Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
25
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 14 AS 39/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 25 B 1123/05 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 29. Juli 2005 aufgehoben. Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe für die Zeit ab 28. Februar 2005 für das erstinstanzliche Verfahren bewilligt und Herr Rechtsanwalt L G beigeordnet.
Gründe:
I.
Umstritten ist, ob der Kläger für das Verfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) Prozesskostenhilfe (PKH) verlangen kann. In diesem Verfahren verfolgt er die Rechtskontrolle einer von ihm als verfassungswidrig behaupteten Berechnung seiner Leistungen zur Sicherung seines Lebensunterhaltes für Zeiten seit dem 01. Januar 2005.
Im Einzelnen:
Der am 1944 geborene Kläger (Kl.) bezog Arbeitslosenhilfe (Alhi) bis 31. Dezember 2004. Er hatte am 13. September 2002 die so genannte "Erklärung zu § 428 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III)" abgegeben. Altersrente ohne Rentenminderung könne er frühestens ab 01. März 2009 beziehen. Der Kläger hatte bekundet, er möchte Alhi unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 SGB III beziehen. Mit Alhi-Bewilligungsbescheid vom 10. Februar 2004 hatte die Bundesagentur für Arbeit - Arbeitsamt E - dem Kläger zuletzt Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 29. Februar 2004 bis 31. Dezember 2004 in Höhe von wöchentlich 176,89 Euro zuerkannt (= 176,89 x 13: 3 = 766,52 Euro monatlich). Der Leistungsgewährung lag ein wöchentliches Bemessungsentgelt von 545 Euro zugrunde. Ein abzusetzender wöchentlicher Anrechnungsbetrag lag der Leistungsbemessung nicht zugrunde, weswegen der Leistungssatz gleich Zahlbetrag war. Die Bundesagentur für Arbeit Bernau erließ unter dem 26. November 2004 einen Bescheid über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II), in welchem sie für die Zeit vom 01. Januar 2005 bis 30. Juni 2005 monatlich zustehende Leistungen in Höhe von 494,81 Euro zuerkannte. Neben der Regelleistung von 331 Euro wurden Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt monatlich 163,81 Euro der Berechnung des Gesamtbedarfs zugrunde gelegt. Ein monatlich zu berücksichtigendes Einkommen wurde - über der Alhi - nicht zur Anrechnung gebracht.
In seinen Widerspruch vom 14. Dezember 2004 brachte der Kläger vor, er gehe davon aus, die Beklagte werde sich an die mit ihm getroffene vertragliche Vereinbarung halten und ihm den bisherigen Betrag in Höhe der bislang bezogenen Arbeitslosenhilfe bis zum Beginn des Rentenalters zahlen. Die Vereinbarung zu § 128 SGB III habe er unter der Zusage getroffen, dass diese Vereinbarung bis zum Eintritt in sein reguläres Rentenalter (65 Jahre) Bestand habe. Dass diese Regelung nunmehr nicht mehr gelten solle, verstoße sowohl gegen die Grundsätze von Treu und Glauben als auch gegen ihm zustehende Grundrechte. Die Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit E - erließ zurückweisenden Widerspruchsbescheid unter dem 16. Februar 2005. Nach Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) sei sie als Teil der vollziehenden Gewalt an Recht und Gesetz gebunden. Sie müsse deswegen die Bestimmungen des SGB II beachten und dürfe nicht von den festgelegten pauschalierten Regelungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes abweichen.
Mit seiner am 28. Februar 2005 zum Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhobenen Klage hat der Kläger seinen behaupteten Anspruch weiter verfolgt. Er wollte festgestellt wissen, dass ihm ein Leistungsanspruch mindestens in der bis zum 31. Dezember 2004 gewährten Höhe der Arbeitslosenhilfe ab 01. Januar 2005 zustehe. Zugleich hat er PKH unter Beiordnung des Herrn Rechtsanwalt L G begehrt. Aus der Vereinbarung zu § 428 SGB III leite er einen Vertrauensanspruch dahin ab, dass er bei deren Abschluss habe davon ausgehen können, dass ihm bis zum Erreichen der Altersgrenze mindestens Leistungen in Höhe der Alhi zu bewilligen seien. Die Neuregelungen zum Alg II enthielten hinsichtlich der "Vereinbarung" nach § 428 SGB III keinerlei Regelungen. Insofern sei von einer gesetzlichen Regelungslücke auszugehen, welche zur Vorlage des Verfahrens beim Bundesverfassungsgericht führen würde. Festzuhalten sei, dass eine mögliche Kündigung des Vertrages seitens der Beklagten bis dato nicht erfolgt sei. Mithin komme lediglich eine Anpassung des Vertrages in Betracht. Die nunmehrige Gewährung von Sozialleistungen in Form von Alg II stelle keine Anpassung des Vertrages vom 13. September 2002 dar, da eine derartige Anpassung für den Kläger nicht sinnvoll und ihm nicht zumutbar sei. Eine Kündigung des Vertrages sei ebenfalls noch nicht erfolgt, woraus zu schlussfolgern sei, dass der öffentlich-rechtliche Vertrag in seiner ursprünglichen Form nach wie vor Gültigkeit habe, weswegen die Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger Sozialleistungen in Höhe der seinerzeitigen Alhi zu gewähren. Jedenfalls liege eine Regelungslücke hinsichtlich der "58er Regelungen" vor, insofern Anpassungs- und Übergangsregelungen durch den Gesetzgeber offensichtlich unterblieben seien.
Mit Beschluss vom 29. Juli 2005 hat das Sozialgericht Frankfurt (Oder) den Antrag abgelehnt. Es mangele an einer hinreichenden Erfolgsaussicht für die beabsichtigte Rechtsverfolgung. Durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 seien die Regelungen über die Arbeitslosenhilfe zum 01. Januar 2005 außer Kraft gesetzt worden. Auch im Rahmen eines Vertrauensschutzes komme die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe nicht in Betracht. Anders als der Kläger meine, liege in der "Vereinbarung" gemäß § 428 SGB III keine verbindliche Zusage einer Leistungsbewilligung auf Dauer, und zwar weder dem Grunde noch der Höhe nach. In diesem Zusammenhang sei zunächst darauf zu verweisen, dass Alhi als steuerlich finanzierte Sozialleistung nicht dem Eigentumsschutz von Art. 3 (gemeint Art. 14) des Grundgesetzes unterliege. Die "Vereinbarung" habe grundsätzlich (nur) das Ziel, den betroffenen Arbeitslosen von der Verpflichtung zur Beschäftigungssuche gemäß § 119 SGB III zu entbinden.
Gegen den ihm am 08. August 2005 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 15. August 2005 Beschwerde eingelegt. Unter Bezugnahme auf den bisherigen Vortrag werde wiederholend die Auffassung vertreten, dass hinsichtlich der Regelungen des ehemaligen § 428 SGB III eine gesetzliche Regelungslücke vorliege. Insofern werde das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen sein.
Der Senat entnimmt aus dem Vorbringen des Klägers den Antrag,
den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 29. Juli 2005 aufzuheben und ihm, dem Kläger, Prozesskostenhilfe seit 28. Februar 2005 unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt G zu bewilligen.
Die Beklagte hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die dem Gericht vorliegenden Verfahrensunterlagen nebst Verwaltungsakte der Beklagten zum Zeichen sowie der gleichfalls beigezogenen Alhi-Unterlagen - Band II - Die genannten Unterlagen haben dem Senat zu seiner Entscheidung vorgelegen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) über die PKH entsprechend. Ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 73 a Rz. 7 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.
Zunächst ist darauf Bedacht zu nehmen, dass der SGB II-Gesetzgeber die Fallgruppe derjenigen, die eine Erklärung zur so genannten "58er-Regelung" im Sinne des § 428 Abs. 1 SGB III abgegeben haben, durchaus gesehen hat. Abweichend von § 2 SGB II haben nämlich auch erwerbsfähige Hilfebedürftige - wie der Kläger - Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, die das 58. Lebensjahr vollendet haben und die Regelvoraussetzungen des Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes allein deshalb nicht erfüllen, weil sie nicht arbeitsbereit sind und nicht alle Möglichkeiten nutzen und nutzen wollen, ihre Hilfebedürftigkeit durch Aufnahme einer Arbeit zu beenden. Vom 01. Januar 2006 an gilt Satz 1 dieses § 65 Abs. 4 SGB II nur noch, wenn der Anspruch vor dem 01. Januar 2006 entstanden ist und der erwerbsfähige Hilfebedürftige vor diesem Tage das 58. Lebensjahr vollendet hat. § 428 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches gilt entsprechend. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Regelung, welche im Falle des Klägers gegeben sein dürften, befreien ihn ersichtlich nur davon, für Zeiten ab 01. Januar 2005 seine Arbeitsbereitschaft für den Anspruchserwerb dem Grunde nach nachzuweisen. Einen Vertrauensschutz die Höhe des bisherigen Leistungsbezuges bis 31. Dezember 2004 betreffend hat der SGB II-Gesetzgeber ganz offenbar nicht spezialgesetzlich vorgesehen.
In diesem Zusammenhang hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 18. März 2005 - 1 BvR 143/05 (Kammerentscheidung des Ersten Senats) u. a. unter dem Gesichtspunkt einer Ablehnung einer Vorabentscheidung ausgeführt:
" Außerdem obliegt auch der Rechtsschutz gegen Verfassungsverletzungen vorrangig den Fachgerichten (vgl. BVerfGE 77, 381, 401). Insoweit dient § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG der grundgesetzlichen Aufgabenverteilung zwischen ihnen und dem Bundesverfassungsgericht. Die Regelung trägt dazu bei, den Rechtsschutz den besonderen Funktionen von Bundesverfassungsgericht und Fachgerichten entsprechend auszugestalten (vgl. BVerfGE 71, 305, 366; BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, NJW 2003, S. 2738, 2739).
Aus diesen Gründen ist es auch bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende unabdingbar, dass die fachnahen Sozialgerichte die relevanten tatsächlichen und rechtlichen Fragen klären und die einzelnen Regelungen des SGB II verfassungsrechtlich überprüfen (vgl. BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 29. Oktober 2004, 1 BvR 2323/04; Beschluss vom 14. Februar 2005, 1 BvR 199/05; http://www.bverfg.de). Dies gilt auch für die Anwendung des § 65 Abs. 4 SGB II. Hier kann es möglicherweise aufklärungsbedürftig sein, unter welchen Umständen die Erklärungen nach § 428 Abs. 1 SGB III zustande gekommen sind und ob die Agenturen für Arbeit den Betroffenen Zusagen gegeben haben. Diese Erkenntnisse sind nicht nur für die einfachrechtliche Frage erheblich, ob sich die Agenturen für Arbeit überhaupt und ggfs. auch für den Fall einer Gesetzesänderung gebunden haben (vgl. § 34 Abs. 1 und 3 SGB X). Sie haben Relevanz auch für die verfassungsrechtliche Frage, ob sich die Betroffenen auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen können, das durch § 65 Abs. 4 SGB II möglicherweise nicht ausreichend geschützt ist."
Schon aus Vorstehendem ist evident, dass der Annahme einer gewissen, nicht notwendig überwiegenden Erfolgswahrscheinlichkeit genügt ist, was für die Bewilligung von PKH insoweit hinreicht.
Die wirtschaftlichen Voraussetzungen liegen vor.
Gründe:
I.
Umstritten ist, ob der Kläger für das Verfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) Prozesskostenhilfe (PKH) verlangen kann. In diesem Verfahren verfolgt er die Rechtskontrolle einer von ihm als verfassungswidrig behaupteten Berechnung seiner Leistungen zur Sicherung seines Lebensunterhaltes für Zeiten seit dem 01. Januar 2005.
Im Einzelnen:
Der am 1944 geborene Kläger (Kl.) bezog Arbeitslosenhilfe (Alhi) bis 31. Dezember 2004. Er hatte am 13. September 2002 die so genannte "Erklärung zu § 428 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III)" abgegeben. Altersrente ohne Rentenminderung könne er frühestens ab 01. März 2009 beziehen. Der Kläger hatte bekundet, er möchte Alhi unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 SGB III beziehen. Mit Alhi-Bewilligungsbescheid vom 10. Februar 2004 hatte die Bundesagentur für Arbeit - Arbeitsamt E - dem Kläger zuletzt Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 29. Februar 2004 bis 31. Dezember 2004 in Höhe von wöchentlich 176,89 Euro zuerkannt (= 176,89 x 13: 3 = 766,52 Euro monatlich). Der Leistungsgewährung lag ein wöchentliches Bemessungsentgelt von 545 Euro zugrunde. Ein abzusetzender wöchentlicher Anrechnungsbetrag lag der Leistungsbemessung nicht zugrunde, weswegen der Leistungssatz gleich Zahlbetrag war. Die Bundesagentur für Arbeit Bernau erließ unter dem 26. November 2004 einen Bescheid über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II), in welchem sie für die Zeit vom 01. Januar 2005 bis 30. Juni 2005 monatlich zustehende Leistungen in Höhe von 494,81 Euro zuerkannte. Neben der Regelleistung von 331 Euro wurden Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt monatlich 163,81 Euro der Berechnung des Gesamtbedarfs zugrunde gelegt. Ein monatlich zu berücksichtigendes Einkommen wurde - über der Alhi - nicht zur Anrechnung gebracht.
In seinen Widerspruch vom 14. Dezember 2004 brachte der Kläger vor, er gehe davon aus, die Beklagte werde sich an die mit ihm getroffene vertragliche Vereinbarung halten und ihm den bisherigen Betrag in Höhe der bislang bezogenen Arbeitslosenhilfe bis zum Beginn des Rentenalters zahlen. Die Vereinbarung zu § 128 SGB III habe er unter der Zusage getroffen, dass diese Vereinbarung bis zum Eintritt in sein reguläres Rentenalter (65 Jahre) Bestand habe. Dass diese Regelung nunmehr nicht mehr gelten solle, verstoße sowohl gegen die Grundsätze von Treu und Glauben als auch gegen ihm zustehende Grundrechte. Die Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit E - erließ zurückweisenden Widerspruchsbescheid unter dem 16. Februar 2005. Nach Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) sei sie als Teil der vollziehenden Gewalt an Recht und Gesetz gebunden. Sie müsse deswegen die Bestimmungen des SGB II beachten und dürfe nicht von den festgelegten pauschalierten Regelungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes abweichen.
Mit seiner am 28. Februar 2005 zum Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhobenen Klage hat der Kläger seinen behaupteten Anspruch weiter verfolgt. Er wollte festgestellt wissen, dass ihm ein Leistungsanspruch mindestens in der bis zum 31. Dezember 2004 gewährten Höhe der Arbeitslosenhilfe ab 01. Januar 2005 zustehe. Zugleich hat er PKH unter Beiordnung des Herrn Rechtsanwalt L G begehrt. Aus der Vereinbarung zu § 428 SGB III leite er einen Vertrauensanspruch dahin ab, dass er bei deren Abschluss habe davon ausgehen können, dass ihm bis zum Erreichen der Altersgrenze mindestens Leistungen in Höhe der Alhi zu bewilligen seien. Die Neuregelungen zum Alg II enthielten hinsichtlich der "Vereinbarung" nach § 428 SGB III keinerlei Regelungen. Insofern sei von einer gesetzlichen Regelungslücke auszugehen, welche zur Vorlage des Verfahrens beim Bundesverfassungsgericht führen würde. Festzuhalten sei, dass eine mögliche Kündigung des Vertrages seitens der Beklagten bis dato nicht erfolgt sei. Mithin komme lediglich eine Anpassung des Vertrages in Betracht. Die nunmehrige Gewährung von Sozialleistungen in Form von Alg II stelle keine Anpassung des Vertrages vom 13. September 2002 dar, da eine derartige Anpassung für den Kläger nicht sinnvoll und ihm nicht zumutbar sei. Eine Kündigung des Vertrages sei ebenfalls noch nicht erfolgt, woraus zu schlussfolgern sei, dass der öffentlich-rechtliche Vertrag in seiner ursprünglichen Form nach wie vor Gültigkeit habe, weswegen die Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger Sozialleistungen in Höhe der seinerzeitigen Alhi zu gewähren. Jedenfalls liege eine Regelungslücke hinsichtlich der "58er Regelungen" vor, insofern Anpassungs- und Übergangsregelungen durch den Gesetzgeber offensichtlich unterblieben seien.
Mit Beschluss vom 29. Juli 2005 hat das Sozialgericht Frankfurt (Oder) den Antrag abgelehnt. Es mangele an einer hinreichenden Erfolgsaussicht für die beabsichtigte Rechtsverfolgung. Durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 seien die Regelungen über die Arbeitslosenhilfe zum 01. Januar 2005 außer Kraft gesetzt worden. Auch im Rahmen eines Vertrauensschutzes komme die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe nicht in Betracht. Anders als der Kläger meine, liege in der "Vereinbarung" gemäß § 428 SGB III keine verbindliche Zusage einer Leistungsbewilligung auf Dauer, und zwar weder dem Grunde noch der Höhe nach. In diesem Zusammenhang sei zunächst darauf zu verweisen, dass Alhi als steuerlich finanzierte Sozialleistung nicht dem Eigentumsschutz von Art. 3 (gemeint Art. 14) des Grundgesetzes unterliege. Die "Vereinbarung" habe grundsätzlich (nur) das Ziel, den betroffenen Arbeitslosen von der Verpflichtung zur Beschäftigungssuche gemäß § 119 SGB III zu entbinden.
Gegen den ihm am 08. August 2005 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 15. August 2005 Beschwerde eingelegt. Unter Bezugnahme auf den bisherigen Vortrag werde wiederholend die Auffassung vertreten, dass hinsichtlich der Regelungen des ehemaligen § 428 SGB III eine gesetzliche Regelungslücke vorliege. Insofern werde das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen sein.
Der Senat entnimmt aus dem Vorbringen des Klägers den Antrag,
den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 29. Juli 2005 aufzuheben und ihm, dem Kläger, Prozesskostenhilfe seit 28. Februar 2005 unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt G zu bewilligen.
Die Beklagte hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die dem Gericht vorliegenden Verfahrensunterlagen nebst Verwaltungsakte der Beklagten zum Zeichen sowie der gleichfalls beigezogenen Alhi-Unterlagen - Band II - Die genannten Unterlagen haben dem Senat zu seiner Entscheidung vorgelegen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) über die PKH entsprechend. Ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 73 a Rz. 7 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.
Zunächst ist darauf Bedacht zu nehmen, dass der SGB II-Gesetzgeber die Fallgruppe derjenigen, die eine Erklärung zur so genannten "58er-Regelung" im Sinne des § 428 Abs. 1 SGB III abgegeben haben, durchaus gesehen hat. Abweichend von § 2 SGB II haben nämlich auch erwerbsfähige Hilfebedürftige - wie der Kläger - Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, die das 58. Lebensjahr vollendet haben und die Regelvoraussetzungen des Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes allein deshalb nicht erfüllen, weil sie nicht arbeitsbereit sind und nicht alle Möglichkeiten nutzen und nutzen wollen, ihre Hilfebedürftigkeit durch Aufnahme einer Arbeit zu beenden. Vom 01. Januar 2006 an gilt Satz 1 dieses § 65 Abs. 4 SGB II nur noch, wenn der Anspruch vor dem 01. Januar 2006 entstanden ist und der erwerbsfähige Hilfebedürftige vor diesem Tage das 58. Lebensjahr vollendet hat. § 428 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches gilt entsprechend. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Regelung, welche im Falle des Klägers gegeben sein dürften, befreien ihn ersichtlich nur davon, für Zeiten ab 01. Januar 2005 seine Arbeitsbereitschaft für den Anspruchserwerb dem Grunde nach nachzuweisen. Einen Vertrauensschutz die Höhe des bisherigen Leistungsbezuges bis 31. Dezember 2004 betreffend hat der SGB II-Gesetzgeber ganz offenbar nicht spezialgesetzlich vorgesehen.
In diesem Zusammenhang hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 18. März 2005 - 1 BvR 143/05 (Kammerentscheidung des Ersten Senats) u. a. unter dem Gesichtspunkt einer Ablehnung einer Vorabentscheidung ausgeführt:
" Außerdem obliegt auch der Rechtsschutz gegen Verfassungsverletzungen vorrangig den Fachgerichten (vgl. BVerfGE 77, 381, 401). Insoweit dient § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG der grundgesetzlichen Aufgabenverteilung zwischen ihnen und dem Bundesverfassungsgericht. Die Regelung trägt dazu bei, den Rechtsschutz den besonderen Funktionen von Bundesverfassungsgericht und Fachgerichten entsprechend auszugestalten (vgl. BVerfGE 71, 305, 366; BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, NJW 2003, S. 2738, 2739).
Aus diesen Gründen ist es auch bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende unabdingbar, dass die fachnahen Sozialgerichte die relevanten tatsächlichen und rechtlichen Fragen klären und die einzelnen Regelungen des SGB II verfassungsrechtlich überprüfen (vgl. BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 29. Oktober 2004, 1 BvR 2323/04; Beschluss vom 14. Februar 2005, 1 BvR 199/05; http://www.bverfg.de). Dies gilt auch für die Anwendung des § 65 Abs. 4 SGB II. Hier kann es möglicherweise aufklärungsbedürftig sein, unter welchen Umständen die Erklärungen nach § 428 Abs. 1 SGB III zustande gekommen sind und ob die Agenturen für Arbeit den Betroffenen Zusagen gegeben haben. Diese Erkenntnisse sind nicht nur für die einfachrechtliche Frage erheblich, ob sich die Agenturen für Arbeit überhaupt und ggfs. auch für den Fall einer Gesetzesänderung gebunden haben (vgl. § 34 Abs. 1 und 3 SGB X). Sie haben Relevanz auch für die verfassungsrechtliche Frage, ob sich die Betroffenen auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen können, das durch § 65 Abs. 4 SGB II möglicherweise nicht ausreichend geschützt ist."
Schon aus Vorstehendem ist evident, dass der Annahme einer gewissen, nicht notwendig überwiegenden Erfolgswahrscheinlichkeit genügt ist, was für die Bewilligung von PKH insoweit hinreicht.
Die wirtschaftlichen Voraussetzungen liegen vor.
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