L 22 R 218/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 8 RA 174/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 R 218/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 08. Februar 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Feststellung der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersverssorgung für freischaffende bildende Künstler (AVfbK) für die Zeit vom 01. Dezember 1963 bis zum 31. Januar 1970 und vom 01. Februar 1974 bis zum 31. August 1986 sowie die Feststellung der während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte.

Der im Februar 1938 geborene Kläger hat den akademischen Grad eines Diplombildhauers an der Hochschule für Bildende und Angewandte Kunst B erlangt (Urkunde vom 26. Juni 1963). Vom 15. Juli 1963 bis zum 31. Januar 1970 und vom 01. Februar 1974 bis zum 31. Dezember 1986 war der Kläger freiberuflicher Bildhauer. In den Zeiten dazwischen und danach war er Dozent an der K B. Seit dem 02. Dezember 1963 gehörte er, zunächst als Kandidat und dann ab 16. Januar 1968 als ordentliches Mitglied, dem Verband der Bildenden Künstler Deutschlands an.

Bis zur Schließung des Versorgungssystems aufgrund der entsprechenden gesetzlichen Regelung der Volkskammer der DDR am 30. Juni 1990 war der Kläger nicht in dieses einbezogen. Im Dezember 2002 beantragte er bei der Beklagten die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Mit Bescheid vom 26. März 2003 gab die Beklagte diesem Antrag in Bezug auf die Beschäftigungszeit des Klägers vom 01. September 1986 bis zum 30. Juni 1990 in der Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen (AVI) statt, lehnte jedoch die Berücksichtigung der Zeiten bis zum 31. August 1986 ab, da die zusätzliche Altersversorgung für freischaffende bildende Künstler erst mit Wirkung zum 01. Januar 1989 eingeführt worden sei.

Auf den Widerspruch des Klägers hiergegen erkannte die Beklagte auch die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 01. Februar 1970 bis zum 31. Januar 1974 als berücksichtigungsfähig in der Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen an und stellte die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte fest (Bescheid vom 27. Januar 2004).

Im Übrigen wies sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. März 2004 zurück: Eine Einbeziehung in die AVfbK sei nur möglich, wenn eine positive Versorgungszusage vorläge.

Hiergegen hat sich die am 31. März 2004 beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhobene Klage gerichtet, zu deren Begründung der Kläger auf seine Mitgliedschaft im Verband der Bildenden Künstler Deutschlands verwiesen hat.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 27. Januar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2004 zu verurteilen, die Beschäftigungszeiten des Klägers als freiberuflicher bildender Künstler vom 01. Dezember 1963 bis zum 31. Januar 1970 sowie vom 01. Februar 1974 bis zum 31. August 1986 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem nach Nr. 16 der Anlage 1 zum AAÜG und die während dieser Zeit nachweislich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich hierzu auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden berufen.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 08. Februar 2005 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, das Präsidium des Ministerrates der DDR habe aufgrund des Vorschlages zur Verbesserung der Rentenversorgung für freischaffende bildende Künstler vom 02. Dezember 1988 mit Wirkung ab 01. Januar 1989 den Minister für Kultur ermächtigt, verdienstvollen freischaffenden bildenden Künstlern eine zusätzliche Altersversorgung der künstlerischen Intelligenz zu gewähren. Diese Ermessensentscheidung durch Organe der DDR, hier des Ministers für Kultur, könne durch Organe der Bundesrepublik nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts BSG (Urteil vom 18. Juni 2003, Az.: B 4 RA 50/02 R) nicht nachgeholt werden.

Gegen dieses den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 11. März 2003 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 11. April 2005. Es liege eine Ungleichbehandlung zwischen den Künstlern vor, die eine Versorgungszusage durch den Minister der Kultur der DDR erhalten hatten, und denen, bei denen dies nicht der Fall ist. Der Minister der Kultur habe auch insoweit keinen Ermessensspielraum gehabt.

Der Kläger beantragt:

1. Das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 08. Februar 2005, Az.: S 8 RA 174/04, wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 27. Januar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2004 verurteilt, die Beschäftigungszeiten des Klägers als freiberuflicher bildender Künstler vom 01. Dezember 1963 bis zum 31. Juli 1970 sowie vom 01. Februar 1974 bis zum 31. August 1986 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem nach Nr. 16 der Anlage 1 zum AAÜG und die während dieser Zeit nachweislich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Den Beteiligten ist mit Verfügungen vom 14. Juli 2005 und 21. Oktober 2005 mitgeteilt worden, dass eine Entscheidung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz SGG in Betracht kommt; ihnen ist Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen gegeben worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (), die bei der Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Da der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung insbesondere im Hinblick darauf, dass die Beteiligten bereits ausführlich ihre Argumente vorgebracht haben nicht für erforderlich hält, hat er nach deren Anhörung von der durch § 153 Abs. 4 SGG eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, durch Beschluss zu entscheiden.

Die Bescheide vom 26. März 2003 und 27. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2004 sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Zeiten vom 01. Dezember 1963 bis zum 31. Januar 1970 und vom 01. Februar 1974 bis zum 31. August 1986 als solche der Zugehörigkeit zur AVfbK sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte feststellt. Der Kläger hat für diese Zeiten keine Anwartschaften aufgrund einer Zugehörigkeit zu diesem Zusatzversorgungssystem erworben, denn er erfüllte insoweit nicht am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für eine Einbeziehung.

Nach § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und Abs. 2 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) hat der vor der Überführung der Ansprüche und Anwartschaften zuständige Versorgungsträger dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung unverzüglich die Daten mitzuteilen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind. Dazu gehören auch das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen des Berechtigten oder der Person, von der sich die Berechtigung ableitet, die Daten, die sich nach Anwendung von §§ 6 und 7 AAÜG ergeben, und insbesondere die Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, und die als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung gelten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG). Der Versorgungsträger hat dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung nach § 8 Abs. 2 AAÜG durch Bescheid bekannt zu geben (§ 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG).

Solche Zeiten der Zugehörigkeit liegen nach § 4 Abs. 5 AAÜG vor, wenn eine in einem Versorgungssystem erworbene Anwartschaft bestanden hatte (§ 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 3 AAÜG). Eine solche Anwartschaft setzt die Einbeziehung in das jeweilige Versorgungssystem voraus. Im Hinblick auf § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG genügt es grundsätzlich nicht, dass ein Anspruch auf Einbeziehung bestand, soweit dieser nicht auch verwirklicht wurde. Wie der Wortlaut dieser Vorschrift zeigt, wird allein auf Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem abgestellt. Dies setzt zwingend voraus, dass der Berechtigte tatsächlich in ein Versorgungssystem einbezogen worden war. Von diesem Grundsatz macht lediglich § 5 Abs. 2 AAÜG eine Ausnahme. Danach gelten als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem auch Zeiten, die vor Einführung eines Versorgungssystems in der Sozialpflichtversicherung zurückgelegt worden sind, wenn diese Zeiten, hätte das Versorgungssystem bereits bestanden, in dem Versorgungssystem zurückgelegt worden wären.

Eine solche Einbeziehung erfolgte in der AVfbK durch den Minister für Kultur der DDR. Lag sie am 30. Juni 1990 vor, hatte der Begünstigte durch diesen nach Art. 19 Satz 1 Einigungsvertrag (EV) bindend gebliebenen Verwaltungsakt eine Versorgungsanwartschaft. Einbezogen war aber auch derjenige, dem früher einmal eine Versorgungszusage erteilt worden war, wenn diese durch einen weiteren Verwaltungsakt in der DDR wieder aufgehoben worden war und wenn dieser Verwaltungsakt nach Art. 19 Satz 2 oder 3 Einigungsvertrag EV unbeachtlich geworden ist; denn dann galt die ursprüngliche Versorgungszusage fort. Gleiches gilt für eine Einbeziehung durch eine Rehabilitierungsentscheidung (Art. 17 EV). Schließlich gehörten dem Kreis der Einbezogenen auch diejenigen an, denen durch Individualentscheidung (Einzelentscheidung, zum Beispiel aufgrund eines Einzelvertrages) eine Versorgung in einem bestimmten System zugesagt worden war, obgleich sie von dessen abstrakt-generellen Regelungen nicht erfasst waren.

§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG hat den Kreis der einbezogenen Personen jedoch in begrenztem Umfang erweitert. Er hat damit das Neueinbeziehungsverbot des EV Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchstabe a, wonach die noch nicht geschlossenen Versorgungssysteme bis zum 31. Dezember 1991 zu schließen sind und Neueinbeziehungen vom 03. Oktober 1990 an nicht mehr zulässig sind, sowie den nach EV Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8 zu Bundesrecht gewordenen § 22 Abs. 1 Rentenangleichungsgesetz der DDR, wonach mit Wirkung vom 30. Juni 1990 die bestehenden Zusatzversorgungssysteme geschlossen wurden und keine Neueinbeziehungen mehr erfolgen, modifiziert. Danach gilt, soweit die Regelung der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, dieser Verlust als nicht eingetreten. Dies betrifft jedoch nur solche Personen, die auch konkret einbezogen worden waren. Der Betroffene muss damit vor dem 30. Juni 1990 in der DDR nach den damaligen Gegebenheiten in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen sein und aufgrund dessen eine Position wirklich innegehabt haben, dass nur noch der Versorgungsfall hätte eintreten müssen, damit ihm Versorgungsleistungen gewährt worden wären. Derjenige, der in der DDR keine bindende Zusage über die Einbeziehung in die AVfbK erhalten hatte, hatte nach deren Recht keine gesicherte Aussicht, im Versorgungsfall Versorgungsleistungen zu erhalten (vgl. BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R in SozR 3 8570 § 1 Nr. 1).

Das BSG hat wegen der bundesrechtlichen Erweiterung der Anwartschaft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG über die Regelungen der Versorgungssysteme hinaus einen Wertungswiderspruch innerhalb der Vergleichsgruppe der am 30. Juni 1990 Nichteinbezogenen gesehen. Nichteinbezogene, die früher einmal einbezogen gewesen seien, aber ohne rechtswidrigen Akt der DDR nach den Regeln der Versorgungssysteme ausgeschieden gewesen seien, würden anders behandelt als am 30. Juni 1990 Nichteinbezogene, welche nach den Regeln zwar alle Voraussetzungen für die Einbeziehung an diesem Stichtag erfüllt hätten, aber aus Gründen, die bundesrechtlich nicht anerkannt werden dürften, nicht einbezogen gewesen seien (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R). Wie oben ausgeführt, konnten zwar weder die ehemals einbezogenen, aber ausgeschiedenen Betroffenen, noch die Betroffenen, die zwar am 30. Juni 1990 alle Voraussetzungen für eine Einbeziehung erfüllt hatten, tatsächlich aber nicht einbezogen waren, nach den Regelungen der DDR mit einer Versorgung rechnen. Wenn bundesrechtlich jedoch einem Teil dieses Personenkreises, nämlich dem der ehemals einbezogenen, aber ausgeschiedenen Betroffenen, eine Anwartschaft zugebilligt wird, so muss nach dem BSG § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass eine Anwartschaft auch dann besteht, wenn ein Betroffener aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage nach den zu Bundesrecht gewordenen abstrakt-generellen und zwingenden Regelungen eines Versorgungssystems aus bundesrechtlicher Sicht einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte (BSG, Urteile vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R und B 4 RA 41/01 R). Der aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete rechtfertigende sachliche Grund für eine solche Auslegung ist darin zu sehen, dass bundesrechtlich wegen der zu diesem Zeitpunkt erfolgten Schließung der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 angeknüpft wird und es aus bundesrechtlicher Sicht zu diesem Zeitpunkt nicht auf die Erteilung einer Versorgungszusage, sondern ausschließlich darauf ankommt, ob eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden ist, derentwegen eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen war (zu Letzterem Urteile des BSG vom 24. März 1998 B 4 RA 27/97 R und 30. Juni 1998 B 4 RA 11/98 R).

Die oben genannte Rechtsprechung des BSG zum so genannten Stichtag des 30. Juni 1990 hat das BSG mit den weiteren Urteilen vom 18. Dezember 2003 B 4 RA 14/03 R und B 4 RA 20/03 R fortgeführt und eindeutig klargestellt. Im Urteil vom 08. Juni 2004 - B 4 RA 56/03 R hat das BSG betont, es bestehe kein Anlass, diese Rechtsprechung zu modifizieren. An dieser Rechtsprechung hat das BSG mit Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 12/04 R festgehalten. Eine Anwartschaft im Wege der verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, die eine Zugehörigkeit zum Versorgungssystem begründet, beurteilt sich allein danach, ob zum Zeitpunkt des 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für eine Einbeziehung vorgelegen haben.

Mit der oben genannten Rechtsprechung befindet sich das BSG nicht im Widerspruch zu seinen Urteilen vom 24. März 1998 B 4 RA 27/97 R und 30. Juni 1998 B 4 RA 11/98 R. In jenen Urteilen wird zwar nicht auf den 30. Juni 1990 abgestellt. Dies rührt ersichtlich daher, dass bereits durch den Zusatzversorgungsträger jeweils Zeiten der Zugehörigkeit bis zum 30. Juni 1990 festgestellt waren und lediglich um einen vor dem Zeitpunkt der Aushändigung beziehungsweise Gültigkeit der ausgehändigten Urkunde gestritten wurde. Diese Entscheidungen betrafen somit tatsächlich Einbezogene. Allerdings haben diese Urteile zu erheblichen Missverständnissen geführt, die unter anderem zur Folge hatten, dass seitens des Versorgungsträgers aber auch durch Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit Zeiten der Zugehörigkeit, insbesondere zur Altersversorgung der technischen Intelligenz AvtI , entgegen der tatsächlichen Rechtslage festgestellt wurden. Insbesondere die Formulierung, die Typisierung solle immer dann Platz greifen, wenn in der DDR zu irgendeinem Zeitpunkt (nicht notwendig noch zum 01. Juli 1990) eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden sei, derentwegen ein Zusatz- oder Sonderversorgungssystem errichtet gewesen sei, ist hierfür maßgebend gewesen. Dabei wurde jedoch verkannt, dass das BSG damit ausschließlich Zeiten von tatsächlich einbezogenen Berechtigten hat erfassen wollen. Über sonstige, nicht einbezogene Berechtigte, die also keinen Versicherungsschein erhalten hatten, hat das BSG mit diesen Urteilen überhaupt nicht entschieden. Auch das Urteil des BSG vom 10. April 2002 B 4 RA 32/01 R steht nicht entgegen. In jenem Urteil kam es auf den Zeitpunkt des 30. Juni 1990 nicht an.

Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, lagen beim Kläger am 30. Juni 1990 nicht die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVfbK vor.

§ 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG knüpft bei der Frage, ob eine Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem vorliegt, am Recht der DDR an, so dass es insoweit auf die maßgebenden Vorschriften des Beitrittsgebietes ankommt.

Es handelt sich hierbei grundsätzlich um die Gesamtheit der Vorschriften, die hinsichtlich des jeweiligen Versorgungssystems nach Anlage 1 und 2 AAÜG bestehen. Bezogen auf die AVfbK ist dies der im streitigen Zeitraum gültige Beschluss des Präsidiums des Ministerrates.

Allerdings sind nicht alle Regelungen über die Versorgungssysteme zu Bundesrecht geworden. Dies gilt u. a. zunächst für die Vorschriften über die Zuteilung von Versorgungszusagen. Insgesamt sind solche Regelungen kein Bundesrecht, die eine bewertende oder eine Ermessensentscheidung eines Betriebes, Direktors, einer staatlichen Stelle der DDR etc. vorsahen. Zu Bundesrecht sind nur diejenigen Vorschriften geworden, die als zwingende Bestimmungen gebundenen Verwaltungshandelns verstanden werden können (vgl. BSG, Urteil vom 10. April 2002 B 4 RA 18/01 R).

Der Kläger war am 30. Juni 1990 nicht freischaffender Künstler, sondern Dozent an einer Kunsthochschule. Er wurde daher in das dafür zuständige Versorgungssystem der AVI einbezogen und nicht in die AVfbK.

Damit lagen am 30. Juni 1990 nicht die Voraussetzungen der AVfbK vor.

Es ist somit unerheblich, ob, wie der Kläger vorträgt, der Kulturminister der DDR entgegen der Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 18. Juni 2003 - B 4 RA 50/02 R keine Ermessensbefugnis über die Einbeziehung hatte, da am 30. Juni 1990 eine Einbeziehung in keinem Fall erfolgen konnte. Aus der dargelegten Rechtsprechung des BSG geht hervor, dass eine nachträgliche Einbeziehung nur dann möglich ist, wenn eine obligatorische Einbeziehung und nicht eine bewertende (oder eine Ermessens-) Entscheidung erforderlich ist. Ob ein freischaffender Künstler ein hervorragender Künstler ist oder nicht, ist zumindest eine bewertende Entscheidung.

Unabhängig davon ist zudem nicht ersichtlich, dass "das Recht" des Ministers für Kultur auf Einbeziehung im vorliegenden Fall bestand. Nach Ziffer 2 des Beschlusses vom 16. November 1988 erhielt der Minister für Kultur das Recht, verdienstvollen freischaffenden bildenden Künstlern eine zusätzliche Altersversorgung zu gewähren, die (entweder bereits Rentner waren oder) ab Einführung der Verbesserung, also ab 01. Januar 1989, für ihr volles Einkommen bis zur Höchstgrenze Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) zahlten und wegen ihres Alters damit keinen angemessenen Rentenanspruch mehr erwarten konnten.

Vom Künstler wurde damit wenigstens die Zahlung von Beiträgen zur FZR ab 01. Januar 1989 erwartet, um überhaupt in den Genuss dieser zusätzlichen Versorgung kommen zu können.

Solche Beiträge zur FZR sind weder nach dem Sozialversicherungsausweis noch nach der Entgeltbescheinigung der Kunsthochschule B vom 20. Juni 2002 ersichtlich. Zudem hat der Kläger im Antrag auf Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften vom 25. November 2002 – eingegangen 02. Dezember 2002 – die Frage nach einer Beitragsentrichtung zur FZR verneint.

Worin eine willkürliche Ungleichbehandlung zwischen solchen Künstlern, die einbezogen wurden, und denjenigen, die dies nicht sind, bestehen soll, vermag sich dem Senat nicht zu erschließen. Gleiche Sachverhalte sind gleich und ungleiche ungleich zu beurteilen (BVerfGE 4, 144 ständige Rechtsprechung). Die Lebenssachverhalte jedoch, ob bis zum 30. Juni 1990 eine Versorgungszusage vom zuständigen Organ der DDR erteilt wurde oder nicht, sind ungleich, so dass das Anknüpfen ungleicher Rechtsfolgen daran unter keinem Gesichtspunkt als willkürlich angesehen werden kann. Im Gegenteil, eine nachträgliche Korrektur der im Bereich der Zusatz- und Sonderversorgungssystem am 30. Juni 1990 gegebenen (abstrakt-generellen) Regelungen der DDR durch die vollziehende oder die rechtsprechende Gewalt ist, auch soweit diese in sich willkürlich sind, nicht zulässig. Der Einigungsvertrag (EV) hat grundsätzlich nur die Übernahme zum 03. Oktober 1990 bestehender Versorgungsansprüche und -anwartschaften von "Einbezogenen" in das Bundesrecht versprochen und Neueinbeziehungen ausdrücklich verboten (Anlage 2 zum EV Sachgebiet H, Abschnitt III, Nr. 9 Buchstabe a und a. a. O. Sachgebiet F, Abschnitt III, Nr. 8 i. V. m. § 22 Abs. 1 Rentenangleichungsgesetz RAG , wonach mit Wirkung vom 30. Juni 1990 die bestehenden Zusatzversorgungssysteme geschlossen wurden und keine Neueinbeziehungen mehr erfolgten). Eine Erweiterung des einbezogenen Personenkreises durch die vollziehende Gewalt oder die Rechtsprechung ist im Hinblick auf Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG), wonach die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden sind, verfassungswidrig (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 3/02 R). Aus bundesrechtlicher Sicht kommt es bei der Auslegung auch nicht auf die praktische Handhabung der Versorgungsordnung durch die DDR oder auf deren Verwaltungspraxis an. Damit wird ausgeschlossen, dass beliebige Umstände des von dem Text der Versorgungsordnung vorgegebenen Rahmens, die sich mangels gesicherter faktischer Beurteilungsgrundlage nicht willkürfrei erschließen lassen, bei der Auslegung herangezogen werden (BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 34/01 R). Das Grundrecht auf Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG wird daher dadurch nicht berührt.

Eine weitergehende verfassungskonforme Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, also von bundesdeutschem Recht, ist nicht geboten. Ein Wertungswiderspruch entsteht nicht dadurch, dass für den Kläger keine Zeiten der Zugehörigkeit zur AVfbK festgestellt werden, denn er hatte nie eine Rechtsposition inne, die mit der der beiden oben genannten Personengruppen vergleichbar war. Das Verbot der Neueinbeziehung würde unterlaufen, wenn § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, ohne dass dies von Verfassungs wegen geboten ist, erweiternd ausgelegt würde (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R).

Diese Rechtsprechung des BSG hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nicht für verfassungswidrig gehalten (Beschluss vom 04. August 2004 - 1 BvR 1557/01). Es hat insoweit ausgeführt: "Es ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, dass sich das BSG bei der Durchführung ... am Wortlaut der Versorgungsordnungen orientiert und nicht an eine Praxis oder an diese Praxis möglicherweise steuernde unveröffentlichte Richtlinien der Deutschen Demokratischen Republik anknüpft. Zwar wird dabei auf eine Weise verfahren, welche in der Deutschen Demokratischen Republik und der Umstände nicht allein maßgeblich für die Aufnahme in Zusatzversorgungen war. Die mit der Auslegung des AAÜG befassten Gerichte sind aber verfassungsrechtlich nicht gehalten, die in der Deutschen Demokratischen Republik herrschende Praxis der Aufnahme in Systeme der Zusatzversorgung, soweit sie dem Text der Zusatzversorgungssysteme entgegenstand, im gesamtdeutschen Rechtsraum fortzusetzen. Würde man unter Missachtung des Textes der Versorgungsordnung Kriterien für die Aufnahme in die Versorgungssysteme entwickeln, würde dies zwangsläufig zu neuen Ungleichheiten innerhalb der Versorgungssysteme und im Verhältnis der Versorgungssysteme zueinander führen." In weiteren Entscheidungen hat das BVerfG seine Auffassung bestätigt (Beschlüsse vom 08. September 2004 - 1 BvR 1697/02, 1 BvR 1735/03, 1 BvR 1094/03, 1 BvR 2359/02 und vom 12. Oktober 2004 - 1 BvR 1855/04).

Die Berufung des Klägers muss mithin erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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