlage des von ihm geltend gemachten Anspruchs sind die §§ 36, 37 Abs. 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch – SGB XI. Danach haben Pflegebedürftige der Pflegestufe I je Kalendermonat Anspruch auf häusliche Pflegehilfe im Umfang von Pflegeeinsätzen bis zu einem Gesamtwert von 750 Deutsche Mark / 384 Euro. Sie können anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld in Höhe von 400 DM / 205 Euro beantragen, wenn sie mit dem Pflegegeld dessen Umfang entsprechend die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung in geeigneter Weise selbst sicherstellen. Nach § 14 Abs. 1 SGB XI sind Personen pflegebedürftig, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen. Gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen in diesem Sinne sind gemäß § 14 Abs. 4 SGB XI: im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- und Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung, im Bereich der Mobilität das selbständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung, im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen. Nach § 15 Abs. 1 SGB XI sind pflegebedürftige Personen der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) zuzuordnen, wenn sie bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen (sog. Grundpflege) und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere, nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss täglich im Wochendurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen. Bei der Prüfung, ob diese Zeitvorgaben erfüllt sind, ist bei Kindern nicht der naturgemäß vorhandene Pflegebedarf zugrunde zu legen, sondern der zusätzli¬che Hilfebedarf gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind (§ 15 Abs. 2 SGB XI). Dabei ist nach den Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begut¬achtung von Pflegebedürftigkeit nach dem XI. Buch des Sozialgesetzbuches, Be¬gutachtungs-Richtlinien BRi – davon auszugehen, dass ein gesundes Kind bezüglich der Verrichtungen des täglichen Lebens mit 12 Jahren vollständig selbständig ist. Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass eine Differenz nur noch für die Zeit vom 2000 bis zum 2001 zu bilden ist. Diese fällt allerdings kaum ins Gewicht, da ein elfjähriges gesundes Kind nur noch einen geringen Hilfebedarf beim Aufstehen und Zubettgehen hat. Dem Kläger stehen seit Vollendung des elften Lebensjahres Leistungen der Pflegestufe I zu. Bereits von dieser Zeit an machen sich seine Entwicklungsdefizite gegenüber einem gesunden Kind entscheidend bemerkbar. Bei dieser Beurteilung folgt das Gericht im Wesentlichen dem Gutachten von Frau G. Sie hat den Kläger in seiner häuslichen Umgebung aufgesucht und auch mit den Pflegepersonen gesprochen. Den Einwendungen, die die Beklagte dagegen erhebt, vermag das Gericht nicht zu folgen. Zum einen erscheint das Vorbringen der Beklagten schon in sich nicht recht schlüssig. Sie akzeptiert die Feststellungen von Frau G für die Zeit vom 1. August 2002 an, jedoch nicht für einen davor liegenden Zeitraum. Wenn das Vorbringen der Beklagten folgerichtig wäre, müsste der Zustand des Klägers vor dem 1. August 2002 (zu dieser Zeit war der Kläger schon 13 Jahre alt) deutlich besser gewesen sein als danach. Dies erscheint nach dem Krankheitsbild des Klägers unwahrscheinlich. Es handelt sich im Wesentlichen um bleibende Erkrankungen. Es besteht jedoch eine gewisse Bildungsfähigkeit, so dass Fortschritte, nicht aber Verschlechterungen im lebenspraktischen Bereich gut möglich sind. Es trifft auch nicht uneingeschränkt zu, dass die Gutachten der Pflegefachkraft G und der Ärztin K zeitnäher erstellt worden sind als das Gutachten von Frau G. Im streitigen Zeitraum ist nur das Gutachten der Ärztin K erstellt worden, das Gutachten der Pflegefachkraft G ein Jahr vor dessen Beginn, das Gutachten von Frau G ein halbes Jahr nach dem Ende. Dabei gibt es weitgehende Übereinstimmungen der Gutachten von Frau G und Frau G. Frau K stellt einen erheblich geringeren Pflegebedarf fest. Diese erhebliche Diskrepanz zwischen dem Gutachten von Frau G und Frau Geinerseits und dem Gutachten der Ärztin K andererseits lassen sich durch Zeitablauf oder durch schwankendes Befinden nicht mehr erklären. Dem Gericht erscheint die Beurteilung von Frau G überzeugender. Sie hat insbesondere einbezogen, dass der Kläger zwar recht gute motorische Fähigkeiten hat, er aber nicht selbständig in der Lage ist, diese Fähigkeiten umzusetzen. Er hat einen hohen Aufsichtsbedarf, der nicht nur allgemein besteht, sondern sich auch auf die Ausführung der einzelnen Verrichtungen bezieht. Diese Darstellung der Pflegepersonen, die Frau G zugrundegelegt hat, erscheint auch dem Gericht glaubhaft. Die Darstellung wird insbesondere auch von dem Bericht des M-Zentrums vom 11. Dezember 2001 – also im streitigen Zeitraum liegend – gestützt. Dieser Bericht befasst sich zwar nicht mit den Verrichtungen des täglichen Lebens, es wird aber geschildert, dass die konzentrative Belastbarkeit des Klägers im Beisein des Vaters deutlich besser war. Es ist deshalb nachvollziehbar, dass die Anwesenheit von Pflegepersonen auch dann erforderlich ist, wenn die körperliche Fähigkeit zur Ausübung von Verrichtungen des täglichen Lebens besteht. Das Gericht folgt deshalb im Wesentlichen der Einschätzung von Frau G, jedoch besteht kein pflegerelevanter Bedarf beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung, da die Ärzte nicht wöchentlich aufgesucht werden. Zu den sich danach ergebenden 67 Minuten Grundpflegebedarf ist noch das zusätzliche Wechseln der Strümpfe wegen des starken Schwitzens unter der Orthese (zu der Verrichtung An- und Auskleiden) hinzuzurechnen sowie das Eincremen der Füße nach dem Waschen. Das Gericht schätzt diesen Bedarf auf zusätzlich je 2 Minuten, so dass sich insgesamt ein Grundpflegebedarf von 71 Minuten ergibt. Nach den BRi kann bei Kindern im Alter zwischen dem vollendeten 8. und 14. Lebensjahr ein Pflegebedarf bei der hauswirtschaftlichen Versorgung in Höhe von 30 Minuten unterstellt werden, wenn die Pflegestufe I vorliegt und ein über dem eines gesunden gleichaltrigen Kindes liegender hauswirtschaftlicher Versorgungsbedarf z. B. beim Kochen, Spülen, Wechseln oder Waschen der Wäsche bzw. Kleidung nachgewiesen ist. Das Gericht, das insoweit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts folgt (BSG, Urteil vom 29. April 1999 B 3 P 7/98 R SozR 3-3300 § 14 Nr. 10), sieht diesen Pflegebedarf aber nur dann als gegeben an, wenn ein erheblicher hauswirtschaftlicher Mehrbedarf vorliegt, für den eine abweichende zeitliche Schätzung nicht plausibel begründet werden kann. Frau G sieht einen erhöhten Anfall an verschmutzter Wäsche, verstärken Reinigungsbedarf, z. B. durch Verschmutzung beim Essen, sowie einen höheren Zeitaufwand beim Kochen, weil besonders auf gesunde ausgewogene Ernährung geachtet werden muss. Hinzu kommt, dass altersgemäße Mithilfe im Haushalt beim Kläger nicht möglich ist. Insgesamt kann deshalb die pauschale Schätzung der BRi übernommen werden, so dass ein Gesamtbedarf von 101 Minute an Pflege bestand. Das Gericht geht davon aus, dass dieser Hilfebedarf durchgehend im streitigen Zeitraum bestand. Da für ein gesundes elfjähriges Kind kein höherer Pflegebedarf als zehn Minuten anzusetzen ist, ist im gesamten streitigen Zeitraum die Pflegestufe I gegeben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes SGG. Sie entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache. Die Revision wird nicht zugelassen, weil ein Grund zur Zulassung nach § 160 Abs. 2 SGG nicht ersichtlich ist.
Rechtskraft
Aus
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