L 6 RA 21/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 12 RA 1716/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 6 RA 21/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Januar 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch auf Renten wegen Berufsunfähigkeit bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf einen im November 1999 gestellten Antrag.

Die 1963 geborene Klägerin besuchte die 10-klassige Polytechnische Oberschule und absolvierte dann vom 01. September 1980 bis zum 15. Juli 1982 eine Ausbildung zur Fachverkäuferin bei der Konsumgenossenschaft B (Spezialisierungsrichtung: Kassiererin/Waren täglichen Bedarfs). Von September 1980 bis Dezember 1985 arbeitete sie weiterhin bei der Konsumgenossenschaft B als Kassiererin, vom 01. Januar 1986 bis zum 30. September 1987 war sie nicht erwerbstätig. Danach war sie bis zum 31. Dezember 1989 als Verkäuferin bei ihren alten Arbeitgeber tätig. Nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit von März 1990 bis September 1991 war sie vom 01. Oktober 1991 bis zum 30. Juni 1994 als Teamassistentin Rettungswesen bei der S- Center B GmbH und zuletzt vom 01. Juli 1994 bis zur betriebsbedingten Kündigung zum 31. Mai 1996 als kaufmännische Mitarbeiterin bei der Firma H GmbH versicherungspflichtig tätig.

Mit ihrem Antrag machte die Klägerin geltend, sie sei erwerbsunfähig oder zumindest berufsunfähig wegen seit 1989 bestehender Wirbelsäulen- und Hüftbeschwerden sowie der Folgen eines im September 1998 im häuslichen Bereich erlittenen Unfalls (Fersenbeinbruch links nach Leitersturz), in Folge dessen Arbeitsunfähigkeit bis zum 30. Juni 1999 bestanden hatte; sie könne nurmehr 4 Stunden täglich in wechselnden Körperhaltungen arbeiten.

Die Beklagte veranlasste ein Gutachten des Orthopäden Dr. Z, das dieser am 13. Januar 2000 erstattete. Er stellte die nachfolgenden Diagnosen:

- Wirbelsäulensyndrom bei recidivierenden Lumbalerscheinungen, - anhaltende Schmerzzustände und Schwellneigung bei Zustand nach Calcaneusfraktur links.

Zum Leistungsvermögen führte Dr. Z aus, die Klägerin könne (Büro-) Tätigkeiten in bevorzugt sitzender Haltung unter Vermeidung des Hebens und Tragens von Lasten über 5 kg und unter Vermeidung längerer Wegstrecken vollschichtig verrichten.

Mit der Klägerin am 04. Februar 2000 zugegangenen Bescheid lehnte die Beklagten den Rentenantrag ab; die Klägerin sei nicht erwerbs- oder berufsunfähig, da sie nach den ärztlichen Feststellungen noch vollschichtig in ihrem bisherigen Berufsbereich tätig sein könne. Mit Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie habe den Beruf einer Verkäuferin erlernt und ausgeübt und diesen Beruf aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben. Im Bürobereich besitze sie keine Qualifikation, so dass sie nur in angelernte und ungelernte Tätigkeiten vermittelt werden könne, auf die sie sich im Rahmen des Rentenrechts nicht verweisen zu lassen brauche. Deshalb stehe ihr eine Rente wegen Berufsunfähigkeit zu. Nach ihrer Einschätzung sei eine überwiegend sitzende Tätigkeit nicht möglich.

Die Beklagte zog ein nach Untersuchung am 07. September 1999 von Ärztin Dr. K für die Belange der Arbeitsverwaltung erstattetes Gutachten bei (leichte Tätigkeiten, nicht überwiegend im Stehen oder Gehen, ohne Zwangshaltungen im Bürobereich seien möglich) sowie ein vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) durch Dr. H am 30. August 1999 erstattetes Gutachten (Arbeitsfähigkeit für Tätigkeiten im Wechselrhythmus von Sitzen und Gehen). Ferner wurden Befundberichte von dem Allgemeinmediziner J (vom 31. Juli 2000), dem Chirurgen Dr. Z (vom 04. August 2000) und dem Orthopäden Dr. E (vom 14. November 2000) eingeholt und in mehreren beratungsärztlichen Stellungnahmen (zuletzt Arzt R vom 12. Dezember 2000) ausgewertet. Im Anschluss daran wies die Beklagte den Widerspruch mit Bescheid vom 07. Februar 2001 zurück. Die Klägerin sei nicht berufs- oder erwerbsfähig, da sie die in den letzten Jahren überwiegend verrichteten Bürotätigkeiten noch vollschichtig ausüben könne. Der Antrag sei auch nach der ab dem 01. Januar 2001 geltenden Rechtslage geprüft worden.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Beklage habe die bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen, insbesondere ihr Wirbelsäulenleiden, nicht hinreichend gewürdigt. Sie könne keine längeren Strecken gehen und könne auch nicht längere Zeit sitzen, ohne dass es zu schmerzhaften Schwellungen im Bereich des Fersenbeines links komme. Sie genieße uneingeschränkten Berufsschutz als Verkäuferin, d.h. als Facharbeiterin, da die zweijährige Ausbildung in der DDR dazu geführt habe, diese Qualitätsstufe zu erreichen. Sie könne damit nicht auf ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden. In einer Anhörung in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts (SG) hat sie angegeben, sie habe das damals bestehende Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 1989 gekündigt, um ihren an Krebs erkrankten Vater, der 1991 verstorben ist, zu pflegen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, mit ihrer zweijährigen Ausbildung zur Fachverkäuferin sei die Klägerin dem oberen Anlernbereich zuzurechnen und könne sozial zumutbar auf das allgemeine Arbeitsfeld mit Ausnahme geringwertigster Tätigkeiten verwiesen werden. Hier komme eine Tätigkeit in der Vergütungsgruppe IX des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) bzw. eine tariflich entsprechend bewertete Tätigkeit im Einzelhandel in Betracht. Die insoweit angesprochenen Bürohilfstätigkeiten seien der Klägerin auch in ihrem beruflichen Restleistungsvermögen, wie es die medizinische Beweisaufnahme ergeben habe, gesundheitlich möglich.

Das SG hat ein Gutachten des MDK (Dr. S) vom 26. Januar 2001 beigezogen. Es hat Befundberichte der behandelnden Ärzte, der Orthopädin Dr. B(vom 18. Mai 2001), des Allgemeinmediziners J (vom 28. Mai 2001), des Orthopäden Dr. E(vom 19. Juni 2001) und des Chirurgen Dr. Z (vom 07. Juli 2001) eingeholt. Später kam noch ein Befundbericht der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. K vom 25. März 2002 hinzu. Das SG hat den Orthopäden Dr. E zum Sachverständigen bestellt. Er hat bei der Klägerin die auf Blatt 21/22 seines Gutachtens vom 22. September 2001 (Untersuchung am 17. September 2001) im Einzelnen – worauf Bezug genommen wird – bezeichneten Leiden festgestellt. Zum Leistungsvermögen der Klägerin hat er ausgeführt, sie könne noch leichte Arbeiten ohne Klimaexpositionen, überwiegend sitzend mit der Möglichkeit zu einem Wechsel der Haltungsarten vollschichtig verrichten. Einseitige körperliche Belastungen, Arbeiten unter Zeitdruck, Akkord- und Fließbandarbeit sowie Arbeiten in festgelegtem Arbeitsrhythmus und an laufenden Maschinen seien nur sehr eingeschränkt möglich. Leiter- und Gerüstarbeiten seien nicht mehr zumutbar und die Belastbarkeit der oberen Extremitäten für kraftvollen Dauereinsatz und für Überkopfarbeiten sei nicht mehr gegeben. Die Belastbarkeit der Wirbelsäule sei gering eingeschränkt. Das Heben und Tragen von Lasten sei wegen geminderter Belastbarkeit der unteren Extremitäten nur bis 2,5 Kilogramm möglich. Das Geh- und Stehvermögen sei durch die Beschwerden seitens des linken Sprunggelenks vermindert, die Klägerin sei aber noch in der Lage, 4 x täglich Strecken von 500 m zu Fuß zurückzulegen und 2 x täglich den öffentlichen Nahverkehr zu nutzen. Nach Eingang zweier MRT – Befunde aus November 2001 (Halswirbelsäule) und vom Januar 2002 (Kopf- und Brustwirbelsäule) hat Dr. E diese Einschätzung in einer weiteren Stellungnahme vom 12. Mai 2002 bestätigt.

Mit Urteil vom 14. Januar 2003 hat das SG Berlin die Klage abgewiesen, wobei die Klägerin in der mündlichen Verhandlung des SG nur noch die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit beantragt hatte. Die Klägerin sei weder berufsunfähig im Sinne des alten Rechts noch teilweise erwerbsgemindert wegen Berufsunfähigkeit im Sinne neuen Rechts. Ihr bisheriger Beruf sei der einer Angestellten im Rechnungswesen. Vom erlernten Beruf der Verkäuferin habe sie sich gelöst, wobei das Gericht nicht davon überzeugt sei, dass es sich um eine gesundheitsbedingte Lösung gehandelt habe, insbesondere im Hinblick auf die in der mündlichen Verhandlung angegebenen Gründe der Beendigung des letzten Beschäftigungsverhältnisses als Verkäuferin. Als angelernte Angestellte im Rechnungswesen sei sie nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme, insbesondere nach dem Gutachten von Dr. E noch einsetzbar, da es sich um leichte körperliche Arbeit in geschlossenen Räumen im Sitzen mit der Möglichkeit zum Wechsel der Haltungsarten handele. Selbst wenn man als bisherigen Beruf der Klägerin den der Verkäuferin ansehen wolle, sei Berufsunfähigkeit nicht begründet, da dann die Tätigkeit einer Verwaltungsangestellten nach der Vergütungsgruppe IX BAT eine sozial und gesundheitlich zumutbare Verweisungstätigkeit sei.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren unter Bezugnahme auf den bisherigen Vortrag weiter. Die Aufgabe der Tätigkeit als Verkäuferin wegen gesundheitlicher Überforderung sei ihr ärztlich empfohlen worden. Diesem Rat sei sie im September 1989 gefolgt. Erst nach der Mauereröffnung habe es sich ergeben, ihren schon zuvor im Westteil Berlins wohnenden Vater zu pflegen. Zum später erfolgten Hinweis der Beklagten, eine gesundheitsbedingte Aufgabe sei wenig nahe liegend, da mit der häuslichen Krankenpflege eine körperlich weitaus anstrengendere Tätigkeit aufgenommen worden sei, hat sie widersprochen. Nach den konkreten Gegebenheiten sei die Pflegetätigkeit körperlich weniger anspruchvoll gewesen als die einer Verkäuferin. Die Klägerin setzt sich ausführlich mit den Anforderungen einer Beschäftigung als Registratorin auseinander. Zu einer solchen Tätigkeit sei sie wegen ihrer orthopädischen Beeinträchtigungen nicht in der Lage. Zudem sei sie wegen ihrer psychischen Erkrankungen, die sich wie die orthopädischen verschlechtert hätten, nicht in der Lage, sich in Räumen mit vielen Menschen aufzuhalten, was sowohl eine Büroarbeit als auch die Benutzung des öffentlichen Personennahverkehrs zu Berufsverkehrszeiten mit sich bringe.

Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Januar 2003 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 04. Februar 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07. Februar 2001 zu verurteilen, ihr Rente wegen Berufsunfähigkeit; hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie weist darauf hin, dass die Begründung eines Anspruchs auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit im Hinblick auf das Lebensalter der Klägerin nicht in Betracht komme. Bezogen auf November 2000 sei der Gesundheitszustand der Klägerin so zu beurteilen, dass der Verweisung auf eine Registraturtätigkeit nichts entgegenstehe.

Das Gericht hat in einem Erörterungstermin die aus der entsprechenden Niederschrift ersichtlichen rechtlichen Hinweise gegeben und den Beteiligten berufskundliche Unterlagen zur Tätigkeit einer Registratorin in der öffentlichen Verwaltung nach der Vergütungsgruppe VIII BAT, erhoben in dem Verfahren Landessozialgericht Berlin L 16 RA 29/00, übersandt und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Wegen der Einzelheiten der Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

Die die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten hat bei der Entscheidung vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nach einstimmiger Auffassung der Berufsrichter des Senats nicht begründet und eine mündliche Verhandlung ist nicht erforderlich. Das Rechtsmittel kann daher durch Beschluss zurückgewiesen werden, nachdem die Beteiligten dazu gehört worden sind (§ 153 Abs. 4 Satz 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG))

Gegenstand des Berufungsverfahrens (§§ 157, 95 SGG) ist noch das von der Klägerin mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) verfolgte Begehren (§ 123 SGG) auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide und Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit, hilfsweise einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit nicht zu. Dieser Anspruch bestimmt sich nach § 43 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (im Folgenden: a. F.), d. h. in der vor der Neufassung u.a. des § 43 SGB VI durch das Erwerbsminderungs- Reformgesetz vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827) geltenden Fassung, weil die Klägerin ihren Rentenantrag vor dem 31. März 2001 gestellt hat und den Anspruch auch für Zeiträume vor dem 01. Januar 2001 geltend macht. Ausgehend von dem im November 1999 gestellten Rentenantrag kann sie die Zahlung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit ab dem 01. November 1999 verlangen, wenn spätestens im Oktober 1999 der Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit eingetreten ist (§ 300 Abs. 1 und 2 i. V. m. § 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Im Weiteren kann der Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit bis zum 30. November 2000 - d.h. solange er einen Rentenbeginn unter Geltung des SGB VI a.F. auslöst - eingetreten sein. Für Zeiträume danach, d. h. für am 01. Dezember 2000 und später eingetretene Versicherungsfälle, kommt die erstmalige Begründung eines Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, der auf die gesundheitliche begründete Unfähigkeit gestützt wird, den bisherigen Beruf auszuüben, nur noch gemäß § 240 SGB VI in Betracht (Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit).

Gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI a. F. haben Versicherte, die das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, "Anspruch" auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie die allgemeine Wartezeit (§ 50 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 51 Abs. 1 SGB VI) von 5 Kalenderjahren mit Beitragszeiten oder Ersatzzeiten vor Eintritt der Berufsunfähigkeit erfüllt haben (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI a. F.), berufsunfähig sind (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 SGB VI a. F.) und in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (so genannte 3/5 – Belegung; § 43 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 u. 4 SGB VI a. F.). Das zuletzt genannte Erfordernis ist bei Annahme eines Versicherungsfalles sowohl im November 1999 oder zu einem früheren Zeitpunkt, wie auch bei einem Versicherungsfall im November 2000 – zu diesem Zeitpunkt konnte letztmals ein Anspruch nach altem Recht begründet werden – erfüllt, da der Versicherungsverlauf der Klägerin entweder Beitragszeiten für eine versicherten Beschäftigung oder Zeiten der Arbeitslosigkeit oder Arbeitsunfähigkeit (§ 43 Abs. 3 SGB VI a. F.) aufweist. Zu dem hat die Klägerin die allgemeine Wartezeit erfüllt.

Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI a. F. ist ein Versicherter berufsunfähig, wenn seine Erwerbsfähigkeit in Folge von Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Die "Erwerbsfähigkeit" (nicht Erwerbsmöglichkeit) des Versicherten (genauer: seine Berufsfähigkeit) muss also allein wesentlich wegen Krankheit oder Behinderung für die Dauer von mehr als 26 Wochen auf weniger als die Hälfte derjenigen eines gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeit herabgesunken seien. Die verbliebene Berufsfähigkeit darf somit nur noch für weniger als die Hälfte der entsprechenden Arbeit eines gleich qualifizierten gesunden Versicherten ausreichen.

Ausgangspunkt bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit ist der "bisherige Beruf" (= Hauptberuf) des Versicherten. Darunter ist im Allgemeinen diejenige der Versicherungspflicht unterliegende Tätigkeiten zu verstehen, die zuletzt auf Dauer, d. h. mit dem Ziel verrichtet wurde, sie bis zum Erreichen der Altersgrenze oder bis zum Eintritt der auf Krankheit oder Behinderung beruhenden Unfähigkeit auszuüben (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 158; SozR 3 – 2200 § 1246 Nr. 61 m.w.N.). Wurde zuvor im Laufe des Erwerbslebens eine höher qualifizierte Erwerbstätigkeit im Wesentlichen krankheits- oder gebrechensbedingt aufgegeben, so bleibt diese regelmäßig der maßgebliche Hauptberuf, da sich insoweit das versicherte Risiko realisiert.

Ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit steht dem Versicherten aber nicht schon dann zu, wenn er seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben kann. Es muss vielmehr hinzukommen, dass auch keine zumutbare Verweisungstätigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a.F. mehr vorhanden ist, die der Versicherte mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen noch ausführen kann. Gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a. F. umfasst der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Berufsfähigkeit des Versicherten zu beurteilen ist, alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Dies bedeutet, dass dem Versicherten ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit nicht schon dann eingeräumt wird, wenn er seinen bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr auszuüben in der Lage ist. Es wird von dem Versicherten verlangt, dass er einen zumutbaren beruflichen Abstieg in Kauf nimmt und sich vor Inanspruchnahme einer Rente mit einer geringerwertigen Erwerbstätigkeit begnügt (ständige Rechtsprechung BSG SozR 3 – 2200 § 1246 Nr. 1 m.w.N.). Zur Bestimmung der insoweit zumutbaren Verweisungstätigkeiten hat die höchstrichterliche Rechsprechung ein Mehrstufenschema entwickelt, welches die Angestelltenberufe in verschiedene "Leitberufe" untergliedert, nämlich diejenigen des "unausgebildeten Angestellten", des Angestellten mit einer Ausbildung bis zu 2 Jahren, des Angestellten mit einer noch längeren Ausbildung (durchschnittlich 3 Jahre) sowie des Angestellten mit hohen beruflichen Qualitäten, die regelmäßig eine akademische oder vergleichbare Qualifikation voraussetzen, und der deswegen gewöhnlich ein Bruttoarbeitsentgelt oberhalb an oder in der Nähe der Beitragsbemessungsgrenze erzielt (vgl. BSG SozR 3- 2200 § 246 Nrn. 1 und 2, SozR 2200 § 1246 Nrn. 107, 126). Grundsätzlich darf der Versicherte lediglich auf Tätigkeiten der nächst niedrigeren Gruppe verwiesen werden, soweit sie ihn weder bzgl. seines beruflichen Könnens und Wissens noch hinsichtlich seiner gesundheitlichen Kraft überfordern (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 107, 126). Dabei entsprechen den beruflichen Fähigkeiten nur solche Tätigkeiten, die vom Versicherten nach einer Einweisungs- oder Einarbeitungszeit von bis zu 3 Monaten Dauer verrichten werden können (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 23).

In Anwendung dieser Kriterien ist die Klägerin nicht berufsunfähig. Der Senat unterstellt dabei ihren nicht erwiesenen Vortrag als zutreffend, sie habe den Beruf der Verkäuferin gesundheitsbedingt aufgegeben und beurteilt die Frage der sozial zumutbaren Verweisungstätigkeit ausgehend von diesem Beruf, der ersichtlich die qualifizierteste von der Klägerin während ihres Berufslebens ausgeführte Tätigkeit war. Auch wenn die Ausbildung der Klägerin zur Fachverkäuferin nur 2 Jahre dauerte, ermöglicht sie die Zuordnung der Klägerin zu den Angestellten mit mehr als zweijähriger Ausbildung im Sinne des dargestellten Stufenschemas (entsprechend der Facharbeiterstufe in der Rentenversicherung der Arbeiter), da die Ausbildung in der DDR zurückgelegt wurde. Dort blieb die Dauer der Ausbildungen häufig hinter den in der Ausbildungsordnung der Bundesrepublik für gleiche oder vergleichbare Berufsbilder vorgesehenen Zeitspannen zurück, ohne dass von einem qualitativ nicht gleichwertigen Abschluss auszugehen wäre. Dies betrifft auch den Beruf der Fachverkäuferin, zu dessen Ausbildungsvoraussetzungen neben der (nur) zweijährigen Ausbildung der Besuch der Polytechnischen Oberschule einschließlich der 10. Klasse gehörte. Vergleichbarkeit ist u. a. zu der Fachverkäuferausbildung im Nahrungsmittelgewerbe und (im Wesentlichen) zur Kauffrau/Kaufmann im Einzelhandel gegeben, die jeweils nach den geltenden Berufsausbildungsordnungen (BGBl. I, 1986 S. 1 f; BGBl. I 1987 S. 153) dreijährige Ausbildungen erfordern (vgl. DDR Ausbildungsberufe Band 3 S. 49 f , herausgegeben von der Bundesanstalt für Arbeit; zum Ganzen: Die Erwerbsminderungsrente – Grundsätze der gesetzlichen Rentenversicherung, DRV 2002 S. 62 ff, 162). Davon ausgehend ist die Klägerin nicht auf das allgemeine Arbeitsfeld sozial zumutbar verweisbar, sondern nur auf Anlerntätigkeiten (Ausbildungsdauer von mehr als 3 Monaten) oder Tätigkeiten, die ausweislich ihrer tariflichen Einstufung solchen Anlerntätigkeiten gleichstehen. Dieser Voraussetzung genügen Tätigkeiten der Vergütungsgruppe VIII BAT, denn die für diese Tätigkeitsgruppe aufgestellten Tätigkeitsmerkmale weisen aus, dass es sich grundsätzlich um Tätigkeiten handelt, die zumindest eine Anlernzeit von mehr als 3 Monaten erfordern (ausführlich BSG SozR 3 – 2200 § 1246 Nr. 17). Da - wie oben bereits dargelegt - den beruflichen Fähigkeiten nur eine Verweisungstätigkeit entspricht, die eine Ausbildung oder betriebliche Einarbeitung/Einweisung von weniger als 3 Monate erfordert, einem höherwertig ausgebildeten Angestellten (Ausbildungszeit von mehr als 2 Jahren) sozial zumutbar aber nur solche Tätigkeiten sind, die eine Ausbildung von 3 Monaten oder mehr voraussetzen, kann im Regelfall diesen Versicherten eine Verweisungstätigkeit nicht aufgezeigt werden. Dies ist nur möglich, wenn die Unvereinbarkeit im Einzelfall aufgehoben ist, etwa durch die fachliche Nähe von Ausgangs- und Verweisungsberuf oder durch eine Rückgriffsmöglichkeit auf sonstige Vorkenntnisse. So ist die Sachlage hier. Die Klägerin hat einen Beruf mit kaufmännischen Bezügen erlernt und ausgeübt und später Bürotätigkeiten ausgeübt. Bezogen auf den Zeitpunkt, zu dem hier ein Versicherungsfall rentenbegründend wirken konnte, erfüllt sie damit die Voraussetzungen, die im Bereich der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) für eine Einstellung auf eine nach der Tarifgruppe BAT VIII vergütete Registratorenstelle gefordert wurden. Insoweit bestehen keine Zweifel, dass im Schreiben der BfA vom 16. September 2004 i.V.m. der berufskundlichen Stellungnahme vom 26. März 2004 die Einstellungspraxis zutreffend dargestellt ist.

Die Tätigkeit als Registratorin im Geschäftsbereich der BfA war nach dem Leistungsvermögen der Klägerin, wie es im November 2000 und in der Zeit davor bestand, auch gesundheitlich zumutbar auszuführen. Abzugleichen sind insoweit die Feststellungen von Dr. E in seinem Gutachten vom 22. September 2001 (sowie der weiteren Äußerung vom 12. Mai 2002) mit dem Anforderungsprofil wie es im Schreiben der BfA vom 16. September 2004 nebst berufskundlicher Stellungnahme vom 26. März 2004 festgehalten ist. Die von Dr. E vorgenommene Beurteilung des beruflichen Restleistungsvermögens der Klägerin legt der Senat zu Grunde, da das Gutachten von Dr. E überzeugt. Er hat die Klägerin umfassend untersucht und ihm standen aktuelle apparative Befunde zur Verfügung, die er ausgewertet und in seine Darstellung einbezogen hat. Die Befunde sind gründlich und sorgfältig dokumentiert und Dr. E hat ausführlich und schlüssig begründet, welche Leistungseinschränkungen aus diesen Befunden folgen. Dabei gewinnt das Gutachten seine Überzeugungskraft insbesondere auch daraus, dass die dargelegten Leistungseinschränkungen ersichtlich und nachvollziehbar den geschilderten Funktionsdefiziten entsprechen, wobei die Begründung des Gutachters zu Art und Umfang einer Einschränkung immer vom korrespondierenden klinischen Befund ausgeht und den jeweiligen Bezug klar und fassbar darlegt.

Das berufliche Anforderungsprofil einer Registratorentätigkeit ist in der genannten berufskundlichen Stellungnahme zur Überzeugung des Senats zutreffend dargelegt. Es bestehen keine Anhaltspunkte, die Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde der berufskundlichen Beraterin J geben könnten. Deshalb ist davon auszugehen - und dem entspricht auch die Stellungnahme nach Gliederung und Darstellungsweise - , dass die Anforderungen von ihr fachgerecht erhoben und auf die wesentlichen Gesichtspunkte konzentriert erfasst und dargestellt werden; überdies besteht eine hinreichende Grundlage, die Objektivität der Auskunft in Frage zu stellen, nicht. Auch begegnet es keinen Bedenken, die Ansprüche, die an das Leistungsvermögen gestellt werden, exemplarisch anhand der Tätigkeit in einer bestimmten Abteilung darzustellen, denn nach dem Gesamtzusammenhang der Auskunft ist damit nicht mehr verbunden als die Anforderungen, die typisch sind, an einem Beispiel anschaulich zu machen. Dass bzgl. der Tätigkeit bundesweit eine hinreichende Anzahl von Arbeitsplätzen zur Verfügung steht, ist gesichert, da allein die BfA über 1756 Mitarbeiter im Registraturbereich mit BAT VIII als Einstiegsvergütungsgruppe verfügt.

Nach der zitierten Auskunft handelt es sich bei der Registraturtätigkeit um Arbeit in überwiegend sitzender Haltung mit Unterbrechungen durch Gehen und Stehen, wobei die körperliche Beanspruchung als leicht einzuschätzen ist. Das Heben und Tragen ist auf Lasten unter 5 kg beschränkt, da Akten einzeln bewegt werden (können), wobei zum Transport Aktenwagen zur Verfügung stehen. Arbeit auf Leitern und Überkopfarbeit fällt in Ansehung der Höhe der verwendeten Registraturmöbel und der zur Verfügung stehenden Hilfsmittel nicht an. Damit geht mit dieser Tätigkeit eine körperliche Überforderung der Klägerin nicht einher. Ihr Leistungsvermögen war bezogen auf den hier maßgebenden Zeitraum/Zeitpunkt (bis November 2000) für leichte Arbeiten in überwiegend sitzender Haltung bei bestehender Möglichkeit zum Wechsel der Haltungsarten (letzteres nach Einschätzung des Gutachters "nur" anzustreben) erhalten. Den weiteren durch die Regelwidrigkeiten im Bereich des Bewegungsapparates bedingten Einschränkungen - keine Arbeit auf Leitern und Gerüsten/Überkopfarbeiten nur eingeschränkt – ist Rechnung getragen. Dies gilt auch für die in der berufskundlichen Stellungnahme nicht ausdrücklich aufgeführten Arbeitsbedingungen, die für Registraturarbeiten selbstverständlich sind und auf die sich weitere von Dr. E formulierte Leistungseinschränkungen beziehen (Arbeit in geschlossenen Räumen ohne Klimaexposition; keine Arbeit an laufenden Maschinen, in festem Arbeitsrhythmus, Akkord- bzw. Fließbandarbeit, einseitige körperliche Belastung/Zeitdruck (insbes. in Zusammenhang mit den vorgenannten Arbeitsbedingungen)). Soweit Dr. E ausführt, das Heben und Tragen von Lasten sei auf 2,5 kg begrenzt, und es in der berufskundlichen Stellungnahme heißt, es sei von einer Gewichtsbelastung "unter 5 kg" auszugehen, sind keine sich zwingend ausschließenden Erfordernisse formuliert. Dabei ist nicht erkennbar, dass die Bewältigung von Lasten über 2,5 kg in einer ins Gewicht fallenden Zahl von Vorgängen Gegenstand der Tätigkeit ist und angesichts der Möglichkeit, ungewöhnlich umfangreiche Aktenstücke für den Transport zu teilen, unvermeidbar anfällt. Tragen müsste die Klägerin solche Akten im Übrigen nicht, nach dem Inhalt der berufskundlichen Auskunft steht nur das Beladen eines Aktenwagens in Frage. Zudem ist festzhalten, dass Dr. E die Gewichtsbeschränkung aus der geminderten Belastbarkeit der unteren Extremitäten herleitet (Blatt 23 des Gutachtens), eine Limitierung dieses Ausmaßes also entfällt, wenn ein Stuhl oder eine Stehhilfe benutzt wird. Wegeunfähigkeit steht nach den überzeugenden Feststellungen von Dr. E (nochmals zu betonen: für den Zeitraum, in dem ein Anspruch auf Rente wegen Berufunfähigkeit noch begründet werden konnte) nicht in Frage.

Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI kann für die im Jahre 1963 geborene Klägerin bereits deshalb nicht begründet sein, da er nur Versicherten zustehen kann, die vor den 02. Januar 1961 geboren sind (zum Meinungsstand bzgl. der Einbeziehung derartiger Ansprüche in laufende Gerichtsverfahren vgl. BSG, Beschluss vom 16. März 2006 B 4 RA 24/05 B und Urteil vom 23. Mai 2006 B 13 RJ 38/05 R). Ermittlungen zu eventuellen ungünstigen Änderungen des Gesundheitszustandes der Klägerin nach dem 30. November 2000 (zur zeitlichen Abfolge der Ansprüche s.o.) waren daher nicht erforderlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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