L 11 B 2/06 SB

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
11
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 9 SB 210/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 11 B 2/06 SB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 30. November 2005 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, frist- und formgemäß eingelegte Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 30. November 2005 ist zulässig aber unbegründet. Dem Antrag der Klägerin, die Kosten des Gutachtens von Frau C. H, das die Klägerin am 08. April 2004 bei Gericht eingereicht hat, auf die Staatskasse zu übernehmen, ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu entsprechen.

Bei dem Gutachten handelt es sich nicht um ein Sachverständigengutachten im Sinne von § 118 Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 402 ff Zivilprozessordnung (ZPO). Voraussetzung dafür ist nämlich, dass die von der Klägerin nach § 109 SGG benannte Ärztin vom Gericht zur Sachverständigen gemäß § 404 Abs. 1 ZPO ernannt worden ist. Daran fehlt es hier aber, denn es ist weder eine Beweisanordnung von dem Sozialgericht erlassen worden, mit der Frau H zur Sachverständigen ernannt worden ist, noch hat es in sonstiger Weise ein solches Gutachten veranlasst. Es handelt sich vielmehr um ein Privatgutachten, das von der Klägerin selbst beschafft, bezahlt und in das Verfahren eingeführt worden ist. Für die Qualifizierung des Gutachtens als Privatgutachten und auch für die Kostenerstattung kommt es nicht darauf an, ob, wie die Klägerin meint, von ihr gar kein Auftrag erteilt worden sei, ein solches Gutachten zu erstatten. Maßgebend allein ist, dass die Klägerin das Gutachten in das Verfahren eingeführt und darauf ihr prozessuales Begehren gestützt hat.

Eine Kostenübernahme nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil eine Kostenerstattung nach dieser Vorschrift ein Privatgutachten, wie es hier von Frau H erstattet worden ist, nicht erfasst. § 109 SGG enthält zwar eine Ausnahme zu dem Untersuchungsgrundsatz, § 103 SGG, die Vorschriften über den Sachverständigenbeweis sind jedoch weiterhin anwendbar. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 14. Oktober 2003 hat die Klägerin beantragt, ein Gutachten nach § 109 SGG einzuholen. Sie hat erklärt, sie wolle den Namen des Gutachters und die Höhe des Kostenvorschusses noch mitteilen. Trotz mehrfacher Erinnerung hat die Klägerin sich nicht dazu geäußert, welchen Kostenvorschuss die zunächst benannte Ärztin Dr. D fordern werde. Deshalb ist die gerichtliche Anfrage vom 29. März 2004, ob der Antrag nach § 109 SGG aufrechterhalten bleibt, entgegen der Auffassung der Klägerin keineswegs als Anerkenntnis des Sozialgerichts zu verstehen, dass das erst später vorgelegte Gutachten der Frau H die Anforderungen eines Gutachtens nach § 109 SGG erfüllt.

Die Klägerin kann ihren Kostenerstattungsanspruch auch nicht darauf stützen, dass das Gutachten von Frau H bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt worden ist. Nach § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG entscheidet das Tatsachengericht aufgrund seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung, ohne festen Beweisregeln unterworfen zu sein. Im Rahmen der Beweiswürdigung ist keine Rangfolge im Sinne einer unterschiedlichen Beweiskraft der vorhandenen Beweismittel zu beachten. Auch ein Privatgutachten ist bei der Überzeugungsbildung des Gerichts zu berücksichtigen und kann sogar allein als Entscheidungsgrundlage dienen. Privatgutachten sind jedoch in erster Linie Bestandteile des Parteivorbringens, d.h. das Gericht hat das Privatgutachten als urkundlich belegten, qualifizierten Beteiligtenvortrag zu würdigen, nicht jedoch als Sachverständigenbeweis (vgl. BSG vom 06. April 1989, Az.: 2 RU 55/88 m.w.N.). Die Verwertung eines solchen Gutachtens als Beteiligtenvorbringen macht ein solches Gutachten deshalb nicht zu einem solchen nach § 109 SGG, denn auch ein Gutachter nach § 109 Abs. 1 SGG ist stets vom Gericht als Sachverständiger zu ernennen und er tritt nur zu diesem in rechtliche Beziehungen, nicht aber zu den Beteiligten des Verfahrens.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Kosten für das Privatgutachten ausnahmsweise von den Kosten nach § 193 SGG umfasst sind, denn eine Kostenentscheidung nach dieser Vorschrift ist dem Senat verwehrt. Nach § 193 Abs. 1 SGG hat das Gericht im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben; es entscheidet auf Antrag durch Beschluss, wenn das Verfahren anders beendet wird.

Vorliegend ist das Verfahren durch rechtskräftiges Urteil vom 20. September 2005 beendet worden. Das Urteil enthält, der genannten Vorschrift entsprechend, auch eine Kostenentscheidung des Inhalts, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind. Dabei handelt es sich um die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten, zu denen insbesondere die gesetzlichen Gebühren und notwendigen Auslagen eines Rechtsanwalts gehören (§ 193 Abs. 2 und 3). Damit enthält das Urteil eine abschließende Entscheidung über alle außergerichtlichen Kosten des Verfahrens, die, selbst wenn dazu in dem Urteil keine Ausführungen gemacht worden sind, die möglicherweise erstattungsfähigen Kosten eines Privatgutachtens mit umfasst, so dass eine Verpflichtung des Beklagten zur Kostenerstattung ebenfalls ausgeschlossen ist.

Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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