Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 10 P 48/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 P 7/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 16. September 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Leistungen der Pflegestufe I vom 10. September 2001 bis 15. Februar 2003.
Der 1936 geborene Kläger erlitt im Mai 2001 einen Stammhirninfarkt (Schlaganfall), weshalb er zunächst im Krankenhaus A und dann im Universitätsklinikum B der F B behandelt wurde. Er befand sich anschließend zur Rehabilitation in der Klinik G (Entlassung am 14. September 2001).
Am 10. September 2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten Leistungen der Gesetzlichen Pflegeversicherung, woraufhin diese ihn durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg MDK in seiner Wohnung untersuchen ließ. Die Pflegefachkraft K F stellte in ihrem Gutachten fest, bei dem Kläger bestünden nach dem Schlaganfall im Mai 2001 Gleichgewichtsstörungen und eine Gehbehinderung mit leichter Koordinationsstörung. Er sei in der Häuslichkeit schon mehrfach gefallen und dann sei eine Unterstützung durch Fremdpersonen erforderlich. Der Kläger, der auch an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus leide, klage über Gefühlsstörungen im Bereich der Hände und bei ihm bestünde seit Jahren eine Hypertonie. Der Pflegebedarf in der Grundpflege betrage dennoch nur 37 Minuten am Tag. Bei der hauswirtschaftlichen Versorgung allerdings liege ein täglicher Bedarf von 69 Minuten vor.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 02. Januar 2002 den Antrag ab. Auf den Widerspruch des Klägers hin ließ sie eine erneute Untersuchung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit des Klägers im häuslichen Bereich durchführen und beauftragte damit als Gutachter die Dipl. Med. G B und die Pflegefachkraft S O vom MDK. Diese suchten den Kläger am 14. März 2002 auf und erstatteten ihr Gutachten am 22. März 2002 und legten dar, dass sie einen Pflegebedarf im Bereich der Grundpflege von lediglich 33 Minuten täglich, nämlich 21 Minuten im Bereich der Körperpflege und 12 Minuten im Bereich der Mobilität, feststellen könnten. Einen Pflegebedarf im Bereich der Ernährung konnten sie nicht feststellen. Den Pflegebedarf im Bereich der Hauswirtschaft ermittelten sie wie im Vorgutachten mit 69 Minuten. Nachdem die Beklagte dem Kläger das Gutachten mit Schreiben vom 15. April 2002 mit der Gelegenheit zur Stellungnahme zugeleitet hatte, meldete sich mit Schreiben vom 24. Juni 2002 die den Kläger betreuende Frau K M, die die Auffassung vertrat, der Pflegebedarf sei tatsächlich höher.
Frau M führte in der Woche vom 22. bis 28. August 2002 ein Pflegetagebuch beim Kläger, aus dem sich ein täglicher Zeitaufwand im Bereich der Grundpflege zwischen 52 und 55 Minuten ergab, wobei täglich 20 Minuten zum Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung und 15 Minuten für Duschen beziehungsweise Baden angegeben waren.
Mit am 18. Oktober 2002 zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, im Bereich der Grundpflege sei nicht, wie im Gesetz gefordert, Hilfe von mehr als 45 Minuten täglich erforderlich.
Hiergegen hat sich die am 18. November 2002 erhobene Klage gerichtet, zu deren Begründung der Kläger vorgetragen hat, zwar läge seit 15. Februar 2003 infolge der Besserung seines Gesundheitszustandes keine Pflegebedürftigkeit mehr vor, für den Zeitraum von der Antragstellung bis dahin jedoch seien die Gutachten unzutreffend, da der tatsächliche Pflegebedarf deutlich höher gewesen sei.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 02. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 10. September 2001 bis 15. Februar 2003 Leistungen der Pflegestufe I zu gewähren.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich hierzu auf die Darlegungen in den angefochtenen Bescheiden berufen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 16. September 2004 die Klage abgewiesen und zur Begründung auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen.
Gegen dieses dem Kläger am 12. Oktober 2004 zugestellte Urteil richtet sich dessen Berufung vom 08. November 2004, zu deren Begründung der Kläger erneut die vom MDK erstatteten Gutachten rügt, die oberflächlich und unzutreffend seien.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 16. September 2004 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 02. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2002 zu verurteilen, dem Kläger Leistungen der Pflegestufe I für die Zeit vom 10. September 2001 bis zum 15. Februar 2003 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und durch die Ermittlungen im Berufungsverfahren für bestätigt.
Der Senat hat zunächst Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte eingeholt. Der Hals-, Nasen- und Ohrenarzt Dr. B, der den Kläger vom 12. Juli 2002 bis zum 04. April 2005 behandelt hat, verneinte einen Hilfebedarf. Die Allgemeinmedizinerin Dr. G berichtete über einen hohen Hilfebedarf bis Mitte 2002 und der Neurologe und Psychiater Dr. L über Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege, ohne dies jeweils zu quantifizieren.
Sodann hat der Senat mit Beweisanordnung vom 04. August 2005 den Chirurgen und Sozialmediziner Dr. M B zum Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens nach Aktenlage über den Hilfebedarf des Klägers im streitigen Zeitraum beauftragt.
In dem am 26. August 2005 erstatteten Gutachten gelangt der Sachverständige zur Auffassung, dass beim Kläger bei einem Schlaganfall im Mai 2001 mit verbleibenden Gleichgewichtsstörungen, Koordinationsstörungen, einer linksseitigen Resthemiparese, einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus und einem arteriellen Bluthochdruckleiden 45 Minuten täglich für Pflege im Bereich der Grundpflege nicht überschritten worden seien. Die Auswertung und Gegenüberstellung der vom MDK erstatteten Gutachten mit den Befundberichten der behandelnden Ärzte ergebe keinen Anlass, an den Gutachten des MDK zu zweifeln. Folge man den vom Senat von den ambulant behandelnden Ärzten eingeholten Befunden, so bestand vielmehr im streitigen Zeitraum kein wesentlicher Hilfebedarf, so dass die Gutachten des MDK zu bestätigen seien.
Auf Aufwendungen des Klägers gegen sein Gutachten hat der Sachverständige am 14. Oktober 2005 Stellung genommen und dargelegt, diese Einwendungen enthielten keinen medizinisch verwertbaren Kern, sondern gäben subjektive Empfindungen wieder.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten und die Leistungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie bedurfte insbesondere keiner gesonderten Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz SGG , weil sie wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.
Die Berufung des Klägers ist indessen nicht begründet. Das Sozialgericht Neuruppin hat die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 02. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2002 zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Pflegegeld nach der Pflegestufe I für die Zeit vom 10. September 2001 bis 15. Februar 2003. Er erfüllte nicht die hierfür nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch SGB XI erforderlichen Voraussetzungen.
Nach § 36 Abs. 1 SGB XI haben Pflegebedürftige bei häuslicher Pflege Anspruch auf Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung als Sachleistung (häusliche Pflegehilfe). Sie können nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB XI anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Der Anspruch auf Pflegegeld setzt somit Pflegebedürftigkeit voraus. Der Versicherte war aber nicht pflegebedürftig in dem Umfang, den das Gesetz für Leistungen fordert.
Gemäß § 14 Abs. 1 SGB XI sind pflegebedürftig im Sinne des SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße (§ 15) der Hilfe bedürfen.
Nach § 14 Abs. 3 SGB XI besteht die Hilfe im Sinne des Abs. 1 in der Unterstützung, in der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder in Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen.
Gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen in diesem Sinne sind gemäß § 14 Abs. 4 SGB XI:
1. im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- oder Blasenentleerung, 2. im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung, 3. im Bereich der Mobilität das selbständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung, 4. im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen.
Nach § 15 Abs. 1 SGB XI sind für die Gewährung von Leistungen nach dem SGB XI pflegebedürftige Personen im Sinne des § 14 SGB XI einer von drei gesetzlich näher umschriebenen Pflegestufen zuzuordnen. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI sind Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.
Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen, wobei auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen müssen.
Diese Voraussetzungen waren im Fall des Klägers für den streitbefangenen Zeitraum nicht festzustellen. Insbesondere betrug der Zeitaufwand, der im Bereich der Grundpflege erforderlich war, weniger als 45 Minuten täglich, wobei hier allen eingeholten Gutachten, denen des MDK und des Sachverständigen Dr. B, zu folgen ist. Der Sachverständige Dr. B, der im Gegensatz zur Auffassung des Klägers als Sozialmediziner für die hier in Frage stehenden Probleme sachkundig ist, hat die vom Senat einbezogenen Befundberichte und die Gutachten des MDK ausgewertet und verglichen. Dabei ist er schlüssig zu der Auffassung gelangt, dass, wenn die Darlegungen der den Kläger behandelnden Ärzte zugrunde gelegt werden, keinerlei Veranlassung besteht, die Gutachten des MDK anzuzweifeln.
Soweit der Kläger behauptet, es habe ein Hilfebedarf von mehr als 45 Minuten täglich im streitbefangenen Zeitraum in der Grundpflege bestanden, so ist dies anhand der vorliegenden Unterlagen nicht bewiesen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von Frau M geführten Pflegetagebuch. Der Nachweis der Pflegebedürftigkeit ist nicht durch die Einschätzung einer ungeschulten Bekannten des Klägers, die den von ihr angenommenen Bedarf in ein Pflegetagebuch einträgt, zu erbringen, sondern durch Sachverständige. Insbesondere kommt es nicht auf tatsächlich erbrachte Pflegeleistungen an, sondern auf objektiv erforderliche Pflegeleistungen.
Es gilt auch im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit der Grundsatz der objektiven Beweislast. Danach trifft der Nachteil der Unaufklärbarkeit des Sachverhalts denjenigen Verfahrensbeteiligten, der aus der nichtfeststellbaren Tatsache rechtliche Vorteile herleitet. Zu beurteilen ist der Pflegebedarf im Zeitraum vom 10. September 2001 bis 15. Februar 2003. Dies ist naturgemäß nach Ablauf dieses Zeitraumes schwierig und es ist daher im Wesentlichen von den zeitnah erhobenen Befunden und erstellten Gutachten auszugehen. Diese hat der Senat nach Aktenlage nochmals durch den Sachverständigen Dr. B mit dem Ergebnis überprüfen lassen, dass dieser die zeitnahen Gutachten bestätigt hat. Somit ist nach den Regeln der objektiven Beweislast der Nachweis einer höheren Pflegebedürftigkeit nicht erbracht worden. Vielmehr stehen lediglich die Aussagen des Klägers selbst und das im Wege des Urkundenbeweises zu verwertende Pflegetagebuch der Frau M den Sachverständigengutachten gegenüber. Damit jedoch ist der Nachweis der Pflegebedürftigkeit nicht zu erbringen. Insoweit hilft auch der Einwand des Klägers nicht weiter, eine Schichtaufnahme seines Kopfes sei nicht herangezogen worden. Diese Aufnahme diente der Diagnosestellung zum damaligen Zeitpunkt und kann somit zur Feststellung eines späteren Pflegeerfordernisses keine Aussagekraft haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Leistungen der Pflegestufe I vom 10. September 2001 bis 15. Februar 2003.
Der 1936 geborene Kläger erlitt im Mai 2001 einen Stammhirninfarkt (Schlaganfall), weshalb er zunächst im Krankenhaus A und dann im Universitätsklinikum B der F B behandelt wurde. Er befand sich anschließend zur Rehabilitation in der Klinik G (Entlassung am 14. September 2001).
Am 10. September 2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten Leistungen der Gesetzlichen Pflegeversicherung, woraufhin diese ihn durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg MDK in seiner Wohnung untersuchen ließ. Die Pflegefachkraft K F stellte in ihrem Gutachten fest, bei dem Kläger bestünden nach dem Schlaganfall im Mai 2001 Gleichgewichtsstörungen und eine Gehbehinderung mit leichter Koordinationsstörung. Er sei in der Häuslichkeit schon mehrfach gefallen und dann sei eine Unterstützung durch Fremdpersonen erforderlich. Der Kläger, der auch an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus leide, klage über Gefühlsstörungen im Bereich der Hände und bei ihm bestünde seit Jahren eine Hypertonie. Der Pflegebedarf in der Grundpflege betrage dennoch nur 37 Minuten am Tag. Bei der hauswirtschaftlichen Versorgung allerdings liege ein täglicher Bedarf von 69 Minuten vor.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 02. Januar 2002 den Antrag ab. Auf den Widerspruch des Klägers hin ließ sie eine erneute Untersuchung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit des Klägers im häuslichen Bereich durchführen und beauftragte damit als Gutachter die Dipl. Med. G B und die Pflegefachkraft S O vom MDK. Diese suchten den Kläger am 14. März 2002 auf und erstatteten ihr Gutachten am 22. März 2002 und legten dar, dass sie einen Pflegebedarf im Bereich der Grundpflege von lediglich 33 Minuten täglich, nämlich 21 Minuten im Bereich der Körperpflege und 12 Minuten im Bereich der Mobilität, feststellen könnten. Einen Pflegebedarf im Bereich der Ernährung konnten sie nicht feststellen. Den Pflegebedarf im Bereich der Hauswirtschaft ermittelten sie wie im Vorgutachten mit 69 Minuten. Nachdem die Beklagte dem Kläger das Gutachten mit Schreiben vom 15. April 2002 mit der Gelegenheit zur Stellungnahme zugeleitet hatte, meldete sich mit Schreiben vom 24. Juni 2002 die den Kläger betreuende Frau K M, die die Auffassung vertrat, der Pflegebedarf sei tatsächlich höher.
Frau M führte in der Woche vom 22. bis 28. August 2002 ein Pflegetagebuch beim Kläger, aus dem sich ein täglicher Zeitaufwand im Bereich der Grundpflege zwischen 52 und 55 Minuten ergab, wobei täglich 20 Minuten zum Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung und 15 Minuten für Duschen beziehungsweise Baden angegeben waren.
Mit am 18. Oktober 2002 zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, im Bereich der Grundpflege sei nicht, wie im Gesetz gefordert, Hilfe von mehr als 45 Minuten täglich erforderlich.
Hiergegen hat sich die am 18. November 2002 erhobene Klage gerichtet, zu deren Begründung der Kläger vorgetragen hat, zwar läge seit 15. Februar 2003 infolge der Besserung seines Gesundheitszustandes keine Pflegebedürftigkeit mehr vor, für den Zeitraum von der Antragstellung bis dahin jedoch seien die Gutachten unzutreffend, da der tatsächliche Pflegebedarf deutlich höher gewesen sei.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 02. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 10. September 2001 bis 15. Februar 2003 Leistungen der Pflegestufe I zu gewähren.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich hierzu auf die Darlegungen in den angefochtenen Bescheiden berufen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 16. September 2004 die Klage abgewiesen und zur Begründung auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen.
Gegen dieses dem Kläger am 12. Oktober 2004 zugestellte Urteil richtet sich dessen Berufung vom 08. November 2004, zu deren Begründung der Kläger erneut die vom MDK erstatteten Gutachten rügt, die oberflächlich und unzutreffend seien.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 16. September 2004 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 02. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2002 zu verurteilen, dem Kläger Leistungen der Pflegestufe I für die Zeit vom 10. September 2001 bis zum 15. Februar 2003 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und durch die Ermittlungen im Berufungsverfahren für bestätigt.
Der Senat hat zunächst Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte eingeholt. Der Hals-, Nasen- und Ohrenarzt Dr. B, der den Kläger vom 12. Juli 2002 bis zum 04. April 2005 behandelt hat, verneinte einen Hilfebedarf. Die Allgemeinmedizinerin Dr. G berichtete über einen hohen Hilfebedarf bis Mitte 2002 und der Neurologe und Psychiater Dr. L über Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege, ohne dies jeweils zu quantifizieren.
Sodann hat der Senat mit Beweisanordnung vom 04. August 2005 den Chirurgen und Sozialmediziner Dr. M B zum Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens nach Aktenlage über den Hilfebedarf des Klägers im streitigen Zeitraum beauftragt.
In dem am 26. August 2005 erstatteten Gutachten gelangt der Sachverständige zur Auffassung, dass beim Kläger bei einem Schlaganfall im Mai 2001 mit verbleibenden Gleichgewichtsstörungen, Koordinationsstörungen, einer linksseitigen Resthemiparese, einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus und einem arteriellen Bluthochdruckleiden 45 Minuten täglich für Pflege im Bereich der Grundpflege nicht überschritten worden seien. Die Auswertung und Gegenüberstellung der vom MDK erstatteten Gutachten mit den Befundberichten der behandelnden Ärzte ergebe keinen Anlass, an den Gutachten des MDK zu zweifeln. Folge man den vom Senat von den ambulant behandelnden Ärzten eingeholten Befunden, so bestand vielmehr im streitigen Zeitraum kein wesentlicher Hilfebedarf, so dass die Gutachten des MDK zu bestätigen seien.
Auf Aufwendungen des Klägers gegen sein Gutachten hat der Sachverständige am 14. Oktober 2005 Stellung genommen und dargelegt, diese Einwendungen enthielten keinen medizinisch verwertbaren Kern, sondern gäben subjektive Empfindungen wieder.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten und die Leistungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie bedurfte insbesondere keiner gesonderten Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz SGG , weil sie wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.
Die Berufung des Klägers ist indessen nicht begründet. Das Sozialgericht Neuruppin hat die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 02. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2002 zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Pflegegeld nach der Pflegestufe I für die Zeit vom 10. September 2001 bis 15. Februar 2003. Er erfüllte nicht die hierfür nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch SGB XI erforderlichen Voraussetzungen.
Nach § 36 Abs. 1 SGB XI haben Pflegebedürftige bei häuslicher Pflege Anspruch auf Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung als Sachleistung (häusliche Pflegehilfe). Sie können nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB XI anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Der Anspruch auf Pflegegeld setzt somit Pflegebedürftigkeit voraus. Der Versicherte war aber nicht pflegebedürftig in dem Umfang, den das Gesetz für Leistungen fordert.
Gemäß § 14 Abs. 1 SGB XI sind pflegebedürftig im Sinne des SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße (§ 15) der Hilfe bedürfen.
Nach § 14 Abs. 3 SGB XI besteht die Hilfe im Sinne des Abs. 1 in der Unterstützung, in der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder in Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen.
Gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen in diesem Sinne sind gemäß § 14 Abs. 4 SGB XI:
1. im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- oder Blasenentleerung, 2. im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung, 3. im Bereich der Mobilität das selbständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung, 4. im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen.
Nach § 15 Abs. 1 SGB XI sind für die Gewährung von Leistungen nach dem SGB XI pflegebedürftige Personen im Sinne des § 14 SGB XI einer von drei gesetzlich näher umschriebenen Pflegestufen zuzuordnen. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI sind Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.
Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen, wobei auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen müssen.
Diese Voraussetzungen waren im Fall des Klägers für den streitbefangenen Zeitraum nicht festzustellen. Insbesondere betrug der Zeitaufwand, der im Bereich der Grundpflege erforderlich war, weniger als 45 Minuten täglich, wobei hier allen eingeholten Gutachten, denen des MDK und des Sachverständigen Dr. B, zu folgen ist. Der Sachverständige Dr. B, der im Gegensatz zur Auffassung des Klägers als Sozialmediziner für die hier in Frage stehenden Probleme sachkundig ist, hat die vom Senat einbezogenen Befundberichte und die Gutachten des MDK ausgewertet und verglichen. Dabei ist er schlüssig zu der Auffassung gelangt, dass, wenn die Darlegungen der den Kläger behandelnden Ärzte zugrunde gelegt werden, keinerlei Veranlassung besteht, die Gutachten des MDK anzuzweifeln.
Soweit der Kläger behauptet, es habe ein Hilfebedarf von mehr als 45 Minuten täglich im streitbefangenen Zeitraum in der Grundpflege bestanden, so ist dies anhand der vorliegenden Unterlagen nicht bewiesen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von Frau M geführten Pflegetagebuch. Der Nachweis der Pflegebedürftigkeit ist nicht durch die Einschätzung einer ungeschulten Bekannten des Klägers, die den von ihr angenommenen Bedarf in ein Pflegetagebuch einträgt, zu erbringen, sondern durch Sachverständige. Insbesondere kommt es nicht auf tatsächlich erbrachte Pflegeleistungen an, sondern auf objektiv erforderliche Pflegeleistungen.
Es gilt auch im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit der Grundsatz der objektiven Beweislast. Danach trifft der Nachteil der Unaufklärbarkeit des Sachverhalts denjenigen Verfahrensbeteiligten, der aus der nichtfeststellbaren Tatsache rechtliche Vorteile herleitet. Zu beurteilen ist der Pflegebedarf im Zeitraum vom 10. September 2001 bis 15. Februar 2003. Dies ist naturgemäß nach Ablauf dieses Zeitraumes schwierig und es ist daher im Wesentlichen von den zeitnah erhobenen Befunden und erstellten Gutachten auszugehen. Diese hat der Senat nach Aktenlage nochmals durch den Sachverständigen Dr. B mit dem Ergebnis überprüfen lassen, dass dieser die zeitnahen Gutachten bestätigt hat. Somit ist nach den Regeln der objektiven Beweislast der Nachweis einer höheren Pflegebedürftigkeit nicht erbracht worden. Vielmehr stehen lediglich die Aussagen des Klägers selbst und das im Wege des Urkundenbeweises zu verwertende Pflegetagebuch der Frau M den Sachverständigengutachten gegenüber. Damit jedoch ist der Nachweis der Pflegebedürftigkeit nicht zu erbringen. Insoweit hilft auch der Einwand des Klägers nicht weiter, eine Schichtaufnahme seines Kopfes sei nicht herangezogen worden. Diese Aufnahme diente der Diagnosestellung zum damaligen Zeitpunkt und kann somit zur Feststellung eines späteren Pflegeerfordernisses keine Aussagekraft haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
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