L 3 R 1582/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 19 RA 2109/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 R 1582/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juni 2005 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Streitig ist die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.

Der Kläger ist österreichischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Österreich. Von August 1957 bis August 1960 absolvierte er eine Ausbildung zum Speditionskaufmann. Vom 4. September 1961 bis zum 30. Juni 1977 war er in der Bundesrepublik versicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt bei der Firma A. und J. M Spedition als Speditionskaufmann, anschließend kehrte er nach Österreich zurück. Am 13. Dezember 1977 bestand er beim Amt der Vorarlberger Landesregierung die Konzessionsprüfung zum Nachweis der Befähigung für die Gastgewerbe gemäß der Gastgewerbe-Befähigungsnachweisverordnung (BGBl. Nr. 387/1974). Ab Oktober 1978 arbeitete er als (selbständiger) Gastwirt. Das Gewerbe meldete er zum 1. Januar 2003 ab.

Er bezieht seit dem 1. März 2006 Altersrente für langjährig Versicherte.

Am 9. Dezember 2002 stellte der Kläger einen Pensionsantrag bei der Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft (SVA Gewerbliche Wirtschaft) aus der österreichischen Rentenversicherung und einen Antrag auf Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit aus der deutschen Rentenversicherung. Vorgelegt wurden unter anderem ein Gutachten der Ärztin der Landesstelle Dr. R vom 15. Januar 2003 sowie ein Gutachten des Orthopäden Dr. F vom 3. Februar 2003.

Mit Bescheid vom 4. April 2003 lehnte die SVA Gewerbliche Wirtschaft den Antrag des Klägers auf Zuerkennung einer Erwerbsunfähigkeitspension zunächst ab, da der Kläger noch in der Lage sei, leichte, eingeschränkt auch mittelschwere Arbeiten in Sitzen, Stehen und Gehen zu verrichten.

Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers auf Erwerbsminderungsrente mit Bescheid vom 8. Mai 2003 ebenfalls ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, es bestehe weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung oder eine teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Ärztlicherseits sei bei ihm ein Zustand nach Leistenbruchoperation beiderseits und Rezidivoperation links, eine chronische Lumbalgie mit rezidivierender Lumboischialgie rechts und Varizen rechts festgestellt worden. Er sei aber noch in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarkts in seinem bisherigen Beruf als Gastwirt mindestens 6 Stunden täglich zu arbeiten.

Seinen Widerspruch hiergegen begründete der Kläger unter Verweis auf ein Gutachten des Internisten Dr. L vom 5. August 2003 sowie ein Gesamtgutachten des Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. B vom 14. August 2003, welche vom Landesgericht Feldkirch veranlasst worden waren. Dr. L war in seinem Gutachten zu dem Schluss gekommen, der Kläger könne internistischerseits mit Rücksicht auf seinen Gesundheitszustand unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses seit dem 1. Januar 2003 keinerlei Arbeiten verrichten. Es bestehe ein dringender Verdacht auf eine koronare Herzkrankheit. Auch Dr. B war zu dem Ergebnis gelangt, der Kläger sei aus orthopädischer Sicht nicht mehr als arbeitsfähig einzustufen wegen chronischer Syndrome der Hals- und Lendenwirbelsäule, einer Wadenmuskulatur-Teillähmung rechts und einer Gonarthrose beiderseits.

In einer Stellungnahme vom 1. September 2003 hielt die beratende Ärztin der Beklagten Dr. H die vorgelegten Gutachten in ihrer Leistungsbewertung nicht für nachvollziehbar. Internistisch liege eine gute bis sehr gute Leistungsfähigkeit vor, die orthopädischen Leiden seien lange bekannt und nicht schlimmer geworden. Auf Anraten von Frau Dr. H veranlasste die Beklagte anschließend Befundberichte des behandelnden Allgemeinmediziners Dr. D vom 19. September 2003 und des Internisten Dr. L vom 17. Oktober 2003. Letzterem Bericht waren kardiologische Befunde des Landeskrankenhaus F beigefügt, wonach eine geringe bis mäßige diffuse Koronarsklerose ohne umschriebene Stenosen bei normaler globaler Pumpfunktion bestand. In einer weiteren beratungsärztlichen Stellungnahme vom 12. November 2003 hielt Frau Dr. H den Kläger weiter für fähig, seine letzte Tätigkeit täglich mindestens 6 Stunden vollschichtig zu verrichten, da nach den aktuellen Befunden keine kardiale Funktionseinschränkung und keine koronare Herzerkrankung vorliege.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 2004 wies die Beklagte daher den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 2. April 2004 Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben. Zur Begründung hat er darauf verwiesen, dass die SVA Gewerbliche Wirtschaft sich vor dem Landesgericht Feldkirch verpflichtet habe, ihm ab dem 1. Januar 2003 Erwerbsunfähigkeitpension zu zahlen. Das Sozialgericht hat zunächst Befundberichte des behandelnden Allgemeinmediziners Dr. D vom 23. Juni 2004 sowie des Orthopäden Dr. E vom 6. Juli 2004 eingeholt. Im Anschluss daran hat es Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Haupt-Gutachtens des Dr. S vom 17. Januar 2005 nebst internistischem Zusatz-Gutachten des Dr. L vom 16./23. Februar 2005. Dr. S ist zu dem Ergebnis gelangt, der Kläger leide unter Rückenschmerzen vorwiegend in der Kreuz- und Nackenregion wegen eines Bandscheibenvorfalls L5/S1 mit Trizeps surae Parese Grad III rechts bei ausgeprägten degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule, Schmerzen in beiden Kniegelenken wegen leichter Abnutzungen des inneren Kniegelenkspalts, Schmerzen im linken Schultergelenk wegen degenerativer Veränderungen der Rotatorenmanschette und wiederkehrenden Gichtanfällen. Die Belastbarkeit der Wirbelsäule sei reduziert, insbesondere die Lähmung im Bereich der Wadenmuskulatur führe zu Problemen beim Aufwärtslaufen, Treppensteigen und Gehen auf unebenem Gelände. Der Kläger könne noch leichte Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten (stündlicher Wechsel der Arbeitshaltung für mindestens 10 Minuten) in geschlossenen Räumen ohne Einwirkung von Kälte, Nässe und Durchzug mindestens 8 Stunden täglich verrichten. Arbeiten in Zwangshaltungen, auf Leitern und Gerüsten, am Fließband, im Akkord, mit häufigem Bücken, im Knien und Hocken sowie mit häufigem Heben und Tragen von Lasten über 10 bzw. 5 kg seien zu vermeiden. Dr. L hat festgestellt, beim Kläger bestehe eine geringe bis mäßige diffuse Koronarsklerose ohne umschriebene wirksame Stenosen, eine Hypercholesterinämie, eine Hyperurikämie und eine Varikositas cruris beidseits. Die kardiale Leistungsfähigkeit sei gut, auch unter Belastung seien keine Beschwerden aufgetreten. Der Kläger könne daher täglich regelmäßig noch mittelschwere und vereinzelt schwere Arbeiten im Freien sowie in geschlossenen Räumen im Gehen und Stehen, weniger im langen Sitzen, auch bei einseitiger körperlicher Belastung im festgelegten Arbeitsrhythmus unter Heben und Tragen leichter, mittelschwerer und zeitweise schwerer Lasten sowohl in Wechsel- als auch Nachtschicht und auch auf Leitern und Gerüsten 8 Stunden täglich ausüben.

Mit Urteil vom 24. Juni 2005 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung oder wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Die Beurteilung habe dabei allein nach deutschen Rechtsvorschriften zu erfolgen. Dass in Österreich nunmehr eine Erwerbsunfähigkeitpension zuerkannt sei, sei unbeachtlich. Nach Art. 40 Abs. 4 der EWG-VO 1408/71 sei eine Entscheidung über das Vorliegen von Invalidität eines Mitgliedstaats nur dann für den anderen Mitgliedstaat verbindlich, wenn die in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten festgelegten Tatbestandsmerkmale der Invalidität im Anhang V zur EWG-VO 1408/71 als übereinstimmend anerkannt seien. Dies sei im Verhältnis Deutschland-Österreich nicht der Fall, so dass sowohl der österreichische als auch der deutsche Träger unabhängig voneinander nach den jeweils geltenden Vorschriften die Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen hätten.

Der Kläger könne seinen bisherigen Beruf als Gastwirt zwar nach den Feststellungen des Dr. S nicht mehr ausüben, er sei jedoch nicht berufsunfähig. Berufsunfähigkeit läge nur dann vor, wenn er unter Berücksichtigung seiner beruflichen Fähigkeiten und Kenntnisse keine andere sozial zumutbare Tätigkeit ausüben und damit die gesetzliche Lohnhälfte erzielen könne. Er sei jedoch gesundheitlich in der Lage, eine Tätigkeit als einfacher Pförtner bzw. als Auskunftsassistent mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Er könne leichte körperliche Tätigkeiten im Gehen, Stehen und Sitzen 8 Stunden täglich ausüben, wobei Wechsel vorzunehmen seien und die Tätigkeit in geschlossenen Räumen stattfinden solle. Die weiteren, von Dr. S genannten qualitativen Einschränkungen könnten im Wesentlichen so zusammengefasst werden, dass eine besondere Beanspruchung des gesamten Bewegungsapparats, die über leichte Tätigkeiten hinausgehe, unmöglich sei. Dr. L habe demgegenüber keine weiteren qualitativen Einschränkungen gesehen. Die Feststellungen der Gutachter seien nachvollziehbar. Soweit Dr. B für das Landesgericht Feldkirch eine andere Beurteilung getroffen habe, sei dem nicht zu folgen. Dr. L habe seine ursprüngliche Leistungsbeurteilung revidiert. Bei der Tätigkeit des einfachen Pförtners handele es sich um eine körperlich leichte Tätigkeit, die kein schweres Heben und Tragen sowie andere manuelle Belastungen beinhalte. Da die Tätigkeit weitgehend im freien Haltungswechsel erfolgen könne und regelmäßig auch in geschlossenen Räumen ausgeübt werde, könne sie auch in Anbetracht der von Dr. S aufgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen verrichtet werden. Diese Tätigkeit sei dem Kläger schließlich auch sozial zumutbar. Die Tätigkeit als selbständiger Gastwirt sei allenfalls dem Bereich der Angelernten zuzuordnen. Eine Ausbildung habe er nicht durchlaufen. Ob er dem Bereich der Angelernten der oberen Gruppe im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) mit einer Anlernzeit von 12 bis 24 Monaten zuzuordnen wäre, weil er während der langjährigen Tätigkeit Fertigkeiten in wesentlichem Umfang erworben habe, könne dahingestellt bleiben. Denn auch ein Angelernter des oberen Bereichs könne auf ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden. Da keine Berufsunfähigkeit vorliege, bestehe auch kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung.

Gegen das am 11. Juli 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10. Oktober 2005 Berufung eingelegt. Er macht geltend, in Österreich sei die Tätigkeit eines selbständigen Gastwirts ein konzessioniertes Gewerbe. Die Zulassungsbestimmung erfordere einen Praxisnachweis und eine gastgewerbliche schulische Ausbildung in 22 Fächern, die er mit der Konzessionsprüfung 1978-79 erfolgreich abgeschlossenen habe. Wegen seiner Tätigkeit als Speditionskaufmann und einer mehrmonatigen Ausbildung in Küchenkunde sei er zur Konzessionsprüfung zugelassen worden. Er nehme im Übrigen ständig Schmerzmedikamente, die zu einer chronischen Magenschleimhautentzündung geführt hätten. Außerdem leide er unter Hüftproblemen. Er überreicht eine Kopie des Konzessionsprüfungszeugnisses vom 13. Dezember 1977 sowie des Konzessionsdekrets der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 4. März 1981 für ein Gastgewerbe in der Betriebsart eines Restaurants (Standort Hallenbad am Haldenweg in Bludenz).

Das Gericht hat bei der Vorarlberger Landesregierung zur Frage der für das Ablegen einer Konzessionsprüfung notwendigen Ausbildung ermittelt. Mit Schreiben vom 1. März 2006 hat das Amt der Vorarlberger Landesregierung mitgeteilt, dass außer dem Konzessionsprüfungszeugnis betreffend den Kläger keine weiteren Unterlagen vorhanden seien. Die Voraussetzungen für die Zulassung zur Konzessionsprüfung seien in § 5 der Verordnung über den Befähigungsnachweis für die Gastgewerbe (BGBl. Nr. 387/1974) geregelt, die Gegenstände der Prüfung in § 2. Eine Kopie der Verordnung ist beigefügt worden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juni 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 8. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat insbesondere mit berufskundlichen Stellungnahmen vom 6. April und 29. Juni 2006 darauf verwiesen, dass der Kläger nicht über eine Ausbildung im Bereich des Hotel- und Gaststättenwesens verfüge. Nachdem er seine versicherungspflichtige Tätigkeit als Speditionskaufmann in Deutschland beendet gehabt habe, habe er 6 Monate später die Konzessionsprüfung abgelegt. Unterstelle man eine sechsmonatige Ausbildungs- bzw. Vorbereitungszeit für die Prüfung, werde deutlich, dass die Wertigkeit seines bisherigen Berufs als selbständiger Gastwirt im Sinne des so genannten Mehrstufenschemas nicht mit der von Angestellten mit einer länger als zweijährigen Ausbildung gleichgestellt werden könne. In Deutschland bedürfe das Betreiben einer Gaststätte lediglich der Erlaubnis durch die zuständige Verwaltungsbehörde, welche unter anderem den Nachweis über die Unterrichtung über die Grundzüge der für den Betrieb notwendigen lebensmittelrechtlichen Kenntnisse voraussetze. Die Industrie- und Handelskammer biete hierzu ein – bis dreitätige Veranstaltungen an. Weder in Deutschland noch in Österreich sei also eine über die Erlaubnis bzw. Konzession hinausgehende fachliche Qualifizierung für die Führung einer Gastwirtschaft üblich bzw. erforderlich. Aus diesen Gründen werde die Tätigkeit des Gastwirts innerhalb des Mehrstufenschemas den Tätigkeiten der Anlernebene zugeordnet. Demnach müsse sich der Kläger zumutbar auf die im erstinstanzlichen Urteil aufgeführten Tätigkeiten sowie auf die Tätigkeiten einer Bürohilfskraft nach Vergütungsgruppe IX BAT bzw. Entgeltgruppe 2 TVöD oder eines Registrators nach Vergütungsgruppe VIII BAT bzw. Entgeltgruppe 3 TVöD verweisen lassen. Nach der Rechtsprechung des BSG seien bei der Beurteilung der Berufsunfähigkeit für die Verweisbarkeit die Verhältnisse am deutschen Arbeitsmarkt auch dann maßgebend, wenn es sich um Versicherte handele, die sich gewöhnlich im Ausland aufhielten. Sie legt verschiedene Urteile sowie zwei berufskundliche Gutachten des M L vom 14. Februar 2000 und 22. August 2003 betreffend die Tätigkeit eines Pförtners vor.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 22. Mai 2006 sind die Beteiligten zu der beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört worden. Das Gericht hat gleichzeitig eine Auskunft der Bundesanstalt für Arbeit vom 7. August 2000 über die Tätigkeit des Pförtners sowie Auszüge aus der Anlage 1a zum BAT mit Kommentierung betreffend eine kaufmännische Tätigkeit als Büro(hilfs)kraft/Registrator nach Vergütungsgruppe VIII Nr. 1a bzw. IX b Nr. 1 eingeführt.

Der Kläger übersendet noch eine für das Landesgericht Feldkirch erstellte Ergänzung zum Gesamtgutachten durch Dr. B vom 16. Dezember 2003, wonach er körperlich leichte Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten in geschlossenen Räumen lediglich 4 Stunden täglich verrichten könne. In diesem Ergänzungsgutachten wird Bezug genommen auf ein Ergänzungsgutachten des Dr. L vom 12. November 2003, in welchem dieser eine täglich 8-stündige Einsetzbarkeit des Klägers für körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten gesehen hatte.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 21. August 2006 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass das Gericht an der Absicht durch Beschluss zu entscheiden, festhält.

Zum übrigen Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte und die den Kläger betreffende Rentenakte verwiesen, die dem Senat vorlagen und Gegenstand Entscheidung waren.

II.

Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG entscheiden, denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig aber unbegründet. Der Kläger hat, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Gemäß § 43 Abs. 1, 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind. Da der Kläger ab 1. März 2006 Altersrente bezieht, kommt ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente nur bis zum 28. Februar 2006 in Betracht.

Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 S. 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 S. 2 SGB VI). Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist erwerbsgemindert nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Nach § 240 Abs. 2 S. 1 SGB VI sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als 6 Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung und ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs. 2 S. 2 SGB VI).

Nach Auswertung der im Verwaltungs- und gerichtlichen Verfahren erstellten Sachverständigengutachten, insbesondere der Gutachten des Orthopäden Dr. S vom 17. Januar 2005 und des Internisten Dr. L vom 16. Februar 2005, ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger weder voll noch teilweise erwerbsgemindert ist und ihm auch kein Anspruch wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zusteht.

Wie sich aus den gutachterlichen Feststellungen ergibt, leidet der Kläger maßgeblich an ausgeprägten degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule bei Bandscheibenvorfall L5/S1, Gonarthrose beiderseits, degenerativen Veränderungen der Rotatorenmanschette, einer geringen bis mäßigen Koronarsklerose ohne umschriebene Stenosen, einer Hyperurikämie, einer Hypercholesterinämie und Krampfadern beiderseits. Diese Erkrankungen schränken jedoch, wie die gerichtlichen Sachverständigen bestätigen, das quantitative Leistungsvermögen nicht ein. Dieser Auffassung stehen die Leistungsbeurteilungen des Dr. B vom 14. August und 16. Dezember 2003 und des Dr. L vom 5. August 2003 für das Landesgericht Feldkirch nicht entgegen. Dr. L hat seine Leistungsbeurteilung ausdrücklich – auch schon gegenüber dem Landesgericht Feldkirch in seinem Ergänzungsgutachten vom 12. November 2003 - revidiert. Die Beurteilung des Dr. B ist angesichts der objektiven Befunde nicht nachvollziehbar. Das Sozialgericht hat in seinem Urteil die Gutachten ausgewertet und überzeugend dargelegt, dass der Kläger zwar über ein qualitativ, jedoch kein quantitativ eingeschränktes Leistungsvermögen verfügt. Der Senat sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 153 Abs. 2 SGG).

Anhaltspunkte für weitere Gesundheitsstörungen mit daraus resultierenden gravierenden Funktionseinschränkungen ergaben sich nicht, so dass keine Notwendigkeit zu weiteren medizinischen Ermittlungen bestand.

Da der Kläger noch über ein Leistungsvermögen für mindestens sechs Stunden verfügt, liegt weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung vor, so dass kein Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung besteht.

Er kann auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit beanspruchen. Der Senat geht zwar - ebenso wie das Sozialgericht - davon aus, dass der Kläger seit Aufgabe seiner selbständigen Tätigkeit als Gastwirt am 1. Januar 2003 nicht mehr im Stande ist, eine Tätigkeit als Gastwirt zu verrichten. Dennoch ist er nicht berufsunfähig, weil es noch Tätigkeiten gibt, auf die er zumutbar verwiesen werden kann.

Nicht zu beanstanden ist die Auffassung des Sozialgerichts, dass der Kläger nach dem Mehrstufenschema des Bundessozialgerichts höchstens als Angelernter im oberen Bereich einzustufen und zumutbar jedenfalls auf die Tätigkeit eines Pförtners verweisbar ist. Der Kläger hat zwar eine Ausbildung zum Speditionskaufmann erfolgreich durchlaufen und war in diesem Beruf auch bis zur Rückkehr nach Österreich tätig. Von diesem Beruf hat er sich jedoch – wie sich aus dem in der Verwaltungsakte der Beklagten befindlichen Zeugnis der A. & J. M Spedition vom 30. Juni 1977 ergibt - nicht aus gesundheitlichen Gründen gelöst, sondern sich vielmehr dauerhaft der Tätigkeit als Gastwirt zugewandt. Aus den Angaben des Klägers und dem vorliegenden Versicherungsverlauf der SVA der Gewerblichen Wirtschaft folgt, dass der Kläger nach der Rückkehr zunächst arbeitslos war. Von Juni 1978 bis zum Oktober 1979 sowie von Dezember 1979 bis Dezember 1982 ergibt sich eine Beschäftigung – wohl in der Gastronomie – als Angestellter bzw. Arbeiter. Erstmals von Januar 1983 bis September 1992 folgte eine selbständige Erwerbstätigkeit, in der Folge wieder eine Beschäftigung als Arbeiter, dann eine Zeit im Arbeitslosengeldbezug und schließlich die Tätigkeit als selbständiger Gastwirt. Am 13. Dezember 1977, d. h. 5 ½ Monate nach Ende der Beschäftigung als Speditionskaufmann, legte der Kläger die Konzessionsprüfung zum Nachweis der Befähigung für das Gastgewerbe ab. Es ist nicht ersichtlich, weshalb der Kläger zur Konzessionsprüfung zugelassen wurde, denn nach § 5 der Verordnung über den Befähigungsnachweis für die Gastgewerbe waren im Wesentlichen nur Personen zuzulassen mit Lehrabschlussprüfungen im Bereich Hotel- und Gastgewerbe, Bäcker-, Fleischer- oder Konditorenhandwerk bzw. mit bestimmter einschlägiger fachlicher Tätigkeit in diesen Feldern oder mit Befähigung für den Handel mit Lebensmittel und Ausübung einer dementsprechenden Tätigkeit oder solche Personen, die ein Gastgewerbe ausübten oder im Gastgewerbe als Geschäftsführer/Filialleiter tätig waren oder eine mindestens sechsjährige fachliche Tätigkeit in einem Gastgewerbebetrieb nachweisen konnten. Diese Voraussetzungen erfüllte der Kläger nicht. Letztlich mag dies jedoch dahinstehen. Jedenfalls hat der Kläger höchstens eine 5 ½-monatige Ausbildung absolviert, so dass er nach dem Mehrstufenschema des BSG nur als Angelernter des unteren Bereichs (Berufe mit einer Anlernzeit von mindestens 3 Monaten bis zu 12 Monaten) eingestuft werden kann.

Der Kläger ist deshalb auf ungelernte bzw. alle angelernten Tätigkeiten des unteren Bereichs verweisbar. Insbesondere kommt für den Kläger eine Tätigkeit als einfacher Pförtner in Betracht, auf die selbst Angelernte des oberen Bereichs (Berufe mit einer Anlernzeit von mehr als 12 Monaten bis zu 2 Jahren) zumutbar verwiesen werden können (vgl. u. a. Urteil des BSG vom 12. Februar 2004 - B 13 RJ 49/03 R -). Hierbei handelt es sich, wie sich aus den berufskundlichen Stellungnahmen der Beklagten vom 6. April 2006 und 29. Juni 2006, der Auskunft des Landesarbeitsamts Berlin-Brandenburg vom 07. August 2000 sowie den von der Beklagten übersandten berufskundlichen Gutachten des M L vom 14. Februar 2000 und 22. August 2003 ergibt, um eine körperlich leichte, in geschlossenen Räumen, überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit des Haltungswechsels und ohne Zwangshaltungen zu verrichtende Tätigkeit. Besondere Anforderungen an das geistige Leistungsvermögen werden nicht gestellt, die Einarbeitungszeit liegt bei ca. einer Woche. Nachtschicht wird regelmäßig nicht abverlangt, die Tätigkeit wird im Zweischichtbetrieb verrichtet. Der Senat hat keine Zweifel, dass der Kläger diese Tätigkeit mit dem gutachterlich festgestellten Leistungsvermögen – auch unter Berücksichtigung der von Dr. S aufgezählten qualitativen Leistungseinschränkungen – im streitigen Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis 28. Februar 2006 noch vollschichtig verrichten konnte.

Darüber hinaus kann er zur Überzeugung des Senats auch auf die Tätigkeiten einer Büro(hilfs)kraft nach Vergütungsgruppe IX BAT bzw. Entgeltgruppe 2 TVöD und eines Registrators nach Vergütungsgruppe VIII BAT bzw. Entgeltgruppe 3 TVöD verwiesen werden. Es handelt sich jeweils um leichte Büroinnendiensttätigkeiten, auf welche der Kläger sozial zumutbar verwiesen werden kann. Es bestehen keine Zweifel, dass der Kläger derartige Tätigkeiten in einer Einarbeitungs-/Anlernzeit von nicht mehr als 3 Monaten erlernen und vollwertig ausüben könnte. Hierfür spricht, dass der Kläger über eine kaufmännische Ausbildung verfügt und auch im Rahmen seiner Tätigkeit als selbständiger Gastwirt mit den damit üblicherweise verbundenen Büroarbeiten vertraut sein musste.

Er ist somit nicht berufsunfähig, so dass ihm auch ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht zusteht.

Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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