L 3 U 70/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 25 U 626/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 70/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Ok-tober 2004 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Streitig ist die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen eines 1983 erlittenen Ar-beitsunfalls.

Der 1955 geborene Kläger erlitt am 18. März 1983 im Beitrittsgebiet einen Arbeitsunfall, als er während seiner Tätigkeit als Einrichter mit einem Gabelstapler gegen einen Container fuhr und sich dabei die rechte Hand zwischen Hubhebel und Container einklemmte. Vom 22. März bis 26. April 1983 befand er sich in stationärer Behandlung des Kreiskrankenhauses T. Aus der undatierten Epikrise ergibt sich, dass die Röntgenaufnahmen der rechten Hand zunächst keine sichere Fraktur ergaben, bei einer Röntgenkontrolle nach vier Wochen zeigte sich jedoch, dass eine Absprengung im Bereich des Os hamatum mit jetzt deutlicherer Resorptionszone vorlie-gen könne. Die Entlassung erfolgte bei weitgehend abgeschwollener Hand und nahezu voll-ständigem Faustschluss. Die empfohlene Nachuntersuchung fand nie statt. Am 03. Juni 2002 suchte der Kläger den Facharzt für Chirurgie Dipl.-Med. S auf, der in seinem H-Arzt Bericht vom 28. Juni 2002 eine Sekundärarthrose rechtes Handgelenk mit Arthritis und bei Zustand nach Handgelenksluxationsfraktur und operativer Versorgung 1983 diagnostizier-te. Zur Ermittlung des Sachverhalts befragte die Beklagte den Kläger zu den Einzelheiten des gel-tend gemachten Arbeitsunfalls und zog medizinische Unterlagen der den Kläger behandelnden Fachärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin Dipl.-Med. K bei, unter anderem den Bericht über eine EMG- Untersuchung der rechten Hand vom 11. April 2002 und einen Heil-verfahrensentlassungsbericht der Rehabilitationsklinik R W in B K vom 10. Oktober 2001 so-wie die Krankenkartei des Klägers seit 04. Dezember 1998. Die Beklagte zog außerdem die Unfallmeldung des VEB B M vom 18. März 1983 bei. Dipl.-Med. S teilte unter dem 06. De-zember 2002 mit, der Kläger sei seit Juli 2002 nicht mehr bei ihm erschienen, er habe den Fall am 15. Juli 2002 abgeschlossen. Nachdem die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 03. März 2003 unter anderem darauf hingewiesen hatte, dass die Heilbehandlung abgeschlossen sei, teilte der Kläger telefonisch mit, dass er große Beschwerden habe, mit der rechten Hand zuzufassen, und deshalb eine Begutachtung und Feststellung der Unfallfolgen beantrage (Tele-fonvermerk vom 04. März 2003). Daraufhin veranlasste die Beklagte eine Begutachtung durch Dr. E, Chefarzt der Abteilung für Hand-, Replantations- und Mikrochirurgie des Ukrankenhau-ses B / Oberarzt H, die in ihrem Gutachten vom 23. Juni 2003 zu dem Ergebnis kamen, als wesentliche Unfallfolgen bestünden eine Thenaratrophie der rechten Hand, leichte Bewe-gungseinschränkung des rechten Daumens für Daumenabduktion und –opposition und eine leichte Minderung der Kraft von Grob- und Feingriff rechts. Die Minderung der Erwerbsfähig-keit (MdE) seit Wegfall der Arbeitsunfähigkeit liege unter 10 v.H. Durch Bescheid vom 31. Juli 2003 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Rente wegen des Arbeitsunfalls vom 18. März 1983 ab, denn die Erwerbsfähigkeit sei nicht in rentenberechti-gendem Grade ab dem 01. Januar 1998, dem frühestmöglichen Rentenbeginn, gemindert. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, die Bewegungseinschrän-kung der rechten Hand sei erheblich, da die Daumenballenmuskulatur durch den Arbeitsunfall vollkommen zerstört worden sei. Arbeiten könne er mit dieser Hand nicht mehr durchführen. Mit Widerspruchsbescheid vom 07. Oktober 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Mit der dagegen bei dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger geltend ge-macht, aufgrund der Arthrophie die rechte Hand nur noch sehr eingeschränkt gebraucht und über die Jahre wesentliche Funktionen seiner rechten Hand auf die linke verlagert zu haben. Durch diese Überlastung der linken Hand habe sich dann dort das ausgeprägte Karpaltunnel-syndrom entwickelt. Außerdem müsse ein besonderes berufliches Betroffensein zu einer deut-lichen Erhöhung des festgestellten MdE-Grades führen, denn er sei in seinem Beruf auf die Kraft und Motorik seiner Hand im Besonderen angewiesen. Andere Arbeitsunfälle als den vom 18. März 1983 habe er nicht erlitten.

Zur Ermittlung des Sachverhalts hat das Sozialgericht medizinische Unterlagen der LVA Ber-lin, unter anderem den ärztlichen Entlassungsbericht der M KH vom 31. Juli 2003, Gutachten der Internistin Dr. RS vom 27. November 2003, des Chirurgen Dr. H vom 22. Dezember 2003 und der Neurologin und Psychiaterin Dr. Liebing vom 27. März 2004, beigezogen. Durch Urteil vom 28. Oktober 2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Be-gründung ausgeführt, die Erwerbsfähigkeit des Klägers sei wegen der Folgen des Arbeitsun-falls vom 18. März 1983 nicht in rentenberechtigendem Grade gemindert. Dies ergebe sich aus dem Gutachten von Dr. E / H, das im Wege des Urkundsbeweises verwertet werden könne. Danach seien die Thenaratrophie der rechten Hand, die Bewegungseinschränkung des rechten Daumens für Daumenabduktion und -opposition sowie die Minderung der groben Kraft von Grob- und Feingriff rechts mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Folge des Arbeitsunfalls vom 18. März 1983. Die im Bereich der linken Hand bestehenden Gesundheitsstörungen seien da-gegen nicht mittelbare Folgen des Arbeitsunfalls. Die Unfallfolgen minderten die Erwerbsfä-higkeit des Klägers nicht in rentenberechtigendem Grade. Die Einschätzung der MdE erfolge anhand der Erfahrungswerte, wie sie in der unfallmedizinischen Literatur wiedergegeben seien. Die Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht seien im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung nicht anwendbar. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. Eseien die Bewegungsein-schränkung des rechten Daumens für Daumenabduktion und –opposition sowie die Minderung der Kraft von Grob- und Feingriff rechts als leicht zu bezeichnen. Die primären Griffformen hätten demonstriert werden können. Auch aus dem Gutachten des für die LVA tätig geworde-nen Dr. H ergebe sich, dass die wichtigste Funktion der Hand als Greiforgan noch vorhanden sei. Bei dessen Begutachtung habe sich die Beweglichkeit des rechten Daumens leicht einge-schränkt gezeigt, er habe die Fingerkuppen des vierten und fünften Fingers rechtsseitig nur mühsam erreicht, ansonsten seien alle Gelenke frei zu beugen und zu strecken gewesen. So-wohl der Grob- als auch der Spitz- und Feingriff seien intakt gewesen, die grobe Kraft rechts sei als vermindert demonstriert worden. Unter Heranziehung der Erfahrungswerte und Berück-sichtigung der Bewegungseinschränkung des rechten Daumens und der Minderung der Kraft von Grob- und Feingriff rechts sei die von Dr. E getroffene Einschätzung einer MdE von unter 10 v.H. nicht zu beanstanden. Selbst wenn das Karpaltunnelsyndrom links wegen der Überlas-tung der linken Hand durch Wechsel der Haupthand als mittelbare Unfallfolge anzusehen wäre, ergäbe sich hieraus keine rentenberechtigende MdE. Eine relevante oder gar messbare Ein-schränkung der Funktion der linken Hand sei keinem der vorliegenden medizinischen Unterla-gen zu entnehmen. Die Missempfindungen hätten durch die Operation der linken Hand abge-nommen, ohne gänzlich geschwunden zu sein. Die MdE sei auch nicht wegen einer besonderen beruflichen Betroffenheit des Klägers zu erhöhen. Der Beruf des Einrichters sei kein sehr spe-zifischer Beruf im Sinne des § 56 Abs. 2 Satz 3 Sozialgesetzbuch VII (SGB VII). Berufliche Nachteile im Sinne dieser Vorschrift lägen nur bei Versicherten vor, die einen sehr spezifi-schen Beruf mit einem relativ engen Bereich ausübten. Diese Regelung sei im Sinne einer Här-teklausel in Fällen zu verstehen, in denen Versicherte ihre verbliebenen Fähigkeiten nur noch unter Inkaufnahme eines unzumutbaren sozialen Abstiegs verwerten könnten. Zu diesem Per-sonenkreis zähle beispielsweise ein Geiger mit einer Einschränkung der Handgelenksbeweg-lichkeit.

Gegen das am 23. November 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 06. Dezember 2004 eingelegte Berufung, mit der der Kläger eine fehlende eigene medizinische Tatsachenaufklä-rung des Sozialgerichts, namentlich die Beauftragung eines unabhängigen unfallchirurgischen Sachverständigen von Amts wegen, rügt. Dazu habe Veranlassung bestanden, denn das Gut-achten von Dr. E sei widersprüchlich. Obwohl er eine Minderung sowohl der groben Kraft der rechten Hand als auch eine Einschränkung des Feingriffes – jeweils um ein Drittel – diagnosti-ziere, gelange er bei der zusammenfassenden Beurteilung zu der verharmlosenden Einschät-zung einer leichten Minderung der Kraft von Grob- und Feingriff rechts. Keinerlei Berücksich-tigung bei der MdE hätten seine Missempfindungen in der rechten Hand gefunden, die im Rahmen zweier EMG- Untersuchungen vom 12. Februar und 11. April 2002 zweifelsfrei veri-fiziert worden seien und die die Gebrauchsfähigkeit seiner Hand nachhaltig einschränkten. Au-ßerdem sei seine besondere berufliche Betroffenheit nach § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII zu be-rücksichtigen. Das Berufsbild des Einrichters sei in hohem Maße von der feinmotorischen Ge-schicklichkeit, namentlich der Fingerfertigkeit des Berufsausübenden geprägt. Wegen der Un-fallfolgen könne er in seinem Ausbildungsberuf unfallbedingt nur noch unter erschwerten Be-dingungen tätig sein. Seine berufsspezifischen Fachkenntnisse auf dem allgemeinen Markt könnten mithin nur noch eingeschränkt verwertet werden. Schon aus diesem Grunde liege hier eine unbillige Härte im Sinne besonderer beruflicher Betroffenheit vor, die es von der Beklag-ten adäquat zu entschädigen gelte.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Oktober 2004 aufzuheben und die Beklag-te unter Aufhebung des Bescheides vom 31. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 07. Oktober 2003 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsun-falls vom 18. März 1983 Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Hinsichtlich der besonderen beruflichen Be-troffenheit ergebe sich kein Anlass, die getroffene Entscheidung in Zweifel zu ziehen. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setze der Anwendung der Vorschrift des § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII enge Grenzen, um das bei der Entschädigung grundsätzlich geltende Prinzip der abstrakten Schadensbetrachtung nicht unangemessen aufzuweichen.

Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat ein Gutachten von Dr. S, Chefarzt der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie des H Kl B, K B, eingeholt. In seinem Gutachten vom 06. Oktober 2005 hat der Sachverständige festge-stellt, die krankhaften Veränderungen der rechten Hand könnten durchaus auf die Quetschver-letzungen vom 18. März 1983 zurückzuführen sein. Sie rechtfertigten eine MdE von 10 v.H.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 06. Dezember 2005 hat der Senat die Beteiligten zu der be-absichtigten Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG angehört.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts-akte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG entscheiden, denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Ver-handlung nicht für erforderlich.

Der Kläger hat, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, keinen Anspruch auf Gewäh-rung einer Verletztenrente wegen der Folgen des am 18. März 1983 erlittenen Arbeitsunfalls.

Rechtsgrundlage für die von dem Kläger begehrte Entschädigung des Arbeitsunfalls vom 18. März 1983 sind die Vorschriften des SGB VII. Gemäß § 215 Abs. 6 SGB VII ist für die Fest-stellung und Zahlung von Renten bei Versicherungsfällen, die –wie hier- vor dem 1. Januar 1992 eingetreten sind, § 1154 Reichsversicherungsordnung (RVO) mit der Maßgabe weiter anzuwenden, dass an die Stelle der dort genannten Vorschriften der RVO die §§ 56 und 81 bis 91 SGB VII treten. Somit ist gemäß § 1154 Abs. 1 S. 2 RVO für Versicherungsfälle, die vor dem 1. Januar 1992 eingetreten sind, für die Bemessung des Körperschadens § 56 SGB VII anzuwenden, wenn es um die erstmalige Festsetzung einer Rente nach dem 31. Dezember 1991 geht, was hier der Fall ist.

Nach § 56 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versiche-rungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. ge-mindert ist, Anspruch auf Rente. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesam-ten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 S. 1 SGB VII).

Danach steht dem Kläger keine Verletztenrente zu, denn die Folgen des Unfalls vom 18. März 1983 rechtfertigen ab dem Zeitpunkt des frühestmöglichen Rentenbeginns, dem 1. Januar 1998, keine MdE von mindestens 20 v.H. Dies ergibt sich aus dem überzeugenden Gutachten von Dr. E/H vom 23. Juni 2003. Der Senat sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, denn er folgt der Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung, die sich ausführlich und unter Heranziehung der unfallmedizinischen Literatur mit den festgestellten Unfallfolgen auseinandergesetzt und die die Unfallfolgen rechtfertigende MdE zutreffend eingeschätzt hat (§ 153 Abs. 2 SGG).

Der Kläger hat keine Gründe vorgetragen, die es rechtfertigen, von der dort getroffenen Ent-scheidung abzuweichen. Insbesondere kann dem Einwand nicht gefolgt werden, das Gutachten von Dr. E sei widersprüchlich. Denn es ist, wie das Sozialgericht ausgeführt hat, nicht zu bean-standen, die Einschränkung der Beweglichkeit des rechten Daumens als leichtgradig zu be-zeichnen. Aus dem klinischen Befund ergibt sich eine seitengleiche freie Beweglichkeit in bei-den Handgelenken, ein Druckschmerz im rechten Handgelenk ließ sich nicht auslösen, sowohl der Faustschluss der Langfinger als auch die Streckung waren komplett bzw. normal. Lediglich die Daumenopposition rechtsseitig war gemindert, denn der Daumen der rechten Hand konnte den kleinen Finger nicht erreichen. Außerdem war die Abduktion in der Handebene und recht-winklig zur Handebene leicht gemindert. Dies ergibt sich aus dem Messblatt für die oberen Gliedmaße nach der Neutral-0-Methode, das dem Gutachten beigefügt war. Dem Kläger sind sehr wohl feinmotorische Tätigkeiten möglich, denn er gab an, dass feine Tätigkeiten wie Schnürsenkel Zubinden oder Knöpfen mit der rechten Hand funktionieren würden. Allein die Reduzierung der groben Kraft um 1/3 sowie der Kraft des Feingriffes in demselben Umfang rechtfertigt nach der unfallmedizinischen Literatur keine MdE vom 20 v.H. Hier ist insbeson-dere zu berücksichtigen, dass der Verlust des Daumens im Grundgelenk mit einer MdE von 20 v.H. einzuschätzen ist. Es ist nicht ersichtlich, dass die bei dem Kläger noch bestehenden Un-fallfolgen einer solch schwerwiegenden Gesundheitseinschränkung gleichzustellen sind. Im Übrigen kommt es nicht darauf an, ob sich die Verletzungen an der rechten oder linken Hand befinden, denn eine seitendifferente MdE- Schätzung nach Gebrauchs- und Hilfshand ent-spricht nicht mehr den Beurteilungskriterien. Das Gleichbewerten der Hilfshand und der Gebrauchshand folgt aus der Erwägung, dass heute im allgemeinen Arbeitsleben der Versicher-te auf das Benutzen beider Hände stärker angewiesen ist als früher. Arbeiten, die den differen-zierten Einsatz der Hände und Finger erfordern, verdrängen schwere körperliche Tätigkeiten. Der Wandel in der Arbeitswelt erfordert zunehmend Geschicklichkeit und Feinmotorik beider Hände in einem sinnvollen Zusammenspiel. Schließlich werden viele Tätigkeiten wechselnd links wie rechts ausgeführt (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufs-krankheit, 7. A. 2003, Kap. 8.7.3.). Das Sozialgericht hat auch zutreffend entschieden, dass die MdE nicht wegen einer besonderen beruflichen Betroffenheit gemäß § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII zu erhöhen ist. Danach werden bei der Bemessung der MdE Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, dass sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen kön-nen, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden. Mit dieser Regelung bezweckte der Gesetzgeber keine Aufteilung in eine allgemeine und eine besondere MdE. Vielmehr sollen individuelle besondere Verhältnisse des Betroffenen berück-sichtigt und dabei unbillige Härten im Einzelfall vermieden werden. Nachteile liegen vor, wenn sich eine Unfallverletzung oder Berufskrankheit so auswirkt, dass eine gezielte Fähigkeit, die zum Lebensberuf geworden ist, nicht mehr ausgeübt werden kann und das Nichtberücksichti-gen von Ausbildung und Beruf bei der Bewertung der MdE zu einer unbilligen Härte führt. Die Prüfung einer unbilligen Härte erfolgt unter Heranziehung der Merkmale hohes Lebensalter, Dauer der Ausbildung, Eigenart des Berufes und die durch diesen erworbenen Spezialkenntnis-se, Dauer der Ausübung der speziellen Tätigkeit und eine somit bedingte Entfremdung gegen-über anderen, an sich zumutbaren Tätigkeiten sowie die soziale Stellung im Erwerbsleben. Bei der Prüfung sind strenge Maßstäbe anzulegen, um eine Aufweichung der die Verletzten über-wiegend begünstigenden abstrakten Schadensberechnung zu vermeiden (so BSG SozR 3-2200 § 581 Nr.7 m.w.N.). Danach kann im Fall des Klägers nicht von einem besonderen beruflichen Betroffensein aus-gegangen werden. Aus der Unfallmeldung des ehemaligen Arbeitgebers des Klägers ergibt sich, dass er den Beruf eines Zerspannungsfacharbeiters erlernt hat, bei dem Betrieb zur Zeit des Unfalls jedoch als Einrichter tätig war. Dem Sozialversicherungsausweis, der Daten ab 1. Januar 1979 bis 31. August 1991 enthält, ist zu entnehmen, dass der Kläger ab 1. Januar 1979 bis zum 31. Dezember 1989 als Einrichter tätig war. Danach arbeitete er als Schichtleiter bis zum 31. August 1991. Aus der Arbeits- und Sozialanamnese in dem Gutachten von Dr. RSer-gibt sich, dassder Kläger danach bis zum Jahre 2001 als Aluminiumfassadenmonteur tätig war und von März 2002 bis Februar 2003 zu Arbeiten in der Lager- und Büroverwaltung umge-schult wurde. Abgesehen davon, dass nicht erkennbar ist, dass und welche speziellen Fähigkei-ten und Kenntnisse in dem Beruf des Einrichters notwendig sind, hat der Kläger diesen Beruf nach dem Arbeitsunfall durchgehend weiter ausgeübt. Dass eine Beeinträchtigung seiner beruf-lichen Stellung durch die Folgen des am 18. März 1983 erlittenen Arbeitsunfalls eingetreten sein könnte, ist auch angesichts seines weiteren Lebenslaufes in keiner Weise zu erkennen. Die Voraussetzungen für eine unbillige Härte liegen damit nicht vor.

Letztlich kann sich der Kläger auch nicht mit Erfolg auf das gemäß § 109 SGG eingeholte Gut-achten des Chirurgen Dr. S vom 6. Oktober 2005 berufen, denn dieser hat ebenfalls festgestellt, dass die Gesundheitsstörungen in der rechten Hand, die durch die Quetschverletzung vom 18. März 1983 hervorgerufen sein könnten, keine höhere MdE als 10 v.H. rechtfertigen. Da der Kläger angegeben hat, außer dem Arbeitsunfall im Jahr 1983 keine weiteren Arbeitsunfälle erlitten zu haben, braucht die Frage, ob die MdE wegen der Unfallfolgen nun 10 v.H. oder we-niger als 10 v.H. beträgt, nicht entschieden zu werden. Denn eine so genannte Stützrentensitua-tion gemäß § 56 Abs. 1 S. 2 SGB VII liegt nicht vor.

Da die Verletzungen in der rechten Hand nicht mit einer MdE von mindestens 20 v.H. einzu-schätzen sind, kam eine Verletztenrentengewährung nicht in Betracht. Die Berufung war des-halb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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