L 24 KR 50/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 10 KR 14/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 KR 50/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 11. Juli 2003 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 1.201,52 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob die Beklagte verpflichtet ist, wegen einer Krankenhausbehandlung vom 01. Oktober 2002 bis 11. Oktober 2002 an die Klägerin 1.201,52 EUR zu zahlen.

Die bei der Beklagten Krankenversicherte I H (Versicherte) befand sich wegen eines Alkoholabhängigkeitssyndroms mit einer schweren depressiven Episode mit somatischen Symptomen sowie einer Persönlichkeitsstörung vom 02. September 2002 bis 11. Oktober 2002 in stationärer Behandlung in der von der Klägerin betriebenen psychiatrischen Tagesklinik in G.

Die stationäre Behandlung war von der behandelnden Allgemeinmedizinerin DM K verordnet worden, der Kostenübernahmenantrag der Klägerin vom 24. September 2002 ging bei der Beklagten am 03. September 2002 ein und der erste Antrag auf Verlängerung der Kostenübernahme vom 10. September 2002 bei der Beklagten am 11. September 2002. Er wurde mit den Diagnosen schwere depressive Episode und Persönlichkeitsstörung bei derzeit abstinentem Alkoholabhängigkeitssyndrom begründet. Als Therapien wurden eine medikamentöse Behandlung, eine Psychotherapie in Einzel- und Gruppensitzungen, Ergo-, Musik-, Entspannungs- und Sporttherapien angegeben. Mit Schreiben vom 20. September 2002 erklärte die Beklagte – nach entsprechender Empfehlung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) – die Übernahme der Kosten für den Zeitraum vom 14. September 2002 bis zum 30. September 2002. Den erneuten Antrag auf Verlängerung der Kostenübernahme vom 26. September 2002, bei der Beklagten eingegangen am gleichen Tag, lehnte diese nach Einholung einer Stellungnahme von Dr. K des MDK vom 29. Oktober 2002 ab, nach dem Dr. K ausgeführt hatte, die Dichte der psychotherapeutischen Interventionen während des gesamten stationären Aufenthalts sei gering gewesen und die im Verlängerungsantrag vom 26. September 2002 vorliegenden Angaben zur Psychopathologie wie z. B. schwere Antriebsarmut, schwere Affektatemnot, schwere A-Vitalität etc. könnten auch anhand der vorliegenden Dokumentation nicht vollständig nachvollzogen werden. Demnach hätte die Versicherte ab 30. September 2002 in die weitere ambulante fachärztliche Behandlung entlassen werden können. Dagegen wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 11. November 2002 und wies darauf hin, dass die Gutachterin des MDK die Versicherte nicht gesehen habe und deshalb nicht in der Lage sei, die Schwere der psychopathologischen Veränderungen zu beurteilen. Wenn die Gutachterin darlege, die Dichte der psychotherapeutischen Interventionen sei während des Aufenthaltes gering gewesen, so zeigte dies, dass ihr jegliche Kenntnis über die Abläufe und Möglichkeiten einer tagesklinischen Behandlung fehle. In Wirklichkeit lasse der Therapieplan erkennen, dass von Montag bis Freitag praktisch lückenlos von 08:30 Uhr bis 15:00 Uhr psychotherapeutische Interventionen durchgeführt worden sind; beigefügt war ein entsprechender Therapieplan.

Hierzu nahm für den MDK der Arzt V Stellung und vertrat die Auffassung, die therapeutischen Maßnahmen hätten auch ambulant durchgeführt werden können (03. Dezember 2002). Mit Schreiben vom 05. Dezember 2002 lehnte die Beklagte gestützt hierauf erneut die Übernahme der Behandlungskosten über den 30. September 2002 hinaus ab. Auf ein erneutes Schreiben des Chefarztes der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Krankenhauses S der Klägerin vom 12. Dezember 2002 wiederholte Frau Dr. K vom MDK am 18. Dezember 2002 ihre Auffassung und die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 19. Dezember 2002 nochmals die Kostenübernahme ab.

Hiergegen hat die Klägerin am 03. Februar 2003 Klage beim Sozialgericht Cottbus erhoben. Sie ist der Ansicht gewesen, dass wegen der neurotischen Störung der Versicherten mit vegetativem Alkoholentzugssyndrom der weitere Aufenthalt notwendig gewesen sei. Die Beurteilung von dessen Erforderlichkeit obliege dem Krankenhausarzt.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte wird verurteilt, an sie 1.201.52 EUR nebst 2 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf 4.355,81 EUR seit dem 25. November 2002 bis 23. Dezember 2002 und aus 1.201,52 EUR seit dem 24. Dezember 2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen, hilfsweise im Wege der Widerklage, sie von der Verbindlichkeit gegenüber der Klägerin in Höhe von 1.201,52 EUR zuzüglich 2 % Zinsen über dem Basiszinssatz für die Zeit vom 19. Dezember 2002 zu befreien.

Sie hat die Auffassung vertreten, die nach dem 30. September 2002 im Rahmen der tagesklinischen Behandlung durchgeführten Maßnahmen seien im Fall der Versicherten nicht notwendig gewesen, um das Therapieziel zu erreichen.

Im Übrigen sei die Gesamtrechnung vom 06. November 2002 bei ihr erst am 04. Dezember 2002 eingegangen, man habe am 18. Dezember 2002 gezahlt, so dass die Rechnung am 14. Tag nach Rechnungseingang beglichen worden sei.

Zur Begründung der Widerklage hat die Beklagte ausgeführt, der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch stehe dieser nicht zu und sei daher zurückzufordern.

Die Klägerin ist der Widerklage entgegengetreten und hat dies damit begründet, die Klägerin könne nicht die Rückzahlung verlangen, ohne selbst ihrer Zahlungspflicht nachgekommen zu sein.

Mit Urteil vom 11. Juli 2003 hat das Sozialgericht – im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung – die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.201,52 EUR nebst 2 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 24. Dezember 2002 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage ebenso wie die Widerklage abgewiesen:

Der Zahlungsanspruch folge aus § 18 Abs. 4 S. 1 Vertrag über die Allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung für das Land Brandenburg (ABK-Vertrag). Danach zahle die zuständige Krankenkasse die Rechnungen innerhalb von 14 Kalendertagen nach Rechnungseingang. Es sei den Krankenkassen somit nicht gestattet, bei beanstandeten Rechnungen lediglich den unbestrittenen Teil der Forderung gleichsam als Vorschusszahlung unter Zurückbehaltung des bestrittenen Anteils bis zur abschließenden Zahlung zu leisten (Hinweis auf BSG, Urteil vom 28. Mai 2003 - B 3 KR 10/02 R-).

Eine Zahlungspflicht wäre nur zu verneinen, wenn schon nach dem Vorbringen der Klägerin von einer medizinisch nicht notwendigen stationären Behandlung auszugehen wäre, was jedoch nicht der Fall sei. Dem stehe auch nicht § 18 Abs. 4 S. 4 ABK-Vertrag entgegen, wonach Beanstandungen in rechnerischer und sachlicher Art auch nach Bezahlung der Rechnung geltend gemacht werden könnten und die Differenzbeträge verrechnet würden. Diese Regelung sei lediglich dahingehend zu verstehen, dass mit der Zahlung keine Anerkennung der geltend gemachten Forderung verbunden sein solle und die Krankenkasse somit nicht gehindert sei, ihre medizinischen Einwände in einem späteren Rechtsstreit geltend zu machen. Die Zinsforderungen hingegen sei nur zum Teil begründet, da die Rechnung der Klägerin der Beklagten, wie sich daraus ergäbe, das diese erst am 02. Dezember 2002 abgesandt worden sei, frühestens am 04. Dezember 2002 zugegangen ist. Die Beklagte hat die Teilzahlung jedoch bereits am 18. Dezember 2002 vorgenommen.

Die Widerklage sei unzulässig, da mit ihr kein selbständiger Gegenanspruch verfolgt werde, sondern sich diese lediglich in der Negation des mit der Klage verfolgten Anspruchs erschöpfe.

Gegen das ihr am 22. August 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 22. September 2003 eingelegte Berufung der Beklagten mit der sie vorträgt:

Das angefochtene Urteil sei schon deshalb zu beanstanden, weil das Sozialgericht die erforderliche weitere Sachverhaltsermittlung nicht durchgeführt habe. Der Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG gehe insoweit fehl, als dort die beklagten Krankenkasse ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht hatten, so lange das Krankenhaus die gewünschten Krankenunterlagen nicht herausgegeben habe. Hier jedoch sei vom MDK Einsicht in die Krankenunterlagen genommen worden. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts Cottbus sei der Streitgegenstand der Widerklage ein anderer. Die Klägerin streite um die vorläufige Zahlungspflicht, mit der Widerklage werde der endgültige Rückzahlungsanspruch geltend gemacht.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 11. Juli 2003 zu ändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Klägerin zu verurteilen die Beklagte von der Verbindlichkeit in Höhe von 1.201,52 EUR zuzüglich 2 % Zinsen über dem Basiszinssatz für die Zeit vom 23. Dezember 2002 hinaus zu befreien.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und durch die Ermittlungen des Senats für bestätigt.

Der Senat hat mit Beweisanordnung vom 05. Oktober 2004 den Neurologen und Psychiater Dr. J C zum Sachverständigen darüber ernannt, ob die psychiatrische Behandlung der Versicherten bei der Beklagten auch vom 01. Oktober 2002 bis zum 11. Oktober 2002 notwendig war.

In dem am 20. Januar 2005 eingegangenen Gutachten hat der Sachverständige die Beweisfrage bejaht und dies damit begründet, dass zwar der Verlauf der Wiederaufnahme am 03. September 2002 ärztlicherseits und psychotherapeutischerseits eher kärglich dokumentiert sei, dass aber, wenn man sich dies genauer durchlese und die Vorgeschichte der Versicherten im Kopf habe, man zu der Auffassung gelangen müsse, dass während des Aufenthalts eine wesentliche Besserung des Anfangszustandes erreicht werden konnte. Obwohl die Versicherte in der Tagesklinik selbst zeitweise ausgeglichener und antriebsfreudiger gewesen sei, falle auf, dass immer wieder dargelegt werde, dass sie zu Hause nicht klargekommen sei und bei einer Entlassung die Gefahr einer erneuten Dekompensation zu befürchten war. Diese Instabilität habe sich auch daran gezeigt, dass die Versicherte dann doch wieder einen längeren Alkoholmissbrauch eingestanden habe und aus dem später erfolgten Klinikbericht gehe auch hervor, dass die Entlassung im Oktober verfrüht war, wie sich aus der Wiederaufnahme Anfang November ergäbe. Eine rein ambulante Behandlung ohne teilstationäre Therapie hätte diese Entwicklung nur beschleunigt und wäre auf keinen Fall ausreichend gewesen. Nur müsse der Klinik der Vorwurf gemacht werden, dass es in den ärztlichen Verlaufsberichten geheißen habe, die Versicherte habe am Wochenende getrunken, während in dem Arztbrief davon gesprochen worden sei, sie habe seit mehreren Wochen wieder getrunken. Auch habe der zweite Verlängerungsantrag einen identischen Wortlaut wie der erste gehabt und sei von diesem offenbar abgeschrieben worden. Von daher sei das Misstrauen der Beklagten zunächst berechtigt und eine Überprüfung erforderlich gewesen. Diese hätten dann allerdings doch anders ausfallen müssen.

Zu dem Gutachten hat der MDK für die Beklagte dahingehend Stellung genommen, dass für den Zeitraum ab 01. Oktober 2002 keine Dokumentation mit einem konkreten Behandlungsziel erstellt worden sei, so dass der Zahlungsanspruch unbegründet sei.

Hierzu hat Dr. C am 13. Juni 2005 nochmals Stellung genommen und dargelegt, der Befund zum Zeitpunkt Oktober sei der einer sehr emotionalen labilen persönlichkeitsgestörten alkoholabhängigen Frau gewesen, die damals, Anfang Oktober seitens der Ärzte noch für abstinent gehalten wurde, was sich einige Trage später als unrichtig herausstellte. Diesen Alkoholmissbrauch betrieb die Versicherte um ihre Stimmung aufzuhellen, so dass von einem ausgeprägten depressiven Zustand auszugehen sei. Die Mittel der Behandlungen waren die einer Stabilisierung durch Tagesstrukturierung, da die Versicherte zu Hause dazu nicht in der Lage war. Die Notwendigkeit der Behandlung zeige sich auch daran, dass, nach der vorzeitigen Entlassung im Oktober, Anfang November wiederum eine Behandlung erfolgen musste. Wenn man die Mittel der Behandlung als Tagesstrukturierung und Stützung mittels Psychotherapie von anderen therapeutischen Methoden darstellen kann, so sei das Ziel die emotionale Stabilisierung der Versicherten gewesen. Dies konnte allerdings nicht erreicht werden, da diese sich durch heimliches Trinken den therapeutischen Bemühungen entzog.

Die Beklagte hat hierzu die Auffassung vertreten, es sei auch nach den ergänzenden Stellungnahmen festzustellen, dass es an einem Behandlungsplan mit Therapiezielen gefehlt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte, dem Verwaltungsvorgang der Beklagten, die Gegenstand der Beratung des Senats gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, an die Klägerin 1.201,52 EUR zu zahlen und die Widerklage ebenso zu Recht abgewiesen.

Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruches ist § 109 Abs. 4 Satz 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Verbindung mit der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2001 und hinsichtlich der Zahlungsmodalitäten im Einzelnen § 18 i. V. m. § 3 Abs. 6 ABK-Vertrag.

Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts begründet § 18 Abs. 4 Satz 1 ABK-Vertrag allein den erhobenen Anspruch nicht. Etwas anderes gilt nur, wenn die Krankenkasse die vertraglich vereinbarte Form der Überprüfung nicht eingehalten hat, der Krankenhausträger sich selbst vertragsgemäß verhalten bzw. eine Vertragsverletzung den mit der Regelung verbundenen Zweck nicht berührt hat und die Krankenkasse vor Fälligkeit keine substantiierten Tatsachen vorgetragen hat, die geeignet waren, die Beurteilung des Krankenhausarztes zu erschüttern (vgl. Urteil des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 24. August 2004 - L 4 KR 31/03).

Nach Beendigung der Krankenhausbehandlung wird der zuständigen Krankenkasse in der Regel innerhalb von zwei Wochen eine Schlussrechnung übersandt (§ 18 Abs. 1 Satz 1 ABK-Vertrag). Nach § 18 Abs. 4 Satz 1 ABK-Vertrag bezahlt die zuständige Krankenkasse die Rechnung innerhalb von 14 Kalendertagen nach Rechnungseingang. Beanstandungen rechnerischer oder sachlicher Art können nach § 18 Abs. 4 Satz 4 ABK-Vertrag auch nach Bezahlung der Rechnung geltend gemacht und die Differenzbeträge verrechnet werden.

Es handelt sich bei diesen Vorschriften um "Zahlungsregelungen, " wie dies § 18 ABK-Vertrag in seiner Überschrift ausweist. Damit wird zum einen die Fälligkeit der Zahlung, also der Zeitpunkt, von dem ab der Gläubiger die Leistung verlangen kann (§ 271 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB), geregelt. Fälligkeit tritt danach innerhalb von 14 Kalendertagen nach Rechnungseingang ein. Zum anderen wird mit dieser Vorschrift sichergestellt, dass mit der zügigen Bezahlung des geforderten Betrages nicht zugleich auch die Anerkennung der Richtigkeit der Rechnung verbunden ist. Die Zahlung bewirkt zwar, dass die Forderung im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB erlischt. Sie ist jedoch Leistung unter Vorbehalt mit der Folge, dass die Wirkung des § 814 BGB, wonach das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden kann, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war, ausgeschlossen wird (vgl. dazu Palandt-Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 63. Auflage, § 362 Rdnr. 11). Bei Bezahlung der Rechnung der Krankenkasse bereits bekannte, den Zahlungsanspruch ganz oder teilweise ausschließende Sachverhalte kann sie daher ohne Rechtsverlust noch nachträglich einwenden.

Der Wortlaut des § 18 Abs. 4 Satz 4 ABK-Vertrag erlaubt es der Krankenkasse jedoch grundsätzlich, solche Beanstandungen schon vor Bezahlung der Rechnung geltend zu machen. Dies folgt aus dem Wort "auch", das eine solche Auslegung in Anwendung allgemeiner Rechtsgrundsätze zulässt. Eine unbedingte Fälligkeit, die das BSG im Urteil vom 28. Mai 2003 - B 3 KR 10/02 R für den dort entschiedenen Sachverhalt angenommen hat, ist vorliegend wegen des Wortes "auch" nicht gegeben. Auf eine nicht bestehende Forderung muss nicht geleistet werden; Erfüllung einer solchen Forderung kann nicht verlangt werden. Besteht zwischen den Beteiligten Einigkeit darüber, dass eine Forderung nicht besteht, ist diese Rechtsfolge auch in tatsächlicher Hinsicht unproblematisch. Sind hingegen die Beteiligten unterschiedlicher Auffassung, folgt daraus, dass der eine nicht zahlt und der andere die Durchsetzung ggf. auf prozessualem Wege begehrt. Besteht die Forderung, so führt die Zahlungsverweigerung dazu, dass der Gläubiger die Erfüllung der Forderung nicht zeitnah erlangt. Dieses Ergebnis kann jedoch durch Vereinbarung der Beteiligten dadurch ausgeschlossen werden, dass die Zahlung unabhängig von materiell-rechtlichen Einwendungen zunächst erfolgt und der Zahlungspflichtige auf den Weg der Rückforderung verwiesen wird, ohne dass damit zugleich die allgemeinen Beweislastregeln umgekehrt würden. Das heißt der auf Rückzahlung in Anspruch genommene Beteiligte bleibt weiterhin für das Bestehen der Forderung beweisbelastet.

§ 18 Abs. 4 Sätze 1 und 4 ABK-Vertrag schließen schlichte Beanstandungen sachlicher Art vor Bezahlung der Rechnung im Einzelfall aus. Dies folgt durch Auslegung unter Berücksichtigung der Stellung des Krankenhausarztes und der insoweit maßgebenden Regelung des § 3 Abs. 6 ABK-Vertrag.

Nach § 3 Abs. 6 ABK-Vertrag findet vorbehaltlich eines Vertrages nach § 112 Abs. 2 Nr. 2 SGB V, den es im Land Brandenburg nicht gibt, § 276 Abs. 4 SGB V Anwendung. Danach gilt: Wenn es im Einzelfall zu einer gutachterlichen Stellungnahme über die Notwendigkeit und Dauer der stationären Behandlung des Versicherten erforderlich ist, sind die Ärzte des Medizinischen Dienstes befugt, zwischen 8.00 Uhr und 18.00 Uhr die Räume der Krankenhäuser und Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen zu betreten, um dort die Krankenunterlagen einzusehen und, soweit erforderlich, den Versicherten untersuchen zu können.

Die Krankenkasse ist daher gehalten, wenn sie die Notwendigkeit und Dauer der stationären Behandlung des Versicherten in Zweifel zieht, den MDK einzuschalten. Damit soll sichergestellt werden, dass Beanstandungen sachlicher Art medizinisch fundiert sind. Die Beurteilung der Notwendigkeit und Dauer der stationären Behandlung erfordert medizinischen Sachverstand, den die Krankenkasse regelmäßig nicht hat. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass entsprechend dem Grundgedanken des § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V für die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung zunächst die Beurteilung des Krankenhausarztes maßgebend ist. Sie ist prima facie der Beweis für die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit des Versicherten. Wenn die Krankenkasse dessen Beurteilung in Zweifel zieht, folgt daraus noch nicht das Recht, die Zahlung zu verweigern, bis ihre Zweifel ausgeräumt sind. Soweit § 18 Abs. 4 Satz 4 ABK-Vertrag von Beanstandungen sachlicher Art spricht, sind darunter qualifizierte Beanstandungen, regelmäßig nach Einschaltung des MDK zu verstehen.

Die Krankenkasse ist gehalten, die nach Einschaltung des MDK gewonnenen substantiierten Tatsachen, die geeignet sind, den durch die Beurteilung des Krankenhausarztes gegebenen Anscheinsbeweis zu erschüttern, vorzutragen. Werden solche Tatsachen nicht rechtzeitig dargetan, bedarf es grundsätzlich keines Beweises dahingehend, dass der Krankenhausarzt vorausschauend (ex ante) hätte erkennen können, dass die bestehenden Gesundheitsstörungen nicht die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung begründeten, de lege artis, also eine Fehlentscheidung getroffen wurde (BSG, Urteil vom 17. Mai 2000 - B 3 KR 33/99 R, abgedruckt in SozR 3-2500 § 112 Nr. 1). Allerdings kommt eine Beweiserhebung gleichwohl in Betracht, wenn das Krankenhaus der Krankenkasse vor Fälligkeit entweder die gesamte Patientenakte, einzelne ärztliche Berichte oder einen zusammenfassenden Bericht übersandte, aus denen sich konkrete Tatsachen dafür ergaben, dass eine Krankenhausbehandlung ganz oder teilweise medizinisch nicht notwendig gewesen sein könnte (BSG, Urteil vom 28. Mai 2003 - B 3 KR 10/02 R; Urteil vom 17. Mai 2000 - B 3 KR 3/99 R, abgedruckt in SozR 3-2500 § 112 Nr. 1).

Daher war es unter den gegebenen Umständen erforderlich, die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung durch Sachverständigenbeweis festzustellen.

Nach § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V ist das zugelassene Krankenhaus im Rahmen seines Versorgungsauftrages zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet. Die Krankenkassen sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des SGB V mit dem Krankenhausträger Pflegesatzvereinbarungen nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG), des Krankenhausentgeltgesetzes und der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) zu führen. Dabei wird die Vergütungspflicht der Krankenkasse als selbstverständlich vorausgesetzt. Allerdings besteht ein Anspruch auf Vergütung einer stationären Behandlung nur, soweit sie medizinisch notwendig war. Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert deshalb mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht daher - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der insoweit notwendigen Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, sofern die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung vorliegen (BSG, Urteil vom 12. Mai 2005 - B 3 KR 30/04 R; Urteil vom 13. Mai 2004 - B 3 KR 18/03 R, abgedruckt in SozR 4-2500 § 39 Nr. 2 = BSGE 92, 300; Urteil vom 17. Mai 2000 - B 3 KR 33/99 R, abgedruckt in SozR 3-2500 § 112 Nr. 1 = BSGE 86, 166).

Nach § 39 Abs. 1 SGB V wird die Krankenhausbehandlung vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär (§ 115 a SGB V) sowie ambulant (§ 115 b SGB V) erbracht. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- oder nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Voraussetzung für den Anspruch auf Krankenhausbehandlung ist hierbei, dass die Krankheit zum einen behandlungsbedürftig ist und zum anderen zu ihrer Behandlung der Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich ist. Zu diesen Mitteln gehören insbesondere die apparative Mindestausstattung des Krankenhauses, besonders geschultes Pflegepersonal und einen jederzeit präsenten bzw. rufbereiten Arzt. Es ist jedoch weder der Einsatz all dieser Mittel notwendig, noch genügt lediglich eines dieser Mittel, um einen Anspruch auf Krankenhausbehandlung zu begründen. Vielmehr ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der den mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen und den Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung zukommt. Vor allem bei einer psychiatrischen Erkrankung bzw. psychiatrischen Behandlung kann der Einsatz von krankenhausspezifischen Gerätschaften in den Hintergrund treten und allein schon der notwendige Einsatz von Ärzten, therapeutischen Hilfskräften und Pflegepersonal sowie die Art der Medikation die Möglichkeit einer ambulanten Behandlung ausschließen und die Notwendigkeit einer stationären Behandlung begründen (BSG, Urteil vom 16. Februar 2005 - B 1 KR 18/03 R m.w.N.; Urteil vom 13. Mai 2004 - B 3 KR 18/03 R). Lässt sich demnach eine erforderliche medizinische Behandlung in ebenso guter Weise auch außerhalb eines Krankenhauses durchführen, besteht kein Anspruch auf Krankenhausbehandlung. Hierunter fällt neben der Behandlung in der Arztpraxis auch die ärztliche Krankenbehandlung in der Wohnung des Versicherten, ggf. in Kombination mit häuslicher Krankenpflege (§ 37 SGB V), ferner die ärztliche Versorgung in Pflegeheimen, Einrichtungen der Behindertenhilfe oder in sonstigen Heimen oder Anstalten (BSG, Urteil vom 12. Mai 2005 - B 3 KR 30/04 R; Urteil vom 13. Mai 2004 - B 3 KR 18/03 R). Maßnahmen dürfen daher insbesondere nicht lediglich dem Zweck dienen, einem Zustand der Hilflosigkeit zu begegnen. Rein pflegerische Maßnahmen, die nicht Teil einer ärztlichen Behandlung sind, lösen einen Anspruch auf Krankenhausbehandlung ebenso wenig aus. Dasselbe gilt, wenn lediglich das Ziel der Verwahrung zur Abwendung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung infolge Selbst- oder Fremdgefährdung verfolgt wird oder andere nicht medizinische Gründe (soziale oder humanitäre Gründe, insbesondere Fehlen eines geeigneten Pflegeplatzes) maßgebend sind (BSG, Urteil vom 16. Februar 2005 - B 1 KR 18/03 R; Urteil vom 21. Oktober 1980 - 3 RK 33/79).

Wie aus § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V ersichtlich wird ("Prüfung durch das Krankenhaus"), bestimmt sich die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung aus der vorausschauenden Sicht (ex ante) des Krankenhausarztes unter Zugrundelegung der im jeweiligen Entscheidungszeitpunkt bekannten oder erkennbaren Umstände. Steht die so getroffene Entscheidung nicht im Widerspruch zur allgemeinen oder besonderen ärztlichen Erfahrung und verletzt sie auch keine medizinischen Standards, muss diese Entscheidung hingenommen werden, auch wenn sich im Nachhinein (ex post) diese Entscheidung als fehlerhaft herausstellen sollte. Stehen mehrere Behandlungsalternativen zur Verfügung, so ist dem entscheidenden Krankenhausarzt ein therapeutischer Spielraum einzuräumen, sofern nicht eine bestimmte Behandlungsmethode unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten eindeutig den Vorzug verdient. Im Zweifel bleibt die Entscheidung des behandelnden Krankenhausarztes maßgebend, weil er die zivilrechtliche und strafrechtliche Verantwortung für sein Handeln zu tragen hat (BSG, Urteil vom 12. Mai 2005 - B 3 KR 30/04 R m.w.N.; Urteil vom 17. Mai 2000 - B 3 KR 33/99 R; Urteil vom 21. August 1996 - 3 RK 2/96, abgedruckt in SozR 3-2500 § 39 Nr. 4).

Werden diese Grundsätze herangezogen, erweist sich die vom 01. Oktober 2002 bis 11. Oktober 2002 erfolgte Krankenhausbehandlung als notwendig. Dies folgt aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. C.

Nach diesem Sachverständigen bestand bei der Versicherten eine Alkoholkrankheit mit der Unfähigkeit, den Tageslaublauf zu koordinieren und dem war nur durch stationäre Behandlung abzuhelfen. Dr. C ist gerichtlich bestellter Sachverständiger, sein Gutachten ist daher Beweismittel (§118 SGG i. V. m. §§ 402ff ZPO), wogegen das Vorbringen der Beklagten, auch wenn es auf einer Stellungnahme des MdK beruht, als Parteivortrag zu bewerten ist. Auch in Würdigung der Stellungnahme des MdK hält der Senat das Gutachten des Dr. C für überzeugend. Wenn Dr. C ausführt, dass die Vorgeschichte der Patientin in die Beurteilung einfließen müsse, weil diese trotz früheren Krankenhausaufenthalts weiterhin unter Depressionen litt und dass auch während der jetzt streitigen Behandlungszeit keine Besserung erreicht werden konnte, was insbesondere auch die erneute Krankenhausaufnahme im Dezember 2002 zeige, erschließt sich daraus, dass die Krankenhausentlassung eher zu früh, als zu spät erfolgt ist. Insbesondere legt Dr. C dar, dass die ablehnende Haltung der Frau Dr. K vom MDK auch darauf beruht, dass dieser der Trinkrückfall im September/Oktober 2002 nicht bekannt gewesen war, so dass sie schon deswegen zwingend zu einer unzutreffenden Beurteilung gelangen musste. Insgesamt hält der Senat das Gutachten für schlüssig und nachvollziehbar, er schließt sich daher der Beurteilung des Sachverständigen an.

Mit der Widerklage wird, wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat, eine bloße Negation des klägerischen Anspruchs begehrt. Das angefochtene Urteil ist daher auch insoweit nicht zu beanstanden. Die Widerklage eröffnet keinen neuen Streitgegenstand – Zahlung oder Nichtzahlung – sondern negiert den bestehenden (vgl. Baumbach/Lauterbach, ZPO, 59. Auflage § 2 Nr. 3)

Die Berufung muss daher ebenso wie die Widerklage erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungs¬gerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 13 Abs. 1 und 2 Gerichtskostengesetz (GKG) sowie § 19 Abs. 1 Satz 3 GKG in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1975 (BGBl I S. 3047), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 5 des Gesetzes vom 12. März 2004 (BGBl I S. 390), da sowohl der Rechtsstreit vor dem 01. Juli 2004 anhängig gemacht als auch das Rechtsmittel vor dem 01. Juli 2004 eingelegt worden ist (§ 72 Satz 1 Nr. 1 GKG).
Rechtskraft
Aus
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