L 10 B 1014/05 AS PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 53 AS 1220/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 B 1014/05 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 26. Mai 2005 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Nach § 73 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm §§ 114, 121 Abs. 2 Satz 1 1. Alt Zivilprozessordnung (ZPO) ist Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts nur zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dies verlangt nicht, dass der Prozesserfolg gewiss oder überwiegend wahrscheinlich ist, vielmehr genügt eine "reale Chance zum Obsiegen". Die Prozesskostenhilfe darf allerdings bei einer "nur entfernten Erfolgschance" verweigert werden. Insbesondere gilt, dass die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe ungeachtet des Fehlens einschlägiger höchstrichterlicher Rechtsprechung gerechtfertigt sein kann, wenn die Rechtsfrage anlässlich der gesetzlichen Regelungen oder im Hinblick auf die in bereits vorliegender Rechtsprechung bereitgestellten Auslegungshilfen ohne Schwierigkeiten beantwortet werden kann (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) E 81, 347 (359); Beschluss vom 14. Juni 2006 – 2 BvR 626/06, 2 BvR 656/06 -, abrufbar unter www.bundesverfassungsgericht.de). Diese Anforderungen an die Gewährung von Prozesskostenhilfe stehen im Einklang mit Art 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) iVm dem Rechtsstaatsprinzip, der eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung von Rechtsschutz gebietet, denn der Unbemittelte braucht nur einem solchen Bemittelten gleichgestellt werden, der seine Prozessaussicht vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt.

Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass die vom Kläger erhobene Klage, mit der er im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage einen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 01. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2005 unter dem Gesichtspunkt der Verfassungswidrigkeit der in § 20 Abs. 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) normierten Höhe der Regelleistung iHv 345,00 EUR und der Berücksichtigung von höheren Kosten der Unterkunft (KdU) nach § 22 Abs. 1 SGB II (kein Abzug einer Warmwasseraufbereitungspauschale iHv 9,00 EUR monatlich) (Bescheid vom 13. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Februar 2005) geltend macht, hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 114 ZPO bietet.

Dabei kann offen bleiben, ob die Klage nicht bereits deshalb unzulässig ist, weil der Klageantrag nicht dem Erfordernis der Bestimmtheit (§ 92 SGG) genügt, so dass ihm nicht entnommen werden kann, in welcher Höhe der Kläger einen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld II erhebt.

Selbst wenn die Klage jedoch zulässig sein sollte, dürfte sie nicht begründet sein.

Zum einen ist die Höhe der Regelleistung nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig bestimmt. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass der Gesetzgeber bei der Bestimmung derselben in § 20 Abs. 2 SGB II seiner Verpflichtung aus Art 1 Abs. 1 GG iVm Art 20 Abs. 1 und 3 GG zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein des Hilfebedürftigen nachgekommen ist; insoweit wird auf das Urteil des Senats vom 09. Mai 2006, L 10 AS 1093/05, abrufbar unter www.sozialgerichtsbarkeit.de, Bezug genommen. Nicht nur der Senat sondern auch kein anderes Gericht hat bisher die Verfassungsmäßigkeit der Regelleistung in Frage gestellt. Eine andere Beurteilung der Erfolgsaussicht ist auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil der Senat gegen seine bereits zitierte Entscheidung die Revision zum Bundessozialgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat. Denn unter grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG ist etwas anderes zu verstehen als unter hinreichender Erfolgsaussicht, da eine Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung keine Aussage darüber enthält, ob das Rechtsmittel erfolgreich sein wird, sondern nur besagt, dass ein Interesse der Allgemeinheit an der Klärung einer bestimmten Rechtsfrage besteht (vgl. Bundesfinanzhof (BFH)/NV 2002, 692 ff).

Zum anderen können der Klage auch bzgl. der geltend gemachten höheren KdU keine die Bewilligung von Prozesskostenhilfe bzw. Beiordnung eines Rechtsanwaltes rechtfertigenden Erfolgsaussichten beigemessen werden. Der in dem angefochtenen Bescheid vorgenommene Abzug einer Warmwasseraufbereitungskostenpauschale von 9,00 EUR monatlich von den KdU (§ 22 Abs. 1 SGB II) begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. So werden die Kosten der Energieversorgung einschließlich der Warmwasseraufbereitung von der Regelleistung nach § 20 SGB II erfasst, der die Wertungen der Regelsatzverordnung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) als Referenzsystem zu Grunde liegen (vgl. § 20 Abs. 3 SGB II; Berlit in LPK-SGB II § 22 RdNr 49; Lang in Eicher/Spellbrink, SGB II § 22 RdNr 34 f). Diese von der Beklagten vertretene Auffassung wird auch von der bisher vorliegenden obergerichtlichten (Hauptsache-) Rechtsprechung unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien geteilt (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil vom 30. August 2005 – L 12 AS 2023/05 und Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil vom 27. März 2006 -L 8 AS 11/05 - , jeweils mwN; veröffentlicht in juris). Dass der Pauschbetrag von 9,00 Euro monatlich die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers für die Warmwasseraufbereitung, die ebenso wie die Heizung über Fernwärme erfolgt und die gleichzeitig mit den Heizkosten individuell abgerechnet werden, übersteigt, ist im Einzelnen nicht dargetan und nach der Aktenlage auch nicht ersichtlich.

Soweit der Kläger – ausweislich des am 22. August 2005 bei Gericht eingegangen Schriftsatzes seiner Prozessbevollmächtigten vom 19. August 2005 – die Klage erweitert hat und unter Änderung des Bescheides vom 15. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. August 2005 auch für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis zum 31. Oktober 2005 höheres Alg II unter dem Gesichtspunkt der Verfassungswidrigkeit der in § 20 Abs. 2 SGB II normierten Höhe der Regelleistung iHv 345,00 EUR und der Berücksichtigung von höheren Kosten der Unterkunft (KdU) nach § 22 Abs. 1 SGB II (kein Abzug einer Warmwasseraufbereitungspauschale iHv 9,00 EUR monatlich) begehrt, ist die Beschwerde bereits unzulässig. Insoweit ist das Prozesskostenhilfegesuch mangels Entscheidung des SG bisher in der Beschwerdeinstanz nicht angefallen (§ 29 SGG). Denn wird nach der Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts über das Prozesskostenhilfegesuch die Klage erweitert, ist der zusätzlich in das Verfahren eingeführte Streitgegenstand - bis auf wenige, hier nicht gegebene Fallgestaltungen nach § 96 SGG zu (vgl. BSG SozR 3-1500 § 29 Nr. 1) – nicht von dem bereits gestellten Prozesskostenhilfeantrag erfasst (vgl auch VGH Mannheim Beschluss vom 11. Januar 2006 - 12 S 1962/05NVwZ-RR 2006, 508 mwN)

Diese Entscheidung ist nicht mit einer Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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