L 8 RA 73/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 3 RA 1419/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 RA 73/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. Juli 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Der Kläger begehrt die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Altersversorgungssystem der Anlage I zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) und der in diesen Zeiten erzielten Entgelte.

Der am 1926 geborene Kläger schloss ausweislich der Eintragungen in seinem Arbeitsbuch im Jahre 1950 seine Ausbildung zum Bauingenieur erfolgreich ab. Er war anschließend bei verschiedenen (auch volkseigenen) Betrieben in der DDR versicherungspflichtig beschäftigt. Seit dem 01. Januar 1957 war er ausweislich der Eintragungen im Sozialversicherungsausweis durchgehend als Bauingenieur in seinem Baubetrieb bis zum 30. Juni 1990 und darüber hinaus tätig. Ausweislich des Sozialversicherungsausweises entrichtete er seit dem 01. März 1975 für das 600,00 M monatlich übersteigende Einkommen bis zu einem Betrag von 1.200,00 M Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung der Sozialversicherung (FZR). Mitglied einer Zusatzversorgung war der Kläger während der vorgenannten Zeiten nicht; auch war ihm keine Versorgungszusage erteilt worden.

Seinen Antrag, mit dem er die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage I zum AAÜG begehrte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 03. November 2003 ab, weil eine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG nicht entstanden sei. Weder habe eine positive Versorgungszusage (Anwartschaft) zu Zeiten der DDR vorgelegen, noch sei am 30. Juni 1990 (Schließung der Zusatzversorgungssysteme) eine Beschäftigung ausgeübt worden, die – aus bundesrechtlicher Sicht – dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen gewesen wäre. Das AAÜG sei nicht anwendbar.

Der Widerspruch, mit dem der Kläger geltend machte, er habe in der DDR Anwartschaften auf Ansprüche auf Renten in der Sozialversicherung und in einem zusätzlichen Versorgungssystem rechtsmäßig erworben, blieb erfolglos. Im Widerspruchsbescheid vom 27. April 2004 führte die Beklagte unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aus, dass der Kläger keine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG erworben habe, denn er habe am 30. Juni 1990 im Beitrittsgebiet keine Beschäftigung mehr ausgeübt. Die ausgeübte selbständige Erwerbstätigkeit sei einer erforderlichen Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) oder einem gleichgestellten Betrieb nicht gleichzusetzen.

Die dagegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht mit dem angefochtenen Urteil vom 12. Juli 2004 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Der Kläger habe gegen die Beklagte als Versorgungsträger keinen Anspruch auf Feststellung einer Zusatzversorgungszeit und der versorgungsspezifischen Daten. Er sei nicht Berechtigter im Sinne des § 8 AAÜG, da das AAÜG auf ihn keine Anwendung finde. Das AAÜG gelte gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG nur für Ansprüche und Anwartschaften (Versorgungsberechtigungen), die auf Grund der Zugehörigkeit zu Zusatz- oder Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden seien und damit bei Inkrafttreten des AAÜG am 01. August 1991 bereits bestanden hätten (Hinweis auf Urteil des BSG vom 09. April 2002 – B 4 RA 3/02 R). Der Kläger habe jedoch am 01. August 1991 weder einen Anspruch auf Versorgung gehabt, noch habe am 01. August 1991 aus bundesrechtlicher Sicht eine Versorgungsanwartschaft bestanden. Angesichts einer fehlenden früheren Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem lasse die – näher dargestellte – Rechtslage die Anwendung des AAÜG nur zu, wenn am 30. Juni 1990 tatsächlich eine von einem Zusatzversorgungssystem erfasste Beschäftigung ausgeübt worden sei. Daran mangele es jedoch, da der Kläger am "Stichtag" selbständig einen Baubetrieb geführt habe. Er erfülle damit weder die Voraussetzungen für die Einbeziehung in die Zusatzversorgung auf Grund der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 noch nach der Verordnung über die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR vom 07. August 1950. Auch die hilfsweise beanspruchte analoge Anwendung der Regelungen der Versorgungssysteme komme nicht in Betracht. Diese (nachträgliche) Einbeziehung sei nur in Fällen möglich, in denen aus bundesrechtlicher Sicht auf Grund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage ein obligatorischer Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage bestanden hätte. Eine nachträgliche Erweiterung der in die Versorgungssysteme einbezogenen Personengruppen sei nicht (auch nicht im Wege der Analogie) möglich, da diesbezüglich das Neueinbeziehungsverbot des Einigungsvertrages entgegenstehe. Eine nachträgliche Korrektur der im Bereich der Zusatzversorgungssysteme am 30. Juni 1990 gegebenen abstrakt generellen Regelungen der DDR durch die vollziehende und rechtsprechende Gewalt der Bundesrepublik Deutschland sei nicht zulässig.

Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner Berufung gewandt, mit der er weiterhin die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem für seine Zeiten der Beschäftigung in den Jahren 1950 bis 1956 und der selbständigen Tätigkeit vom 01. Januar 1957 bis 30. Juni 1990 begehrt. Der Kläger ist der Auffassung, das Verfahren müsse im Hinblick auf noch anstehende Entscheidungen zu grundlegenden Problemen zum Ruhen gebracht oder ausgesetzt werden. Auch sei die Beklagte in ihrer Funktion als Versicherungsträger beizuladen und es sei über die Beschäftigungsverhältnisse des Klägers in der Zeit vom 19. April 1950 bis 30. Juni 1990 sowie bezüglich der Zusatzversorgungssysteme Beweis zu erheben.

Im Übrigen beantragt der Kläger,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. Juli 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 03. November 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2004 aufzuheben und die Zeit der Berufstätigkeit des Klägers als Angehöriger der technischen Intelligenz vom 19. April 1950 bis zum 30. Mai 1951 im Industrie-Entwurf VEB sowie vom 01. Juni 1951 bis zum 15. Februar 1953 in Berliner Volkseigene Wohnungsverwaltung als Architekt und Bauingenieur, vom 26. Februar 1953 bis zum 29. Oktober 1953 in der Sonderbauleitung der Deutschen Bauakademie als Bauleiter, vom 03. Dezember 1953 bis zum 07. Januar 1954 im Entwurfsbüro für Hochbau, vom 08. Januar 1954 bis zum 01. Mai 1956 als Oberbauleiter sowie vom 01. Januar 1957 bis zum 30. Juni 1990 als Architekt und Bauingenieur freischaffend bzw. in seinem Baubetrieb als Zeit der Mitgliedschaft in dem zusätzlichen Altersversorgungssystem für die technische Intelligenz (AVtI), hilfsweise in der Zeit vom 26. Februar 1953 bis zum 07. Januar 1954 als Mitglied der zusätzlichen Altersversorgung der wissenschaftlichen, pädagogischen, künstlerischen Intelligenz (AVI) anzuerkennen, hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, unter analoger Anwendung der Regelung über die AVtI bzw. über andere einschlägige Versorgungssysteme, die für Ärzte in eigener Praxis, Schriftsteller u. a. m. geschaffen wurden, die Mitgliedschaft in einem Zusatzversorgungssystem für die Zeit vom 01. Januar 1957 bis zum 30. Juni 1990 sowie die Daten über die Einkünfte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Sachverhaltes auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten (Versicherungsnummer ), die Gegenstand der Beratung gewesen sind, Bezug genommen.

Der Senat hat nach Anhörung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entschieden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und angesichts der eindeutigen Sach- und Rechtslage eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG).

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrten Feststellungen; für den Kläger sind keine Zeiten nach dem AAÜG im Zeitraum von April 1950 bis zum 30. Juni 1990 festzustellen.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf einen solchen gemäß § 8 Abs. 3 AAÜG zu erlassenden Bescheid, weil er nicht unter den Anwendungsbereich des AAÜG fällt (§ 1 Abs. 1 AAÜG). Dies hat das SG in dem angefochtenen Urteil unter ausführlicher Darlegung der Rechtslage und der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung zutreffend ausgeführt. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist daher der Senat auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (§ 153 Abs. 2 SGG).

Das Berufungsvorbringen gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Der Bevollmächtigte des Klägers wiederholt im Wesentlichen sein bisheriges, auch aus anderen gleichartigen Verfahren bereits bekanntes Vorbringen, mit dem er die höchstrichterliche Rechtsprechung weiterhin angreift. Angesichts der gefestigten Rechtsprechung sieht der Senat jedoch keinen Anlass, das Verfahren zum Ruhen zu bringen oder auszusetzen. Dies gilt umso mehr, als das Bundesverfassungsgericht bereits mit der Rechtsprechung des BSG zur "fiktiven Einbeziehung" befasst war und keine Verletzung von Grundrechten festgestellt hat (Nichtannahmebeschluss vom 04. August 2004 – 1 BvR 1557/01 -, zitiert nach Juris). Dem Beweisantrag war ebenfalls nicht zu folgen, da die entscheidungserhebliche Sachlage geklärt ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Gründe zur Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor; die Entscheidung entspricht der vom Sozialgericht angeführten höchstrichterlichen Rechtsprechung.
Rechtskraft
Aus
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