L 5 B 947/06 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 66 AS 6250/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 5 B 947/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 12. September 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verurteilen, ihm für Juni 2006 Leistungen zur Grundsicherung nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) ohne Einkommensanrechnung zu gewähren und die ihm für Juli 2006 bewilligten Leistungen vollständig auszuzahlen.

Der 1986 geborene, noch im Haushalt seiner Eltern lebende Antragsteller steht seit Januar 2005 im Leistungsbezug des Antragsgegners. Ab dem 01. November 2005 nahm er an einer vom Antragsgegner getragenen, bis zum 02. Juni 2006 befristeten Maßnahme "Sprungbrett" bei der L gGmbH teil, während der er ein monatliches Nettoentgelt in Höhe von 504,30 EUR erzielte. Ausweislich der bei den Akten befindlichen Gehaltsabrechnungen der L gGmbH war Zahl-/Überweisungstag an den Arbeitnehmer der 1. und 10. des Folgemonats. Der Antragsgegner ging daraufhin von einem Zufluss des Gehalts jeweils im Folgemonat aus und berücksichtigte das Gehalt leistungsmindernd erstmals im Dezember 2005. Tatsächlich überwies die L gGmbH dem Antragsteller ausweislich der von ihm vorgelegten Kontoauszüge auf sein Gehalt für April 2006 am 27. April 450,00 EUR und am 08. Mai 2006 54,30 EUR (jeweils Datum der Gutschrift, vgl. Kontoauszug 010/1 und 2 vom 01. Juni 2006) sowie auf sein Gehalt für Mai 2006 am 31. Mai 450,00 EUR und am 08. Juni 2006 54,30 EUR (jeweils Datum der Gutschrift, vgl. Kontoauszug 010/3 vom 01. Juni 2006 und Auszug 11/1 vom 13. Juni 2006). Sein Junigehalt in Höhe von netto 33,62 EUR wurde ihm am 29. Juni 2006 gutgeschrieben (Kontoauszug 12/2 vom 30. Juni 2006).

Mit Schreiben vom 11. Juli 2006 rügte der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers ggü. dem Antragsgegner, der dem Antragsteller mit Bescheid vom 01. März 2006 für die Zeit vom 01. Februar bis zum 31. Juli 2006 Leistungen in Höhe von monatlich 173,30 EUR gewährt hatte, dass dem Antragsteller für Juli 2006 statt der ihm ungefähr zustehenden 471,00 EUR nur 173,30 EUR überwiesen worden seien. Der Antragsgegner gewährte ihm daraufhin mit Änderungsbescheid vom 26. Juli 2006 im Hinblick auf die ab Juli 2006 beendete Einkommensanrechnung für den Monat Juli 2006 Leistungen in Höhe von 477,72 EUR. Mit Schreiben vom gleichen Tage gab er an, die Nachzahlung veranlasst zu haben. Tatsächlich wurde dem Kläger, dem bereits 173,30 EUR am 30. Juni 2006 (Kontoauszug 13/2 vom 04. Juli 2006) gutgeschrieben worden waren, ein Betrag in Höhe von 304,42 EUR auf sein Konto bei der Pbank N (BLZ: ) überwiesen. Die Gutschrift erfolgte am 01. August 2006 (vgl. Kontoauszug 14/2 vom 02. August 2006).

Mit seinem am 24. August 2006 beim Sozialgericht Berlin eingegangenen Antrag hat der Antragsteller sinngemäß begehrt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verurteilen, ihm für Juni 2006 um 304,42 EUR höhere Leistungen der Grundsicherung zu gewähren und ihm die für Juli 2006 in Höhe von 477,72 EUR gewährten Leistungen vollständig auszuzahlen. Zur Begründung hat er geltend gemacht, dass im Juni und Juli 2006 zu Unrecht Einkommensanrechnungen in Höhe von 304,42 EUR erfolgt seien. Für Juni 2006 stünden ihm noch gut 300,00 EUR zusätzlich zu. Für Juli habe der Antragsgegner zwar am 26. Juli 2006 eine Nachzahlung von 477,72 EUR veranlasst. Dieses Geld sei aber noch immer nicht auf seinem Konto eingegangen. Er habe zwar am 01. August 2006 304,42 EUR auf seinem Konto gutgeschrieben bekommen, gehe aber davon aus, dass dieses Geld für August 2006 sei. Der Antragsgegner habe ihm und der Familie für zwei Monate 777,00 EUR vorenthalten.

Das Sozialgericht Berlin hat den Antrag des Antragstellers dahin ausgelegt, dass dieser im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung höheren Arbeitslosengeldes II für die Monate Juni und Juli 2006 begehre, und den Erlass dieser einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 12. September 2006 abgelehnt. Zur Begründung hat es darauf verwiesen, dass der Antrag mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig sei. Der Antragsteller begehre nämlich rückwirkend höhere Leistungen. Hierfür könne kein eiliges Regelungsbedürfnis (mehr) bestehen, weil dem Antragsteller durch die Versagung höherer Leistungen für die Vergangenheit keine wesentlichen Nachteile mehr entstehen könnten, die sich durch den Erlass der auf eine zukünftige Regelung gerichteten einstweiligen Anordnung noch abwenden ließen.

Gegen diesen ihm am 21. September 2006 zugestellten Beschluss richtet sich die am 18. Oktober eingelegte Beschwerde des Antragstellers, mit der er unter Vorlage diverser Kontoauszüge sein Begehren weiterverfolgt. Er meint, ihm und seiner Familie stünden noch 444,10 EUR zu. Im Klageverfahren habe er die Sache bzgl. eines Betrages in Höhe von 304,42 EUR für Juli 2006 für erledigt erklärt, nicht aber bzgl. der Restsumme von 173,30 EUR.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 12. September 2006 ist gemäß §§ 172 Abs. 1 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, kann jedoch keinen Erfolg haben.

Soweit das Sozialgericht Berlin den Antrag des Antragstellers dahin ausgelegt hat, den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, ihm für Juni 2006 höhere Leistungen nach dem SGB II zu gewähren, und diesen Antrag unter Hinweis auf das fehlende Rechtsschutzbedürfnis als unzulässig abgelehnt hat, ist dies nicht zu beanstanden.

Nach § 86b Abs. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis nur zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist für den Juni 2006 jedoch ausgeschlossen. Bezogen auf den entscheidenden Zeitpunkt der Antragstellung beim Sozialgericht Berlin am 24. August 2006 lag der Juni 2006 bereits in der Vergangenheit. Für diesen Monat kann – wie bereits das Sozialgericht Berlin ausgeführt hat und auf dessen Darlegungen der Senat nach eigener Prüfung Bezug nimmt (§ 142 Abs. 2 Satz 2 SGG) - kein eiliges Regelungsbedürfnis (mehr) bestehen. Denn dem Antragsteller können durch die Versagung der Leistungen für die Vergangenheit keine wesentlichen Nachteile mehr entstehen, die sich durch den Erlass der auf eine zukünftige Regelung gerichteten einstweiligen Anordnung noch abwenden ließen. Ob der Antragsgegner mithin zu Recht davon ausgegangen ist, dass dem Antragsteller das ihm für Mai 2006 zustehende Gehalt im Hinblick auf die Angaben der L gGmbH zum Zeitpunkt der Gehaltszahlung gemäß § 2 Abs. 2 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (AlgII-V) im Juni zugeflossen ist, oder unter Berücksichtigung der Gutschriften auf dem Konto von einem früheren Zufluss hätte ausgehen müssen, muss ggfs. im Hauptsacheverfahren geklärt werden. Der Senat weist jedoch darauf hin, dass diese Frage kaum von der zu trennen sein wird, in welchem Monat das dem Antragsteller für November 2005 zustehende Gehalt als Einkommen zu berücksichtigen ist. Wenn denn der Rechtsauffassung des Antragstellers zu folgen sein sollte, dass sein Gehalt für Mai 2006 nicht - oder jedenfalls nicht vollständig - (erst) im Juni 2006 als Einkommen angerechnet werden darf, dann hätte der Antragsteller sich vermutlich umgekehrt darauf einzustellen, dass sein Gehalt für November 2005 nicht – so wie bisher geschehen (vgl. Bescheid vom 16. November 2005) – erst im Dezember 2005 als zugeflossen gilt, sondern bereits im November 2005. Den im Juni 2006 als Einkommen angerechneten Betrag würde er dann voraussichtlich um den Preis erhalten, dass er einen entsprechenden Betrag für November 2005 zu erstatten hätte.

Soweit das Sozialgericht Berlin auch für den Juli 2006 den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung abgelehnt hat, ist ihm jedenfalls im Ergebnis zu folgen. Der Antragsteller begehrt für diesen Monat jedoch nicht die Gewährung höherer Leistungen der Grundsicherung, sondern stellt vielmehr in Abrede, die ihm unstreitig bereits in Höhe von 477,72 EUR bewilligten Leistungen in vollem Umfange erhalten zu haben. Abgesehen davon, dass diesbezüglich im Hinblick auf die Erklärung des Antragstellers, die Hauptsache bzgl. eines Betrages von 304,42 EUR für Juli 2006 für erledigt erklärt zu haben, schon Zweifel am noch bestehenden Rechtsschutzbedürfnis vorliegen, hat der Senat jedenfalls keinen Zweifel, dass der Antragsgegner diesen Zahlungsanspruch des Antragstellers für Juli 2006 durch Überweisung von einmal 173,30 EUR (Gutschrift am 30. Juni 2006) und einmal 304,42 EUR (Gutschrift am 01. August 2006) erfüllt hat. Hinsichtlich letztgenannten Betrages besteht keinerlei Anlass zu der vom Antragsteller erstinstanzlich geäußerten Vermutung, dass er für August 2006 gemeint gewesen sei. Es handelt sich vielmehr um die seitens des Antragstellers mit Schreiben vom 26. Juli 2006 angekündigte Nachzahlung. Diese ist im Übrigen keinesfalls - wie der Antragsteller glauben machen will - in Höhe von 477,72 EUR in Aussicht gestellt worden. Vielmehr sind ihm mit Bescheid vom 26. Juli 2006 zwar für den Juli 2006 in dieser Höhe Leistungen gewährt worden. Da er einen Teilbetrag von 173,30 EUR jedoch - § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II entsprechend - bereits im Voraus am 30. Juni 2006 auf seinem Konto gutgeschrieben bekommen hatte, konnte er selbstverständlich nur noch den Differenzbetrag beanspruchen. Der Anspruch für Juli 2006 ist damit befriedigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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