L 18 AS 952/06 ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 952/06 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird zurückgewiesen. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts für das einstweilige Rechtsschutzverfahren wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zu erstatten.

Gründe:

Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist nicht begründet.

Für den Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit dem in der Antragsschrift vom 23. September 2006 unter den Ziffern 1. bis 5. bezeichneten Inhalt fehlt es, soweit der Antragsteller damit die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Erbringung von Leistungen bzw. zur Abgabe einer "Vorläufigkeitserklärung" für Zeiträume vor dem Eingang des Antrages bei Gericht (25. September 2006) begehrt, bereits deshalb an einem Anordnungsgrund, weil ein eiliges Regelungsbedürfnis für den Zeitraum vor der Antragstellung regelmäßig nicht besteht; es ist zudem nicht ersichtlich, dass die Nichtgewährung der von dem Antragsteller bezeichneten – zusätzlichen – Leistungen in der Vergangenheit in die Gegenwart fortwirkt und eine gegenwärtige Notlage zur Folge hätte. Die Geltendmachung der Kosten für das Widerspruchs- und Klageverfahren (S 55 AS 9121/05) im einstweiligen Rechtsschutzverfahren scheidet damit bereits aus.

Für die Zeit ab Antragseingang (25. September 2006) gilt für die verbleibenden Anträge unter den Ziffern 1. bis 4. der Antragsschrift Folgendes: Ein Anspruch des Antragstellers auf Gewährung eines den Betrag von monatlich 66,47 EUR übersteigenden Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung ist nicht dargetan (1). Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Gewährung monatlicher "Zusatzkosten" für den Erwerb eines Sozialtickets der B V – – (2). Es besteht auch kein Anspruch auf Übernahme von Kosten für Mineralien– bzw. Vitaminpräparate, die nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung erstattet werden (3). Die geltend gemachte "Vorläufigkeitserklärung" der Antragsgegnerin bezüglich der in den Bewilligungsbescheiden ausgeworfenen Regelsatzhöhe von 345,- EUR monatlich kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht geltend gemacht werden (4).

(1) Ein Anspruch auf einen höheren monatlichen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung gemäß § 21 Abs. 5 Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) besteht nach dem tatsächlichen Vorbringen des Antragstellers nicht. Er erhielt und erhält von der Antragsgegnerin wegen seiner mit häufigen Durchfällen einhergehenden schweren Darmerkrankung bei Laktoseintoleranz und Zöliakie einen an den Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge für die Gewährung von Krankenkostzulagen ausgerichteten Mehrbedarfszuschlag von monatlich 66,47 EUR. Ein darüber hinausgehender Mehrbedarf ist zumindest derzeit nicht ersichtlich, zumal die übrigen Krankheitsbilder des Antragstellers keine kostenaufwändigere Ernährung erfordern. Der Antragsteller hat – im Vergleich zu einem gesunden Hilfebedürftigen - selbst auch keine Mehrausgaben für kostenaufwändigere Ernährung dargetan, die einen erhöhten Mehrbedarf rechtfertigen würden. Dieser ergibt sich insbesondere auch nicht aus den vorgelegten Attesten seiner behandelnden Ärzte und dem ärztlichen Gutachten der Agentur für Arbeit B vom 11. August 2005. (2) Die Gewährung zusätzlicher Geldleistungen für das -Sozialticket kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Aufwendungen für öffentliche Verkehrsmittel bzw. für die Mobilität überhaupt von der Regelleistung des § 20 Abs. 1 SGB II umfasst sind ("Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben", vgl. § 20 Abs. 1 SGB II in der seit 1. August 2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 – BGBl. I S.1706). (3) Ebenso besteht nach dem SGB II kein Anspruch auf Übernahme von Kosten für Mineralien- und Vitaminpräparate, die von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erstattet werden. Der Antragsteller ist als Bezieher von Arbeitslosengeld II nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) gesetzlich krankenversichert. Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung von der Versorgung mit Arzneimitteln ausgeschlossen (vgl. §§ 34 Abs. 1 Satz 1, 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Für eine – gesonderte - Erstattung der insoweit vom Kläger verauslagten Beträge durch zusätzliche Geldleistungen der Antragsgegnerin ist eine Rechtsgrundlage nicht ersichtlich. (4) Schließlich fehlt es für die begehrte Verpflichtung der Antragsgegnerin, die in ihren Bewilligungsbescheiden festgesetzte Regelleistungshöhe als lediglich "vorläufige" Verwaltungsentscheidung zu verlautbaren, bereits an einem Anordnungsgrund. Es ist nicht erkennbar, welche Nachteile dem Antragsteller insoweit durch ein Abwarten auf die Entscheidung in der Hauptsache entstehen sollten, zumal der Antragsteller nach seinem Vorbringen sämtliche Bewilligungsbescheide der Antragsgegnerin angefochten hat.

Da der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz keine hinreichenden Erfolgsaussichten hatte, war auch der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Verfahrensbevollmächtigten für dieses Rechtsschutzverfahren abzulehnen (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V. mit §§ 114, 121 Abs. 2 Zivilprozessordnung).

Die Kostenentscheidung für das einstweilige Rechtsschutzverfahren beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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