L 22 RA 60/01

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 9 RA 359/99
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 RA 60/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 21. März 2001 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der 1951 geborene Kläger erlernte zunächst von 1966 bis 1970 den Beruf des Rinderzüchters und studierte von September 1970 bis April 1972 an der H. Danach arbeitete er von Mai 1972 bis September 1988 als Schlosser/Schweißer. Daneben schloss er eine Fachschulausbildung zum Ingenieurökonomen ab (Zeugnis vom 27. Juni 1980). Von September 1988 bis März 1989 arbeitete der Kläger als Chef der Materialwirtschaft und von April 1989 bis April 1990 als Mitarbeiter in der Materialwirtschaft beim R F beziehungsweise SV B. Danach war er von Dezember 1990 bis September 1991 Vertriebsingenieur bei der Firma S E und von Oktober 1991 bis Mai 1997 im Dienstleistungsgewerbe selbstständig tätig. Vom 04. August 1997 bis 05. Juni 1998 durchlief er an der Deutschen Angestelltenakademie einen Lehrgang Marketing und Vertriebsfachkraft. Von September 1999 bis Februar 2001 war er Projektleiter der Beschäftigungs- und Qualifizierungs GmbH als AM und ist seitdem arbeitslos. Neben seiner Arbeitslosigkeit arbeitet er als Dozent auf Honorarbasis.

Am 09. Juli 1998 beantragte der Kläger bei der Beklagten Rente wegen Berufs- beziehungsweise Erwerbsunfähigkeit und begründete dies damit, er sei wegen Kniebeschwerden, Ausfallerscheinungen an der Lendenwirbelsäule, Beschwerden der Arme und Bandscheibenvorfälle nicht mehr in der Lage, einer regelmäßigen Tätigkeit nachzugehen. Die Beklagte zog einen Entlassungsbericht des W Krankenhauses, indem der Kläger vom 20. Juli 1998 bis 28. Juli 1998 stationär behandelt worden war, bei und ließ ihn durch den Chirurgen Dr. Dr. A begutachten. Dieser stellte die Diagnosen:

- ein erfolgreich operiertes Cervikobrachialsyndrom mit geringen Restbeschwerden in der Etage C 6/C 7

- Lumbalgie bei fortgeschrittener lumbaler Spondylose

- initiale Iliosacralarthrose

- Meniskopathie rechts ) links

und gelangte zu der Auffassung, der Kläger könne für zwei Stunden bis unterhalbschichtig als selbstständiger Dienstleister arbeiten, für körperlich leichte Tätigkeiten sei er vollschichtig einsatzfähig. Die Beklagte holte hierzu eine Stellungnahme ihres Beratenden Arztes Dr. A ein, der die Auffassung vertrat, der Kläger sei für leichte Tätigkeiten im Innendienst vollschichtig geeignet.

Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 30. September 1998 ab. Auf den Widerspruch des Klägers hin zog die Beklagte neue ärztliche Unterlagen bei und gewährte dem Kläger eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation in der M Klinik B vom 13. Januar 1999 bis 03. Februar 1999. im Entlassungsbericht vom 22. Februar 1999 finden sich die Diagnosen:

- radikuläres Schmerzsyndrom S 1 links bei erheblicher lumbosakraler Degeneration und Verdacht auf NPP L 5/S 1

- latente affarente Läsion der sensiblen Bahnen C 8 rechts bei Zustand nach ventraler Fusion HWK 6/7 am 21. Juli 1998.

Der Kläger sei arbeitsfähig und könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten und die Arbeit als Marketingmanager vollschichtig verrichten. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02. Juni 1999 zurück.

Hiergegen hat sich die am 14. Juni 1999 beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhobene Klage gerichtet, mit der der Kläger die Auffassung vertreten hat, die Beklagte habe die bei ihm bestehenden körperlichen Beeinträchtigungen nicht hinreichend gewürdigt: Tatsächlich könne er nur drei bis vier Stunden täglich arbeiten.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30. September 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Juni 1999 zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise Berufsunfähigkeit auf den Antrag vom 18. August 1998 zu zahlen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich auf den Inhalt der angefochtenen Verwaltungsakte bezogen, die durch den Inhalt der Ermittlungen des Sozialgerichts bestätigt seien.

Das Sozialgericht hat zunächst Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte und Krankenanstalten beigezogen und sodann mit Beweisanordnung vom 29. November 1999 den Orthopäden Dr. R zum Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens über das dem Kläger verbliebene Leistungsvermögen beauftragt. Der Sachverständige erstattete sein Gutachten am 18. Mai 2000 mit den Diagnosen:

1. Fortgeschrittene Wirbelsäulendegeneration bei

- Zustand nach Bandscheibenentfernung und Versteifung C 6/7 mit bestehenden Funktionsstörungen und zeitweiser Wurzelreizung C 8 rechts

- degenerativen HWS Veränderungen mit Blockierungen C 2/3 und C 5/6

- fortgeschrittenen degenerativen BWS Veränderungen (Spondylosis hyperostotica) mit statisch muskulärer Fehlhaltung und funktionellen Blockierungen bei Verkettungssyndrom

- fortgeschrittener Bandscheibendegeneration L 4/5 und L 5/S 1 mit wiederkehrendem Wurzelreizsyndrom S 1 links

- Blockierung ISG Fuge links

2. Mittelgradige Kniegelenksabnutzung links ) rechts mit endgradiger Einschränkung und Bewegungsfunktion.

Daraus folge eine Leistungsfähigkeit dahingehend, dass der Kläger leichte körperliche Tätigkeiten mit Einschränkungen für Knie und Wirbelsäulen belastende Arbeiten noch vollschichtig verrichten könne. Er könne daher im erlernten und durchgeführten Beruf als Wirtschaftsingenieur und in artverwandten Berufen arbeiten und sei in der Lage, Arbeitswege in zumutbarer Zeit zurückzulegen.

Auf berufskundlichem Gebiet hat das Sozialgericht eine Arbeitgeberauskunft der S GmbH E, der Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft und einen Auszug aus dem Systematischen Handbuch der Berufe, Band 2. über die Tätigkeit eines Maschinenbauingenieurs beigezogen.

Mit Urteil vom 21. März 2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, Hauptberuf des Klägers sei die Tätigkeit als Vertriebsingenieur, die zuletzt versicherungspflichtig ausgeübt worden sei. Diese Tätigkeit könne der Kläger noch vollschichtig ausüben, wie sich aus den medizinischen Feststellungen ergebe.

Gegen dieses dem Kläger am 11. April 2001 zugestellte Urteil richtet sich dessen Berufung vom 18. April 2001, in der er sein Vorbringen wiederholt, sein Gesundheitszustand sei falsch bewertet worden; tatsächlich sei er nicht in der Lage, regelmäßig vollschichtig zu arbeiten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 21. März 2001 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom 30. September 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Juni 1999 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und wegen Berufsunfähigkeit ab 01. August 1998, hilfsweise Rente wegen Erwerbsminderung ab 01. Januar 2001 zu gewähren und die höchste Rente zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und durch die Beweisaufnahme des Senats für bestätigt.

Der Senat hat zunächst neue Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte der Landesklinik E beigezogen. Darin ist angegeben, dass der Kläger dort vom 16. August 2001 bis 23. August 2001 wegen einer Alkoholvergiftung stationär behandelt worden sei und bei ihm eine Alkoholkrankheit bestehe.

Der Senat hat diese Unterlagen dem Sachverständigen Dr. R zu einer ergänzenden Stellungnahme zugeleitet. Dieser hat am 22. Januar 2002 die Auffassung vertreten, auf seinem dem orthopädischen Fachgebiet ergebe sich keine Änderung.

In Bezug auf den von der Klinik Eberswalde beschriebenen Alkoholismus hat der Senat den Nervenarzt Dr. K zum Sachverständigen ernannt. Dieser hat sein Gutachten am 25. Oktober 2002 erstattet und folgende Diagnosen gestellt:

- chronischer Alkoholismus (Alkolabhängigkeitssyndrom)

- Verdacht auf Hepatopathie und Pankreopathie alkoholtoxischer Genese

- Zustand nach zervikaler Bandscheibenoperation mit sensiblem Residum bei C 6

- vertebragenes Schmerzsyndrom bei degenerativen WS Veränderungen

- Kniegelenksarthrose

Die wesentliche Gesundheitsstörung auf dem Fachgebiet Psychiatrie/Neurologie sei ein Alkoholabhängigkeitssyndrom, das seit 1986 wiederholt zu stationären Entgiftungen geführt habe. Dies zeigen die in den Unterlagen der Landesklinik E dokumentierten epileptischen Reaktionen und ein Delirium tremens (Alkoholpsychose). Auch das von dem Internisten Dr. K beschriebene Leberleiden und die Entzündung der Bauchspeicheldrüse seien auf eine alkoholtoxische Organschädigung zurückzuführen, obwohl der Kläger seinen Alkoholkonsum bagatellisiere. Der Kläger habe die Vorstellung, nicht mehr erwerbsfähig sein zu können, die sich durch neurologisch-psychiatrische Befunde nicht stützen lasse. Zwar führe seine Trunksucht zu einer zeitweiligen Beeinträchtigung des Befindens und der Leistungsfähigkeit für den Zeitraum einer Trinkphase, daraus resultiere jedoch keine dauernde Erwerbsunfähigkeit, solange nicht ausgeprägte alkoholtoxische Organschäden, wie Leberzirrhose, Hirnabbau, sich häufende Alkoholpsychosen mit Demenzprozess oder schwere Polyneuropathien, vorliegen. Diese Komplikationen des Alkoholismus jedoch seien beim Kläger bis auf eine geringe Hepatopathie und Pankreopathie noch nicht nachweisbar. Von dieser Vorstellung müsse er sich aus eigener Kraft lösen und hinsichtlich des Alkoholismusproblems sollte er fremde sachkundige Hilfe in Anspruch nehmen. Die von ihm zurzeit ausgeübte Tätigkeit eines Dozenten mit reiner Unterrichtstätigkeit könne er vollschichtig verrichten. Er könne auch sonst leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten verrichten und sei auch in seinen geistigen Fähigkeiten nicht beeinträchtigt, da trotz des langjährigen Alkoholismus noch keine Hinweise auf eine entsprechende Hirnleistungsschwäche vorlägen. Als Vertriebsingenieur, Projektleiter oder für allgemeine Büroarbeiten sei er vollschichtig einsatzfähig. Der Kläger sei wegefähig.

Zu diesem Gutachten hat der Kläger darauf verwiesen, dass er zwischenzeitlich im Oktober 2002 erneut in stationärer Behandlung in der Landesklinik E gewesen war (20. Oktober bis 05. November 2002). Der behandelnde Psychologe L hat mitgeteilt, beim Kläger sei eine Alkoholvergiftung und ein nachfolgendes ausgeprägtes Alkoholentzugssyndrom bei Alkoholabhängigkeit festgestellt worden, bei Aufnahme sei durch den Stationsarzt Arbeitsunfähigkeit festgestellt worden. Während des Aufenthalts seien die Entzugserscheinungen abgeklungen, die Blutdruck- und Pulswerte hätten sich normalisiert und es sei eine psychische Stabilisierung eingetreten, so dass ab 05. November 2002 keine Notwendigkeit einer stationären Behandlung mehr vorgelegen habe. Hierzu hat der Sachverständige Dr. K am 12. September 2003 dahingehend Stellung genommen, dass durch die neuen medizinischen Unterlagen seine Auffassung bestätigt werde. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, Kern seiner Beeinträchtigungen sei nicht der Alkoholismus, sondern die orthopädischen Probleme.

Daraufhin hat der Senat die Unterlagen erneut dem Sachverständigen Dr. R zugeleitet, der unter Auswertung aller neu eingeholten Unterlagen zu der Auffassung gelangt ist, eine neue Untersuchung sei nicht erforderlich, da keine neuen Befunde mitgeteilt worden seien, und es verbleibe bei seiner Leistungsbeurteilung. Der Kläger hat einen Arztbrief der Landesklinik E an die behandelnde Allgemeinmedizinerin F vom 13. Mai 2004 übermittelt, wonach er sich am 28. Februar 2004 einer Tablettenintoxikation mit suizidaler Absicht unterzogen hat. Er habe nach Stabilisierung eine weitere psychotherapeutische Behandlung nach ausreichender Befindlichkeitsverbesserung abgelehnt und sich auf die ambulant angebahnte Psychotherapie bei Dipl. Psych. S berufen. Dieser hat dem Senat mitgeteilt, der Kläger leide an depressiver Symptomatik mit chronischen Schmerzzuständen und befinde sich bei ihm deshalb in fortlaufender psychotherapeutischer Behandlung auf verhaltenstherapeutischer Grundlage mit insgesamt günstiger Prognose.

Sodann hat der Kläger beantragt, den Orthopäden Dr. Z gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz SGG zum Sachverständige zu ernennen. Dem ist der Senat mit Beweisbeschluss vom 18. Juli 2005 gefolgt.

In dem am 26. September 2005 erstatteten Gutachten stellt der Sachverständige folgende Diagnosen:

1. thorakales Lokalsyndrom bei degenerativen Residuen eines alten abgelaufenen Morbus Scheuermann und überbrückender Spondylosis hyperostotica (Morbus Forestier)

2. mäßige Gon- und Femoropatellararthrose, rechts deutlicher als links

3. zervikales Lokalsyndrom bei mäßiggradig degenerativen Veränderungen und Zustand nach Fusion C 5/6

4. lumbales Lokalsyndrom bei deutlicher Osteochondrose L 4/5 und L 5/S 1

5. beginnende Periarthrose coxae beidseits bei beginnender Coxarthrose

6. beginnendes Schmerzsyndrom beider Rückfüße mit Exostosen am Kalkaneus kaudal und planatar

7. Hallux rigidus beidseits bei Hohl-Spreizfuß (klinisch stumm verlaufend)

Diese orthopädischen Erkrankungen seien degenerativer Art, lägen dauernd vor und seien in absehbarer Zeit keiner Besserung zugänglich. Auch die Durchführung von Rehabilitationsmaßnahmen werde keine Besserung erbringen, da von einer leichten Progredienz auszugehen sei, wie sie arthrotischen Veränderungen eigen sei. Beim Kläger bestünden demnach objektiv nachweisbare Erkrankungen; dieser habe jedoch die Auffassung, dadurch sei seine Leistungsfähigkeit so eingeschränkt, dass er einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nicht mehr nachgehen könne. Es bestünde insoweit eine Diskrepanz zwischen den subjektiv empfundenen Beschwerden und den objektiv nachweisbaren Einschränkungen: Tatsächlich könne der Kläger trotz der genannten Erkrankungen noch vollschichtig arbeiten. Er könne nämlich überwiegend körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel der Haltungsarten verrichten, wonach monotone Körperhaltungen nicht in Zeiträumen von mehr als maximal 45 bis 60 Minuten abverlangt werden sollten. Der Kläger gehe als Honorardozent auch einer Tätigkeit nach, die teilweise in einem mehr als sechsstündigen Arbeitstag ablaufe, er selbst sehe sich jedoch nicht dazu in der Lage, dies täglich zu tun. Insgesamt könne der Kläger als Vertriebsingenieur, Projektleiter und in allgemeinen Büroarbeiten eingesetzt werden. Zurzeit arbeite er als Honorardozent und übe auch dort entsprechend den Anforderungen zeitweise vollschichtige Tätigkeiten aus, wenn dies von ihm angefordert werde, wie er gegenüber dem Sachverständigen im Beisein von dessen medizinischem Personal selbst geäußert habe. Er könne auch Arbeitsstellen in zumutbarer Zeit aufsuchen. Der Sachverständige Dr. Z hat zu Einwendungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers hierzu am 28. November 2005 Stellung genommen und dargelegt, dass vollschichtiges Leistungsvermögen vorliege, was sich auch bereits daraus ergebe, dass tatsächlich vollschichtige Tätigkeiten, wenn auch nicht jeden Tag, ausgeübt werden. Wenn der Prozessbevollmächtigte des Klägers ausführe, die Begutachtung sei nicht vollumfänglich durchgeführt worden, verweise er darauf, dass eine Begutachtung nicht nur dann vollumfänglich durchgeführt sei, wenn das vom Kläger gewünschte Ergebnis zutage trete. Wenn durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers behauptet werde, das Gutachten ginge davon aus, dass die zeitweiligen Alkoholprobleme des Klägers mit seinem Leistungsvermögen zu tun hätten, so sei dies falsch. Er habe diese Problematik lediglich in der Anamnese, und zwar der Eigenanamnese des Klägers, wiedergegeben, sich in seiner Leistungsbeurteilung jedoch auf das orthopädische nämlich sein Sachgebiet beschränkt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 30. September 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Juni 1999 ist rechtmäßig. Der Kläger hat weder Anspruch auf Rente wegen Berufs- noch wegen Erwerbsunfähigkeit. Ihm steht auch Rente wegen Erwerbsminderung nicht zu.

Als Anspruchsgrundlagen kommen auch weiterhin die §§ 43, 44 Sozialgesetzbuch Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) in der Fassung des vor dem am 01. Januar 2001 in Kraft getretenen Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (EM Reformgesetz vom 20. Dezember 2000) in Betracht. Nach § 300 Abs. 2 SGB VI sind aufgehobene Vorschriften dieses Gesetzbuches auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhebung geltend gemacht wird. Dies ist vorliegend der Fall, denn der maßgebende Antrag wurde vor der Gesetzesänderung gestellt.

Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie berufsunfähig sind und weitere beitragsbezogene Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs. 2 SGB VI).

Der Beruf des Vertriebsingenieurs ist hiernach maßgeblicher Beruf. Der Kläger hat eine Ausbildung zum Ingenieurökonom durchlaufen, die nunmehr derjenigen eines Wirtschaftsingenieurs gleichgestellt ist, und hat zuletzt versicherungspflichtig in seinem Berufsfeld als Vertriebsingenieur gearbeitet. Der Kläger kann diese Tätigkeit sowie eine andere Tätigkeit als Wirtschaftsingenieur weiterhin vollschichtig ausüben, da diese keine körperlichen Anforderungen stellen, die über diejenigen einer leichten Büroarbeit, die dem Kläger nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme möglich ist, hinausgehen. Alle den Kläger untersuchenden Sachverständigen, auch der vom Kläger selbst benannte Dr. Z, haben diese Auffassung vertreten und lediglich der Kläger selbst ist der Auffassung, er sei nicht erwerbsfähig. Darauf kann eine Entscheidung des Senats nicht gestützt werden, sondern lediglich auf die objektiven Feststellungen der Sachverständigen. Diese sind in sich schlüssig, da degenerative Veränderungen der Wirbelsäule und der Gelenke zwar dazu führen, dass, wie von den Sachverständigen dargelegt, nur noch leichte und allenfalls gelegentlich mittelschwere Arbeiten verrichtet werden können und dass ein Wechsel der Haltungsarten notwendig ist, im Übrigen aber die Leistungsfähigkeit ohne eine zeitliche Einschränkung weiter besteht.

Dem Kläger ist auch keine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach § 44 Abs. 1 SGB VI zu gewähren.

Nach § 44 Abs. 2 SGB VI sind Versicherte erwerbsunfähig, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben und Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt.

Bei dem bereits dargelegten vollschichtigen Leistungsvermögen liegen diese Voraussetzungen, die noch weitergehende Leistungseinschränkungen als bei der Berufsunfähigkeit erfordern, nicht vor.

Schließlich kann dem Kläger auch keine Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI in der Fassung des EM Reformgesetzes (SGB VI n. F.) gewährt werden, denn er ist noch nicht einmal teilweise erwerbsgemindert.

Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI n. F. sind Versicherte teilweise erwerbsgemindert, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Diese Voraussetzung kann notwendigerweise bei einem noch vollschichtigen Leistungsvermögen nicht vorliegen.

Die Berufung muss daher erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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