L 14 AS 33/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 37 AS 2019/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 14 AS 33/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Novem-ber 2005 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird hinsichtlich der Frage zugelassen, ob der Anspruch auf den befriste-ten Zuschlag nach § 24 SGB II Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 9 SGB II bzw. den tatsächlichen Bezug von Arbeitslosengeld II ohne Berücksichtigung des Zuschlages bei der Bedarfsberechnung als Teil des Gesamtbedarfs voraussetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II).

Die 1954 geborene, seit 1986 verheiratete Klägerin lebt zusammen mit ihrem 1939 geborenen Ehemann und ihrem 1982 geborenen Sohn. Die Klägerin ist seit dem 1. Januar 2001 arbeitslos und bezog bis zum 25. September 2004 Arbeitslosengeld.

Der Ehemann der Klägerin bezog eine Altersente von der Bahnversicherungsanstalt, deren Hö-he im Januar 2005 825,23 EUR monatlich ("netto") betrug sowie eine Rente aus der betrieblichen Altersversorgung in Höhe von 30,11 EUR monatlich.

Der seit dem Wintersemester 2004/2005 studierende Sohn erhält ab Oktober 2005 Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) in Höhe von 320 EUR monatlich (rück-wirkend gewährt durch Bescheid vom 20. Februar 2006) unter Berücksichtigung eines Ein-kommens seiner Eltern bzw. des Vaters in Höhe von 538,25 EUR und eines anrechenbaren (offen-bar eigenen) Vermögens in Höhe von 683,27 EUR. Außerdem wird für den Sohn Kindergeld in Höhe von 154 EUR monatlich gezahlt.

Die Klägerin ist Inhaberin eines Sparbuchs mit einer Einlage in Höhe von 11.260,72 EUR (zu Be-ginn des Jahres 2005). Ferner bestehen Kapitallebensversicherungen (für die Klägerin und/oder ihren Mann) mit einem Rückkaufswert von 1.752,13 EUR bzw. 1.243,14 EUR (offenbar auch zu Be-ginn des Jahres 2005) sowie ein Bausparvertrag mit einem Bausparguthaben in Höhe von 2.789,34 EUR (Ende 2003).

Die Klägerin und ihr Ehemann zahlen für die von ihnen gemietete Wohnung einen monatlichen Mietzins in Höhe von 198,28 EUR zuzüglich einer Betriebskosten-Vorauszahlung in Höhe von 79,95 EUR (insgesamt 278,23 EUR monatlich). Ferner zahlte der Ehemann der Klägerin für das Jahr 2005 117 EUR für eine Gebäudeversicherung (für ein Gebäude in einer Kleingartenanlage) sowie 173,74 EUR für eine Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und 223,96 EUR für eine Fahrzeugvoll-versicherung.

Den von der Klägerin am 5. Januar 2005 gestellten Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25. Januar 2005 ab, da sie unter Be-rücksichtigung des Einkommens der mit ihr in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht hilfebedürftig sei.

Die Klägerin legte am 7. Februar 2005 Widerspruch ein. Danach lehnte die Beklagte mit Be-scheid vom 15. März 2005 erneut die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensun-terhalts ab und wies sodann mit Widerspruchsbescheid vom 21. März 2005 den Widerspruch zurück. Die Klägerin und ihr mit ihr zu einer Bedarfsgemeinschaft gehörender Ehemann hätten unter Berücksichtigung von jeweils einem Drittel der Aufwendungen für Unterkunft und Hei-zung jeweils einen Bedarf in Höhe von 403,74 EUR. Der "Gesamtbedarf" betrage 807,48 EUR. Dem stünde Einkommen des Ehemanns in Höhe von 855,34 EUR gegenüber, von dem ein Pauschbetrag in Höhe von 30 EUR monatlich für die Beiträge zu privaten Versicherungen sowie die Aufwen-dungen für die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung abzusetzen seien. Danach verbleibe ein bereinigtes Einkommen in Höhe von 810,86 EUR, das die Bedarfe des Ehemannes und der Kläge-rin übersteige.

Die am 5. April 2005 erhobene Klage, zu deren Begründung die Klägerin im Wesentlichen an-geführt hat, dass ihr Mann nicht in der Lage sei, aus seinem Einkommen den Unterhalt sowohl für sie wie auch für den Sohn zu erbringen, hat das Sozialgericht durch Urteil vom 25. Novem-ber 2005 abgewiesen. Die Beklagte habe zutreffend die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung auf drei Personen aufgeteilt. Dass der Sohn als Student von Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs ausgeschlossen sei, führe zu keiner anderen Beurteilung, da ihm grundsätzlich ein Anspruch auf Wohngeld zustehe. Der dem Sohn erbrachte Unterhalt sei nicht vom Einkommen des Ehemannes abzusetzen. Die Unterstützung des Sohnes sei zu-treffend durch die fehlende Zuordnung des Kindergeldes als Einkommen des bezugsberechtig-ten Elternteiles umgesetzt worden. In der Höhe des Kindergeldes sei von einer stillschweigen-den Verrechnung des Anspruchs des Sohnes auf Auskehrung des Kindergeldes mit Gegenan-sprüchen der Eltern auf Beteiligung an Miete und Kostgeld auszugehen. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf einen befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II. Dafür sei Vorausset-zung, dass sich bei Gegenüberstellung des zuletzt bezogenen Arbeitslosengeldes I (gegebenen-falls zuzüglich des Wohngeldes) und des "an die Bedarfsgemeinschaft zu zahlenden Arbeitslo-sengeldes II" ein Unterschiedsbetrag ergebe.

Mit ihrer am 11. Januar 2006 eingelegten Berufung gegen das ihr am 29. Dezember 2005 zuge-stellte Urteil verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie wiederholt im Wesentlichen, dass ihr Ehemann nicht in der Lage sei, mit seinem Einkommen sowohl sie wie auch den Sohn zu unterhalten. Dem Sohn würden vom Amt für Ausbildungsförderung keine Kosten für Unter-kunft bewilligt. Er könne seinen Unterhaltsanspruch nicht realisieren. An ihren und ihres Man-nes Einkommensverhältnissen habe sich nichts geändert, allerdings erhalte sie "jetzt" Wohn-geld in Höhe von ungefähr 60 EUR monatlich.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. November 2005 sowie den Be-scheid der Beklagten vom 25. Januar 2005 in der Fassung des Bescheides vom 15. März 2005 und in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. März 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Leistungen zur Si-cherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II) zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Berufung für unbegründet. Das eigentliche Problem sei, dass für den volljährigen Sohn ein Mietanteil herausgerechnet werden müsse, auch wenn dieser nicht in der Lage sei, diesen Teil der Kosten selbst zu tragen. Die Folge, dass solchen Familienverbänden zu wenig zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes zur Verfügung stehe, sei zwangsläufig, löse aber keine Leistungsverpflichtung der Beklagten aus. Bei der Entscheidungsfindung solle berücksichtigt werden, ob sich durch die Änderung des § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II mit Wirkung vom 1. Juli 2006, wonach zur Bedarfsgemeinschaft nunmehr auch der Sohn gehöre, eine andere Beurtei-lung ergebe.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die von der Beklagten vor-gelegte Leistungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige (§§ 143, 144 Abs. 1 und 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG] Berufung der Klägerin ist unbegründet; sie kann von der Beklagten, die als gemäß § 44 b Abs. 1 SGB II gebildete Arbeitsgemeinschaft ungeachtet dessen, dass sie keine volle Rechtsfähigkeit besitzt, mit eigenen Rechten ausgestattet, insbesondere berechtigt ist, zur Erfüllung ihrer Aufgaben Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen (§ 44 b Abs. 3 Satz 3 SGB II), und im sozialgerichtlichen Verfahren beteiligtenfähig ist (§ 70 Nr. 2 SGG; so bereits Beschlüsse des Senats vom 14. Juli 2005 – L 14 B 48/05 AS ER – und 22. November 2005 – L 14 AS 1187/05 – im Anschluss an den Beschluss des LSG Berlin vom 14. Juni 2005 – L 10 B 44/05 AS ER –), die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosen-geld II) nicht verlangen.

Voraussetzung für den Anspruch auf Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetz-buchs ist u.a., dass der Antragsteller hilfebedürftig ist (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II). Hilfe-bedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunter-halt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit bzw. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen sichern kann (§ 9 Abs. 1 SGB II). Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu be-rücksichtigen. Bei (bis zum 30. Juni 2006: minderjährigen) unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht aus ihrem eigenen Einkommen oder Vermögen be-schaffen können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils (ab 1. Juli 2006: und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Partners) zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB II).

Vom 1. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2006 gehörte neben der Klägerin (§ 7 Abs. 3 Nr. 1 SGB II) lediglich ihr Ehemann zur Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a SGB II), der al-lerdings wegen Bezugs einer Rente wegen Alters keine Leistungen nach dem SGB II erhalten kann (§ 7 Abs. 4 [jetzt: Satz 1] SGB II). Der Sohn gehörte in dieser Zeit nicht zur Bedarfsge-meinschaft, da er nicht mehr minderjährig war (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II in der bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassung).

Die Klägerin bzw. ihr Ehemann hatten in dieser Zeit ein zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von 825,23 EUR (gesetzliche Altersrente des Ehemannes) 30,11 EUR (betriebliche Altersversorgung des Ehemannes) 154,00 EUR (Kindergeld) insgesamt somit: 1.009,34 EUR.

Davon sind abzuziehen: 30,00 EUR (Versicherungspauschale gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 3 [ab 1. Oktober 2005: Abs. 1] Nr. 1 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verord- nung [Alg II -V]) 14,48 EUR (Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung [§ 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II]).

Dies ergibt ein zu berücksichtigendes (bereinigtes) Einkommen in Höhe von 964,86 EUR monat-lich.

Dem steht ein von der Beklagten zutreffend errechneter Bedarf der Klägerin und ihres (vom Leistungsbezug ausgeschlossenen) Ehemannes in Höhe von jeweils 403,74 EUR (jeweils ein Drit-tel der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von [278,23: 3 =] 92,74 EUR zuzüg-lich der Regelleistung in Höhe von jeweils 311 EUR), insgesamt somit 807,48 EUR gegenüber. Der Bedarf der Klägerin und ihres Ehemannes wäre sogar dann noch gedeckt, wenn – entgegen § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II – das Kindergeld mit Rücksicht darauf, dass damit jedenfalls die auf den Sohn entfallenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (92,74 EUR) zu bestreiten wä-ren, nicht (bzw. nur teilweise) als Einkommen berücksichtigt würde.

Der bis zum 30. Juni 2006 nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehörende (volljährige) Sohn hat nach § 7 Abs. 5 SGB II ohnehin keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensun-terhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs, da er einer dem Grunde nach förde-rungsfähigen Ausbildung nachgegangen ist und weiter nachgeht. Die Rückausnahme nach § 7 Abs. 6 Nr. 1 SGB II findet auf ihn keine Anwendung, da er an einer Hochschule studiert (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und Abs. 1a Satz 1 BAföG). Warum er Leistungen nach dem Bundesaus-bildungsförderungsgesetz erst ab Oktober 2005 erhält, ist vom Senat im vorliegenden Verfah-ren nicht zu klären.

Erst ab dem 1. Juli 2006 gehört auch der Sohn zur Bedarfsgemeinschaft, "soweit (er) die Leis-tungen zur Sicherung (seines) Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen

beschaffen (kann)" (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II in der durch das Gesetz zur Änderung des Zweiten Buchs des Sozialgesetzbuchs und anderer Gesetze vom 24. März 2006 geänderten Fassung). Er hat allerdings weiterhin keinen Anspruch auf Leistungen (§ 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II). Selbst wenn er nicht in der Lage sein sollte, seinen Lebensunterhalt aus eigenem Einkommen (Lei-stungen nach dem BAföG) und Vermögen (vollständig) zu sichern und deshalb zur Bedarfs-gemeinschaft gehörte, würde dem dann (311 + 311 + 276 + 278,23 =) 1.176,23 EUR betragenden "Gesamtbedarf" der Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigendes (bereinigtes) Einkommen der Klägerin (gegebenenfalls Kindergeld), ihres Ehemannes (Rente und gegebenenfalls Kinder-geld) sowie des Sohnes (Leistungen nach dem BAföG) in Höhe von 1.284,86 EUR monatlich – zuzüglich des der Klägerin "jetzt" gewährten Wohngelds in Höhe von 60 EUR – gegenüberstehen, das den "Gesamtbedarf" bzw. die Bedarfe der Klägerin, ihres Ehemanns und des Sohnes über-stiege. Auch danach sind die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nicht hilfebedürftig, wobei dahinstehen kann, ob und inwieweit noch (die Freibeträge nach § 12 Abs. 2 Satz Nr. 1 und 4 SGB II übersteigendes) Vermögen der Klägerin, ihres Ehemanns (Gebäude in Kleingartenan-lage) oder des Sohnes zu berücksichtigen ist.

Erst recht ergibt sich kein Leistungsanspruch ab dem 1. August 2006 in Folge der Herabset-zung der Grundfreibeträge auf nunmehr lediglich 150 EUR für jedes vollendete Lebensjahr des volljährigen Hilfebedürftigen und seines Partners.

Da die Klägerin keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ("als Ar-beitslosengeld II"; § 19 Satz 1 SGB II) hat, steht ihr auch kein befristeter Zuschlag nach § 24 SGB II zu. Ebenso wie das Bayerische Landessozialgericht (Urteil vom 4. April 2006 – L 11 AS 81/05 –; Revision anhängig beim BSG – B 11b AS 21/06 R –) entnimmt der Senat dem Wortlaut des § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB II ("Soweit der erwerbsfähige Hilfebedürftige Arbeitslo-sengeld II bezieht, erhält er einen Zuschlag.") und des § 24 Abs. Nr. 2 SGB II ("zu zahlenden Arbeitslosengeld II "), dass der tatsächliche Bezug von Arbeitslosengeld II Vor-aussetzung des Anspruchs auf Gewährung des Zuschlags ist. Die vom Gesetzgeber augen-scheinlich gewollte "soziale Abfederung" früherer Bezieher von Arbeitslosengeld ("I") gebie-tet nicht, den Zuschlag auch Personen zu gewähren, die – wie die Klägerin – eben nicht "hilfe-bedürftig" i.S.d. Zweiten Buchs des Sozialgesetzbuchs sind. Ebenso wenig ist der gesetzlichen Regelung zu entnehmen, dass der Zuschlag "bedarfserhöhend" zu berücksichtigen sein könnte. Der durch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu deckende Bedarf wird durch die in § 22 Abs. 1 Satz 1 beispielhaft genannten "Bedarfe" ("insbesondere Ernährung, Kleidung,

Körperpflege, Hausrat, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch Be-ziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben") sowie die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung bestimmt; der Zuschlag ist demgegenüber kein zu deckender "Be-darf".

Der Senat übersieht dabei durchaus nicht, dass diese Regelung zu Ungereimtheiten führt, je nachdem, ob das Einkommen der Mitglieder der Bedarfgemeinschaft die Summe ihrer Bedarfe – wenn auch nur geringfügig – übersteigt oder dahinter zurückbleibt. Dies ist allerdings Folge einer – auch verfassungsrechtlich – zulässigen und zur Ordnung von Massenerscheinungen notwendigen Typisierung; selbst dabei auftretende Härten wären hinzunehmen. Eine Härte ist allerdings nicht bereits, dass der Klägerin und den anderen Mitgliedern ihrer Familie auch ohne Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs mehr Mittel zur Verfügung stehen als zur Sicherung ihres sozio-kulturellen Existenzminimums erforderlich sind.

Die von der Klägerin offenbar gehegte Vorstellung, für ihren Unterhalt habe nicht ihr Ehe-mann, sondern der Staat aufzukommen, findet weder im Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs noch sonst in der deutschen Rechtsordnung eine Stütze.

Die auf § 193 Abs. 1 SGG beruhende Entscheidung über die Kostenerstattung berücksichtigt, dass Klage und Berufung keinen Erfolg haben.

Wegen der in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedlich beantworteten und durch das Bundessozialgericht noch nicht geklärten Rechtsfrage, ob der Anspruch auf den befristeten Zu-schlag nach § 24 SGB II Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 9 SGB II bzw. den tatsächlichen Bezug von Arbeitslosengeld II ohne Berücksichtigung des Zuschlages bei der Bedarfsberech-nung als Teil des Gesamtbedarfs voraussetzt, ist insoweit die Revision zuzulassen. Im Übrigen sind die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) nicht erfüllt.
Rechtskraft
Aus
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