Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 12 RJ 423/98
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 RJ 178/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 13. September 2000 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der 1948 geborene Kläger, der zunächst den Beruf des Maurers erlernt und 1986 einen Abschluss als Berufskraftfahrer erlangt hatte, arbeitete von 1980 an beim VEB Grünanlagen und Bestattungswesen Potsdam als Kraftfahrer, Bestatter und Handwerker. Diese Tätigkeit setzte er beim Rechtsnachfolger, dem Bestattungsinstitut Krüger GmbH, von 1990 bis 1994 als Bestatter und Kraftfahrer fort. Von 1994 bis 1995 war er bei der SERO Potsdam Kraftfahrer und Disponent und von Juli 1995 bis November 1995 Maurer und Haushandwerker bei einer Gebäudeverwaltungsgesellschaft.
Nachdem der Kläger 1969 einen Unfall mit einer Querschnittslähmung erlitten hatte, dauerte es zirka ein Jahr, bis sich diese zurückbildete. Dennoch war der Kläger danach wieder wie dargelegt von 1980 an als Kraftfahrer, Bestatter und Handwerker vollschichtig und vollwertig tätig. Mitte der 90 er Jahre verschlechterte sich die bei ihm vorhandene Symptomatik, insbesondere litt der Kläger zunehmend an Sensibilitätsstörungen der linken unteren Extremität und befand sich daher im Januar und Februar 1996 in der Neurochirurgischen Abteilung des Klinikums B. Es wurde ein Lendenwirbelkörper operiert und durch einen Titankorb substituiert. An diese Operation schloss sich eine Rehabilitation in der Reha Klinik H vom 05. März 1996 bis 02. April 1996 an. Im Entlassungsbericht wurde über den Zustand nach einer Lendenwirbelkörper 1 Fraktur 1969, eine Laminektomie D 12/L 1^sowie eine Dekompression und Resektion des ersten Lendenwirbelkörpers und Ersatz durch einen Titankorb berichtet.
Am 09. April 1997 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbs- beziehungsweise Berufsunfähigkeit und begründete dies damit, dass er durch die Gefühlsstörungen in den Beinen im Gehen behindert sei und eine sich verschlechternde Inkontinenz vorläge.
Die Beklagte ließ den Kläger durch den Neurologen Dr. Z begutachten. Dieser gelangte bei seiner Untersuchung am 23. Mai 1997 zu der Auffassung, der Kläger könne nicht mehr unter anhaltender statischer Belastung arbeiten. Insbesondere Arbeiten mit ständigem Bücken, Heben und Tragen von Lasten sowie mit Erschütterungen seien nicht zumutbar. Die Inkontinenz allerdings sei von geringer Ausprägung, so dass der Kläger insgesamt nur noch leichte Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten, diese jedoch vollschichtig, verrichten könne.
Die Beklagte wies den Rentenantrag mit Bescheid vom 24. Juli 1997 ab und begründete dies damit, dass trotz der herabgesetzten Erwerbsfähigkeit der Kläger nicht daran gehindert sei, die bisherige oder eine andere zumutbare Tätigkeit auszuüben.
Auf den Widerspruch des Klägers hiergegen ließ die Beklagte diesen durch den Urologen Dr. K untersuchen. Dieser berichtete in seinem Gutachten vom 11. Januar 1998 über die bestehende Inkontinenz und eine erektile Dysfunktion. Diese Befunde stellten jedoch keine Einschränkung in der Leistungsfähigkeit im Arbeitsleben dar. Des Weiteren zog die Beklagte einen Befundbericht des Dr. L aus dem O P vom 25. Februar 1997 bei, in dem über ein akutes Pseudoradikulärsyndrom berichtet wurde. Daraufhin bewilligte die Beklagte erneut medizinische Leistungen zur Rehabilitation, wiederum in der Reha Klinik H. Im Entlassungsbericht wird eine Belastungs- und Haltungsinsuffizienz bei pseudoradikulärem Lumbalsyndrom diagnostiziert und die Auffassung vertreten, der Kläger könne noch leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig verrichten.
Gestützt hierauf wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 1998 den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat sich die am 23. Juni 1998 beim Sozialgericht Potsdam erhobene Klage gerichtet. Der Kläger hat diese auf die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit gestützt und dies damit begründet, es sei nicht verständlich, warum er keinen Berufsschutz als Berufskraftfahrer genießen solle, sondern auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werde. Sowohl im Bestattungswesen als auch zuletzt bei der SERO habe er nur deshalb arbeiten können, weil er die Facharbeiterausbildung zum Berufskraftfahrer absolviert habe.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24. Juli 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Mai 1998 zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen verminderter Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich hierzu auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide berufen und darüber hinaus dargelegt, da der Kläger nur noch leichte Tätigkeiten verrichten könne, sei ein Einsatz als Bestatter ausgeschlossen. Er sei jedoch auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, da er sich von der Tätigkeit als Berufskraftfahrer gelöst habe. Der Bestatter sei keine Berufsausübungsform des Berufskraftfahrers, sondern ein eigenes Berufsbild, das dem oberen angelernten Bereich zuzuordnen sei.
Das Sozialgericht hat zunächst Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte beigezogen und sodann den Oberarzt der Orthopädischen Abteilung des O P, Dr. K, zum Sachverständigen über das dem Kläger verbliebene Leistungsvermögen ernannt. In dem am 16. August 1999 erstatteten Gutachten diagnostiziert der Sachverständige beim Kläger ein lumbales Pseudoradikulärsyndrom beidseits, Sympaticusläsion, Stressinkontinenz bei Zustand nach ventraler Korekturspondylodese Th 12 und L 1 und dorsale Dekompression wegen in Fehlstellung verheilter Wirbelkörperfraktur und eine initiale Coxarthrose rechts sowie eine initiale ISG Arthrose beidseits. Durch die erlittene Lendenwirbelsäulenfraktur und die verbliebenen Folgen sei der Kläger in seiner Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt. Aus dieser Verletzung habe sich eine verminderte Wirbelsäulenbeweglichkeit ergeben, die zu einer Beeinträchtigung der Gesamtfunktion dieses Zentralorgans führe. Er könne weder schwer heben und tragen oder in Zwangshaltungen sitzen noch eine vermehrte Beweglichkeitsbeanspruchung der Wirbelsäule ertragen. Dies gelte insbesondere auch für Umwendebewegungen und Heben und Bücken. Diese Bewegungen jedoch seien für einen Berufskraftfahrer im Lkw- und Busverkehr zur Umsicht generell erforderlich. In dem Berufsbild des Taxifahrers jedoch könne durch entsprechende Außenspiegel die eingeschränkte Umwendemöglichkeit kompensiert werden. Trotz der Nervenfunktionsstörungen in beiden Beinen sei es ihm aber möglich, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzten und er habe ei langsamem Gehen selbst auch keine wesentliche Einschränkung der Gehstrecke angegeben. Insgesamt könne der Kläger leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten überwiegend im Sitzen oder im Wechsel der Haltungsarten vollschichtig verrichten, wobei die Möglichkeit zur Toilettenbenutzung gegeben sein sollte.
Auf berufskundlichem Gebiet hat das Sozialgericht den Geschäftsführer des Bestattungsinstituts K, Herrn K R, als Zeugen vernommen. Dieser hat im Wesentlichen dargelegt, dass die Tätigkeit des Klägers in den Jahren 1990/1991 überwiegend im Führen von Kraftfahrzeugen bestanden habe, sich dann allerdings geändert habe. Die Berufserfahrung als Berufskraftfahrer sei erwünscht gewesen. Ein Bestatter ohne langjährige Berufserfahrung als Berufskraftfahrer sei für ihn und sein Unternehmen nicht denkbar. Der Zeuge hat ein Berufsbild des Bestatters, beschlossen vom Bundesverband des Deutschen Bestattungsgewerbes, eingereicht, in dem weder im Arbeitsgebiet des Bestatters noch bei den für diesen Beruf geforderten Fertigkeiten und Kenntnissen auf die Qualifikation zur Führung von Kraftfahrzeugen, demnach erst recht nicht auf einen Abschluss als Berufskraftfahrer, verwiesen worden war.
Sodann hat das Sozialgericht mit Urteil vom 13. September 2000 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, Ausgangsberuf sei die Tätigkeit als Bestatter. Für diesen Berufsbild sei die Qualifikation eines Berufskraftfahrers nicht erforderlich, so dass sich der Kläger vom Beruf des Kraftfahrers abgewandt habe. Da der Kläger jedoch auf dem gehobenen allgemeinen Arbeitsmarkt, auf den er als Angelernter des oberen Bereichs verweisbar sei, noch vollschichtig leichte Tätigkeiten verrichten könne, sei er nicht berufsunfähig.
Gegen dieses dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 16. Oktober 2000 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 16. November 2000, zu deren Begründung vorgetragen wird, das Sozialgericht habe die Aussagen des Zeugen R unrichtig gewürdigt und es sei zwischenzeitlich eine Verschlechterung der gesundheitlichen Situation des Klägers eingetreten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 13. September 2000 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom 24. Juli 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Mai 1998 Rente wegen Berufsunfähigkeit, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01. Januar 2001 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und durch die Beweisaufnahme im Berufungsverfahren bestätigt.
Der Senat hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte beigezogen und sodann den Neurologen und Psychiater Dr. C zum Sachverständigen über das dem Kläger verbliebene Leistungsvermögen ernannt. Dieser hat sein Gutachten am 27. Juni 2003 erstattet. Er fand beim Kläger auf orthopädischem Gebiet einen Zustand nach einer Versteifungsoperation im Brustwirbelsäulen-Lendenwirbelsäulenübergangsbereich mit Kyphosierung der Wirbelsäule und der Ausbildung einer Lumbalgie und auf seinem, dem neurologischen Gebiet, ein Conus Cauda Syndrom vor. Diese Störungen bestünden seit vielen Jahren, ohne dass mit einer Besserung zu rechnen sei oder Rehabilitationsmaßnahmen Erfolg versprächen. Die Lumbalgie sei nach den Angaben des Klägers als mäßiggradig einzuschätzen, dies treffe auch für das Conus Cauda Syndrom zu, in dessen Vordergrund die Blaseninkontinenz stehe. Der Kläger glaube, er könne nur noch halbschichtig leichte Arbeiten ausüben, sei jedoch aus neurologischer Sicht noch in der Lage, dies vollschichtig zu tun, ohne dass eine psychiatrische Problematik vorliege. Eine Abweichung zu den Vorgutachten könne er nicht feststellen und ein weiteres Gutachten sei nicht erforderlich.
Sodann hat der Senat auf einen entsprechenden Antrag des Klägers hin den Chefarzt der Urologischen Abteilung der S Kliniken B gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz SGG zum weiteren medizinischen Sachverständigen ernannt.
Prof. K hat sein Gutachten am 09. Juni 2005 erstattet und folgende Diagnosen gestellt:
1. Neurogene Blasenentleerungsstörung mit Harninkontinenz 2. Prostatahyperplasie 3. Erektile Dysfunktion 4. Conus-Cauda-Syndrom 5. Zustand nach Wirbelkörperfraktur mit ventraler Korrekturspondylodese 6. Dorsales Kompressionssyndrom 7. Lumbales Pseudoradikulärsyndrom beidseits mit Sympaticusläsion 8. Initiale Coxarthrose
Die vom Kläger gegenwärtig in einem befristeten Anstellungsverhältnis ausgeübte vollschichtige Tätigkeit als Hausmeister mit leichten bis mittelschweren Arbeiten könne der Kläger ausüben, ohne dass dies seiner Gesundheit nachhaltig schade. Er könne körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten für die Dauer eines üblichen Arbeitstages vollschichtig verrichten, wobei der Anteil mittelschwerer Arbeiten nicht überwiegen sollte. Er könne Tätigkeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen regelmäßig verrichten, wobei eine längerfristige einseitige körperliche Haltung nicht zumutbar erscheine. Die Nähe zu einer Toilette und die Möglichkeit, diese auch außerhalb der betriebsüblichen Pausen aufzusuchen, sei erforderlich. Er könne auch im Freien unter Witterungsschutz arbeiten, derartige Tätigkeiten sollten jedoch, um die Blasensymptomatik nicht zu verstärken, nicht überwiegen. Es bestünde auch keine mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger bei einer Erwerbstätigkeit länger ausfallen werde, da er seit April 2004 in einem auf vier Jahre befristeten vollschichtigen Arbeitsverhältnis in der Funktion eines Hausmeisters tätig sei und in dieser Zeit nur eine einmalige Arbeitsunfähigkeit Anfang des Jahres 2005 wegen akuter ischialgieformer Beschwerden vorgelegen habe. Von der Einschätzung des Sachverständigen Dr. K, der leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten für zumutbar hält, weiche er nicht ab, von der des Sachverständigen Dr. C weiche er insoweit ab, als dieser nur leichte körperliche Tätigkeiten für möglich halte. Ein weiteres medizinisches Gutachten sei nicht erforderlich.
Auf berufskundlichem Gebiet hat der Senat auf Antrag des Klägers erneut den Zeugen Romahn vernommen. Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf deren Niederschrift (Bl. 248/249 der Gerichtsakte) verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig.
Sie ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, so dass die dies aussprechenden angefochtenen Bescheide und das sie bestätigende Urteil des Sozialgerichts keiner Beanstandung unterliegen.
Als Anspruchsgrundlagen kommen auch weiterhin die §§ 43 und 44 Sozialgesetzbuch Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) in der Fassung des vor dem am 01. August 2001 in Kraft getretenen Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 in Betracht. Nach § 300 Abs. 2 SGB VI sind aufgehobene Vorschriften dieses Gesetzbuches auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin geltend gemachten Anspruch anzuwenden, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhebung geltend gemacht wird. Dies ist vorliegend der Fall, denn der maßgebende Antrag wurde bereits im April 1997 gestellt.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie berufsunfähig sind und weitere beitragsbezogene Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs. 2 SGB VI).
Der Kläger ist hiernach nicht berufsunfähig; auch wenn er als Berufskraftfahrer nicht mehr arbeiten können sollte, wäre er dennoch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in zumutbaren Tätigkeiten, zum Beispiel in der gegenwärtig vollschichtig ausgeübten Tätigkeit als Hausmeister, zu arbeiten.
Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Dies ist in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Jedenfalls dann, wenn diese zugleich die qualitativ höchste ist (Bundessozialgericht BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 53, 94, 130). Allerdings bleibt eine frühere versicherungspflichtige Beschäftigung maßgeblicher Beruf, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben wurde (vgl. BSGE 2, 181, 187; BSG SozR RVO § 1246 Nrn. 33, 57 und 94; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 158).
Die Tätigkeit eines Bestatters ist hiernach maßgeblicher Beruf des Klägers. Er hat den Unfall, wegen dessen Folgen er nunmehr Rente begehrt, im Jahre 1969 erlitten und von 1970 an als Kraftfahrer und Hilfsschlosser und von 1972 bis 1974 als Maurer gearbeitet. In seiner Tätigkeit beim VEB Gründanlagen und Bestattungswesen Potsdam erwarb er 1986 den Abschluss als Berufskraftfahrer. Die Abwendung von der Tätigkeit als Berufskraftfahrer wegen der Folgen des Unfalls ist somit weder erkenntlich und wird auch nicht vorgetragen, zumal der Kläger selbst der Auffassung ist, bei der Tätigkeit als Bestatter bei der Firma Krüger GmbH von 1990 bis 1994 handele es sich um eine Berufsausbildungsform des Berufskraftfahrers.
Dies ist jedoch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats nicht der Fall:
Abzustellen ist nicht auf die konkret vom Kläger ausgeübte Tätigkeit, sondern auf das Berufsbild des Bestatters. Der Zeuge Rn hat dargelegt, dass sich die Situation im Bestattergewerbe nach 1990 geändert habe und dass der Kläger an diesen Veränderungen teilgenommen habe. Dem Berufsbild des Bestatters, wie es der Zeuge eingereicht hat, ist in keiner Hinsicht zu entnehmen, dass dafür irgendwelche Kraftfahrertätigkeiten geschweige denn solche als Berufskraftfahrer im Vordergrund stehen. Auch wenn der Kläger teilweise, wie sich gezeigt hat, nicht einmal zur Hälfte seiner Arbeitszeit, als Kraftfahrer eingesetzt war, so ist dies eine Tätigkeit, zu der die Qualifikation als Berufskraftfahrer eine Voraussetzung ist. Er hat keine großen Lkws oder Busse gefahren. Wenn der Zeuge R bekundet, er habe Wert darauf gelegt, dass der Kläger eine Ausbildung als Berufskraftfahrer durchlaufen habe, so mag dies in seinem Betrieb so üblich gewesen sein, entspricht jedoch nicht dem Berufsbild des Bestatters. Da sich der Kläger somit nicht gesundheitsbedingt vom Beruf des Berufskraftfahrers abgewandt und der Tätigkeit als Bestatter zugewandt hat, kann dahingestellt bleiben, ob der Abschluss, den der Kläger als Berufskraftfahrer berufsbegleitend erworben hat, ihm den Facharbeiterstatus in dem Sinne gewähren konnte, dass der damit erlangte Abschluss einer Berufsausbildung von mehr als zwei Jahren entspricht (vgl. BSG, Urteil vom 30. Juli 1997, 5 RJ 8/96). Den Ausgangsberuf eines Bestatters jedoch kann der Kläger nicht mehr ausüben, da dazu nach dem eingereichten Berufsbild auch das Bewegen von Verstorbenen und Särgen, auch von Särgen mit Verstorbenen, gehört. Auch ist im Freien zu arbeiten. Wegen des Erscheinungsbildes kann der Bestatter auf entsprechende Schutzkleidung in der Regel nicht zurückgreifen.
Die Unfähigkeit des Klägers, den Beruf eines Bestatters auszuüben, begründet jedoch noch keine Berufsunfähigkeit. Ausgehend von diesem Beruf muss er sich auf Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, insbesondere auf die Tätigkeit eines Hausmeisters, die er ausübt, verweisen lassen. Dies begründet für ihn keinen unzumutbaren sozialen Abstieg und ist ihm auch gesundheitlich noch möglich.
Nach § 240 Abs. 2 SGB VI können Versicherten grundsätzlich solche Tätigkeiten zugemutet werden, die in ihrer Wertigkeit dem bisherigen Beruf nicht zu fern stehen (vgl. dazu BSG SozR 3 2200 zu § 1246 Nr. 50 m. w. N. zur insoweit wortgleichen, bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschrift des § 43 Abs. 2 SGB).
Nach dem vom BSG zur Bestimmung der Wertigkeit eines Berufes entwickelten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe in vier Gruppen eingeteilt, nämlich die des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion beziehungsweise des besonders qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters (Einarbeitung beziehungsweise Einweisung von weniger als drei Monaten). Im Rahmen dieses Mehrstufenschemas dürfen Versicherte, ausgehend von einer hiernach erfolgten Einstufung ihres bisherigen Berufes, nur auf die jeweils nächst niedrigere Gruppe verwiesen werden. Die Stufe des angelernten Arbeiters wird, da es sich um eine vielschichtige und inhomogene Gruppe handelt, in einen oberen Bereich (mit einer Anlernzeit von mehr als zwölf Monaten bis zu zwei Jahren) und einen unteren Bereich (mit einer Anlernzeit von drei Monaten bis zu zwölf Monaten) unterteilt (BSG SozR 3 2200 § 1246 Nr. 45). Dem Angelernten, der innerhalb seiner Gruppe dem oberen Bereich angehört, ist mindestens eine in Betracht kommende Verweisungstätigkeit konkret zu bezeichnen, denn einem solchen Arbeiter sind nur Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumutbar, die sich hieraus durch Qualitätsmerkmale, zum Beispiel durch das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder durch die Notwendigkeit beruflicher oder betrieblicher Vorkenntnisse herausheben (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 132; BSG SozR 3 2200 § 1246 Nr. 45).
Davon ausgehend ist die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit eines Bestatters höchstens der Gruppe der angelernten Arbeiter des oberen Bereiches zuzuordnen.
Es gibt für die Tätigkeit des Bestatters keine geregelte Berufsausbildung, somit auch keine, die länger als zwei Jahre dauert. Dem vom Zeugen R eingereichten Berufsbild jedoch ist zu entnehmen, dass umfangreiche und vielfältige Kenntnisse und Fertigkeiten Voraussetzungen für die Ausübung dieses Berufes sind, so dass die Auffassung vertreten werden könnte, diese Tätigkeit sei einer solchen mit einer geregelten bis zu zweijährigen Ausbildung gleichzustellen, auch wenn es einen geregelten Ausbildungsgang nicht gibt. Letztlich kann dies jedoch dahingestellt bleiben, denn auch wenn der Kläger als angelernter Arbeiter des oberen Bereichs, also als Angelernter mit einer Ausbildung von bis zu zwei Jahren anzusehen wäre, käme die ausgeübte Tätigkeit als Hausmeister in Betracht. Die Tätigkeit eines Hausmeisters ist zum einen mit einer gewissen Verantwortung, nämlich der Überwachung von Gebäuden, und einer gewissen Selbständigkeit, nämlich dem Erkennen von Fehlern und Gefahrenquellen und deren Beseitigung, verbunden. Sie erfordert handwerkliche Kenntnisse aus verschiedenen Bereichen, so aus dem Mauer-, Schlosser-, Tischlergewerk, und ragt daher aus dem Bereich der einfachsten Tätigkeiten deutlich hervor.
Dass der Kläger diese Tätigkeit ausüben kann, ergibt sich zum einen aus den eingeholten medizinischen Unterlagen, an denen zu zweifeln keinerlei Veranlassung besteht, zumal der letzte Sachverständige vom Kläger selbst nach § 109 SGG benannt wird. Zum anderen wird dadurch bestätigt, dass der Kläger nicht nur von den Sachverständigen für fähig gehalten wird, eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit vollschichtig auszuüben, sondern dass er dies tatsächlich vollschichtig tut. Somit stimmen die Feststellungen der Sachverständigen mit der Lebenswirklichkeit überein.
Bei diesem Sachverhalt musste die Berufung erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der 1948 geborene Kläger, der zunächst den Beruf des Maurers erlernt und 1986 einen Abschluss als Berufskraftfahrer erlangt hatte, arbeitete von 1980 an beim VEB Grünanlagen und Bestattungswesen Potsdam als Kraftfahrer, Bestatter und Handwerker. Diese Tätigkeit setzte er beim Rechtsnachfolger, dem Bestattungsinstitut Krüger GmbH, von 1990 bis 1994 als Bestatter und Kraftfahrer fort. Von 1994 bis 1995 war er bei der SERO Potsdam Kraftfahrer und Disponent und von Juli 1995 bis November 1995 Maurer und Haushandwerker bei einer Gebäudeverwaltungsgesellschaft.
Nachdem der Kläger 1969 einen Unfall mit einer Querschnittslähmung erlitten hatte, dauerte es zirka ein Jahr, bis sich diese zurückbildete. Dennoch war der Kläger danach wieder wie dargelegt von 1980 an als Kraftfahrer, Bestatter und Handwerker vollschichtig und vollwertig tätig. Mitte der 90 er Jahre verschlechterte sich die bei ihm vorhandene Symptomatik, insbesondere litt der Kläger zunehmend an Sensibilitätsstörungen der linken unteren Extremität und befand sich daher im Januar und Februar 1996 in der Neurochirurgischen Abteilung des Klinikums B. Es wurde ein Lendenwirbelkörper operiert und durch einen Titankorb substituiert. An diese Operation schloss sich eine Rehabilitation in der Reha Klinik H vom 05. März 1996 bis 02. April 1996 an. Im Entlassungsbericht wurde über den Zustand nach einer Lendenwirbelkörper 1 Fraktur 1969, eine Laminektomie D 12/L 1^sowie eine Dekompression und Resektion des ersten Lendenwirbelkörpers und Ersatz durch einen Titankorb berichtet.
Am 09. April 1997 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbs- beziehungsweise Berufsunfähigkeit und begründete dies damit, dass er durch die Gefühlsstörungen in den Beinen im Gehen behindert sei und eine sich verschlechternde Inkontinenz vorläge.
Die Beklagte ließ den Kläger durch den Neurologen Dr. Z begutachten. Dieser gelangte bei seiner Untersuchung am 23. Mai 1997 zu der Auffassung, der Kläger könne nicht mehr unter anhaltender statischer Belastung arbeiten. Insbesondere Arbeiten mit ständigem Bücken, Heben und Tragen von Lasten sowie mit Erschütterungen seien nicht zumutbar. Die Inkontinenz allerdings sei von geringer Ausprägung, so dass der Kläger insgesamt nur noch leichte Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten, diese jedoch vollschichtig, verrichten könne.
Die Beklagte wies den Rentenantrag mit Bescheid vom 24. Juli 1997 ab und begründete dies damit, dass trotz der herabgesetzten Erwerbsfähigkeit der Kläger nicht daran gehindert sei, die bisherige oder eine andere zumutbare Tätigkeit auszuüben.
Auf den Widerspruch des Klägers hiergegen ließ die Beklagte diesen durch den Urologen Dr. K untersuchen. Dieser berichtete in seinem Gutachten vom 11. Januar 1998 über die bestehende Inkontinenz und eine erektile Dysfunktion. Diese Befunde stellten jedoch keine Einschränkung in der Leistungsfähigkeit im Arbeitsleben dar. Des Weiteren zog die Beklagte einen Befundbericht des Dr. L aus dem O P vom 25. Februar 1997 bei, in dem über ein akutes Pseudoradikulärsyndrom berichtet wurde. Daraufhin bewilligte die Beklagte erneut medizinische Leistungen zur Rehabilitation, wiederum in der Reha Klinik H. Im Entlassungsbericht wird eine Belastungs- und Haltungsinsuffizienz bei pseudoradikulärem Lumbalsyndrom diagnostiziert und die Auffassung vertreten, der Kläger könne noch leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig verrichten.
Gestützt hierauf wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 1998 den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat sich die am 23. Juni 1998 beim Sozialgericht Potsdam erhobene Klage gerichtet. Der Kläger hat diese auf die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit gestützt und dies damit begründet, es sei nicht verständlich, warum er keinen Berufsschutz als Berufskraftfahrer genießen solle, sondern auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werde. Sowohl im Bestattungswesen als auch zuletzt bei der SERO habe er nur deshalb arbeiten können, weil er die Facharbeiterausbildung zum Berufskraftfahrer absolviert habe.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24. Juli 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Mai 1998 zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen verminderter Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich hierzu auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide berufen und darüber hinaus dargelegt, da der Kläger nur noch leichte Tätigkeiten verrichten könne, sei ein Einsatz als Bestatter ausgeschlossen. Er sei jedoch auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, da er sich von der Tätigkeit als Berufskraftfahrer gelöst habe. Der Bestatter sei keine Berufsausübungsform des Berufskraftfahrers, sondern ein eigenes Berufsbild, das dem oberen angelernten Bereich zuzuordnen sei.
Das Sozialgericht hat zunächst Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte beigezogen und sodann den Oberarzt der Orthopädischen Abteilung des O P, Dr. K, zum Sachverständigen über das dem Kläger verbliebene Leistungsvermögen ernannt. In dem am 16. August 1999 erstatteten Gutachten diagnostiziert der Sachverständige beim Kläger ein lumbales Pseudoradikulärsyndrom beidseits, Sympaticusläsion, Stressinkontinenz bei Zustand nach ventraler Korekturspondylodese Th 12 und L 1 und dorsale Dekompression wegen in Fehlstellung verheilter Wirbelkörperfraktur und eine initiale Coxarthrose rechts sowie eine initiale ISG Arthrose beidseits. Durch die erlittene Lendenwirbelsäulenfraktur und die verbliebenen Folgen sei der Kläger in seiner Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt. Aus dieser Verletzung habe sich eine verminderte Wirbelsäulenbeweglichkeit ergeben, die zu einer Beeinträchtigung der Gesamtfunktion dieses Zentralorgans führe. Er könne weder schwer heben und tragen oder in Zwangshaltungen sitzen noch eine vermehrte Beweglichkeitsbeanspruchung der Wirbelsäule ertragen. Dies gelte insbesondere auch für Umwendebewegungen und Heben und Bücken. Diese Bewegungen jedoch seien für einen Berufskraftfahrer im Lkw- und Busverkehr zur Umsicht generell erforderlich. In dem Berufsbild des Taxifahrers jedoch könne durch entsprechende Außenspiegel die eingeschränkte Umwendemöglichkeit kompensiert werden. Trotz der Nervenfunktionsstörungen in beiden Beinen sei es ihm aber möglich, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzten und er habe ei langsamem Gehen selbst auch keine wesentliche Einschränkung der Gehstrecke angegeben. Insgesamt könne der Kläger leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten überwiegend im Sitzen oder im Wechsel der Haltungsarten vollschichtig verrichten, wobei die Möglichkeit zur Toilettenbenutzung gegeben sein sollte.
Auf berufskundlichem Gebiet hat das Sozialgericht den Geschäftsführer des Bestattungsinstituts K, Herrn K R, als Zeugen vernommen. Dieser hat im Wesentlichen dargelegt, dass die Tätigkeit des Klägers in den Jahren 1990/1991 überwiegend im Führen von Kraftfahrzeugen bestanden habe, sich dann allerdings geändert habe. Die Berufserfahrung als Berufskraftfahrer sei erwünscht gewesen. Ein Bestatter ohne langjährige Berufserfahrung als Berufskraftfahrer sei für ihn und sein Unternehmen nicht denkbar. Der Zeuge hat ein Berufsbild des Bestatters, beschlossen vom Bundesverband des Deutschen Bestattungsgewerbes, eingereicht, in dem weder im Arbeitsgebiet des Bestatters noch bei den für diesen Beruf geforderten Fertigkeiten und Kenntnissen auf die Qualifikation zur Führung von Kraftfahrzeugen, demnach erst recht nicht auf einen Abschluss als Berufskraftfahrer, verwiesen worden war.
Sodann hat das Sozialgericht mit Urteil vom 13. September 2000 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, Ausgangsberuf sei die Tätigkeit als Bestatter. Für diesen Berufsbild sei die Qualifikation eines Berufskraftfahrers nicht erforderlich, so dass sich der Kläger vom Beruf des Kraftfahrers abgewandt habe. Da der Kläger jedoch auf dem gehobenen allgemeinen Arbeitsmarkt, auf den er als Angelernter des oberen Bereichs verweisbar sei, noch vollschichtig leichte Tätigkeiten verrichten könne, sei er nicht berufsunfähig.
Gegen dieses dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 16. Oktober 2000 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 16. November 2000, zu deren Begründung vorgetragen wird, das Sozialgericht habe die Aussagen des Zeugen R unrichtig gewürdigt und es sei zwischenzeitlich eine Verschlechterung der gesundheitlichen Situation des Klägers eingetreten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 13. September 2000 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom 24. Juli 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Mai 1998 Rente wegen Berufsunfähigkeit, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01. Januar 2001 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und durch die Beweisaufnahme im Berufungsverfahren bestätigt.
Der Senat hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte beigezogen und sodann den Neurologen und Psychiater Dr. C zum Sachverständigen über das dem Kläger verbliebene Leistungsvermögen ernannt. Dieser hat sein Gutachten am 27. Juni 2003 erstattet. Er fand beim Kläger auf orthopädischem Gebiet einen Zustand nach einer Versteifungsoperation im Brustwirbelsäulen-Lendenwirbelsäulenübergangsbereich mit Kyphosierung der Wirbelsäule und der Ausbildung einer Lumbalgie und auf seinem, dem neurologischen Gebiet, ein Conus Cauda Syndrom vor. Diese Störungen bestünden seit vielen Jahren, ohne dass mit einer Besserung zu rechnen sei oder Rehabilitationsmaßnahmen Erfolg versprächen. Die Lumbalgie sei nach den Angaben des Klägers als mäßiggradig einzuschätzen, dies treffe auch für das Conus Cauda Syndrom zu, in dessen Vordergrund die Blaseninkontinenz stehe. Der Kläger glaube, er könne nur noch halbschichtig leichte Arbeiten ausüben, sei jedoch aus neurologischer Sicht noch in der Lage, dies vollschichtig zu tun, ohne dass eine psychiatrische Problematik vorliege. Eine Abweichung zu den Vorgutachten könne er nicht feststellen und ein weiteres Gutachten sei nicht erforderlich.
Sodann hat der Senat auf einen entsprechenden Antrag des Klägers hin den Chefarzt der Urologischen Abteilung der S Kliniken B gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz SGG zum weiteren medizinischen Sachverständigen ernannt.
Prof. K hat sein Gutachten am 09. Juni 2005 erstattet und folgende Diagnosen gestellt:
1. Neurogene Blasenentleerungsstörung mit Harninkontinenz 2. Prostatahyperplasie 3. Erektile Dysfunktion 4. Conus-Cauda-Syndrom 5. Zustand nach Wirbelkörperfraktur mit ventraler Korrekturspondylodese 6. Dorsales Kompressionssyndrom 7. Lumbales Pseudoradikulärsyndrom beidseits mit Sympaticusläsion 8. Initiale Coxarthrose
Die vom Kläger gegenwärtig in einem befristeten Anstellungsverhältnis ausgeübte vollschichtige Tätigkeit als Hausmeister mit leichten bis mittelschweren Arbeiten könne der Kläger ausüben, ohne dass dies seiner Gesundheit nachhaltig schade. Er könne körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten für die Dauer eines üblichen Arbeitstages vollschichtig verrichten, wobei der Anteil mittelschwerer Arbeiten nicht überwiegen sollte. Er könne Tätigkeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen regelmäßig verrichten, wobei eine längerfristige einseitige körperliche Haltung nicht zumutbar erscheine. Die Nähe zu einer Toilette und die Möglichkeit, diese auch außerhalb der betriebsüblichen Pausen aufzusuchen, sei erforderlich. Er könne auch im Freien unter Witterungsschutz arbeiten, derartige Tätigkeiten sollten jedoch, um die Blasensymptomatik nicht zu verstärken, nicht überwiegen. Es bestünde auch keine mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger bei einer Erwerbstätigkeit länger ausfallen werde, da er seit April 2004 in einem auf vier Jahre befristeten vollschichtigen Arbeitsverhältnis in der Funktion eines Hausmeisters tätig sei und in dieser Zeit nur eine einmalige Arbeitsunfähigkeit Anfang des Jahres 2005 wegen akuter ischialgieformer Beschwerden vorgelegen habe. Von der Einschätzung des Sachverständigen Dr. K, der leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten für zumutbar hält, weiche er nicht ab, von der des Sachverständigen Dr. C weiche er insoweit ab, als dieser nur leichte körperliche Tätigkeiten für möglich halte. Ein weiteres medizinisches Gutachten sei nicht erforderlich.
Auf berufskundlichem Gebiet hat der Senat auf Antrag des Klägers erneut den Zeugen Romahn vernommen. Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf deren Niederschrift (Bl. 248/249 der Gerichtsakte) verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig.
Sie ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, so dass die dies aussprechenden angefochtenen Bescheide und das sie bestätigende Urteil des Sozialgerichts keiner Beanstandung unterliegen.
Als Anspruchsgrundlagen kommen auch weiterhin die §§ 43 und 44 Sozialgesetzbuch Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) in der Fassung des vor dem am 01. August 2001 in Kraft getretenen Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 in Betracht. Nach § 300 Abs. 2 SGB VI sind aufgehobene Vorschriften dieses Gesetzbuches auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin geltend gemachten Anspruch anzuwenden, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhebung geltend gemacht wird. Dies ist vorliegend der Fall, denn der maßgebende Antrag wurde bereits im April 1997 gestellt.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie berufsunfähig sind und weitere beitragsbezogene Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs. 2 SGB VI).
Der Kläger ist hiernach nicht berufsunfähig; auch wenn er als Berufskraftfahrer nicht mehr arbeiten können sollte, wäre er dennoch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in zumutbaren Tätigkeiten, zum Beispiel in der gegenwärtig vollschichtig ausgeübten Tätigkeit als Hausmeister, zu arbeiten.
Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Dies ist in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Jedenfalls dann, wenn diese zugleich die qualitativ höchste ist (Bundessozialgericht BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 53, 94, 130). Allerdings bleibt eine frühere versicherungspflichtige Beschäftigung maßgeblicher Beruf, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben wurde (vgl. BSGE 2, 181, 187; BSG SozR RVO § 1246 Nrn. 33, 57 und 94; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 158).
Die Tätigkeit eines Bestatters ist hiernach maßgeblicher Beruf des Klägers. Er hat den Unfall, wegen dessen Folgen er nunmehr Rente begehrt, im Jahre 1969 erlitten und von 1970 an als Kraftfahrer und Hilfsschlosser und von 1972 bis 1974 als Maurer gearbeitet. In seiner Tätigkeit beim VEB Gründanlagen und Bestattungswesen Potsdam erwarb er 1986 den Abschluss als Berufskraftfahrer. Die Abwendung von der Tätigkeit als Berufskraftfahrer wegen der Folgen des Unfalls ist somit weder erkenntlich und wird auch nicht vorgetragen, zumal der Kläger selbst der Auffassung ist, bei der Tätigkeit als Bestatter bei der Firma Krüger GmbH von 1990 bis 1994 handele es sich um eine Berufsausbildungsform des Berufskraftfahrers.
Dies ist jedoch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats nicht der Fall:
Abzustellen ist nicht auf die konkret vom Kläger ausgeübte Tätigkeit, sondern auf das Berufsbild des Bestatters. Der Zeuge Rn hat dargelegt, dass sich die Situation im Bestattergewerbe nach 1990 geändert habe und dass der Kläger an diesen Veränderungen teilgenommen habe. Dem Berufsbild des Bestatters, wie es der Zeuge eingereicht hat, ist in keiner Hinsicht zu entnehmen, dass dafür irgendwelche Kraftfahrertätigkeiten geschweige denn solche als Berufskraftfahrer im Vordergrund stehen. Auch wenn der Kläger teilweise, wie sich gezeigt hat, nicht einmal zur Hälfte seiner Arbeitszeit, als Kraftfahrer eingesetzt war, so ist dies eine Tätigkeit, zu der die Qualifikation als Berufskraftfahrer eine Voraussetzung ist. Er hat keine großen Lkws oder Busse gefahren. Wenn der Zeuge R bekundet, er habe Wert darauf gelegt, dass der Kläger eine Ausbildung als Berufskraftfahrer durchlaufen habe, so mag dies in seinem Betrieb so üblich gewesen sein, entspricht jedoch nicht dem Berufsbild des Bestatters. Da sich der Kläger somit nicht gesundheitsbedingt vom Beruf des Berufskraftfahrers abgewandt und der Tätigkeit als Bestatter zugewandt hat, kann dahingestellt bleiben, ob der Abschluss, den der Kläger als Berufskraftfahrer berufsbegleitend erworben hat, ihm den Facharbeiterstatus in dem Sinne gewähren konnte, dass der damit erlangte Abschluss einer Berufsausbildung von mehr als zwei Jahren entspricht (vgl. BSG, Urteil vom 30. Juli 1997, 5 RJ 8/96). Den Ausgangsberuf eines Bestatters jedoch kann der Kläger nicht mehr ausüben, da dazu nach dem eingereichten Berufsbild auch das Bewegen von Verstorbenen und Särgen, auch von Särgen mit Verstorbenen, gehört. Auch ist im Freien zu arbeiten. Wegen des Erscheinungsbildes kann der Bestatter auf entsprechende Schutzkleidung in der Regel nicht zurückgreifen.
Die Unfähigkeit des Klägers, den Beruf eines Bestatters auszuüben, begründet jedoch noch keine Berufsunfähigkeit. Ausgehend von diesem Beruf muss er sich auf Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, insbesondere auf die Tätigkeit eines Hausmeisters, die er ausübt, verweisen lassen. Dies begründet für ihn keinen unzumutbaren sozialen Abstieg und ist ihm auch gesundheitlich noch möglich.
Nach § 240 Abs. 2 SGB VI können Versicherten grundsätzlich solche Tätigkeiten zugemutet werden, die in ihrer Wertigkeit dem bisherigen Beruf nicht zu fern stehen (vgl. dazu BSG SozR 3 2200 zu § 1246 Nr. 50 m. w. N. zur insoweit wortgleichen, bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschrift des § 43 Abs. 2 SGB).
Nach dem vom BSG zur Bestimmung der Wertigkeit eines Berufes entwickelten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe in vier Gruppen eingeteilt, nämlich die des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion beziehungsweise des besonders qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters (Einarbeitung beziehungsweise Einweisung von weniger als drei Monaten). Im Rahmen dieses Mehrstufenschemas dürfen Versicherte, ausgehend von einer hiernach erfolgten Einstufung ihres bisherigen Berufes, nur auf die jeweils nächst niedrigere Gruppe verwiesen werden. Die Stufe des angelernten Arbeiters wird, da es sich um eine vielschichtige und inhomogene Gruppe handelt, in einen oberen Bereich (mit einer Anlernzeit von mehr als zwölf Monaten bis zu zwei Jahren) und einen unteren Bereich (mit einer Anlernzeit von drei Monaten bis zu zwölf Monaten) unterteilt (BSG SozR 3 2200 § 1246 Nr. 45). Dem Angelernten, der innerhalb seiner Gruppe dem oberen Bereich angehört, ist mindestens eine in Betracht kommende Verweisungstätigkeit konkret zu bezeichnen, denn einem solchen Arbeiter sind nur Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumutbar, die sich hieraus durch Qualitätsmerkmale, zum Beispiel durch das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder durch die Notwendigkeit beruflicher oder betrieblicher Vorkenntnisse herausheben (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 132; BSG SozR 3 2200 § 1246 Nr. 45).
Davon ausgehend ist die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit eines Bestatters höchstens der Gruppe der angelernten Arbeiter des oberen Bereiches zuzuordnen.
Es gibt für die Tätigkeit des Bestatters keine geregelte Berufsausbildung, somit auch keine, die länger als zwei Jahre dauert. Dem vom Zeugen R eingereichten Berufsbild jedoch ist zu entnehmen, dass umfangreiche und vielfältige Kenntnisse und Fertigkeiten Voraussetzungen für die Ausübung dieses Berufes sind, so dass die Auffassung vertreten werden könnte, diese Tätigkeit sei einer solchen mit einer geregelten bis zu zweijährigen Ausbildung gleichzustellen, auch wenn es einen geregelten Ausbildungsgang nicht gibt. Letztlich kann dies jedoch dahingestellt bleiben, denn auch wenn der Kläger als angelernter Arbeiter des oberen Bereichs, also als Angelernter mit einer Ausbildung von bis zu zwei Jahren anzusehen wäre, käme die ausgeübte Tätigkeit als Hausmeister in Betracht. Die Tätigkeit eines Hausmeisters ist zum einen mit einer gewissen Verantwortung, nämlich der Überwachung von Gebäuden, und einer gewissen Selbständigkeit, nämlich dem Erkennen von Fehlern und Gefahrenquellen und deren Beseitigung, verbunden. Sie erfordert handwerkliche Kenntnisse aus verschiedenen Bereichen, so aus dem Mauer-, Schlosser-, Tischlergewerk, und ragt daher aus dem Bereich der einfachsten Tätigkeiten deutlich hervor.
Dass der Kläger diese Tätigkeit ausüben kann, ergibt sich zum einen aus den eingeholten medizinischen Unterlagen, an denen zu zweifeln keinerlei Veranlassung besteht, zumal der letzte Sachverständige vom Kläger selbst nach § 109 SGG benannt wird. Zum anderen wird dadurch bestätigt, dass der Kläger nicht nur von den Sachverständigen für fähig gehalten wird, eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit vollschichtig auszuüben, sondern dass er dies tatsächlich vollschichtig tut. Somit stimmen die Feststellungen der Sachverständigen mit der Lebenswirklichkeit überein.
Bei diesem Sachverhalt musste die Berufung erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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BRB
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