L 18 B 694/06 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 101 AS 5263/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 B 694/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 2. August 2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde der Antragsteller hat keinen Erfolg.

Der Senat legt das Begehren der in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Antragsteller dahin aus (vgl. § 123 Sozialgerichtsgesetz – SGG –), dass sie jeweils (vorläufige) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Hei-zung nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) im An-schluss an dass der Antragstellerin zu 1) bis 7. März 2006 gezahlte Arbeitslosengeld erstreben. Der in der Beschwerdeschrift gestellte Antrag zu 2), mit dem nach seinem Wortlaut nur die Gewährung von Leistungen an die Antragstellerin zu 1) verlangt wird, ist insoweit nicht sachdienlich.

Für die Zeit vom 8. März 2006 bis zum 13. Juni 2006 fehlt es schon deshalb an einem eiligen Regelungsbedürfnis im Sinne von § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG für die begehrte gerichtliche Verpflichtung der Antragsgegnerin, weil ein Anordnungsgrund für den Zeitraum vor dem Eingang des Rechtsschutzantrages bei dem Sozialgericht (14. Juni 2006) regelmäßig nicht besteht. Ein besonderer Nachholbedarf oder eine Fortwirkung der Nichtgewährung in die Gegenwart ist weder dargetan noch im Übrigen ersichtlich.

Auch hinsichtlich der Zeit ab dem 14. Juni 2006 ist die von den Antragstellern begehrte Regelungsanordnung nicht zur Abwendung wesentlicher Nachteile im Sinne von § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG nötig. Die Antragsteller verfügen nach eigenen Angaben über laufende monatliche Einnahmen von insgesamt 1.276,40 EUR. Die Antragstellerin zu 1) ist ferner Eigentümerin von drei kreditfinanzierten Wohnungen (Wohneinheiten) in der A Straße in B. Eine der Wohnun-gen ist vermietet; die mit 180 qm größte und ausweislich der Verkaufsbeschreibung mit Aufzug, hochwertiger Einbauküche, zwei Bädern sowie Laminat/Parkett in allen Räumen ausges-tattete Wohnung bewohnen die Antragsteller selbst. Bei dieser Sachlage ist es den Antragstellern auch unter Berücksichtigung der Kreditbelastungen zuzumuten, die Frage der Rechtmäßigkeit des Versagensbescheides vom 27. April 2006, gegen den sie bereits unter dem 2. Mai 2006 Widerspruch eingelegt haben, ggf. in einem Hauptsacheverfahren klären zu lassen. Die Antragsteller sind weder von Obdachlosigkeit bedroht noch ist – entgegen der Behauptung in der Widerspruchsbegründung vom 6. Juni 2006 – ihr Krankenversicherungsschutz gefährdet, da die Antragsteller, wie sich aus den vorgelegten Rentenbescheiden ergibt, durch den jeweiligen Rentenbezug pflichtversichert in der gesetzlichen Krankenversicherung sind.

Der Senat weist allerdings darauf hin, dass Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 27. April 2006 insofern bestehen, als die Antragsteller am 21. April 2006 mehrere der von ihnen verlangten Unterlagen vorgelegt und außerdem angekündigt haben, einen "Wirt-schaftsplan neueren Datums" (Anforderungsschreiben vom 6. April 2006) umgehend nachzu-reichen. Es erscheint sehr fraglich, ob darin – ohne erneute Aufforderung zur Vorlage bestimmter, noch fehlender Unterlagen – eine zur Versagung berechtigende Nichterfüllung von Mitwirkungsobliegenheiten gesehen werden kann. Eine ordnungsgemäße Versagung setzt zudem die Ausübung von Ermessen voraus, in welches insbesondere Erwägungen der Verhältnismäßigkeit einzufließen haben (BSG, Urteil vom 5. April 2000 – B 5 RJ 38/99 R = BSGE 86, 107 ff. = SozR 3-1200 § 2 Nr. 1). Ermessenserwägungen kommen indes im Bescheid vom 27. April 2006 nicht zum Ausdruck. Sein textbausteinartiger Inhalt spricht dafür, dass die Antragsgegnerin ihre Pflicht zur Ausübung von Ermessen nicht einmal erkannt hat. Der Senat weist auch darauf hin, dass die Antragsgegnerin bei Aufhebung des Versagensbescheides in einem ggf. durchzuführenden Hauptsacheverfahren "von selbst" zur erneuten Entscheidung verpflichtet ist (vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 2004 – B 1 KR 4/02 R = SozR 4-1200 § 66 Nr. 1). In einem Hauptsacheverfahren und nicht in dem auf eine Beweiserhebung nicht zugeschnittenen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wird ggf. zu klären sein, ob die Antragsteller ihren Lebensunterhalt aus zu berücksichtigendem Vermögen sichern können und damit nicht hilfebedürftig im Sinne von § 9 Abs. 1 SGB II sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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