L 9 KR 156/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 87 KR 752/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 156/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. Oktober 2003 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander auch keine Kosten für das Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt weiteres Kinderpflegekrankengeld.

Die Klägerin ist versicherungspflichtiges Mitglied der beklagten Krankenkasse. Sie lebt mit ihrer 1998 nichtehelich geborenen Tochter N M, die ebenfalls bei der Beklagten krankenversichert ist, und einer weiteren, in dem hier streitbefangenen Zeitraum minderjährigen Tochter (geb. 1988), in einem gemeinsamen Haushalt. Der nichteheliche Vater von N M hat sich Anfang 2002 von der Klägerin getrennt. Er ist aus dem gemeinsamen Haushalt ausgezogen und lebt seitdem in einer neuen Partnerschaft. Die Klägerin und der Kindsvater haben eine Umgangsregelung vereinbart, nach der das Kind alle 14 Tage ein Wochenende bei ihrem Vater verbringt. Als Beamter ist er beihilfeberechtigt und privat krankenversichert. Nachdem die Klägerin im Kalenderjahr 2002 bereits für sieben Tage für die Beaufsichtigung, Betreuung und Pflege ihrer Tochter N M Kinderpflegekrankengeld erhalten hatte, beantragte sie unter Vorlage ärztlicher Bescheinigungen weiteres Krankengeld für die Betreuung dieser Tochter vom 28. Oktober 2002 bis zum 1. November 2002 und vom 4. November 2002 bis zum 6. November 2002.

Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 10. Dezember 2002 Kinderpflegekrankengeld aber lediglich für die Zeit vom 28. Oktober 2002 bis zum 30. Oktober 2002 (drei Arbeitstage). Im Übrigen lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, dass ein Anspruch auf Kin-derpflegekrankengeld für längstens zehn Arbeitstage je Kalenderjahr und je Kind bestehe. Der Anspruch sei daher, nachdem die Klägerin Kinderpflegekrankengeld für sieben Tage erhalten habe, mit der Bewilligung von Krankengeld für drei weitere Tage für dieses Kalenderjahr erschöpft. Nur für allein erziehende Versicherte, die das alleinige Sorgerecht hätten, erhöhe sich der Anspruch auf längstens 20 Tage. Ein solcher Anspruch bestehe hier aber nicht.

Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. April 2003 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass für die Anspruchsberechtigung Alleinerziehender maßgebend sei, ob "der andere Elterteil einen gleich-wertigen Sorgerechtsanspruch habe". Werde bei einem nicht nur vorübergehenden Getrenntleben der Eltern das gemeinsame Personensorgerecht aufrechterhalten, habe jeder Elternteil einen Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld für maximal zehn Arbeitstage. Diese Anspruchsdauer könne sich folglich nur verlängern, soweit der ebenfalls anspruchsberechtigte (gesetzlich krankenversicherte) Elternteil seinen Anspruch abtrete oder das Familiengericht das alleinige Personensorgerecht einem Elternteil übertrage. Das alleinige Personensorgerecht sei der Krankenkasse im Einzelfall durch Vorlage entsprechender Unterlagen nachzuweisen. Wegen des weiterhin bestehenden gemeinsamen Sorgerechts der Klägerin und des Kindsvaters habe die Klägerin daher keinen weitergehenden Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld. Der Kindsvater habe seinen Anspruch auch nicht an die Klägerin abtreten können, da er privat krankenversichert sei und somit keinen Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung habe. Entgegen der Auffassung der Klägerin komme es hingegen nicht auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Diese könnten im Einzelfall nur dann maßgebend sein, wenn beispielsweise über das beantragte alleinige Personensorgerecht durch das Familiengericht noch nicht entschieden worden oder ein Elternteil an der Ausübung des Sorgerechts durch einen Krankenhausaufenthalt gehindert sei. Nur dann könne dem anderen Elternteil der verlän-gerte Anspruch eingeräumt werden. Ein derartiger Sachverhalt sei hier aber nicht gegeben.

Im anschließenden Klageverfahren hat die Klägerin vorgetragen, dass sie so zu behandeln sei wie eine allein erziehende Versicherte mit alleinigem Sorgerecht. Lebe ein Kind in einer Haushaltsgemeinschaft mit der (die Personensorge nicht allein innehabenden) Mutter, sei diese hinsichtlich der Kinderbetreuung in derselben tatsächlichen Situation wie eine Mutter, die die Personensorge allein ausübe. Diese Auslegung entspreche auch dem Kindeswohl. Ein krankes Kind sei im Vergleich zu einem gesunden Kind noch viel stärker auf die Beibehaltung seiner vertrauten, gewohnten Umgebung angewiesen. Es leide bereits infolge der Krankheit. In dieser Situation wolle es sich auf gar keinen Fall von der Person trennen, die es überwiegend betreue. Hieran gemessen sei sie allein erziehend. Hinzu komme, dass der Kindsvater als Beamter in leitender Position tätig sei und nicht ohne weiteres der Arbeit fernbleiben könne. Er sei also auch tatsächlich gehindert, in Krankheitsfällen kurzfristig die Betreuung von NM zu übernehmen.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 13. Oktober 2003 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin über die gewährten zehn Tage hinaus keinen weiteren Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld habe, weil sie nicht allein erziehend sei. Anknüpfungspunkt hinsichtlich dieses Tatbestandsmerkmals sei die Personensorge. Dieses Recht stehe der Klägerin gemeinsam mit dem Kindsvater zu. Dieser sei berechtigt aber auch verpflichtet, im Krankheitsfall das Kind zu pflegen. Da N M sowohl gegen ihre Mutter als auch gegen ihren Vater einen familienrechtlichen Anspruch auf Pflege im Krankheitsfall habe, sei die Klägerin nicht allein erziehend. Daran ändere auch nichts, dass eine derartige Pflege durch den Kindesvater wohl weder von N M noch von der Klägerin gewünscht werde. Unerheblich sei ferner, ob der Kindsvater faktisch zur Pflege in der Lage sei. Nach der Verwaltungspraxis der Beklagten bestehe in diesen Fällen die Möglichkeit, den Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld abzutreten. Die Abtretung scheitere hier aber daran, dass der Kindesvater privat krankenversichert sei und also keinen Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung habe. Dies könne jedoch nicht dazu führen, der Klägerin einen verlängerten Krankengeld-anspruch zuzubilligen. Es könne nicht zu Lasten der Solidargemeinschaft gehen, wenn eine Abtretung daran scheitere, dass der Zedent außerhalb der Solidargemeinschaft stehe. Das Sozialgericht hat die Berufung gegen dieses Urteil zugelassen.

Gegen dieses ihr am 6. November 2003 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 8. Dezember 2003. Mit ihr verfolgt sie ihr Begehren unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrages weiter. Ergänzend trägt sie vor, dass bereits das Landessozialgericht Berlin mit Urteil vom 23. April 1997 (Az.: L 15 KR 47/95) entschieden habe, dass die Anknüpfung an das alleinige Personensorgerecht hinsichtlich der Auslegung des Tatbestandsmerkmales "allein erziehend" nicht immer zu sachgerechten Ergebnissen führe. Insbesondere in den Fällen, in denen Ehepartner getrennt lebten, aber die gemeinsame Personensorge für ihre ehelichen Kinder besäßen, und in den Fällen, in denen unverheiratete Eltern mit ihren nichtehelichen Kindern tatsächlich als Familien in einem Haushalt lebten, müsse eine praxisnahe Auslegung in dem Sinne erfolgen, dass auch diejenigen, die nicht das alleinige Personensorgerecht innehätten, in bestimmten Fällen einen Anspruch auf das verlängerte Krankengeld für 20 Tage hätten. Eine entsprechende Auslegung finde sich auch in den Gesetzesmaterialien. Soweit das Gericht ausführe, dass die Personensorge mit der Verpflichtung korrespondiere, die Betreuung im Krankheitsfall zu übernehmen, gingen diese Ausführungen an der Wirklichkeit vorbei. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Vater tatsächlich verpflichtet sei, die Betreuung seines Kindes im Krankheitsfall zu übernehmen. Vorliegend jedenfalls sei der Vater aus privaten und beruflichen Gründen hierzu gar nicht in der Lage. Noch deutlicher werde die Fehlerhaftigkeit des Schlusses des Sozialgerichts, wenn man sich vorstelle, dass die gemeinsam Sorgeberechtigten in verschiedenen Orten wohnten. Dies hätte zur Folge, dass das kranke Kind über erhebliche Entfernungen in eine ihm relativ fremde Umgebung transportiert werden müsse. Dies könne der Gesetzgeber so nicht gemeint haben.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. Oktober 2003 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 10. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2003 abzuändern und die Beklagte zu verurtei-len, ihr weiteres Kinderpflegekrankengeld für die Zeit vom 31. Oktober 2002 bis zum 1. November 2002 und vom 4. November 2002 bis zum 6. November 2002 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

die sie für unbegründet hält.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und die die Klägerin betreffende Verwaltungsakte verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist gemäß § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 144 Abs. 3 SGG zulässig, weil das Sozialgericht die Berufung in dem angefochtenen Urteil zugelassen hat. Die Berufung ist aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 10. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2003 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf weiteres Kinderpflegekrankengeld. Ihr stand 2002 zur Pflege ihres erkrankten Kindes N M kein Kinderpflegekrankengeld für mehr als zehn Tage zu. Diesen Anspruch hat die Beklagte erfüllt.

Nach § 45 Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn es nach ärztlichem Zeugnis erforderlich ist, dass sie zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege ihres erkrankten und versicherten Kindes der Arbeit fernbleiben, eine andere in dem Haushalt lebende Person das Kind nicht beaufsichtigen, betreuen oder verpflegen kann und das Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat. § 10 Abs. 4 SGB V und § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB V gelten. Anspruch auf Krankengeld nach Abs. 1 besteht in jedem Kalenderjahr für jedes Kindes längstens für zehn Arbeitstage, für allein erziehende Versicherte längstens für zwanzig Arbeitstage (§ 45 Abs. 2 Satz 1 SGB V).

Allein erziehend in diesem Sinne sind allein stehende Väter oder Mütter, die mit ihrem Kind, für das ihnen die Personensorge zusteht in einem Haushalt leben. Maßgebend hierfür ist das alleinige Personensorgerecht nach § 1631 des Bürgerlichen Gesetzbuches (vgl. Vay in Kraus-kopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, [49. Erg.-Lfg. Dezember 2004], § 45 SGB V RdNr. 16, Hauck/Noftz, SGB, § 45 SGB V RdNr. 15 b).

An diesem Kriterium gemessen ist die Klägerin nicht allein erziehend, denn sie übt das Sorgerecht gemeinsam mit dem von ihr getrennt lebenden Kindsvater aus. Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, sie müsse wie eine Alleinerziehende behandelt werden, weil der leibliche Vater von N M die Haushaltsgemeinschaft verlassen habe und es ihm auch aus tatsächlichen Gründen nicht möglich sei, die Pflege seines Kindes zu übernehmen, kann sie damit keinen Erfolg haben. Die Klägerin verkennt, dass dies im Ergebnis zu einer ungerechtfertigten Be-nachteiligung von Eltern führen würde, die wie die Klägerin und der Kindsvater das Personsorgerecht gemeinsam ausüben, zwei unterschiedlichen sozialen Sicherungssystemen angehören, aber anders als die Klägerin und der Kindsvater in einem gemeinsamen Haushalt leben. Der gesetzlich Versicherte hätte (auch) in diesem Fall lediglich einen Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld nach § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB V für längstens 10 Arbeitstage. Der nicht der gesetzlichen Krankenversicherung angehörende Elternteil hätte einen solchen Anspruch nicht. Er müsste sich auf die entsprechenden Ansprüche seines Sicherungssystems verweisen lassen. Da er mangels Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung keinen Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld hat, kann er einen solchen Anspruch auch nicht wegen der der Pflege möglicherweise entgegenstehenden Hinderungsgründe an den gesetzlich versicherten Elterteil abtreten (siehe dazu unten). Diese Rechtslage ändert sich auch nicht dadurch, dass dieser El-ternteil bei Beibehaltung des gemeinsamen Personensorgerechts die Haushaltsgemeinschaft verlässt. Dies zeigt, dass es insoweit nicht darauf ankommt, ob die das Personensorgerecht gemeinsam ausübenden Eltern in einer Haushaltsgemeinschaft leben oder nicht, sondern in Fällen dieser Art ist die unterschiedliche soziale Absicherung der Eltern in verschiedenen sozi-alen Sicherungssystemen das ausschlaggebende Kriterium.

Soweit die Klägerin vorträgt, das Landessozialgericht Berlin habe in seinem Urteil vom 23. April 1997 auch denjenigen als allein erziehend angesehen, der mit einem Kind in häuslicher Gemeinschaft lebt und jedenfalls (auch) das Personensorgerecht innehat, trifft dies nicht zu. In dem Urteil hat das Gericht hinsichtlich des Begriffs des allein erziehenden Versicherten grundsätzlich "auf das alleinige Recht der Personensorge" abgestellt und sodann aus der Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf des Zweiten Änderungsgesetzes zum SGB V (BT Drucks. 12/1363 Seite 11 unter Nr. 7) zitiert. Darin heißt es, dass ein Abstellen auf das alleinige Recht der Personensorge in der Frage der Anspruchsberechtigung nach § 45 Abs. 1 und 2 SGB V nicht immer zu befriedigenden Ergebnissen führe. Dies gelte insbesondere in den Fällen, in denen Ehepartner getrennt lebten, aber die gemeinsame Personensorge für ihre ehelichen Kinder besäßen, und in Fällen, in denen unverheiratete Eltern mit ihren nichtehelichen Kindern tatsächlich als Familien in einem Haushalt lebten. Hinsichtlich der zweiten Fallgruppe hat das Gericht die Eltern als nicht allein erziehend angesehen. Hinsichtlich der ersten Fallgruppe heißt es in der Stellungnahme des Bundesrates weiter, dass selbst bis zu einer vorläufigen Anordnung, mit der bei Einleitung des Scheidungsverfahrens einem Elternteil die Personsorge übertragen werde, viel Zeit vergehen könne und deshalb eine praxisgerechte Auslegung des § 45 Abs. 2 SGB V geboten sei. Dies zeigt, dass der Bundesrat grundsätzlich das alleinige Recht der Personensorge als das für die Auslegung des Begriffs allein erziehend maßgebliche Kriterium verstanden hat, und Versicherte, die das Sorgerecht nicht allein innehaben lediglich in bestimmten Ausnahmefällen das verlängerte Krankenpflegegeld nach § 45 Abs. 2 SGB V in Anspruch nehmen können sollten. Dabei sind sowohl der von dem Bundesrat aufgezeigte Fall, in dem ein Kind von einem Versicherten in der die Zeit bis zur vorläufigen Übertragung der Personensorge im Rahmen eines Scheidungsverfahrens gepflegt wird, sowie der Fall, dass ein nicht allein personensorgeberechtigter Versicherter der gesetzlichen Krankenver-sicherung an der Ausübung des Sorgerechts durch einen Krankenhausaufenthalt gehindert ist, von der gesetzlichen Krankenversicherung als Ausnahmetatbestände anerkannt, in denen aus-nahmsweise ein Anspruch auf das verlängerte Kinderpflegekrankengeld besteht (vgl. Rundschreiben 91 d der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 12. Dezember 1991 geändert am 17./18. September 1998).

Vorliegend ist ein solcher Ausnahmetatbestand nicht gegeben. Die Klägerin und der von ihr getrennt lebende Kindsvater haben "ausschließlich im Interesse des Kindeswohls die gemeinsame Personensorge vereinbart". Der Kindsvater "sollte gleichberechtigt für seine Tochter auftreten dürfen, ohne jedes Mal eine Vollmacht der allein sorgeberechtigten Mutter vorlegen zu müssen, beispielsweise wenn es um Anmeldungen in der Schule oder Kindergarten oder die Beantragung amtlicher Dokumente geht". Diese Entscheidung für ein gemeinsames Sorgerecht bedingt aber eben nicht nur die Inanspruchnahme von Rechten, sondern daraus folgt auch zwingend die Übernahme von mit diesem Recht untrennbar verbundenen Pflichten, wie hier die Betreuung des erkrankten Kindes.

Soweit die Klägerin vorträgt, dass der Kindsvater in leitender Position tätig sei und nicht ohne weiteres der Arbeit fernbleiben könne, er also auch tatsächlich gehindert sei, in Krankheitsfällen kurzfristig die Betreuung seines Kindes zu übernehmen, vermag dieses Vorbringen an dem Ergebnis nichts zu ändern. In einem solchen Fall besteht bei einem gesetzlich Versicherten - wie bereits ausgeführt - die Möglichkeit, den Kinderpflegekrankengeldanspruch abzutreten. Da der Kindsvater aber hier nicht der gesetzlichen Krankenversicherung angehört, sondern als Beamter beihilfeberechtigt und privat krankenversichert ist, ist eine solche Abtretung nicht möglich. Die entsprechenden beamtenrechtlichen Regelungen sehen aber im Falle der Erkrankung eines Kindes grundsätzlich eine dem § 45 SGB V entsprechende Regelung vor. Danach hat der Beamte im Falle der Erkrankung eines Kindes einen Sonderurlaubsanspruch unter Fortzahlung der Besoldung. Macht der Kindsvater diesen Anspruch nicht geltend oder ist er aus tatsächlichen Gründen daran gehindert, diesen Anspruch geltend zu machen, ist dies kein Grund, die Solidargemeinschaft der Beitragszahler der gesetzliche Krankenversicherung, der der Kindsvater nicht angehört, hierfür einstehen zu lassen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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