L 8 AL 62/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 55 AL 341/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 AL 62/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 9. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen eine von der Beklagten erstellte Bescheinigung. Die Beklagte gewährte dem Kläger ab dem 19. August 2002 Anschluss-Unterhaltsgeld bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 16. November 2002. Gegen den Bewilligungsbescheid vom 26. August 2002 ist ein Klageverfahren noch beim Sozialgericht Berlin anhängig (S 64 AL 4519/02-03-56). Über den Bezug des Anschluss-Unterhaltsgeldes stellte die Beklagte mit Datum des 18. November 2002 einen "Leistungsnachweis/Entgeltbescheinigung" aus, in dem für den Zeitraum 19. August bis 16. November 2002 ein Leistungsbetrag (und identisch ein Betrag für das Finanzamt) von 3.152,70 Euro und ein Entgelt für die Rentenversicherung von 5.811,- Euro ausgewiesen war. Den hiergegen vom Kläger eingelegten Widerspruch verwarf die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 3. Januar 2003 als unzulässig. Ein Verwaltungsakt sei nicht ergangen. Das Schreiben vom 18. November 2002 diene zur Information in einer Leistungsangelegenheit und zur Vorlage beim Finanzamt. Mit seiner Klage vor dem Sozialgericht hat der Kläger beantragt, den Leistungsnachweis/Entgeltbescheinigung vom 18. November 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. Januar 2003 aufzuheben "und ihn rechtsfehlerfrei und verfassungskonform neu auszufertigen", hilfsweise das Verfahren vorerst ruhen zu lassen. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass wegen der Leistungshöhe mehrere Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit noch anhängig seien. Deren Ergebnis werde sich auch auf den hier streitigen "Bescheid" auswirken. Ihm sei Bestandsschutz zu gewähren und infolge dessen das Bemessungsentgelt ebenso wie beim Arbeitslosengeld um 10 % zu erhöhen, da ihm seinerzeit Einmalzahlungen gewährt worden seien. Der "Bescheid" bescheinige angesichts dessen unrichtige Angaben. Es sei sicherzustellen, dass er nicht in Bestandskraft erwachse, da er später noch berichtigt und abgeändert werden müsse. Durch Gerichtsbescheid vom 9. Oktober 2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Widerspruchsbescheid sei rechtlich einwandfrei als unzulässig verworfen worden, weil der Leistungsnachweis keinen Verwaltungsakt darstelle. Mit der Berufung macht der Kläger geltend, dass der Leistungsnachweis nicht nur einer Information in einer Leistungsangelegenheit und zur Vorlage beim Finanzamt diene. Aus der Bescheinigung seien auch die an den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung übermittelten Beträge zu ersehen, die sich auf die Höhe seiner späteren Rente auswirken würden.

Der Kläger beantragt der Sache nach, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 9. Oktober 2003 und den Leistungsnachweis/Entgeltbescheinigung der Beklagten vom 18. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Januar 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn rechtsfehlerfrei und verfassungskonform neu auszufertigen, hilfsweise, das Verfahren ruhen zu lassen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat mit seinem auf Aufhebung des Leistungsnachweises/Entgeltbescheinigung vom 18. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Januar 2003 (Anfechtungsklage) und Verurteilung der Beklagten zur Erstellung eines Leistungsnachweises/Entgeltbescheinigung des von ihm gewünschten Inhalts (Leistungsklage) gerichteten Antrag keinen Erfolg. Was das Anfechtungsbegehren gegen den Leistungsnachweis vom 18. November 2002 angeht, beruht das darauf, dass ein Verwaltungsakt nicht ergangen ist. Verwaltungsakt ist nach § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Die Beklagte hat allein dadurch, dass sie den Kläger über die erhaltenen Leistungen und den Inhalt ihrer Meldung an den Träger der Rentenversicherung in Kenntnis gesetzt hat, keine "Regelung" in diesem Sinne getroffen. Sie hat damit weder auf dem Gebiet des Arbeitsförderungsrechts noch auf demjenigen der gesetzlichen Rentenversicherung durch Begründung, Veränderung oder Aufhebung eines subjektiven Rechts oder einer Pflicht eine Rechtsfolge gesetzt (s. zum Begriff der Regelung etwa Engelmann in von Wulffen, Kommentar zum SGB X, 4. Aufl. 2001, § 31 Rz. 24). Vielmehr hat sie gegenüber dem Kläger lediglich der ihr aus Gründen des Datenschutzes (s. Bundestags-Drucksache 11/2221 S. 21) auferlegten gesetzlichen Informationspflicht genügt und damit ohne erkennbaren Rechtsfolgewillen eine bloße Wissenserklärung abgegeben (s. Engelmann, a. a. O. Rz. 52). Soweit es um die Mitteilung von Entgelten für die Rentenversicherung geht, kann die Beklagte zudem mangels Rechtsgrundlage keine verbindlichen Rechtsfolgen im Einzelfall auf dem Gebiet der gesetzlichen Rentenversicherung setzen (s. zur Erforderlichkeit einer derartigen Ermächtigung Bundessozialgericht - BSG – in Entscheidungssammlung Sozialrecht – SozR - 4-2600 § 191 Nr. 1 unter Bezug auf BSG, Urteil vom 20. Dezember 2001 - B 4 RA 50/01 R -, zitiert nach Juris). Der Leistungsnachweis/Entgeltbescheinigung ist auch nicht als so genannter "formeller Verwaltungsakt" nach den für Verwaltungsakte geltenden Regelungen zu behandeln (s. dazu BSG SozR 4-2600 § 191 Nr. 1 und BSG, Urteil vom 24. Juli 2003 – B 4 RA 60/02 R -, zitiert nach Juris). Die Beklagte hat nicht den äußeren Anschein erweckt, sie wolle eine Regelung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts treffen. Insbesondere war das Schreiben vom 18. November 2002 weder als "Bescheid" bezeichnet noch mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Die gegen das Schreiben vom 18. November 2002 gerichtete Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) war damit unzulässig (BSG SozR 4-2600 § 191 Nr. 1). Die gegen den Widerspruchsbescheid vom 3. Januar 2003 gerichtete Klage war zwar zulässig, weil insoweit zweifelsfrei ein Bescheid vorliegt. Der Widerspruchsbescheid ist aber rechtmäßig ergangen, weil ein Widerspruchsverfahren nur bei Anfechtung von Verwaltungsakten durchzuführen ist (§ 78 SGG). Der Kläger hat gegen die Beklagte aber auch keinen im Wege der reinen Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG durchsetzbaren "Anspruch auf Meldung höheren Entgelts". Als Bezieher von Anschluss-Unterhaltsgeld steht ihm gegen die Beklagte nur ein subjektiv-öffentliches Recht auf schriftliche Mitteilung dessen zu, was die Beklagte dem Rentenversicherungsträger tatsächlich gemeldet hat (§ 191 Satz 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch in Verbindung mit § 28a Abs 5 Sozialgesetzbuch Viertes Buch). Das Gesetz gibt dem Leistungsbezieher dagegen kein subjektiv-öffentliches Recht gegen die Beklagte auf Abgabe der Meldung. Dafür besteht auch kein Grund, da sowohl die Prüfung, ob Beiträge in zutreffender Höhe zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet worden sind als auch die Feststellung rentenrechtlicher Tatbestände nicht in die Entscheidungskompetenz der Beklagten, sondern des Trägers der Rentenversicherung fallen (s. auch hierzu BSG SozR 4-2600 § 191 Nr. 1).

Ob dem Kläger für die Zeit vom 19. August bis zum 16. November 2002 eine höhere Leistung zugestanden hätte, ist in dem Rechtsstreit über den Bewilligungsbescheid vom 26. August 2002 klären. Bereits anhängige Rechtsstreite, in denen über die Höhe der Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung zu entscheiden ist, sind aus den genannten Gründen auch nicht vorgreiflich für die Entscheidung im hiesigen Rechtsstreit. Deshalb bestand weder Anlass, das Ruhen des Verfahrens anzuordnen noch dazu, es auszusetzen. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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