L 4 R 1235/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 31 RJ 1142/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 R 1235/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 07. Juni 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1953 geborene, aus Polen stammende Klägerin hat in ihrer Heimat eine Ausbildung zur Verkäuferin durchlaufen und anschließend in diesem Beruf gearbeitet. Ausweislich einer Bescheinigung ihres ehemaligen polnischen Arbeitgebers vom 11. Februar 1988 war sie vom 23. Dezember 1985 bis zum 03. Februar 1988 als Auszubildende Jungverkäuferin und zuletzt als Jungverkäuferin in einem näher bezeichneten Geschäft beschäftigt. Ihr Versicherungskonto weist vom 23. Dezember 1985 bis zum 17. September 1986 Pflichtbeiträge für berufliche Ausbildung und für die Folgezeit Pflichtbeiträge aus. Ende der 80er Jahre kam die Klägerin in die Bundesrepublik Deutschland und war nach dreimonatiger Beschäftigung und gut halbjährigem Bezug von Sozialleistungen zunächst arbeitslos. Im Mai und Juni 1991 ging sie noch einmal einer Beschäftigung nach. Für die Folgezeit weist ihr Versicherungskonto keine rentenrechtlichen Zeiten aus. Ab Juni 1995 war die Klägerin bis Januar 1999 arbeitslos gemeldet, ohne Leistungen zu beziehen. Von Februar 1999 bis Januar 2000 war sie im Rahmen eines befristeten Vertrages vollschichtig als Badewärterin beschäftigt. Ab Februar 2000 war sie erneut arbeitslos. Das Versorgungsamt erkannte bei ihr im Juni 2002 einen Grad der Behinderung von 40, ab Februar 2003 von 50 an.

Im Oktober 2000 beantragte die Klägerin erstmals die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit, deren Gewährung die Beklagte nach Einholung eines allgemeinmedizinischen Gutachtens bei der Ärztin für Arbeitsmedizin – Sozialmedizin – Dr. B mit Bescheid vom Februar 2001 unter Hinweis darauf ablehnte, dass weder eine rentenrelevante Erwerbsminderung vorliege noch innerhalb der letzten fünf Jahre vor Rentenantragstellung die erforderlichen 36 Kalendermonate mit Beitragszeiten belegt seien. Der hiergegen eingelegte Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos. Ihre dagegen gerichtete Klage nahm die Klägerin im Juni 2003 zurück.

Am 05. November 2003 wiederholte die Klägerin ihr Rentenbegehren. Wie im ersten Rentenantrag gab sie zur Begründung an, seit Juli 1989 infolge eines Aneurysmas nicht mehr erwerbsfähig zu sein. Die Beklagte ließ die Klägerin daraufhin im Dezember 2003 durch den Arzt für Innere Medizin – Psychotherapie - Dr. T sowie im Februar 2004 durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie sowie Facharzt für psychotherapeutische Medizin Dr. H untersuchen. Der Internist stellte bei der Klägerin in seinem Gutachten vom 14. Januar 2004 folgende Diagnosen: - Vertigo, Hypertonus, - Subarachnoidalblutung 1989, operativ behandeltes bilaterales Aneurysma der Arteria carotis media 1989, - Schwerhörigkeit beidseits, Hörgeräteträgerin beidseits, - degeneratives Cervical- und Lumbalsyndrom, PHS rechts, - depressive Verstimmung und - Tinnitus. Dr. H diagnostizierte bei ihr unter dem 18. Februar 2004 eine gemischte Angst- und depressive Störung, einen Kopfschmerz und Schwindel bei Bluthochdruck und narbiger Veränderung nach OP zweier Aneurysmen der A. cerebri media 1989, eine Agoraphobie, Schwerhörigkeit sowie eine Anosmie fest. Übereinstimmend sind die Gutachter davon ausgegangen, dass die Klägerin über ein zwar qualitativ, nicht aber quantitativ eingeschränktes Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten verfüge. Mit Bescheid vom 04. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April – richtig muss es offensichtlich heißen: Mai - 2004 lehnte die Beklagte daraufhin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Es sei nicht entscheidungserheblich, ob die Klägerin ihrer bisherigen Tätigkeit als Badewärterin noch nachgehen könne. Sie sei jedenfalls in der Lage, noch mindestens sechs Stunden täglich eine ihr sozial zumutbare Tätigkeit auszuüben, da sie auf alle Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar sei.

Mit ihrer am 18. Juni 2004 erhobenen Klage, zu deren Begründung sie im Wesentlichen ein bereits im Widerspruchsverfahren vorgelegtes ärztliches Attest eingereicht hat, hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Das Sozialgericht Berlin hat nach Einholung von Befundberichten bei den die Klägerin behandelnden Ärzten – der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie P, dem Orthopäden Dr. Z sowie dem Arzt S – den Praktischen Arzt H-J M mit der Erstattung eines allgemeinmedizinischen Gutachtens beauftragt. Dieser hat bei der Klägerin unter dem 08. August 2005 folgende Diagnosen gestellt: - Bluthochdruck - Kopfschmerz und Schwindel nach Operation zweier Aneurysmen der Arteria cerebri media 1989, Beeinträchtigung des Geruchs- und des Geschmackssinnes, - degeneratives HWS- und LWS-Syndrom, Reizzustände der Schulter- und Kniegelenke, - Schwerhörigkeit beidseits, - seelisches Leiden und - chronisches Magenleiden. Trotz dieser gesundheitlichen Beeinträchtigungen sei die Klägerin in der Lage, unter Beachtung einiger im Einzelnen aufgeführter qualitativer Einschränkungen körperlich leichte Tätigkeiten vollschichtig zu verrichten. Auch seien für den Weg zur Arbeitsstelle keine Besonderheiten zu berücksichtigen.

Auf der Grundlage dieses Gutachtens hat das Sozialgericht Berlin die Klage mit Urteil vom 07. Juni 2006 abgewiesen. Zur Begründung, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Klägerin weder ein Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) noch wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI zustehe. Für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit könne dahinstehen, ob auf die zeitlich zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Badewärterin oder die 1989 nur für kurze Zeit ausgeübte Tätigkeit einer Verkäuferin abzustellen sei. Denn auch im letztgenannten Fall genieße die Klägerin keinen Berufsschutz. Die Kammer habe sich nicht davon überzeugen können, dass sie als Verkäuferin als Facharbeiterin einzustufen sei. Es liege weder ein entsprechendes Zeugnis vor noch lasse die bescheinigte Ausbildungszeit den Schluss zu, dass die Ausbildung mehr als zwei Jahre gedauert habe. Aus der vorliegenden Arbeitsbescheinigung des polnischen Arbeitgebers vom 11. Februar 1988 gehe nicht hervor, wie lange die Ausbildung gedauert habe. Es fehlten jedoch Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nur wenige Wochen als Jungverkäuferin tätig gewesen sei und zuvor eine knapp über zwei Jahre dauernde Ausbildung durchlaufen habe. Vielmehr sei nach den der Beklagten vom polnischen Versicherungsträger übermittelten Daten von einer lediglich neunmonatigen Ausbildungszeit auszugehen. Eine Ausbildung zur Facharbeiterin sei damit nicht belegt. Auch habe die Klägerin keine Nachweise zu ihrer in Deutschland begonnenen Beschäftigung als Verkäuferin vorgelegt, aus denen sich die Eingruppierung als Facharbeiterin belegen ließe. Selbst wenn die Kammer jedoch zugunsten der Klägerin von einer dem Spektrum der Angelernten im oberen Bereich zuzuordnenden Tätigkeit ausgehe, könne sie gleichwohl noch einer ihr zumutbaren Verweisungstätigkeit in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich nachgehen. Sie sei zum Beispiel nach dem Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen, dem die Kammer sich anschließe, in der Lage, leichte Bürohilfstätigkeiten oder Arbeiten einer Poststellenmitarbeiterin in dem dargelegten Umfange zu verrichten. Bei beiden Tätigkeiten handele es sich um Arbeiten, die sich von den ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, die keine Einarbeitungszeit erforderten, abheben würden. Gegen dieses ihr am 20. Juli 2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 21. August 2006 (Montag) eingelegte Berufung der Klägerin, die sie trotz wiederholter Aufforderungen und Ankündigungen nicht begründet hat.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 07. Juni 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 04. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 01. November 2003 eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die erstinstanzlich eingeholten Befundberichte und das Gutachten des Sachverständigen M sowie den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.

II.

Der Senat konnte nach erfolgter vorheriger Anhörung der Beteiligten über die Berufung durch Beschluss entscheiden, weil er diese einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz – SGG -). Eine weitere Fristverlängerung für die Begründung der Berufung war nicht zu gewähren, nachdem der Senat bereits mit Schreiben vom 02. November 2006 ausdrücklich eine letzte Frist zur Begründung der Berufung von einem Monat ab – am 08. November 2006 erfolgter – Zustellung des Schreibens gesetzt und der Vertreter der Klägerin selbst mit Telefax vom 08. Dezember 2006 um letztmalige Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um eine Woche gebeten hatte, die zwischenzeitlich ebenfalls verstrichen ist.

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht Berlin bewertet in seinem angegriffenen Urteil die Sach- und Rechtslage zutreffend. Der Bescheid der Beklagten vom 04. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2004 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Zur Begründung nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach eigener Prüfung auf das überzeugende erstinstanzliche Urteil Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Das Sozialgericht Berlin hat sich in diesem unter Zugrundelegung der einschlägigen Vorschriften in der gebotenen Gründlichkeit und im Ergebnis überzeugend mit der Sach- und Rechtslage auseinandergesetzt. Anlass zu Ergänzungen besteht nicht. Dies hat umso mehr zu gelten, als die Berufung trotz mehrfacher Aufforderung nicht begründet wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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