L 3 RJ 94/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 21 RJ 63/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 RJ 94/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 09. Sep-tember 2004 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1957 geborene, schwerbehinderte Klägerin war nach der im Juli 1975 erfolgreich abge-schlossenen Ausbildung zur Friseurin bis September 1978 in diesem Beruf tätig. Von Januar 1980 bis Dezember 1989 war sie als Disponentin tätig. Ausweislich des Sozialversicherungs-ausweises war sie im Anschluss daran als Kranfahrerin und seit Januar 1991 als Lagerarbeite-rin beschäftigt. Nach ihren Angaben arbeitete sie seit September 1995 bis zur ihrer betriebsbe-dingten Kündigung im Juni 1999 als Wareneingangsarbeiterin bei TK. Vom 04. Februar bis 04. Oktober 2002 absolvierte sie erfolgreich eine Qualifizierungsmaßnahme "Fachkraft für Tele-fon- und Bürodienste" bei der L gesellschaft mbH, die die Beklagte mit der Gewährung von Übergangsgeld förderte. Gleichwohl stellte die Klägerin am 30. April 2002 einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Sie gab an, sich seit Januar 1999 wegen eines Fibromyalgie-Syndroms sowie eines HWS- und BWS-Syndroms für erwerbsunfähig zu halten.

Der Beklagten lag einen Vielzahl medizinischer Unterlagen vor, unter anderem ein sozialmedi-zinisches Gutachten des Medizinisches Dienstes der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg e. V. (MDK) vom 17. Juli 2000 mit der Diagnose Fibromyalgie ohne erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit, ein Entlassungsbericht der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Rheu-matologie und klinische Immunologie der C vom 21. Juni 2000, ebenfalls mit der Diagnose "Fibromyalgie-Syndrom, kein Anhalt für eine entzündlich-rheumatische Erkrankung", der Heilverfahrensentlassungsbericht der Rehabilitationsklinik Lvom 24. Oktober 2000 sowie ein Gutachten der Neurologin und Psychiaterin Dr. L vom 31. Januar 2001. Das Gutachten wurde zur Prüfung des Antrags auf Gewährung berufsfördernder Leistungen eingeholt. Die Sachver-ständige kam zu dem Ergebnis, die Klägerin, die an einem Fibromyalgie-Syndrom, einem HWS-Syndrom und Migräne leide, sei noch vollschichtig leistungsfähig für leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel der Haltungsarten. Berufsfördernde Leistungen seien jedoch bei feh-lender Motivation nicht indiziert.

Zur Ermittlung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin ließ die Beklagte diese durch die Ärztin für Innere Medizin/Rheumatologie -Sozialmedizin- R untersuchen und begutachten. In ihrem Gut-achten vom 04. Juli 2002 stellte die Sachverständige folgende Diagnosen:

1. unspezifische Arthralgien und Myalgien 2. blande HWS- und LWS-Syndrome ohne neurologische Defizite 3. Nierensteinleiden 4. behandeltes Schilddrüsenleiden, Euthyreose 5. allergisches Asthma bronchiale bei Nikotinabusus

Für schwere körperliche Arbeiten sei die Klägerin nicht geeignet, für leichte Tätigkeiten beste-he aber noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen von 6 Stunden und mehr.

Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 22. Juli 2002 ab und wies den Widerspruch der Klägerin, mit dem sie auf ihre vielfältigen Gesundheitsstörungen und auf ihre durch Bescheid des Landesamtes für Gesundheit und Soziales Berlin vom 26. Juli 2002 mit einen Grad der Behinderung (GdB) von 60 anerkannte Schwerbehinderung hinwies, mit Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2002 zurück.

Dagegen hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Berlin erhoben.

Das Sozialgericht hat zur Ermittlung des Sachverhalts zunächst Kopien aus der Schwerbehin-dertenakte der Klägerin beigezogen. Dann hat es Befundberichte der die Klägerin behandeln-den Ärzte, der Orthopäden Dr. G und B vom 31. März 2003, der Fachärztin für Allgemeinme-dizin Dipl.-Med. N vom 04. April 2003, der Internistin und Rheumatologin Dr. Sch vom 03. April 2003, der Internistin Dipl.-Med. Gvom 19. April 2003, des Urologen Dr. K vom 22. Ap-ril 2003 und der Neurologin und Psychiaterin Dr. Wvom 22. April 2003, eingeholt.

Im Anschluss daran hat das Sozialgericht ein Gutachten des Internistin, Gastroenterologen und Rheumatologen Prof. Dr. P, Chefarzt der Medizinischen Abteilung I am St. J-Krankenhaus in B, vom 11. November 2003 veranlasst. Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin an folgenden Gesundheitsstörungen leidet: 1. chronisches Schmerzsyndrom auf dem Boden einer Wirbelsäulenfehlhaltung, leichter degenerativer (verschleißbedingter) Wirbelsäulenveränderungen, einer Spreizfußdeformität sowie Großzehengrundgelenksarthrose rechts mit Zustand nach Hallux valgus-Operation sowie dringendem Verdacht auf eine ganz im Vordergrund stehende somatoforme Störung 2. Asthma bronchiale, und/ oder chronisch obstruktive Lungenerkrankung bei Nikotinabsus und Haustaubmilbenallergie 3. Bluthochdruck 4. Verdacht auf Reizdarm und Reizmagen 5. Mitralinsuffizienz I.° bei Prolaps des vorderen Mitralklappensegels 6. Cholesterinerhöhung im Blut 7. Schilddrüsenvergrößerung mit Knotenbildung innerhalb der Schilddrüse und normaler Schilddrüsenfunktionslage 8. beidseitige, derzeit asymptomatische Nierensteine sowie instabile Harnblase mit mittel-schwerer Harninkontinenz und Harnröhrenstenose 9. chronische Kieferhöhlenentzündung beidseits 10. allergische Nasenschleimhautreizung 11. Syndrom unruhiger Beine

Die Klägerin könne noch, ohne auf Kosten ihrer Gesundheit zu arbeiten, körperliche leichte Arbeiten in geschlossen Räumen in allen Haltungsarten unter Berücksichtigung weiterer quali-tativer Einschränkungen vollschichtig verrichten.

Der Empfehlung des Sachverständigen folgend hat das Sozialgericht dann ein weiteres Gutach-ten eingeholt, das von der Neurologin und Psychiaterin Dr. Scham 29. Mai 2004 erstellt wor-den ist. Dr. Sch hat festgestellt, dass die Klägerin auf neurologisch-psychiatrischen Gebiet an - anhaltender somatoformer Schmerzstörung, - Zervikalsyndrom mit rezidivierendem Zervikokranialsyndrom ohne Zeichen einer Wur-zelreiz- oder Wurzelkompressionssymptomatik bei nachgewiesenen degenerativer Ver-änderungen, - BWS-Syndrom bei Wirbelsäulenfehlhaltung, - LWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen ohne Zeichen einer Wurzelreizung- oder Wurzelkompressionssymptomatik - Restless legs- Syndrom leide. Sie könne noch täglich regelmäßig leichte körperliche Arbeiten überwiegend im Sitzen oder im gelegentlichen Wechsel der Haltungsarten vollschichtig verrichten.

Die Klägerin, die sich mit dem Ergebnis der Begutachtung nicht einverstanden erklärt hat, hat ausführlich ihre vielfältigen Leiden dargestellt und im Weiteren auf eine Broschüre der D R: "Fibromyalgie (GTM) – das andere Rheuma. Ein Leitfaden für Patienten mit Weichteilrheu-ma" verwiesen.

Durch Urteil vom 09. September 2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Klägerin stehe eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht zu, denn nach den gutachterlichen Feststellungen verfüge sie über ein vollschichtiges Leistungs-vermögen für leichte Arbeiten. Ihr Restleistungsvermögen sei nach den getroffenen Feststel-lungen nicht derart eingeschränkt, dass die Ausübung einer Tätigkeit auf dem weiten Feld des allgemeinen Arbeitsmarktes aktuell so erschwert erscheinen könne, dass eine Verweisungstä-tigkeit konkret bezeichnet werden müsse. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI. Bisheriger Beruf der Klägerin sei der einer Wareneingangsarbeiterin, den sie nicht mehr ausüben könne. Von der Tätigkeit als Friseurin habe sie sich gelöst. Gleichwohl sei sie nicht berufsunfähig, denn ausgehend von der zuletzt ausgeübten Beschäftigung als Wareneingangsarbeiterin, bei der es sich um eine ungelernte bzw. angelernte Tätigkeit handele, könne die Klägerin auf alle Arbeiten des allgemeinen Ar-beitsmarktes, die ihrem Leistungsvermögen entsprächen, verwiesen werden.

Gegen das am 25. September 2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11. Oktober 2004 Berufung eingelegt, mit der sie geltend macht, sie sei aufgrund ihrer Gesundheitsstörungen nicht mehr belastbar und vollschichtig einsetzbar. Sie könne nicht verstehen, dass die von ihr vorgelegten Befunde mehrerer Fachärzte vollkommen ignoriert worden seien. Es sei allein den vom Gericht eingeholten Gutachten gefolgt worden. 1978 habe ihr eine Orthopädin dringend geraten, den Beruf als Friseurin aufzugeben, denn sie habe die Scheuermannsche Krankheit diagnostiziert. Ihre Beschwerden hätten innerhalb ihrer 5-jährigen Tätigkeit als Friseurin trotz ständiger Physiotherapie an Intensität rapide zugenommen. Aus dem SV-Ausweis ergebe sich nicht der Name ihrer damals behandelnden Orthopädin, sondern nur deren damalige Adresse, wo sie heute aber nicht mehr praktiziere. Die Klägerin hat ein Zeugnis der L gesellschaft mbH vom 31. Oktober 2002 sowie ihr Fachar-beiterzeugnis vom 15. Juli 1975 in Kopie und zwei Sozialversicherungsausweise vorgelegt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 09. September 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22. Juli 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2002 zu verurteilen, ihr ab 05. Ok-tober 2002 Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts-akte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig aber unbegründet. Sie hat, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres An-spruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Ar-beitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Versicherte haben bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind. Voll erwerbsgemindert sind Versi-cherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich er-werbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 SGB VI).

Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist erwerbsgemindert nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Zur Überzeugung des Senats ist die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, denn sie kann noch mindestens 6 Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allge-meinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Dies folgt aus den schlüssigen und nachvollziehbar begründeten Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. Pund Dr. Sch.

Nach den gutachterlichen Feststellungen liegt der Schwerpunkt der Gesundheitsstörungen der Klägerin auf einem chronischen Schmerzsyndrom auf dem Boden einer Wirbelsäulenfehlhal-tung, leichter degenerativer (verschleißbedingter) Wirbelsäulenveränderungen, einer Spreiz-fußdeformität sowie Großzehengrundgelenksarthrose rechts mit Zustand nach Hallux valgus-Operation. Prof. Dr. P hat hier den Verdacht auf eine ganz im Vordergrund stehende somato-forme Schmerzstörung geäußert. Während im Bereich der mittleren Brustwirbelsäule mä-ßiggradig ausgeprägte degenerative Veränderungen nachgewiesen sind, finden sich an Hals- und Lendenwirbelsäule keine nennenswerten krankhaften Veränderungen. Nervenwurzelreiz-erscheinungen konnte Prof. Dr. P bei seiner Untersuchung nicht objektivieren. Er hat vielmehr festgestellt, dass die objektivierbaren Normabweichungen im Bereich der Wirbelsäule, der Kniegelenke sowie im Bereich der Füße auch nicht annähernd geeignet sind, das von der Klä-gerin zum Ausdruck gebrachte Schmerzsyndrom ursächlich zu erklären. Eine etwaige entzünd-liche rheumatische Erkrankung konnte der Sachverständige sicher ausschließen, denn es war weder klinisch noch laborchemisch oder röntgenologisch eine solche Erkrankung nachzuwei-sen. Als Ursache der Schmerzkrankheit hat der gerichtliche Sachverständige ein Fibromyalgie-Syndrom ausgeschlossen. Als Nachweis für das Vorliegen dieser Erkrankung hätten das Ame-rican College of Rheumatologie sowie eine deutsch-schweizerische Arbeitsgruppe um Lauten-schlager und Müller einen Kriterienkatalog aufgestellt, wonach im Bereich des Bewegungsap-parates 18 Punkte, und zwar überwiegend Ansatzpunkte von Muskeln bzw. Sehnen an Kno-chenstrukturen, definiert worden seien, von denen mindestens 11 bei einem Druck mit dem Finger unter einer Kraftentfaltung von 4 kp als schmerzhaft imponieren sollten. Nach Auswer-tung der vorliegenden medizinischen Befunde seien diese sogenannten Tenderpoints entweder überhaupt nicht aufgeführt worden oder sie hätten lediglich 8 der 18 Punkte erreicht. Bei seiner eigenen Untersuchung konnte der Sachverständige zwar bei 13 der 18 Tenderpoints einen Druckschmerz auslösen, allerdings bereits bei einer Kraftentfaltung von weit unterhalb von 4 kp. Darüber hinaus war bei seiner Untersuchung der Klägerin auch an anderen als den definier-ten Tenderpoints das charakteristische Druckschmerzphänomen auslösbar, was nach Auffas-sung von Prof. Dr. P eindeutig gegen das Vorliegen eines Fibromyalgie-Syndroms spricht. Von der von der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie eingesetzten Kommission zur Quali-tätssicherung sei hervorgehoben worden, dass bei dem Fibromyalgie-Syndrom an anderen als den definierten Tenderpoints das Druckphänomen eben nicht auslösbar sein sollte.

Die Frage, ob die Klägerin an einem Fibromyalgie-Syndrom leidet, kann jedoch dahinstehen, denn es kommt nicht auf die Bezeichnung der Erkrankung an, sondern auf die festgestellten Funktionsstörungen. Nur diese können für die Beurteilung der Frage, ob noch ein vollschichti-ges Leistungsvermögen vorliegt, maßgebend sein. An weiteren internistischen Diagnosen hat Prof. Dr. P ein Asthma bronchiale und / oder eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung, einen Bluthochdruck, Verdacht auf sogenannten Reizdarm und Reizmagen, eine Mitralinsuffizienz I.° bei Prolaps des vorderen Mitralklappen-segels, Cholesterinerhöhung, Schilddrüsenvergrößerung mit Knotenbildung, derzeit asympto-matische Nierensteine sowie instabile Harnblase mit mittelschwerer Harninkontinenz und Harnröhrenstenose, eine chronische Kieferhöhlenentzündung, Nasenschleimhautreizung und das Syndrom unruhiger Beine festgestellt.

Die von Prof. Dr. P festgestellten Gesundheitsstörungen schränken das quantitative Leistungs-vermögen der Klägerin nicht ein, d.h. sie kann mindestens 6 Stunden vollschichtig arbeiten. Allerdings ist das Leistungsvermögen qualitativ eingeschränkt. So kann die Klägerin wegen der degenerativen Veränderungen der Gelenke und der Wirbelsäule sowie wegen ihrer Atem-wegserkrankungen nur noch körperlich leichte Arbeiten in geschlossen Räumen bzw. im Freien unter Ausschluss ungünstiger Witterung sowie von Hitze, Kälte, Staub, Feuchtigkeit und Zug-luft verrichten. Wegen der Wirbelsäulenproblematik sind ihr einseitige körperliche Belastun-gen und Arbeiten auf Leitern und Gerüsten nicht mehr zumutbar, sie kann jedoch noch in allen Haltungsarten arbeiten. Stressbelastete Arbeit, wie z.B. Akkord- und Nachtschicht, sind wegen des Bluthochdruckes nicht mehr zumutbar. Ansonsten kann die Klägerin jedoch noch in festge-legtem Arbeitsrhythmus, an laufenden Maschinen und in Wechselschicht tätig sein. Ihre Fin-gergeschicklichkeit ist nicht beeinträchtigt, die Belastbarkeit der Wirbelsäule ist nur mittelgra-dig reduziert, die der Arme ist nicht relevant, die der Beine nur geringfügig vermindert. Aus internistischer Sicht sind die geistigen Fähigkeiten der Klägerin nur leicht beeinträchtigt, denn sie kann lediglich Arbeiten mit besonders hohen Anforderungen an die Konzentrationsfähigkeit wegen des damit verbundenen Stresses nicht mehr ausüben. Nach den Feststellungen des ge-richtlichen Sachverständigen ist die Wegefähigkeit der Klägerin erhalten. Aus internistischer Sicht hält er auch die arbeitsüblichen Pausen für ausreichend. Soweit er darauf hinweist, dass die Klägerin wegen der Harnblasenentleerungsproblematik die Gelegenheit haben müsse, zum Zwecke der Blasenentleerung ggf. auch mehrfach und während einer üblichen Arbeitsschicht den Arbeitsplatz zu verlassen und hierfür eine Toilette in leicht erreichbarer Nähe aufzusuchen, ist diese Einschränkung bereits dadurch abgedeckt, dass die Klägerin in geschlossenen Räumen arbeiten sollte. Im Übrigen hat bereits das Sozialgericht in den Entscheidungsgründen der an-gefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass der die Klägerin behandelnde Urologe Dr. K in seinem Befundbericht vom 22. April 2003 eine Verbesserung des urologischen Befundes be-schrieben hat. Deshalb hält der Senat die Einholung eines urologischen Gutachtens nicht für erforderlich.

Die Neurologin und Psychiaterin Dr. Sch hat auf ihrem Fachgebiet eine anhaltende somato-forme Schmerzstörung festgestellt. Ihre Diagnosen eines Zervikalsyndroms mit rezidivieren-dem Zervikokranialsyndrom ohne Zeichen einer Wurzelreiz- oder Wurzelkompressionssym-ptomatik bei nachgewiesenen degenerativen Veränderungen, eines BWS-Syndroms bei Wir-belsäulenfehlhaltung sowie eines LWS-Syndroms bei degenerativen Veränderungen ohne Zei-chen einer Wurzelreizung- oder Wurzelkompressionssymptomatik und eines Restless legs-Syndroms stimmen mit denen von Prof. Dr. P überein. Insbesondere bestätigt Dr. Schdie Diagnose einer somatoformen Störung. Die Gutachterin hat ausgeführt, das Fibromyalgie-Syndrom werde wegen der typisch ausgeprägten vegetativen Begleitsymptome und häufig psychischen Auffälligkeiten, wie Depression und Angst, den psy-chosomatischen Störungen, bzw. den anhaltenden somatoformen Schmerzstörungen zugerech-net. Sie verweist ausdrücklich darauf, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der medizinischen Diagnose Fibromyalgie und der beruflichen Leistungsfähigkeit nicht besteht, sondern nur zwischen krankheitsbedingten Einschränkungen und dem beruflichen Leistungs-vermögen. Es gehe um die Erfassung des Schmerzes als subjektiv erlebten Syndroms und des-sen Auswirkungen in Form von psychischen und sozialen Folgen. Durch die somatoforme Schmerzstörung sei eine Beeinträchtigung des Leistungsvermögens gegeben, jedoch nicht in einem Ausmaß, dass hierdurch eine quantitative Einschränkung bedingt sei. Dr. Sch kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Klägerin noch vollschichtig leichte körperliche Tätigkeiten möglichst in geschlossenen Räumen unter Vermeidung einseitiger körperlicher Belastung und Arbeiten auf Leitern und Gerüsten durchführen kann. Der Klägerin ist Arbeit an laufenden Ma-schinen jedoch nicht unter Zeitdruck, aber in Wechselschicht möglich. Die festgestellten Lei-den schränken die Klägerin auch nicht in der Ausübung der geistigen Arbeiten, die ihrer Aus-bildung und schulischen Bildung entsprechen, ein. Es sind sowohl mittelschwere als auch geis-tig anspruchsvolle Tätigkeiten möglich. Ausgeschlossen sind jedoch Tätigkeiten unter beson-ders hoher Stressexposition sowie anhaltend hohen Anforderungen an die Konzentrationsfä-higkeit. Die Sachverständige weist ausdrücklich darauf hin, dass die Behandlungsmöglichkei-ten sowohl der orthopädischen Gesundheitsstörungen als auch der somatoformen Schmerzstö-rung bei weitem nicht ausgeschöpft sind.

Der Senat hat keine Bedenken, der übereinstimmenden Einschätzung des Leistungsvermögens durch die gerichtlichen Sachverständigen zu folgen. Sie ist unter Auswertung sämtlicher vor-liegender Befunde der die Klägerin zuvor behandelnden Ärzte erfolgt und detailliert und nach-vollziehbar begründet worden. Sie stimmt mit der der im Verwaltungsverfahren tätig geworde-nen Gutachter im Wesentlichen überein. Die Klägerin hat keine Einwendungen vorgetragen, die das Ergebnis der medizinischen Ermittlungen in Frage stellen. Der Senat sieht auch keine Anhaltspunkte für weitere medizinische Ermittlungen.

Die Klägerin hat deshalb keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser oder sogar wegen voller Erwerbsminderung.

Die am 24. Januar 1957 geborene Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI. Danach haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Versicherte, die vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufs-unfähig sind. Berufunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als 6 Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähig-keit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähig-keiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Aus-bildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Be-rufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicher-ten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens 6 Stunden täg-lich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Wie gutachterlich festgestellt ist, besteht bei der Klägerin ein vollschichtiges Leistungsvermö-gen. Mit diesem Leistungsvermögen kann sie in dem Ausbildungsberuf als Friseurin nicht mehr arbeiten. Von dem Beruf als Friseurin hat sich die Klägerin mit dessen Aufgabe 1978 gelöst. Ob die Lösung aus gesundheitlichen Gründen erfolgt ist, wie die Klägerin geltend macht, konnte nicht festgestellt werden. Medizinische Unterlagen aus dieser Zeit liegen nicht vor, eine Nachfrage bei der die Klägerin 1978 behandelnden Orthopädin, die ihr geraten haben soll, den Beruf der Friseurin aufzugeben, war nicht möglich, da der Name der Ärztin von der Klägerin nicht benannt werden konnte und er sich auch nicht aus dem Sozialversicherungsaus-weis ergibt. Die Klärung der Frage, ob eine Lösung aus gesundheitlichen Gründen erfolgt ist, kann jedoch dahinstehen, denn die Klägerin ist zumutbar auf die Tätigkeit als Fachkraft für Telefon- und Bürodienste zu verweisen. Für diese Tätigkeit ist die Klägerin, die zuvor langjährig Büroarbei-ten verrichtet hat, durch Leistungen der Beklagten qualifiziert worden. Angesichts der nur ge-ringfügigen gesundheitlichen Störungen bestehen keine Zweifel, dass die Klägerin noch in der Lage ist, Telefon- und Bürodienste zu verrichten. Dazu war sie auch, wie sich aus dem Zeugnis der Firma Lgesellschaft mbH vom 31. Oktober 2002 ergibt, während der Qualifizierungsmaß-nahme in der Lage.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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