L 23 B 196/06 SO PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
23
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 2 SO 1016/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 B 196/06 SO PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 29. Juni 2006 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde gegen den die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbei-ordnung ablehnenden Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 29. Juni 2006 ist nicht begrün-det. Das Sozialgericht hat der Klage des Klägers, den Beklagten zur Erstattung der durch seine Vertretung im Widerspruchsverfahren entstandenen Anwaltsgebühren in Höhe von 672,80 Eu-ro unter Feststellung, dass die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Widerspruchs-verfahren notwendig gewesen sei, zu Recht keine hinreichende Aussicht auf Erfolg beigemessen (§ 73 a Sozialgerichtsgesetz - SGG -, § 114 Zivilprozessordnung - ZPO -).

Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X - hat, soweit ein Wider-spruch erfolgreich ist, der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur Zweck entsprechenden Rechts-verfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Im Rahmen der Kostenerstattung sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtig-ten notwendig war (§ 63 Abs. 2 SGB X). Diese Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall nicht gegeben. Ob die Zuziehung eines Rechtsbeistandes notwendig ist, beurteilt sich nach dem Standpunkt einer verständigen Person. Maßgeblich ist, ob ein vernünftiger Bürger, der über den gleichen Bildungsgrad und ein entsprechendes Erfahrungsniveau wie der Widerspruchs-führer verfügt, einen Rechtsbeistand hinzugezogen hätte (BSG SozR 1300 § 63 Nr. 12; BVerwGE 61, 100, 102; BVerwG NVWZ 1987, 883, 884). Die Notwendigkeit ist regelmäßig zu bejahen, wenn das Widerspruchs-verfahren rechtlich oder tatsächlich nicht einfach ist oder wenn bei einfach gelagerten Fällen der Widerspruchsführer ohne einen Bevollmächtigten hilf-los wäre. Ob in sozialhilferechtlichen Streitigkeiten in der Regel die Hinzuziehung eines Be-vollmächtigten notwendig ist, wie das Sozialgericht meint, kann der Senat offen lassen. Denn maßgeblich ist, ob es dem Beteiligten nach dem konkreten Sachverhalt und Verfahrensstand zumutbar gewesen ist, das Verfahren selbst zu führen (BSG a. a. O.; BVerwG NVWZ 1987, a. a. O.).

Dem Kläger war es hier jedenfalls zuzumuten, den Widerspruch, mit dem er gerügt hat, dass die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nicht im tatsächlich anfallenden Umfang in Höhe von 337,45 Euro, sondern nur in Höhe von 317,00 Euro berücksichtigt worden seien, zunächst ohne anwaltlichen Beistand einzulegen, um bei dem Beklagten in Erfahrung zu brin-gen, ob die "Kürzung" der geltend gemachten Kosten der Unterkunft aufgrund eines Versehens oder aufgrund rechtlicher Erwägungen erfolgt war. Die Ausführungen des Prozessbevollmäch-tigten des Klägers, der Kläger habe als Laie davon ausgehen müssen, dass die nur teilweise Anerkennung seiner Unterkunftskosten aus rechtlichen Gründen erfolgt sei und dass von ihm als juristischem Laien nicht die Kenntnis der einschlägigen Rechtsvorschriften und der ent-sprechenden Verwaltungsanweisungen, durch welche unbestimmte Rechtsbegriffe wie "An-gemessenheit der Unterkunftskosten" ausgefüllt werden, erwartet werden könne, übersieht, dass in dem angefochtenen Bewilligungsbescheid vom 15. September 2005 bzw. in dessen Anlage bei der Bedarfsberechnung nicht auf eine Unangemessenheit der Unterkunftskosten abgestellt worden war, sondern lediglich die Bezeichnung "Miete" und ein Euro-Betrag, sowie "lfd. Heizungskosten" und ein weiterer Euro-Betrag erscheinen. Der Kläger musste daher bei Empfang des Bescheides keineswegs davon ausgehen, dass Fragen rechtlicher Art zu klären seien. Darauf, dass sich die im Bescheid genannten Beträge der Höhe nach nicht mit den tat-sächlich gezahlten Mietkosten deckten, hätte der Kläger - wie jede verständige Person - die Behörde ohne weiteres selbst hinweisen können; zumal auch sein Anwalt im Widerspruchs-schreiben keine substanziell über diesen Hinweis hinausgehenden Ausführungen gemacht hat. Wie sich herausgestellt hat, beruhte der Fehler in dem angegriffenen Bescheid auf einer Fehlin-formation durch den Vermieter des Klägers, was sich durch einen Telefonanruf des Beklag-tenmitarbeiters feststellen ließ und zum unverzüglichen Erlass der Abhilfeentscheidung vom 12. Oktober 2005 geführt hat.

Dass der Kläger auch nach seinen individuellen Fähigkeiten und Möglichkeiten in der Lage ist, sich ohne anwaltlichen Beistand zur Klärung von Leistungsansprüchen an eine Behörde zu wenden, belegt sein am 17. Januar 2006 persönlich eingelegter schriftlicher Widerspruch gegen die Nichtberücksichtigung eines Mehrbedarfes wegen kostenaufwändiger Ernährung in einem weiteren Bescheid des Beklagten.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten wer-den, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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