L 9 B 330/06 KR ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 72 KR 1112/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 B 330/06 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 06. Juli 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 06. Juli 2006 ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, aber nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht den am 19. Juni 2006 bei Gericht eingegangenen Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist der vorgenannte Antrag bei sachdienlicher Auslegung der Ausführungen des Antragstellers mit Blick auf den in der Hauptsache allein zulässigen Sachantrag allerdings nicht darauf gerichtet, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragsteller freiwillig zu versichern. Da die freiwillige Krankenversicherung nach § 9 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) nicht von einer Aufnahmeentscheidung der Krankenkasse abhängt, sondern lediglich eine den Anforderungen des Gesetzes genügende Beitrittsanzeige voraussetzt, geht der Antrag vielmehr dahin, durch das Gericht vorläufig feststellen zu lassen, dass der Antragsteller kraft seiner Beitrittsanzeige bei der Antragsgegnerin freiwillig krankenversichert ist. Mit diesem Antrag vermag der Antragsteller indes nicht durchzudringen. Denn ungeachtet der Frage, ob und gegebenenfalls inwieweit gerichtliche Feststellungen im Hinblick auf ihre fehlende Vollstreckbarkeit überhaupt Gegenstand vorläufigen Rechtsschutzes sein können, steht einem Antragserfolg entgegen, dass die begehrte vorläufige Feststellung gegen das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache verstieße, weil mit ihr ein Status festgeschrieben würde, der sich bei einem eventuellen Misserfolg der Klage nicht mehr rückgängig machen ließe. Dies bedeutet indes nicht, dass dem Antragsteller vorläufiger Rechtsschutz schlechterdings versagt bleiben müsste, weil sich dies mit dem in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes postulierten Gebot effektiven Rechtsschutzes nicht in Einklang bringen ließe. Im Lichte dieses Gebots ist die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes allerdings (als Minus zum Ziel des Festsstellungsantrages) auf die Gewährung von Krankenversicherungsschutz beschränkt, worunter in der Regel die Gewährung einzelner Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und nur in Fällen länger andauernder oder chronischer Krankheitszustände die Gewährung pauschalen Versicherungsschutzes für einen begrenzten Zeitraum zu verstehen ist.

Für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im zuvor beschriebenen Sinne ist im vorliegenden Fall jedoch keine Raum. Ungeachtet der Frage des richtigen Prüfungsstandorts lässt sich dem Antrag entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin allerdings nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass der Antragsteller der freiwilligen Krankenversicherung nicht wirksam beigetreten sei. Denn nach dem hier allein einschlägigen § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Nr. 1 dieses Gesetzes setzt ein wirksamer Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung lediglich voraus, dass der Beitrittswillige als Mitglied aus der Versicherungspflicht ausgeschieden und in den letzten fünf Jahren vor dem Ausscheiden mindestens vierundzwanzig Monate oder unmittelbar vor dem Ausscheiden ununterbrochen mindestens zwölf Monate versichert gewesen ist sowie der Krankenkasse den Beitritt innerhalb von drei Monaten nach der Beendigung der Mitgliedschaft angezeigt hat. Diese Voraussetzungen sind nach Lage der Akten im Fall des Antragstellers erfüllt, weil er am 30. November 2005 aus einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis ausgeschieden ist und er der Antragsgegnerin den Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung bereits im Dezember 2005 angezeigt hat. Zudem hat er die nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 1.Alternative SGB V erforderliche Vorversicherungszeit von 24 Monaten in den letzten fünf Jahren vor seinem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht mit den von ihm unstreitig zurückgelegten Zeiten der Versicherungspflicht vom 01. Dezember 2000 bis zum 31. Dezember 2002 und vom 01. Oktober 2005 bis zum 30. November 2005 sowie den Zeiten der freiwilligen Krankenversicherung vom 01. Januar 2003 bis zum 17. Mai 2005 sogar mehr als zweimal erfüllt. Soweit die Antragsgegnerin demgegenüber die Auffassung vertritt, dass das Gesetz in den Fällen, in denen der Beitrittswillige nach § 191 Satz 1 Nr. 3 SGB V wegen bestehender Beitragsrückstände aus der freiwilligen Mitgliedschaft ausgeschieden ist, einschränkend dahingehend auszulegen sei, dass der Beitrittswillige vor dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht eine mit Pflichtversicherungszeiten oder Zeiten der Familienversicherung belegte Vorversicherungszeit von zwölf Monaten zurückgelegt haben müsse, ist diese Auffassung bereits mit dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht zu vereinbaren. Sie steht zudem in eklatantem Widerspruch zum Zweck des Gesetzes, diejenigen Personen, die der Gesetzgeber für einen gewissen Zeitraum der Versicherungspflicht unterworfen hat, auch dann nicht schutzlos zu lassen, wenn die Versicherungspflicht endet (vgl. hierzu Peters in Kasseler Kommentar, Stand Dezember 2004, § 9 SGB V RdNr. 2).

Der Antrag auf vorläufige Gewährung von Krankenversicherungsschutz scheitert jedoch im vorliegenden Fall daran, dass der Antragsteller wesentliche Nachteile im Sinne des § 86 b Abs. 2 SGG, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung nötig erscheinen lassen könnten, nicht glaubhaft gemacht hat. Denn es lässt sich nach Lage der Akten nicht feststellen, dass er aktuell des Krankenversicherungsschutzes bedarf. Der Antragsteller hat zwar durch Vorlage eines Attestes der Fachärztin für Innere Medizin S vom 06. Oktober 2006 nachgewiesen, dass bei ihm seit 1986 ein Morbus Crohn vorliegt. Dass er aufgrund dieser Erkrankung oder aufgrund sonstiger Krankheitszustände im jetzigen Zeitpunkt auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung angewiesen sein könnte, ist jedoch nicht ersichtlich. Denn das vorgenannte Attest vom 06. Oktober 2006 enthält den ausdrücklichen Hinweis darauf, dass die Crohn-Krankheit bereits seit einiger Zeit nicht mehr in Erscheinung getreten ist, und lässt im Übrigen nicht erkennen, dass der Antragsteller derzeit an sonstigen Krankheitszuständen leidet. Auch der Antragsteller selbst hat Ausführungen zu einer aktuell bestehenden Behandlungsbedürftigkeit nicht gemacht, sondern lediglich auf eine erhöhte Infektanfälligkeit (Neigung zu Erkältungskrankheiten) als indirekte Folge der Crohn-Krankheit hingewiesen. Eine derartige Neigung, an deren Bestehen der Senat mit Rücksicht auf die bestehende Grunderkrankung keinen Zweifel hegt, reicht indes zur Begründung wesentlicher Nachteile im Sinne des § 86 b Abs. 2 SGG nicht aus. Erforderlich ist vielmehr eine Konkretisierung des Krankheitsrisikos, an der es nach Lage der Akten zum jetzigen Zeitpunkt allerdings fehlt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in analoger Anwendung und folgt dem Ausgang des Verfahrens selbst.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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