Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 3 KR 149/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 KR 24/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 19. Januar 2005 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung von Kosten für eine in der T durchgeführte Zahnbehandlung in Höhe von 25 672,85 EUR.
Der 1961 geborene Kläger, der bei der Beklagten als Mitglied krankenversichert ist, hielt sich im Oktober 2003 in der T auf. Dort erlitt er am 20. Oktober 2003 nach seinen Angaben einen Unfall, der dazu geführt habe, dass die Zähne 13 und 23 gebrochen und die Zähne 27, 17, 46 und 36 mit einem Grad 3 gelockert gewesen seien. Der Kläger begab sich daraufhin in der T in die Behandlung des Zahnarztes Prof. Dr. T G, die vom 20. Oktober 2003 bis 14. November 2003 angedauert habe. Während des Behandlungszyklus brachte er eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wegen akuter Bronchitis vom 27. Oktober 2003 bei.
Am 19. November 2003 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Kostenerstattung für die durchgeführte Behandlung und legte einen Arztbrief des behandelnden Zahnarztes ohne Datum vor, in der dieser mitgeteilt hatte, aufgrund des Unfalls und der Mobilität der genannten Zähne sei es unmöglich gewesen, diese Zähne zu behandeln und eine festsitzende Brücke einzusetzen. Daher seien diese Zähne extrahiert und durch Implantate ersetzt worden. Die Gesamtbehandlungskosten, die vom Kläger selbst übernommen worden seien, hätten 25 930,00 EUR betragen.
Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Berlin Brandenburg MDK zu der Frage ein, ob tatsächlich in der T die Behandlung im durchgeführten Umfang erforderlich war.
In der Stellungnahme vom 27. November 2003 wurde die Auffassung vertreten, mit einer Interimsprothese zum Ersatz der fehlenden Zähne zur Wiederherstellung der Kaufunktion für die Dauer der Ausheilungszeit sei eine Notfallbehandlung durchzuführen gewesen. Die durchgeführte Implantatversorgung jedoch sei keine Notfallbehandlung, da diese sehr umfangreiche Versorgung eine entsprechende Vorbehandlung und Planung der Therapie erfordere. Im Übrigen stellten Implantatversorgungen reine Privatleistungen dar, da sie nicht im Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung enthalten seien. Dem Aktenmaterial sei nicht zu entnehmen, dass beim Kläger eine Ausnahmeindikation zur Bezuschussung der Implantatversorgung und der Suprakonstruktion vorgelegen habe. Diese Auffassung des MDK werde seiner Meinung nach durch eine vom Kläger beigebrachte Röntgenaufnahme bestätigt, die am 12. November 2003 einen Zustand nach Insertion von jeweils acht Implantaten sowohl im Ober- als auch im Unterkiefer gezeigt habe. Daraus ergebe sich keine zwingende medizinische Indikation zur Einführung einer Implantation als sofortige Unfallmaßnahme.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. Januar 2004 die Kostenübernahme ab und begründete dies damit, eine Notbehandlung sei eine dringend notwendige zahnärztliche Behandlung, vorwiegend zur Schmerzausschaltung und beinhalte keine optimale, nicht einmal eine normale Versorgung. Eine Implantatversorgung gehöre keinesfalls zur Notfallbehandlung.
Mit seinem Widerspruch hiergegen hat der Kläger geltend gemacht, bei ihm liege eine Ausnahmeindikation für schwere Fälle vor, die eine Implantatversorgung auch in der Gesetzlichen Krankenversicherung zulasse.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2004 zurück und begründete dies damit, dass es nicht darauf ankomme, ob beim Kläger eine Ausnahmeindikation für die Übernahme von Implantatkosten vorliege, sondern darauf, ob diese bei einem Aufenthalt in der T als Sofortmaßnahme notwendig gewesen sei. Dies jedoch sei nicht der Fall. Die Beklagte erstatte daher nur die Kosten einer Notfallversorgung in Höhe von 257,17 EUR.
Hiergegen hat sich die am 24. Juni 2004 beim Sozialgericht Potsdam erhobene Klage gerichtet, zu deren Begründung der Kläger seinen Vortrag wiederholt hat, bei ihm habe eine Ausnahmeindikation für die Übernahme von Implantaten vorgelegen und im Übrigen sei eine schnelle medizinische Hilfe notwendig gewesen.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2004 zu verurteilen, ihm die Kosten der Zahnbehandlung in Höhe von 25 672,85 EUR zu erstatten.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich zur Begründung auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden berufen.
Der Kläger hat auf Nachfrage des Gerichts mitgeteilt, über präoperative Röntgenbilder seines Ober- und Unterkiefers verfüge er nicht.
Sodann hat das Sozialgericht mit Urteil vom 19. Januar 2005 die Klage abgewiesen und zur Begründung gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz SGG - auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen. Eine Beweiserhebung darüber, ob eine Implantatversorgung im Rahmen einer Notfallbehandlung erforderlich gewesen sei, könne schon deshalb nicht erfolgen, da der Kläger nicht wisse, wo sich etwaige Röntgenbilder über den Zustand vor der Implantatversorgung befänden, so dass eine vergleichende Wertung unmöglich sei.
Gegen dieses den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 07. März 2005 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 30. März 2005. Sie legen hierzu eine Stellungnahme des in der T behandelnden Zahnarztes vom 28. April 2005 vor, in der dieser darlegt, dass die durchgeführte Maßnahme notwendig gewesen sei. Ausführungen dazu, dass die Behandlung sofort als Notfallbehandlung in der T notwendig gewesen sei oder eine Rückkehr nach Deutschland und eine Durchführung der Zahnbehandlung hier möglich gewesen wäre, waren darin nicht enthalten.
Des Weiteren haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers vorgetragen, ein Mitarbeiter der Beklagten – der namentlich nicht benannt werden könne – habe beim Kläger aufgrund eines Anrufes (am 27. Oktober 2003) aus der T nach dem Unfall den Endruck erweckt, die Beklagte werde die Kosten der Implantation in der T erstatten, zumal bereits im Jahre 1996 Kosten erstattet worden seien.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 19. Januar 2005 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28. Januar 2004 und Änderung des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2004 zu verurteilen, an den Kläger 25 672,85 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt vor, im Jahre 1996 seien Kosten für Zahnersatz nach den damals geltenden Vorschriften erstattet worden, wobei ein Selbstbehalt bestanden habe, während nach § 28 Abs. 9 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) Implantationen nur bei Vorliegen von Ausnahmeindikation gezahlt würden. Durch den Einzelverbindungsnachweis sei zwar ein Ferngespräch mit der Beklagten belegt, nicht jedoch eine Zusage zur Kostenübernahme, wie die Prozessbevollmächtigten des Klägers im Schriftsatz vom 24. Februar 2006 selbst dargelegt hätten. Auch die damalige Arbeitsunfähigkeit wäre Anlass für eine telefonische Kontaktaufnahme seitens des Klägers gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und des beigezogenen Verwaltungsvorganges der Beklagten zum Streitfall, die bei Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 28. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2004 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihm weitere Kosten der in der T im Oktober und November 2003 durchgeführten Zahnbehandlung in Höhe von 25 672,85 EUR erstattet.
Die Voraussetzungen für eine Kostenerstattung nach der als Anspruchsgrundlage allein in Betracht kommende Vorschrift des § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V), sind nicht erfüllt.
Danach hat die Versicherung die Kosten für eine selbst beschaffte Leistung in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig ist, wenn entweder - die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht hat oder - sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat.
Dies folgt aus dem Sachleistungsprinzip, das Kostenerstattung nur in Ausnahmefällen zulässt. In beiden Alternativen muss also zunächst ein Anspruch auf die Leistung bestehen, denn der Kostenerstattungsanspruch kann nicht über den Sachleistungsanspruch hinausgehen.
Den ihm nach Art. 15 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik T vom 30. April 1964 zustehenden Sachleistungsanspruch hat der Kläger offensichtlich nicht in Anspruch genommen. Das genannte Abkommen dient jedoch gerade dazu, den Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen den Sachleistungsanspruch auch in der Türkei zu sichern. Von daher ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass die Beklagte die – wie vorgetragen – unaufschiebbare zahnärztliche Leistung nicht rechtzeitig hätte erbringen können. Die Ablehnung einer (zuvor beantragten) Leistung wird vom Kläger selbst nicht vorgetragen.
Selbst wenn die nach Art. 15 des Abkommens vom 30. April 1964 zuständige t "Sosyal Sigortalar Kurumu" (Sozialversicherungsanstalt) die erforderliche Behandlung nicht rechtzeitig hätte erbringen können, kann der Kläger mit dem geltend gemachten Erstattungsanspruch nicht erfolgreich sein, denn dieser kann nicht weiter gehen, als der zugrunde liegende Leistungsanspruch.
Ein Leistungsanspruch nach den Vorschriften der §§ 27 ff. SGB V, insbesondere des damals geltenden § 30 SGB V wird zunächst durch § 16 Abs. 1 Ziffer 1 SGB V ausgeschlossen, wonach der Leistungsanspruch ruht, solange der Versicherte sich im Ausland aufhält, und zwar auch dann, wenn er dort während eines vorübergehenden Aufenthalts erkrankt.
Allerdings bestimmt Art. 4 a des Abkommens, dass diese Regelung grundsätzlich für Staatsangehörige der Vertragsstaaten nicht gilt. Art. 12 Abs. 1 Ziffer b des Abkommens wiederum schränkt die Leistungspflicht dergestalt ein, dass Art. 4 a der wie dargelegt Leistungspflicht im Vertragsstaat dem Grunde nach bestimmt für eine Person, bei der der Versicherungsfall während des vorübergehenden Aufenthaltes im Gebiet der anderen Vertragspartei eingetreten ist, nur insoweit besteht, als sie wegen ihres Zustandes sofort Leistungen benötigt. Der Kläger hat noch nicht einmal vorgetragen, dass er sich um entsprechende Sachleistungen des türkischen Leistungsträgers bemüht hat. Über die Voraussetzungen einen solchen Sachleistungsanspruchs nach dem Abkommen war der Kläger jedenfalls informiert, was bereits daraus hervorgeht, dass er in Bezug auf eine frühere Behandlung in der T (1996) den insoweit erforderlichen Vordruck nach dem Abkommen (T/A 11) vorgelegt hatte.
Ausschlaggebend ist nicht, ob, wie die Prozessbevollmächtigten des Klägers vortragen, beim Kläger eine Ausnahmeindikation dahingehend vorliegt, dass Zahnimplantate in den Bereich der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung fallen oder nicht. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob es notwendig gewesen ist, Implantate als Notfallversorgung sofort in der T einzusetzen, oder ob es möglich gewesen wäre, die Schmerzen des Klägers zu stillen, ihn mit einer Notfallprothese zur Wiederherstellung der Kaufähigkeit zu versorgen und dann in Deutschland mit der notwendigen Behandlung zu beginnen.
Dass es dem Kläger möglich gewesen wäre, nach einer Notfallversorgung in der T nach Deutschland zurückzukehren und hier eine Behandlung durchführen zu lassen und dass die Implantatversorgung gerade keine sofort notwendige Maßnahme war, begegnet keinerlei vernünftigen Zweifeln. Sowohl aus der Stellungnahme des MDK als auch aus der des t behandelnden Zahnarztes ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, dass die Zahnimplantation sofort in der T durchgeführt werden musste. Dies wird bereits dadurch bestätigt, dass sich diese Behandlung über mehrere Wochen in der T hingezogen hat, was gegen eine Notfallbehandlung spricht, weil die Kaufähigkeit erst nach deren Abschluss wiederhergestellt war. Innerhalb dieser Zeit wäre es unzweifelhaft möglich gewesen, nach Deutschland zurückzukehren. Insoweit kann auch die am 27. Oktober 2003 attestierte Bronchitis nicht entgegengestanden haben, denn sie stand auch der streitigen Implantatversorgung nicht im Wege. Es bestand auch keine Veranlassung, zu weiteren Nachforschungen beim behandelnden t Zahnarzt, da die von diesem bereits gemachten Angaben als zutreffend unterstellt werden, sich daraus jedoch nichts ergibt, was belegt, dass eine sofortige Notwendigkeit zur Implantateinsetzung in der T bestand. Auch der Kläger hat nicht dargelegt, dass ohne die Implantate eine Rückreise nicht möglich gewesen wäre. Darüber hinaus bestimmt Art. 15 Abs. 1 Ziffer 3 des genannten Abkommens vom 30. April 1964, dass bei Anwendung des Art. 4 a Sachleistungen von erheblicher finanzieller Bedeutung außer in Fällen unbedingter Dringlichkeit nur gewährt werden, wenn der zuständige Träger zustimmt. Die Beklagte hat nicht zugestimmt. Der entsprechende Vortrag des Klägers hinsichtlich eines Telefongesprächs am 27. Oktober 2003 mit der Beklagten belegt eine Zustimmung nicht. Diese wäre zum einen gegenüber der t Sozialversicherungsanstalt zu erklären und zum anderen trägt der Kläger selbst auch nur vor, ihm sei mitgeteilt worden, dass er "die Behandlung" durchführen lassen könne. Um welche Art der Behandlung es sich dabei gehandelt haben soll, ist damit nicht belegt. Es kann sich sowohl um eine Notfallversorgung hinsichtlich der Zähne, wie auch – wie von der Beklagten erwähnt – um die Behandlung der akuten Bronchitis (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung) gehandelt haben. Ermittlungen hierzu sind nicht möglich, weil weder der Kläger noch die Beklagte den entsprechenden Telefonpartner benannt haben. Unbedingte Dringlichkeit für eine Implantatversorgung lag – wie ausgeführt – nicht vor und bei über 25. 000,00 EUR liegt eine erhebliche finanzielle Bedeutung vor. Deshalb besteht der geltend gemachte Anspruch insgesamt nicht.
Im Übrigen wäre die Kostenerstattung auch bei Behandlung im Inland nicht möglich, da auch hier eine vorherige Antragstellung und Begutachtung in Bezug auf das Vorliegen einer Ausnahmeindikation gemäß § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V hierfür Voraussetzung wäre (Krauskopf, GKV, § 28 Anm. 30).
Die Berufung des Klägers muss daher erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung von Kosten für eine in der T durchgeführte Zahnbehandlung in Höhe von 25 672,85 EUR.
Der 1961 geborene Kläger, der bei der Beklagten als Mitglied krankenversichert ist, hielt sich im Oktober 2003 in der T auf. Dort erlitt er am 20. Oktober 2003 nach seinen Angaben einen Unfall, der dazu geführt habe, dass die Zähne 13 und 23 gebrochen und die Zähne 27, 17, 46 und 36 mit einem Grad 3 gelockert gewesen seien. Der Kläger begab sich daraufhin in der T in die Behandlung des Zahnarztes Prof. Dr. T G, die vom 20. Oktober 2003 bis 14. November 2003 angedauert habe. Während des Behandlungszyklus brachte er eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wegen akuter Bronchitis vom 27. Oktober 2003 bei.
Am 19. November 2003 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Kostenerstattung für die durchgeführte Behandlung und legte einen Arztbrief des behandelnden Zahnarztes ohne Datum vor, in der dieser mitgeteilt hatte, aufgrund des Unfalls und der Mobilität der genannten Zähne sei es unmöglich gewesen, diese Zähne zu behandeln und eine festsitzende Brücke einzusetzen. Daher seien diese Zähne extrahiert und durch Implantate ersetzt worden. Die Gesamtbehandlungskosten, die vom Kläger selbst übernommen worden seien, hätten 25 930,00 EUR betragen.
Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Berlin Brandenburg MDK zu der Frage ein, ob tatsächlich in der T die Behandlung im durchgeführten Umfang erforderlich war.
In der Stellungnahme vom 27. November 2003 wurde die Auffassung vertreten, mit einer Interimsprothese zum Ersatz der fehlenden Zähne zur Wiederherstellung der Kaufunktion für die Dauer der Ausheilungszeit sei eine Notfallbehandlung durchzuführen gewesen. Die durchgeführte Implantatversorgung jedoch sei keine Notfallbehandlung, da diese sehr umfangreiche Versorgung eine entsprechende Vorbehandlung und Planung der Therapie erfordere. Im Übrigen stellten Implantatversorgungen reine Privatleistungen dar, da sie nicht im Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung enthalten seien. Dem Aktenmaterial sei nicht zu entnehmen, dass beim Kläger eine Ausnahmeindikation zur Bezuschussung der Implantatversorgung und der Suprakonstruktion vorgelegen habe. Diese Auffassung des MDK werde seiner Meinung nach durch eine vom Kläger beigebrachte Röntgenaufnahme bestätigt, die am 12. November 2003 einen Zustand nach Insertion von jeweils acht Implantaten sowohl im Ober- als auch im Unterkiefer gezeigt habe. Daraus ergebe sich keine zwingende medizinische Indikation zur Einführung einer Implantation als sofortige Unfallmaßnahme.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. Januar 2004 die Kostenübernahme ab und begründete dies damit, eine Notbehandlung sei eine dringend notwendige zahnärztliche Behandlung, vorwiegend zur Schmerzausschaltung und beinhalte keine optimale, nicht einmal eine normale Versorgung. Eine Implantatversorgung gehöre keinesfalls zur Notfallbehandlung.
Mit seinem Widerspruch hiergegen hat der Kläger geltend gemacht, bei ihm liege eine Ausnahmeindikation für schwere Fälle vor, die eine Implantatversorgung auch in der Gesetzlichen Krankenversicherung zulasse.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2004 zurück und begründete dies damit, dass es nicht darauf ankomme, ob beim Kläger eine Ausnahmeindikation für die Übernahme von Implantatkosten vorliege, sondern darauf, ob diese bei einem Aufenthalt in der T als Sofortmaßnahme notwendig gewesen sei. Dies jedoch sei nicht der Fall. Die Beklagte erstatte daher nur die Kosten einer Notfallversorgung in Höhe von 257,17 EUR.
Hiergegen hat sich die am 24. Juni 2004 beim Sozialgericht Potsdam erhobene Klage gerichtet, zu deren Begründung der Kläger seinen Vortrag wiederholt hat, bei ihm habe eine Ausnahmeindikation für die Übernahme von Implantaten vorgelegen und im Übrigen sei eine schnelle medizinische Hilfe notwendig gewesen.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2004 zu verurteilen, ihm die Kosten der Zahnbehandlung in Höhe von 25 672,85 EUR zu erstatten.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich zur Begründung auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden berufen.
Der Kläger hat auf Nachfrage des Gerichts mitgeteilt, über präoperative Röntgenbilder seines Ober- und Unterkiefers verfüge er nicht.
Sodann hat das Sozialgericht mit Urteil vom 19. Januar 2005 die Klage abgewiesen und zur Begründung gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz SGG - auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen. Eine Beweiserhebung darüber, ob eine Implantatversorgung im Rahmen einer Notfallbehandlung erforderlich gewesen sei, könne schon deshalb nicht erfolgen, da der Kläger nicht wisse, wo sich etwaige Röntgenbilder über den Zustand vor der Implantatversorgung befänden, so dass eine vergleichende Wertung unmöglich sei.
Gegen dieses den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 07. März 2005 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 30. März 2005. Sie legen hierzu eine Stellungnahme des in der T behandelnden Zahnarztes vom 28. April 2005 vor, in der dieser darlegt, dass die durchgeführte Maßnahme notwendig gewesen sei. Ausführungen dazu, dass die Behandlung sofort als Notfallbehandlung in der T notwendig gewesen sei oder eine Rückkehr nach Deutschland und eine Durchführung der Zahnbehandlung hier möglich gewesen wäre, waren darin nicht enthalten.
Des Weiteren haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers vorgetragen, ein Mitarbeiter der Beklagten – der namentlich nicht benannt werden könne – habe beim Kläger aufgrund eines Anrufes (am 27. Oktober 2003) aus der T nach dem Unfall den Endruck erweckt, die Beklagte werde die Kosten der Implantation in der T erstatten, zumal bereits im Jahre 1996 Kosten erstattet worden seien.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 19. Januar 2005 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28. Januar 2004 und Änderung des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2004 zu verurteilen, an den Kläger 25 672,85 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt vor, im Jahre 1996 seien Kosten für Zahnersatz nach den damals geltenden Vorschriften erstattet worden, wobei ein Selbstbehalt bestanden habe, während nach § 28 Abs. 9 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) Implantationen nur bei Vorliegen von Ausnahmeindikation gezahlt würden. Durch den Einzelverbindungsnachweis sei zwar ein Ferngespräch mit der Beklagten belegt, nicht jedoch eine Zusage zur Kostenübernahme, wie die Prozessbevollmächtigten des Klägers im Schriftsatz vom 24. Februar 2006 selbst dargelegt hätten. Auch die damalige Arbeitsunfähigkeit wäre Anlass für eine telefonische Kontaktaufnahme seitens des Klägers gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und des beigezogenen Verwaltungsvorganges der Beklagten zum Streitfall, die bei Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 28. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2004 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihm weitere Kosten der in der T im Oktober und November 2003 durchgeführten Zahnbehandlung in Höhe von 25 672,85 EUR erstattet.
Die Voraussetzungen für eine Kostenerstattung nach der als Anspruchsgrundlage allein in Betracht kommende Vorschrift des § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V), sind nicht erfüllt.
Danach hat die Versicherung die Kosten für eine selbst beschaffte Leistung in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig ist, wenn entweder - die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht hat oder - sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat.
Dies folgt aus dem Sachleistungsprinzip, das Kostenerstattung nur in Ausnahmefällen zulässt. In beiden Alternativen muss also zunächst ein Anspruch auf die Leistung bestehen, denn der Kostenerstattungsanspruch kann nicht über den Sachleistungsanspruch hinausgehen.
Den ihm nach Art. 15 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik T vom 30. April 1964 zustehenden Sachleistungsanspruch hat der Kläger offensichtlich nicht in Anspruch genommen. Das genannte Abkommen dient jedoch gerade dazu, den Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen den Sachleistungsanspruch auch in der Türkei zu sichern. Von daher ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass die Beklagte die – wie vorgetragen – unaufschiebbare zahnärztliche Leistung nicht rechtzeitig hätte erbringen können. Die Ablehnung einer (zuvor beantragten) Leistung wird vom Kläger selbst nicht vorgetragen.
Selbst wenn die nach Art. 15 des Abkommens vom 30. April 1964 zuständige t "Sosyal Sigortalar Kurumu" (Sozialversicherungsanstalt) die erforderliche Behandlung nicht rechtzeitig hätte erbringen können, kann der Kläger mit dem geltend gemachten Erstattungsanspruch nicht erfolgreich sein, denn dieser kann nicht weiter gehen, als der zugrunde liegende Leistungsanspruch.
Ein Leistungsanspruch nach den Vorschriften der §§ 27 ff. SGB V, insbesondere des damals geltenden § 30 SGB V wird zunächst durch § 16 Abs. 1 Ziffer 1 SGB V ausgeschlossen, wonach der Leistungsanspruch ruht, solange der Versicherte sich im Ausland aufhält, und zwar auch dann, wenn er dort während eines vorübergehenden Aufenthalts erkrankt.
Allerdings bestimmt Art. 4 a des Abkommens, dass diese Regelung grundsätzlich für Staatsangehörige der Vertragsstaaten nicht gilt. Art. 12 Abs. 1 Ziffer b des Abkommens wiederum schränkt die Leistungspflicht dergestalt ein, dass Art. 4 a der wie dargelegt Leistungspflicht im Vertragsstaat dem Grunde nach bestimmt für eine Person, bei der der Versicherungsfall während des vorübergehenden Aufenthaltes im Gebiet der anderen Vertragspartei eingetreten ist, nur insoweit besteht, als sie wegen ihres Zustandes sofort Leistungen benötigt. Der Kläger hat noch nicht einmal vorgetragen, dass er sich um entsprechende Sachleistungen des türkischen Leistungsträgers bemüht hat. Über die Voraussetzungen einen solchen Sachleistungsanspruchs nach dem Abkommen war der Kläger jedenfalls informiert, was bereits daraus hervorgeht, dass er in Bezug auf eine frühere Behandlung in der T (1996) den insoweit erforderlichen Vordruck nach dem Abkommen (T/A 11) vorgelegt hatte.
Ausschlaggebend ist nicht, ob, wie die Prozessbevollmächtigten des Klägers vortragen, beim Kläger eine Ausnahmeindikation dahingehend vorliegt, dass Zahnimplantate in den Bereich der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung fallen oder nicht. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob es notwendig gewesen ist, Implantate als Notfallversorgung sofort in der T einzusetzen, oder ob es möglich gewesen wäre, die Schmerzen des Klägers zu stillen, ihn mit einer Notfallprothese zur Wiederherstellung der Kaufähigkeit zu versorgen und dann in Deutschland mit der notwendigen Behandlung zu beginnen.
Dass es dem Kläger möglich gewesen wäre, nach einer Notfallversorgung in der T nach Deutschland zurückzukehren und hier eine Behandlung durchführen zu lassen und dass die Implantatversorgung gerade keine sofort notwendige Maßnahme war, begegnet keinerlei vernünftigen Zweifeln. Sowohl aus der Stellungnahme des MDK als auch aus der des t behandelnden Zahnarztes ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, dass die Zahnimplantation sofort in der T durchgeführt werden musste. Dies wird bereits dadurch bestätigt, dass sich diese Behandlung über mehrere Wochen in der T hingezogen hat, was gegen eine Notfallbehandlung spricht, weil die Kaufähigkeit erst nach deren Abschluss wiederhergestellt war. Innerhalb dieser Zeit wäre es unzweifelhaft möglich gewesen, nach Deutschland zurückzukehren. Insoweit kann auch die am 27. Oktober 2003 attestierte Bronchitis nicht entgegengestanden haben, denn sie stand auch der streitigen Implantatversorgung nicht im Wege. Es bestand auch keine Veranlassung, zu weiteren Nachforschungen beim behandelnden t Zahnarzt, da die von diesem bereits gemachten Angaben als zutreffend unterstellt werden, sich daraus jedoch nichts ergibt, was belegt, dass eine sofortige Notwendigkeit zur Implantateinsetzung in der T bestand. Auch der Kläger hat nicht dargelegt, dass ohne die Implantate eine Rückreise nicht möglich gewesen wäre. Darüber hinaus bestimmt Art. 15 Abs. 1 Ziffer 3 des genannten Abkommens vom 30. April 1964, dass bei Anwendung des Art. 4 a Sachleistungen von erheblicher finanzieller Bedeutung außer in Fällen unbedingter Dringlichkeit nur gewährt werden, wenn der zuständige Träger zustimmt. Die Beklagte hat nicht zugestimmt. Der entsprechende Vortrag des Klägers hinsichtlich eines Telefongesprächs am 27. Oktober 2003 mit der Beklagten belegt eine Zustimmung nicht. Diese wäre zum einen gegenüber der t Sozialversicherungsanstalt zu erklären und zum anderen trägt der Kläger selbst auch nur vor, ihm sei mitgeteilt worden, dass er "die Behandlung" durchführen lassen könne. Um welche Art der Behandlung es sich dabei gehandelt haben soll, ist damit nicht belegt. Es kann sich sowohl um eine Notfallversorgung hinsichtlich der Zähne, wie auch – wie von der Beklagten erwähnt – um die Behandlung der akuten Bronchitis (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung) gehandelt haben. Ermittlungen hierzu sind nicht möglich, weil weder der Kläger noch die Beklagte den entsprechenden Telefonpartner benannt haben. Unbedingte Dringlichkeit für eine Implantatversorgung lag – wie ausgeführt – nicht vor und bei über 25. 000,00 EUR liegt eine erhebliche finanzielle Bedeutung vor. Deshalb besteht der geltend gemachte Anspruch insgesamt nicht.
Im Übrigen wäre die Kostenerstattung auch bei Behandlung im Inland nicht möglich, da auch hier eine vorherige Antragstellung und Begutachtung in Bezug auf das Vorliegen einer Ausnahmeindikation gemäß § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V hierfür Voraussetzung wäre (Krauskopf, GKV, § 28 Anm. 30).
Die Berufung des Klägers muss daher erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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BRB
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