Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 23 RJ 261/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 RJ 58/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Baufacharbeiter mit angelernter Spezialtätigkeit (Berufsgruppe IV/4 für die Berufe des Baugewerbes) ist kein Facharbeiter im Sinne des Mehrstufenschemas.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 30. Oktober 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1960 geborene Kläger stammt aus S. Nach einer achtjährigen Grundschulzeit war er dort zunächst als Hilfsarbeiter beschäftigt, später von 1976 bis 1979 in einer Metallschlosserei. Von Mitte 1979 bis Mitte 1980 absolvierte er seinen Wehrdienst. Seit 1981 lebt der Kläger in B. Hier war er zunächst als Pizzabäcker tätig, später war er selbständig im Gastronomiebereich. In den Jahren 1985 bis 1990 arbeitete er für einen Teppichhandel, zunächst als Kraftfahrer und später als Teppichverleger. Von 1990 bis 2001 war der Kläger als Bauarbeiter bei der Firma A B GmbH beschäftigt.
Seit dem 15. August 2000 war der Kläger arbeitsunfähig. Auf den Bezug von Krankengeld folgte der Bezug von Leistungen des Arbeitsamtes. Derzeit bezieht der Kläger wohl Leistungen nach dem SGB II.
Vom 27. Juni 2001 bis zum 1. August 2001 unterzog der Kläger sich einer medizinischen Rehabilitation in der B-Klinik. Von dort wurde er laut Entlassungsbericht vom 24. August 2001 mit den Diagnosen Kribbelparästhesien und Schmerzen der unteren Extremitäten beidseits unklarer Genese, Zustand nach Hepatitis A und B, COPD sowie Verdacht auf diskrete axonale vorwiegend sensible Polyneuropathie als arbeitsfähig entlassen. Für die vom Kläger beschriebenen Symptome (Kribbelpar-ästhesien und Schmerzen in beiden Beinen, Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule) hätten keine objektivierbaren neurologischen Befunde erhoben werden können. Die Leistungsfähigkeit des Klägers sei nicht eingeschränkt, der Kläger könne seinen Beruf als Bauarbeiter vollschichtig ausüben.
Mit Bescheid vom 6. Februar 2002, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 2002, stellte das Landesamt für Gesundheit und Soziales – Versorgungsamt – Berlin beim Kläger einen Grad der Behinderung von 30 fest und legte dabei als Funktionsbeeinträchtigung eine somatoforme Schmerzstörung zu Grunde.
Unter Hinweis auf orthopädische und psychische Leiden beantragte der Kläger am 28. November 2001 eine Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ ihn zunächst neurologisch/psychiatrisch von dem Arzt K. B begutachten. In seinem am 8. März 2002 abgeschlossenen Gutachten diagnostizierte dieser bei dem Kläger eine somatoforme Schmerzstörung und einen Verdacht auf eine leichte sensible Polyneuropathie. Damit könne der Kläger noch 6 Stunden und mehr in seiner letzten beruflichen Tätigkeit als Bauwerker tätig sein. Er sei in der Lage, schwere körperliche Arbeiten zu verrichten. Der neurologische Befund sei im Rahmen der Untersuchung bis auf die ganz unklaren und diffusen Angaben über fragliche Sensibilitätsstörungen praktisch unauffällig gewesen. Psychisch/intellektuell habe sich ein neurotisch/hypo-chondrisches Bild mit heftiger Somatisierung gefunden, wobei zeitweilig auftretende Kribbelparästhesien tatsächlich vorhanden sein könnten. Wesentliche Leistungseinschränkungen lägen nicht vor.
Mit Bescheid vom 20. März 2002 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag des Klägers ab, weil er nicht erwerbsgemindert sei.
Zur Begründung seines hiergegen am 10. April 2002 erhobenen Widerspruchs legte der Kläger ein Attest des ihn behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. M S vom 19. März 2002 vor, wonach er unter einer Polyneuropathie unklarer Genese sowie einer somatoformen Schmerzstörung leide. Seine berufliche Leistungsfähigkeit sei seit langer Zeit aufgehoben.
Die Beklage zog ein sozialmedizinisches Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Berlin/Brandenburg (Dr. K) vom 17. Januar 2001 sowie ein Gutachten nach Aktenlage der Ärztin für Arbeitsmedizin Dr. B für das Arbeitsamt Berlin Nord vom 10. April 2002 bei. Zusätzlich veranlasste sie die erneute neurologisch/psychiatrische Begutachtung des Klägers, welche am 13. November 2002 von der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. S vorgenommen wurde. Diese sah beim Kläger eine Somatisierungsstörung, einen Verdacht auf leichte sensible Polyneuropathie sowie ein belastungsabhängiges LWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen mit sekundärer psychosomatischer Überlagerung. Der Kläger könne damit noch mittelschwere Arbeiten unter Ausschluss von Klettern und Steigen und Nachtschicht vollschichtig verrichten. In seiner letzten Tätigkeit als Bauarbeiter sei er aufgrund der Wirbelsäulenbeschwerden nicht mehr einsetzbar. Im körperlich-neurologischen Status habe sich eine deutliche Diskrepanz zwischen den geklagten Beschwerden und den objektivierbaren Befunden ergeben. Der Kläger sei fixiert auf eine organische Genese seiner Beschwerden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 2003 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch des Klägers zurück. Eine Erwerbsminderung sei auch nach den neuerlichen Ermittlungen im Widerspruchsverfahren nicht erkennbar. Mit seinem festgestellten Leistungsvermögen habe der Kläger noch Zugang zum Arbeitsmarkt. Für mindestens sechs Stunden täglich einsatzfähige Arbeitnehmer sei der Arbeitsmarkt nämlich grundsätzlich nicht verschlossen. Mit den ärztlicherseits geforderten Leistungseinschränkungen sei er in der Lage, nach kurzfristiger Einarbeitungszeit oder Unterweisung noch leichte Montier-, Sortier-, Verpacker- oder Maschinenarbeiten zu verrichten. Solche Arbeiten seien ihm nach seinem bisherigen Berufsbild auch sozial zumutbar.
Mit der am 18. Februar 2003 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er hält sich für nicht erwerbsfähig und verweist zur Begründung auf ein neues Attest des behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. M S vom 15. Juni 2003. Danach sei die Somatisierungsstörung so ausgeprägt, dass er täglich nur weniger als drei Stunden arbeiten könne. Außerdem meint der Kläger, er sei als Facharbeiter anzusehen. Bei seiner Tätigkeit im Baugewerbe sei er übertariflich entlohnt worden.
Mit Gerichtsbescheid vom 30. Oktober 2003 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Ausgehend von den im Verwaltungsverfahren erstellten ärztlichen Gutachten verfüge der Kläger noch über ein mindestens sechsstündiges tägliches Leistungsvermögen. Aus dem im Klageverfahren eingereichten Attest des behandelnden Nervenarztes ergäben sich keine Leiden, die nicht schon von den beiden Gutachtern gewürdigt worden seien. Auch die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme nicht in Betracht, denn der Kläger sei noch mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähig und, ausgehend von seinem bisherigen Beruf als Bauwerker, auf alle anderen ungelernten Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Sein Vorbringen, er sei als Facharbeiter einzustufen, sei nicht nachvollziehbar, zumal er bei Beantragung der Rente angegeben habe, außer einem Anlernverhältnis als Metallschlosser keine weiteren Ausbildungen, Umschulungen oder Anlernverhältnisse durchlaufen zu haben.
Gegen den ihm am 7. November 2003 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 5. Dezember 2003 Berufung eingelegt. Er meint, voll erwerbsgemindert zu sein, denn er sei auf unabsehbare Zeit außerstande, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die im Verwaltungsverfahren erstellten Gutachten hätten die Folgen der somatoformen Schmerzstörung unzutreffend beschrieben. Diagnostik und Befunderhebung seien nur unvollständig erfolgt. Dass er auch an einem Bronchialasthma und Schmerzen in den unteren Extremitäten, Polyneuropathien und Kribbelparästhesien leide, sei unberücksichtigt geblieben. Zudem genieße er Berufsschutz. Bei der Firma A B GmbH habe er im Rahmen seiner Tätigkeit als Fliesenleger und Trockenbauer als Vorarbeiter fungiert. Er habe Stundenzettel geführt und auch andere Facharbeiter beaufsichtigt. Sein Stundenlohn habe 25,- DM betragen, die Facharbeiter hätten demgegenüber nur 23,- DM in der Stunde erhalten, die Hilfskräfte 18,- DM. Diese Firma existiere nicht mehr, doch der ehemals beschäftigte Bauleiter H W (im Folgenden: W.) könne Auskunft über seine Tätigkeit geben. Er sei als Facharbeiter einzustufen, obwohl er keine Ausbildung genossen habe. Seine Tätigkeit als Fliesenleger und Trockenbauer jedenfalls könne er aus medizinischen Gründen nicht mehr ausüben.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 30. Oktober 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. März 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. Dezember 2001 zu gewähren.
Er beantragt weiter,
H W als Zeugen zur Frage der Einstufung des Klägers als Baufacharbeiter und zu den von ihm während seiner Beschäftigung bei der Firma A ausgeübten Tätigkeiten zu vernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Als Facharbeiter sei der Kläger nicht anzuerkennen.
Der Senat hat zunächst folgende Befundberichte eingeholt:
- Z E v B, Abt. für psychosomatische Medizin/Orthopädie und Psychotherapie, Aufenthalt vom 23. Mai 2002 bis 5. Juni 2002, - Allgemeinmediziner Dr. N, Behandlung des Klägers seit Februar 1999, - Nervenarzt Dr. S, Behandlung des Klägers seit Februar 2000.
Außerdem hat der Kläger ein Attest der behandelnden Ärztin für Innere Medizin Dr. S M eingereicht.
Der Senat hat die Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. G S mit der Erstattung eines Gutachtens über den Kläger beauftragt, welches diese am 21. Mai 2006 vorgelegt hat. Die Gutachterin hat folgende Diagnosen formuliert:
1. Somatoforme autonome Funktionsstörung mehrerer Organsysteme, 2. Chronisch-obstruktive Lungenerkrankung, 3. Chronische Gastritis, 4. Schädlicher Gebrauch und Abhängigkeitssyndrom von Tabak, 5. Verdacht auf generalisierte somatoforme Schmerzstörung, 6. Leichte sensible periphere Polyneuropathie
Aus rein körperlicher Sicht sei die Leistungsfähigkeit des Klägers wenig eingeschränkt. Er könne vollschichtig mittelschwere körperliche Arbeiten unter Beachtung im Einzelnen aufgeführter qualitativer Leistungseinschränkungen verrichten. Allerdings meine der Kläger subjektiv, aufgrund seiner Beschwerden praktisch keine Leistungsfähigkeit mehr zu besitzen. Die Darstellung seiner Symptomatiken sei jedoch in sich wenig schlüssig, enthalte Widersprüche und erwecke den Eindruck, er müsse eine sehr große Vielfalt von Symptomen anführen, um glaubhaft zu erscheinen. Stark überzeichnete Darstellungen seien von allen Vorgutachtern beobachtet worden. Aus der hypochondrisch/somatisierenden Grundeinstellung hätten auch die begutachtenden Nervenärzte keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit ableiten können. Die Divergenz zwischen objektivierbaren Befunden und beklagten Beschwerden zeige sich auch an dem vom Kläger geführten Leben, das nicht unbedingt charakteristisch sei für einen chronisch kranken Menschen. Der Kläger sei klagend, aber es werde nicht erkennbar, dass er auch leidend sei. Seine Situation bedauere er nicht an sich, sondern im Hinblick auf die Gefahr, sie könne als nicht schwerwiegend genug für eine Leistungseinschränkung angesehen werden. Der Kläger fahre mit dem Auto und erledige alle Dinge des täglichen Lebens ohne besondere Beeinträchtigung. Er sei gut genährt, die Muskulatur gut ausgeprägt und er genieße die Zigaretten. Chronische Schmerzpatienten seien demgegenüber eher schmächtig, das schlechte Allgemeinbefinden führe zu vielfältigen Störungen im Tagesablauf. Auch das Umfeld werde negativ beeinträchtigt. Von alledem sei beim Kläger nichts zu verzeichnen. Auch sei er an therapeutischen Konzepten nicht besonders interessiert. Der Kläger habe sich im Laufe der Zeit durch negative Selbstsuggestion in eine Situation gebracht, die jedes positive Element ablehne. Ebenso wie der Kläger seine täglichen Verrichtungen gut erledigen könne, habe er während der Untersuchungen bei den Vorgutachtern und auch bei der nunmehrigen Begutachtung keine Probleme damit gehabt, längere Zeit in einer Körperhaltung zu verharren. Eine deutliche Einschränkung des Leistungsvermögens sei daher nicht erkennbar.
Außerdem hat der Senat die erneute neurologisch/psychiatrische Begutachtung des Klägers veranlasst, welche die Ärztin für Psychiatrie J G am 30. August 2006 vorgenommen hat. Diese Gutachterin hat auf ihrem Fachgebiet folgende Diagnosen gestellt:
1. Polyneuropathie, 2. Lumbalgieformes Schmerzsyndrom, 3. Bekannte Bandscheibenvorwölbung in Höhe Th 11/12 und Bandscheibenvorfall in Höhe C 5/6, jeweils ohne neurologische Defizite, 4. Verdacht auf einen erhöhten Schmerzmittelkonsum sowie 5. Verdacht auf ein Restless-legs-Syndrom. Ohne auf Kosten der Gesundheit zu arbeiten, könne der Kläger damit täglich noch körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig verrichten. Bestimmte im Einzelnen aufgeführte qualitative Leistungseinschränkungen seien zu beachten. Wie schon in einigen Vorgutachten und dem Entlassungsbericht der B-Klinik festgestellt, habe sich auch bei der jetzigen Untersuchung eine Diskrepanz zwischen beklagten Beschwerden und objektivierbaren Befunden gezeigt. Beim Kläger liege keine somatoforme Störung vor, weil es an den typischen Ursachen und Begleiterscheinungen mangele. Eine Exploration in eine innerpsychische Richtung sei nicht gelungen, weil der Kläger ein ausschließlich somatisch orientiertes Krankheitskonzept vertrete. Er habe Leidensdruck demonstriert, aber keine Veränderungsbereitschaft. Die beklagten Beschwerden seien glaubhaft, reichten aber nicht für eine Diagnosestellung. Im Gegensatz zu der Auffassung mancher Vorgutachter und sonst behandelnder Ärzte seien die Kriterien des ICD 10 für eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung nicht erfüllt. Ingesamt seien lediglich neurologische Störungen festzustellen, denen organische Prozesse zu Grunde lägen. Unter Berücksichtigung von Anamnese und Befund lasse sich jedoch nach den Kriterien des ICD 10 keine psychiatrische Diagnose stellen.
Zur Frage seines Facharbeiterschutzes hat der Kläger am 23. November 2005 eine "Bescheinigung über die berufliche Qualifizierung" der A B GmbH vom 31. Oktober 2001, unterzeichnet von W., vorgelegt. Darin heißt es u. a., in den 11 Jahren seiner Betriebszugehörigkeit habe der Kläger sich ständig fachlich weiterqualifiziert und sei dementsprechend übertariflich entlohnt worden. Seit 1993 sei er als Vorarbeiter in eigenverantwortlicher Tätigkeit beschäftigt worden. Er sei unter anderem befugt gewesen, selbständig Gespräche mit den Kunden, Architekten, Bauherren oder Statikern zu führen sowie Aufmaße und Abrechnungen zu erstellen. Er sei auch bevollmächtigt gewesen, Materialbestellungen zu tätigen und die ordnungsgemäße Lieferung zu überwachen. Er habe eigenständig Bauaufträge übernommen und diese von der Einrichtung bis zur Abräumung erledigt. Mit dem ihm zur Verfügung gestellten Firmen-LKW habe er auch die Belieferung und Überwachung anderer Baustellen der Firma übernommen.
W. hat auf Befragen des Gerichts schriftlich erklärt, geschäftsführender Gesellschafter und technischer Betriebsleiter der Firma A B GmbH gewesen zu sein. Als Diplomingenieur (Architekt) sei er Konzessionsträger gegenüber der Handwerkskammer Berlin gewesen.
In einer "Arbeitgeberauskunft" vom 18. Juli 2006 hat W. zur Beschäftigung des Klägers im Wesentlichen erklärt: Der Kläger sei von 1990 bis 2001 als Baufacharbeiter tätig gewesen. Ihm hätten Maurer-, Putz-, Beton-, Trockenbau-, Fliesenarbeiten sowie Baustellenorganisation und Materiallieferungen oblegen. Er habe alle Arbeiten vollwertig wie bei einem normalen Ausbildungsweg in diesem Beruf verrichtet. Er habe den gleichen Lohn wie Beschäftigte mit abgeschlossener Ausbildung erhalten. Die Anlernzeit habe drei Jahre betragen. Seine Tätigkeit habe ein besonderes Verantwortungsbewusstsein bzw. Vertrauensverhältnis vorausgesetzt. Betriebswirtschaftliche Gründe hätten eine schnelle und zuverlässige Erledigung von Bauaufträgen erfordert. Zuletzt habe der Lohn des Klägers 25,- DM pro Stunde betragen, der Tariflohn habe sich demgegenüber auf 23,- DM pro Stunde belaufen. Der Kläger sei in der Tarifgruppe eines gehobenen Baufacharbeiters eingestuft gewesen. Durch die zunehmende Qualifizierung des Klägers seien seine Aufgaben schwieriger und verantwortungsvoller, also auch höherwertig geworden. Zur Frage der Entlohnung hat W. mit Schreiben vom 27. Juli 2006 ergänzend erklärt, der Kläger habe als gehobener Baufacharbeiter der tariflichen Lohngruppe IV/4 angehört. Der Stundenlohn von 25,- DM sei übertariflich gewesen.
Die Beklagte hat hierzu erklärt, der Kläger habe offensichtlich eine angelernte Spezialtätigkeit ausgeübt und sei damit höchstens "oberer Angelernter". Die Lohngruppe IV/4 sei Arbeitnehmern vorbehalten, die eine angelernte Spezialtätigkeit nach dreijähriger Tätigkeit ausübten. Als oberer Angelernter sei der Kläger zumutbar auf die Tätigkeit eines Pförtners verweisbar.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des Verwaltungsvorganges der Beklagten (3 Bände) Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung war.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, hat jedoch keinen Erfolg. Das Sozialgericht Berlin beurteilt die Sach- und Rechtslage in seinem mit der Berufung angefochtenen Gerichtsbescheid vom 30. Oktober 2003 zutreffend. Auch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Berufungsverfahren ist der Kläger nicht erwerbsgemindert. Ein Rentenanspruch besteht nicht.
Ob der Kläger einen Anspruch auf Rente wegen geminderter Erwerbsfähigkeit hat, bemisst sich nach § 43 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung, denn der Rentenantrag ist am 28. November 2001 und damit unter der Geltung des neuen Erwerbsminderungsrechts gestellt worden (vgl. § 300 Abs. 1 SGB VI).
Danach hat derjenige Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat und teilweise bzw. voll erwerbsgemindert ist. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI diejenigen Versicherten, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein; voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI diejenigen, die nicht mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein können. Nicht erwerbsgemindert ist hingegen nach § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage insoweit nicht zu berücksichtigen ist.
Gemessen daran ist der Kläger, der die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentengewährung bei Antragstellung erfüllte, trotz der bei ihm vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht erwerbsgemindert. Nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme ist er nämlich zur Überzeugung des Senats in der Lage, körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Seine Entscheidung stützt der Senat vor allen Dingen auf die im Berufungsverfahren erstellten Gutachten der Sachverständigen Dr. S und G, die mit ihrer Einschätzung eines quantitativ uneingeschränkten Leistungsvermögens auch nicht von den im Verwaltungsverfahren erstellten Gutachten der Sachverständigen B und Dr. S abweichen. Die beiden im Berufungsverfahren beauftragten Sachverständigen haben die im Tatbestand wiedergegebenen Diagnosen gestellt, mit denen sie – abgesehen von der Frage eines spezifisch psychiatrischen Befundes – im Wesentlichen nicht von einander abweichen. Der Senat hält die Einschätzung der erfahrenen Gutachterin G für nachvollziehbar, dass beim Kläger keine somatoforme Störung vorliege, dass lediglich neurologische Störungen gegeben und psychiatrische Diagnosen nicht zu stellen seien, zumal auch in der aktuellen Begutachtung eine erhebliche Diskrepanz zwischen geklagten Beschwerden und objektivierbaren Befunden aufgetreten sei. Die Frage der zutreffenden Diagnose muss aber nicht abschließend geklärt werden, weil keine der beiden Gutachterinnen – ebenso wie die Vorgutachter – Leiden feststellen konnte, die auch nur ansatzweise auf eine quantitative Einschränkung der Belastbarkeit des Klägers hindeuten. Die Gutachterinnen haben lediglich qualitative Leistungseinschränkungen formuliert, die einhergehen mit den jeweiligen körperlichen Leiden und im Wesentlichen aus den Rückenbeschwerden des Klägers resultieren. Sofern allein der behandelnde Nervenarzt Dr. S wiederholt bekundet hat, das Leistungsvermögen des Klägers sei vollständig aufgehoben, steht dies im Gegensatz zu den ausführlichen und überzeugenden Gutachten der zur Neutralität verpflichteten Sachverständigen und ist auch nicht durch entsprechende Befunde oder schwerwiegende Diagnosen untermauert, sondern erschöpft sich in einer schlichten, nicht weiter begründeten Behauptung, der im Rahmen der vom Senat vorzunehmenden Beweiswürdigung kein entscheidendes Gewicht zukommen kann. Angesichts der eindeutigen Beweislage erübrigen sich weiter gehende Ausführungen zur quantitativen Belastbarkeit des Klägers. Abschließend erwähnenswert erscheint lediglich, dass der Kläger nach dem ärztlichen Entlassungsbericht der Brandenburg-Klinik im August 2001, also unmittelbar vor Beantragung der Rente, nach einer fünfwöchigen stationären medizinischen Rehabilitation sogar für fähig gehalten wurde, seinen Beruf als Bauarbeiter, mit dem schwere körperliche Arbeit verbunden ist, weiter zu verrichten. Diese nach besonders intensiver Beobachtung des Klägers gewonnene Einschätzung verdeutlicht, dass das Leistungsvermögen des Klägers bei Beantragung der Rente nicht in dem von ihm selbst behaupteten Umfange beeinträchtigt war. Für eine seitdem eingetretene wesentliche Verschlimmerung der Leiden ist nichts ersichtlich.
Nach alledem ist der Senat davon überzeugt, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers weder teilweise noch vollständig gemindert ist.
Die Arbeitsmarktlage ist in diesem Zusammenhang nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3, 2. Halbs. SGB VI); es ist also unerheblich, ob der Kläger noch einen leidensgerechten Arbeitsplatz finden kann.
Einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach der Übergangsvorschrift in § 240 Abs. 1 SGB VI hat der Kläger ebenfalls nicht. Einen Rentenanspruch hat danach, wer – wie der Kläger – vor dem 1. Januar 1961 geboren und berufsunfähig ist. Gemäß § 240 Abs. 2 SGB VI sind Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Hieran gemessen ist der Kläger in Ermangelung der medizinischen Voraussetzungen nicht berufsunfähig.
Ausgangspunkt für die Beurteilung von Berufsunfähigkeit ist danach der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat (ständ. Rspr., vgl. nur BSG, Urteil vom 24. März 1983, 1 RA 15/82, SozR 2200 § 1246 Nr. 107). In der Regel ist dies die letzte nicht nur vorübergehende versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit.
Bisheriger Beruf des Klägers in diesem Sinne ist derjenige eines Bauarbeiters, in welchem er von 1990 bis 2001 beschäftigt war. Zugunsten des Klägers unterstellt der Senat, dass er diesen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann, weil sein Rückenleiden schwere körperliche Arbeit nicht mehr zulässt.
Allein hieraus folgt aber keine Berufsunfähigkeit im gesetzlichen Sinne. Eine solche liegt nämlich erst vor, wenn es nicht zumindest eine andere berufliche Tätigkeit gibt, die dem Kläger sozial zumutbar und für die er sowohl gesundheitlich als auch fachlich geeignet ist. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat das Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächst niedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. nur BSG, Urteil vom 11. Mai 2000, B 13 RJ 43/99 R, RegNr. 24877 [BSG-Intern], m.w.N. zur ständ. Rspr. des BSG, zitiert nach juris).
Die Wertigkeit des bisherigen Berufs des Klägers als Bauarbeiter kann zur Überzeugung des Senats nur im Bereich des "angelernten Arbeiters" (oberer Bereich) angesiedelt werden, selbst wenn aufgrund der von W. erstellten Arbeitgeberauskünfte zu unterstellen ist, dass der Kläger seit 1993 übertariflich entlohnt wurde und besondere Verantwortung für den Betrieb trug. Eine Facharbeiterausbildung hat der Kläger, der zuvor jahrelang verschiedene Hilfstätigkeiten vom Schlosser bis zum Pizzabäcker und Teppichverleger verrichtet hatte, nicht abgeschlossen. Besondere Umstände, die es gebieten würden, den Wert der Arbeit des Klägers für den Betrieb so hoch einzustufen, dass es gerechtfertigt wäre, ihn als Facharbeiter zu behandeln, sind nicht ersichtlich. Untergeordnete Bedeutung misst der Senat der vom Kläger erst am 23. November 2005 bei dem Gericht eingereichten "Bescheinigung über die berufliche Qualifizierung" bei, die das Datum des 31. Oktober 2001 trägt. Sie hat schon deshalb geringeren Beweiswert als die später auf Veranlassung des Gerichts eingeholte Arbeitgeberauskunft, weil sie schon auf den ersten Blick eine Gefälligkeitsbescheinigung ist und die Qualifizierung des Klägers deutlich übertreibend darstellt, während die auf gerichtliche Anfrage erstellte Arbeitgeberauskunft vom 18. Juli 2006 die Tätigkeit des Klägers realistischer und weniger übertreibend zeichnet. Ausgehend von der Bescheinigung, die das Datum des 31. Oktober 2001 trägt, würde es sich bei dem über keine Berufsausbildung verfügenden Kläger um einen Vorarbeiter handeln, der Bauaufträge eigenständig übernahm und diese völlig eigenständig erledigte, bis hin zur Erstellung von Abrechnungen. Der Senat hält dies für nicht glaubhaft, zumal die Auskunft vom 18. Juli 2006 den Wert der Arbeit des Klägers erheblich zurückhaltender darstellt. Danach hat der Kläger als Angelernter Maurer-, Putz-, Beton-, Trockenbau- und Fliesenarbeiten verrichtet, außerdem oblagen ihm Baustellenorganisation und Materiallieferungen. Seine Entlohnung erfolgte in der Tarifgruppe eines gehobenen Baufacharbeiters nach Berufsgruppe IV/4. Gerade diese tarifliche Einordnung belegt aber, dass der Kläger nicht dem Facharbeiter im Sinne des oben dargestellten Mehrstufenschemas gleichgestellt war, denn die so genannten Baufacharbeiter des Baugewerbes aus der Gruppe IV/4 gehören noch nicht zu den Facharbeitern im Sinne des Mehrstufenschemas (Bundessozialgericht, Urteil vom 9. September 1986, 5b RJ 82/85, SozR 2200 § 1246 Nr. 140). Nach den Festlegungen im Anhang zum Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe gehören zur Berufsgruppe IV/4 gerade nur Arbeitnehmer, die eine angelernte Spezialtätigkeit aus Berufsgruppe V/2 drei Jahre ausgeübt haben. Die Stellung eines Facharbeiters im rentenrechtliche Sinne ist dagegen erst ab Berufsgruppe IV/2 erreicht, die der Kläger als lediglich Angelernter nicht erreichte; dabei handelt es sich um Arbeitnehmer, die in einem anerkannten Ausbildungsberuf über eine bestandene Abschlussprüfung verfügen oder dem Facharbeiter tarifvertraglich gleichgestellt sind. Der Arbeitnehmer dagegen, für den sein beruflicher Aufstieg in der Gruppe IV/4 des erwähnten Anhangs zum Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe endet, beginnt ohne jegliche Vorbildung in der Gruppe VII (Bauwerker), kommt nach einjähriger Tätigkeit in die Gruppe VI (Baufachwerker), wird nach angelernter Spezialtätigkeit in die Gruppe V 2 (Baufacharbeiter) eingestuft und gelangt dann nach dreijähriger Tätigkeit in die Berufsgruppe IV/4. Er ist also lediglich angelernt in einer Spezialtätigkeit. In der zitierten Entscheidung hat das Bundessozialgericht betont, dass die Berufsgruppen IV/3 und IV/4 nicht vom Leitbild des Facharbeiters und von dessen fachlicher Qualifikation geprägt sind. Dem schließt der Senat sich nach eigener Prüfung an. Die von W. unmissverständlich bestätigte tarifliche Einstufung des Klägers in die Gruppe IV/4 ist ein Indiz gegen eine bisherige Berufstätigkeit vom qualitativen Wert eines Facharbeiters im Sinne des Mehrstufenschemas.
Grundsätzlich kann der Kläger damit auf jede nicht qualifizierte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, sofern diese nicht von nur sehr geringem Wert ist. In Betracht kommen etwa die Montage kleinerer Gegenstände, eine Beschäftigung als Magaziner im Hochbau oder die Tätigkeit als Hausmeister oder Pförtner.
Eine Vernehmung des W. als Zeuge sah der Senat nicht als erforderlich an, so dass dem darauf zielenden Antrag des Klägers nicht entsprochen werden musste. Sowohl zu der tariflichen Einstufung des Klägers als auch zu den von ihm ausgeübten Tätigkeiten hat W. sich schriftlich geäußert. Der Beweisantrag ist insoweit ohne Substanz, als unklar geblieben ist, inwieweit eine Vernehmung des W. als Zeuge Tatsachen ergeben soll, die über den Inhalt der schriftlichen Bekundungen hinausgehen. Durch den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag ist damit nicht hinreichend deutlich geworden, inwiefern der Senat seine Sachaufklärungspflicht aus § 103 SGG nicht erfüllt haben soll.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis der Hauptsache.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht gegeben sind.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1960 geborene Kläger stammt aus S. Nach einer achtjährigen Grundschulzeit war er dort zunächst als Hilfsarbeiter beschäftigt, später von 1976 bis 1979 in einer Metallschlosserei. Von Mitte 1979 bis Mitte 1980 absolvierte er seinen Wehrdienst. Seit 1981 lebt der Kläger in B. Hier war er zunächst als Pizzabäcker tätig, später war er selbständig im Gastronomiebereich. In den Jahren 1985 bis 1990 arbeitete er für einen Teppichhandel, zunächst als Kraftfahrer und später als Teppichverleger. Von 1990 bis 2001 war der Kläger als Bauarbeiter bei der Firma A B GmbH beschäftigt.
Seit dem 15. August 2000 war der Kläger arbeitsunfähig. Auf den Bezug von Krankengeld folgte der Bezug von Leistungen des Arbeitsamtes. Derzeit bezieht der Kläger wohl Leistungen nach dem SGB II.
Vom 27. Juni 2001 bis zum 1. August 2001 unterzog der Kläger sich einer medizinischen Rehabilitation in der B-Klinik. Von dort wurde er laut Entlassungsbericht vom 24. August 2001 mit den Diagnosen Kribbelparästhesien und Schmerzen der unteren Extremitäten beidseits unklarer Genese, Zustand nach Hepatitis A und B, COPD sowie Verdacht auf diskrete axonale vorwiegend sensible Polyneuropathie als arbeitsfähig entlassen. Für die vom Kläger beschriebenen Symptome (Kribbelpar-ästhesien und Schmerzen in beiden Beinen, Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule) hätten keine objektivierbaren neurologischen Befunde erhoben werden können. Die Leistungsfähigkeit des Klägers sei nicht eingeschränkt, der Kläger könne seinen Beruf als Bauarbeiter vollschichtig ausüben.
Mit Bescheid vom 6. Februar 2002, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 2002, stellte das Landesamt für Gesundheit und Soziales – Versorgungsamt – Berlin beim Kläger einen Grad der Behinderung von 30 fest und legte dabei als Funktionsbeeinträchtigung eine somatoforme Schmerzstörung zu Grunde.
Unter Hinweis auf orthopädische und psychische Leiden beantragte der Kläger am 28. November 2001 eine Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ ihn zunächst neurologisch/psychiatrisch von dem Arzt K. B begutachten. In seinem am 8. März 2002 abgeschlossenen Gutachten diagnostizierte dieser bei dem Kläger eine somatoforme Schmerzstörung und einen Verdacht auf eine leichte sensible Polyneuropathie. Damit könne der Kläger noch 6 Stunden und mehr in seiner letzten beruflichen Tätigkeit als Bauwerker tätig sein. Er sei in der Lage, schwere körperliche Arbeiten zu verrichten. Der neurologische Befund sei im Rahmen der Untersuchung bis auf die ganz unklaren und diffusen Angaben über fragliche Sensibilitätsstörungen praktisch unauffällig gewesen. Psychisch/intellektuell habe sich ein neurotisch/hypo-chondrisches Bild mit heftiger Somatisierung gefunden, wobei zeitweilig auftretende Kribbelparästhesien tatsächlich vorhanden sein könnten. Wesentliche Leistungseinschränkungen lägen nicht vor.
Mit Bescheid vom 20. März 2002 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag des Klägers ab, weil er nicht erwerbsgemindert sei.
Zur Begründung seines hiergegen am 10. April 2002 erhobenen Widerspruchs legte der Kläger ein Attest des ihn behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. M S vom 19. März 2002 vor, wonach er unter einer Polyneuropathie unklarer Genese sowie einer somatoformen Schmerzstörung leide. Seine berufliche Leistungsfähigkeit sei seit langer Zeit aufgehoben.
Die Beklage zog ein sozialmedizinisches Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Berlin/Brandenburg (Dr. K) vom 17. Januar 2001 sowie ein Gutachten nach Aktenlage der Ärztin für Arbeitsmedizin Dr. B für das Arbeitsamt Berlin Nord vom 10. April 2002 bei. Zusätzlich veranlasste sie die erneute neurologisch/psychiatrische Begutachtung des Klägers, welche am 13. November 2002 von der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. S vorgenommen wurde. Diese sah beim Kläger eine Somatisierungsstörung, einen Verdacht auf leichte sensible Polyneuropathie sowie ein belastungsabhängiges LWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen mit sekundärer psychosomatischer Überlagerung. Der Kläger könne damit noch mittelschwere Arbeiten unter Ausschluss von Klettern und Steigen und Nachtschicht vollschichtig verrichten. In seiner letzten Tätigkeit als Bauarbeiter sei er aufgrund der Wirbelsäulenbeschwerden nicht mehr einsetzbar. Im körperlich-neurologischen Status habe sich eine deutliche Diskrepanz zwischen den geklagten Beschwerden und den objektivierbaren Befunden ergeben. Der Kläger sei fixiert auf eine organische Genese seiner Beschwerden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 2003 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch des Klägers zurück. Eine Erwerbsminderung sei auch nach den neuerlichen Ermittlungen im Widerspruchsverfahren nicht erkennbar. Mit seinem festgestellten Leistungsvermögen habe der Kläger noch Zugang zum Arbeitsmarkt. Für mindestens sechs Stunden täglich einsatzfähige Arbeitnehmer sei der Arbeitsmarkt nämlich grundsätzlich nicht verschlossen. Mit den ärztlicherseits geforderten Leistungseinschränkungen sei er in der Lage, nach kurzfristiger Einarbeitungszeit oder Unterweisung noch leichte Montier-, Sortier-, Verpacker- oder Maschinenarbeiten zu verrichten. Solche Arbeiten seien ihm nach seinem bisherigen Berufsbild auch sozial zumutbar.
Mit der am 18. Februar 2003 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er hält sich für nicht erwerbsfähig und verweist zur Begründung auf ein neues Attest des behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. M S vom 15. Juni 2003. Danach sei die Somatisierungsstörung so ausgeprägt, dass er täglich nur weniger als drei Stunden arbeiten könne. Außerdem meint der Kläger, er sei als Facharbeiter anzusehen. Bei seiner Tätigkeit im Baugewerbe sei er übertariflich entlohnt worden.
Mit Gerichtsbescheid vom 30. Oktober 2003 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Ausgehend von den im Verwaltungsverfahren erstellten ärztlichen Gutachten verfüge der Kläger noch über ein mindestens sechsstündiges tägliches Leistungsvermögen. Aus dem im Klageverfahren eingereichten Attest des behandelnden Nervenarztes ergäben sich keine Leiden, die nicht schon von den beiden Gutachtern gewürdigt worden seien. Auch die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme nicht in Betracht, denn der Kläger sei noch mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähig und, ausgehend von seinem bisherigen Beruf als Bauwerker, auf alle anderen ungelernten Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Sein Vorbringen, er sei als Facharbeiter einzustufen, sei nicht nachvollziehbar, zumal er bei Beantragung der Rente angegeben habe, außer einem Anlernverhältnis als Metallschlosser keine weiteren Ausbildungen, Umschulungen oder Anlernverhältnisse durchlaufen zu haben.
Gegen den ihm am 7. November 2003 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 5. Dezember 2003 Berufung eingelegt. Er meint, voll erwerbsgemindert zu sein, denn er sei auf unabsehbare Zeit außerstande, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die im Verwaltungsverfahren erstellten Gutachten hätten die Folgen der somatoformen Schmerzstörung unzutreffend beschrieben. Diagnostik und Befunderhebung seien nur unvollständig erfolgt. Dass er auch an einem Bronchialasthma und Schmerzen in den unteren Extremitäten, Polyneuropathien und Kribbelparästhesien leide, sei unberücksichtigt geblieben. Zudem genieße er Berufsschutz. Bei der Firma A B GmbH habe er im Rahmen seiner Tätigkeit als Fliesenleger und Trockenbauer als Vorarbeiter fungiert. Er habe Stundenzettel geführt und auch andere Facharbeiter beaufsichtigt. Sein Stundenlohn habe 25,- DM betragen, die Facharbeiter hätten demgegenüber nur 23,- DM in der Stunde erhalten, die Hilfskräfte 18,- DM. Diese Firma existiere nicht mehr, doch der ehemals beschäftigte Bauleiter H W (im Folgenden: W.) könne Auskunft über seine Tätigkeit geben. Er sei als Facharbeiter einzustufen, obwohl er keine Ausbildung genossen habe. Seine Tätigkeit als Fliesenleger und Trockenbauer jedenfalls könne er aus medizinischen Gründen nicht mehr ausüben.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 30. Oktober 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. März 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. Dezember 2001 zu gewähren.
Er beantragt weiter,
H W als Zeugen zur Frage der Einstufung des Klägers als Baufacharbeiter und zu den von ihm während seiner Beschäftigung bei der Firma A ausgeübten Tätigkeiten zu vernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Als Facharbeiter sei der Kläger nicht anzuerkennen.
Der Senat hat zunächst folgende Befundberichte eingeholt:
- Z E v B, Abt. für psychosomatische Medizin/Orthopädie und Psychotherapie, Aufenthalt vom 23. Mai 2002 bis 5. Juni 2002, - Allgemeinmediziner Dr. N, Behandlung des Klägers seit Februar 1999, - Nervenarzt Dr. S, Behandlung des Klägers seit Februar 2000.
Außerdem hat der Kläger ein Attest der behandelnden Ärztin für Innere Medizin Dr. S M eingereicht.
Der Senat hat die Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. G S mit der Erstattung eines Gutachtens über den Kläger beauftragt, welches diese am 21. Mai 2006 vorgelegt hat. Die Gutachterin hat folgende Diagnosen formuliert:
1. Somatoforme autonome Funktionsstörung mehrerer Organsysteme, 2. Chronisch-obstruktive Lungenerkrankung, 3. Chronische Gastritis, 4. Schädlicher Gebrauch und Abhängigkeitssyndrom von Tabak, 5. Verdacht auf generalisierte somatoforme Schmerzstörung, 6. Leichte sensible periphere Polyneuropathie
Aus rein körperlicher Sicht sei die Leistungsfähigkeit des Klägers wenig eingeschränkt. Er könne vollschichtig mittelschwere körperliche Arbeiten unter Beachtung im Einzelnen aufgeführter qualitativer Leistungseinschränkungen verrichten. Allerdings meine der Kläger subjektiv, aufgrund seiner Beschwerden praktisch keine Leistungsfähigkeit mehr zu besitzen. Die Darstellung seiner Symptomatiken sei jedoch in sich wenig schlüssig, enthalte Widersprüche und erwecke den Eindruck, er müsse eine sehr große Vielfalt von Symptomen anführen, um glaubhaft zu erscheinen. Stark überzeichnete Darstellungen seien von allen Vorgutachtern beobachtet worden. Aus der hypochondrisch/somatisierenden Grundeinstellung hätten auch die begutachtenden Nervenärzte keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit ableiten können. Die Divergenz zwischen objektivierbaren Befunden und beklagten Beschwerden zeige sich auch an dem vom Kläger geführten Leben, das nicht unbedingt charakteristisch sei für einen chronisch kranken Menschen. Der Kläger sei klagend, aber es werde nicht erkennbar, dass er auch leidend sei. Seine Situation bedauere er nicht an sich, sondern im Hinblick auf die Gefahr, sie könne als nicht schwerwiegend genug für eine Leistungseinschränkung angesehen werden. Der Kläger fahre mit dem Auto und erledige alle Dinge des täglichen Lebens ohne besondere Beeinträchtigung. Er sei gut genährt, die Muskulatur gut ausgeprägt und er genieße die Zigaretten. Chronische Schmerzpatienten seien demgegenüber eher schmächtig, das schlechte Allgemeinbefinden führe zu vielfältigen Störungen im Tagesablauf. Auch das Umfeld werde negativ beeinträchtigt. Von alledem sei beim Kläger nichts zu verzeichnen. Auch sei er an therapeutischen Konzepten nicht besonders interessiert. Der Kläger habe sich im Laufe der Zeit durch negative Selbstsuggestion in eine Situation gebracht, die jedes positive Element ablehne. Ebenso wie der Kläger seine täglichen Verrichtungen gut erledigen könne, habe er während der Untersuchungen bei den Vorgutachtern und auch bei der nunmehrigen Begutachtung keine Probleme damit gehabt, längere Zeit in einer Körperhaltung zu verharren. Eine deutliche Einschränkung des Leistungsvermögens sei daher nicht erkennbar.
Außerdem hat der Senat die erneute neurologisch/psychiatrische Begutachtung des Klägers veranlasst, welche die Ärztin für Psychiatrie J G am 30. August 2006 vorgenommen hat. Diese Gutachterin hat auf ihrem Fachgebiet folgende Diagnosen gestellt:
1. Polyneuropathie, 2. Lumbalgieformes Schmerzsyndrom, 3. Bekannte Bandscheibenvorwölbung in Höhe Th 11/12 und Bandscheibenvorfall in Höhe C 5/6, jeweils ohne neurologische Defizite, 4. Verdacht auf einen erhöhten Schmerzmittelkonsum sowie 5. Verdacht auf ein Restless-legs-Syndrom. Ohne auf Kosten der Gesundheit zu arbeiten, könne der Kläger damit täglich noch körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig verrichten. Bestimmte im Einzelnen aufgeführte qualitative Leistungseinschränkungen seien zu beachten. Wie schon in einigen Vorgutachten und dem Entlassungsbericht der B-Klinik festgestellt, habe sich auch bei der jetzigen Untersuchung eine Diskrepanz zwischen beklagten Beschwerden und objektivierbaren Befunden gezeigt. Beim Kläger liege keine somatoforme Störung vor, weil es an den typischen Ursachen und Begleiterscheinungen mangele. Eine Exploration in eine innerpsychische Richtung sei nicht gelungen, weil der Kläger ein ausschließlich somatisch orientiertes Krankheitskonzept vertrete. Er habe Leidensdruck demonstriert, aber keine Veränderungsbereitschaft. Die beklagten Beschwerden seien glaubhaft, reichten aber nicht für eine Diagnosestellung. Im Gegensatz zu der Auffassung mancher Vorgutachter und sonst behandelnder Ärzte seien die Kriterien des ICD 10 für eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung nicht erfüllt. Ingesamt seien lediglich neurologische Störungen festzustellen, denen organische Prozesse zu Grunde lägen. Unter Berücksichtigung von Anamnese und Befund lasse sich jedoch nach den Kriterien des ICD 10 keine psychiatrische Diagnose stellen.
Zur Frage seines Facharbeiterschutzes hat der Kläger am 23. November 2005 eine "Bescheinigung über die berufliche Qualifizierung" der A B GmbH vom 31. Oktober 2001, unterzeichnet von W., vorgelegt. Darin heißt es u. a., in den 11 Jahren seiner Betriebszugehörigkeit habe der Kläger sich ständig fachlich weiterqualifiziert und sei dementsprechend übertariflich entlohnt worden. Seit 1993 sei er als Vorarbeiter in eigenverantwortlicher Tätigkeit beschäftigt worden. Er sei unter anderem befugt gewesen, selbständig Gespräche mit den Kunden, Architekten, Bauherren oder Statikern zu führen sowie Aufmaße und Abrechnungen zu erstellen. Er sei auch bevollmächtigt gewesen, Materialbestellungen zu tätigen und die ordnungsgemäße Lieferung zu überwachen. Er habe eigenständig Bauaufträge übernommen und diese von der Einrichtung bis zur Abräumung erledigt. Mit dem ihm zur Verfügung gestellten Firmen-LKW habe er auch die Belieferung und Überwachung anderer Baustellen der Firma übernommen.
W. hat auf Befragen des Gerichts schriftlich erklärt, geschäftsführender Gesellschafter und technischer Betriebsleiter der Firma A B GmbH gewesen zu sein. Als Diplomingenieur (Architekt) sei er Konzessionsträger gegenüber der Handwerkskammer Berlin gewesen.
In einer "Arbeitgeberauskunft" vom 18. Juli 2006 hat W. zur Beschäftigung des Klägers im Wesentlichen erklärt: Der Kläger sei von 1990 bis 2001 als Baufacharbeiter tätig gewesen. Ihm hätten Maurer-, Putz-, Beton-, Trockenbau-, Fliesenarbeiten sowie Baustellenorganisation und Materiallieferungen oblegen. Er habe alle Arbeiten vollwertig wie bei einem normalen Ausbildungsweg in diesem Beruf verrichtet. Er habe den gleichen Lohn wie Beschäftigte mit abgeschlossener Ausbildung erhalten. Die Anlernzeit habe drei Jahre betragen. Seine Tätigkeit habe ein besonderes Verantwortungsbewusstsein bzw. Vertrauensverhältnis vorausgesetzt. Betriebswirtschaftliche Gründe hätten eine schnelle und zuverlässige Erledigung von Bauaufträgen erfordert. Zuletzt habe der Lohn des Klägers 25,- DM pro Stunde betragen, der Tariflohn habe sich demgegenüber auf 23,- DM pro Stunde belaufen. Der Kläger sei in der Tarifgruppe eines gehobenen Baufacharbeiters eingestuft gewesen. Durch die zunehmende Qualifizierung des Klägers seien seine Aufgaben schwieriger und verantwortungsvoller, also auch höherwertig geworden. Zur Frage der Entlohnung hat W. mit Schreiben vom 27. Juli 2006 ergänzend erklärt, der Kläger habe als gehobener Baufacharbeiter der tariflichen Lohngruppe IV/4 angehört. Der Stundenlohn von 25,- DM sei übertariflich gewesen.
Die Beklagte hat hierzu erklärt, der Kläger habe offensichtlich eine angelernte Spezialtätigkeit ausgeübt und sei damit höchstens "oberer Angelernter". Die Lohngruppe IV/4 sei Arbeitnehmern vorbehalten, die eine angelernte Spezialtätigkeit nach dreijähriger Tätigkeit ausübten. Als oberer Angelernter sei der Kläger zumutbar auf die Tätigkeit eines Pförtners verweisbar.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des Verwaltungsvorganges der Beklagten (3 Bände) Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung war.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, hat jedoch keinen Erfolg. Das Sozialgericht Berlin beurteilt die Sach- und Rechtslage in seinem mit der Berufung angefochtenen Gerichtsbescheid vom 30. Oktober 2003 zutreffend. Auch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Berufungsverfahren ist der Kläger nicht erwerbsgemindert. Ein Rentenanspruch besteht nicht.
Ob der Kläger einen Anspruch auf Rente wegen geminderter Erwerbsfähigkeit hat, bemisst sich nach § 43 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung, denn der Rentenantrag ist am 28. November 2001 und damit unter der Geltung des neuen Erwerbsminderungsrechts gestellt worden (vgl. § 300 Abs. 1 SGB VI).
Danach hat derjenige Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat und teilweise bzw. voll erwerbsgemindert ist. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI diejenigen Versicherten, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein; voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI diejenigen, die nicht mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein können. Nicht erwerbsgemindert ist hingegen nach § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage insoweit nicht zu berücksichtigen ist.
Gemessen daran ist der Kläger, der die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentengewährung bei Antragstellung erfüllte, trotz der bei ihm vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht erwerbsgemindert. Nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme ist er nämlich zur Überzeugung des Senats in der Lage, körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Seine Entscheidung stützt der Senat vor allen Dingen auf die im Berufungsverfahren erstellten Gutachten der Sachverständigen Dr. S und G, die mit ihrer Einschätzung eines quantitativ uneingeschränkten Leistungsvermögens auch nicht von den im Verwaltungsverfahren erstellten Gutachten der Sachverständigen B und Dr. S abweichen. Die beiden im Berufungsverfahren beauftragten Sachverständigen haben die im Tatbestand wiedergegebenen Diagnosen gestellt, mit denen sie – abgesehen von der Frage eines spezifisch psychiatrischen Befundes – im Wesentlichen nicht von einander abweichen. Der Senat hält die Einschätzung der erfahrenen Gutachterin G für nachvollziehbar, dass beim Kläger keine somatoforme Störung vorliege, dass lediglich neurologische Störungen gegeben und psychiatrische Diagnosen nicht zu stellen seien, zumal auch in der aktuellen Begutachtung eine erhebliche Diskrepanz zwischen geklagten Beschwerden und objektivierbaren Befunden aufgetreten sei. Die Frage der zutreffenden Diagnose muss aber nicht abschließend geklärt werden, weil keine der beiden Gutachterinnen – ebenso wie die Vorgutachter – Leiden feststellen konnte, die auch nur ansatzweise auf eine quantitative Einschränkung der Belastbarkeit des Klägers hindeuten. Die Gutachterinnen haben lediglich qualitative Leistungseinschränkungen formuliert, die einhergehen mit den jeweiligen körperlichen Leiden und im Wesentlichen aus den Rückenbeschwerden des Klägers resultieren. Sofern allein der behandelnde Nervenarzt Dr. S wiederholt bekundet hat, das Leistungsvermögen des Klägers sei vollständig aufgehoben, steht dies im Gegensatz zu den ausführlichen und überzeugenden Gutachten der zur Neutralität verpflichteten Sachverständigen und ist auch nicht durch entsprechende Befunde oder schwerwiegende Diagnosen untermauert, sondern erschöpft sich in einer schlichten, nicht weiter begründeten Behauptung, der im Rahmen der vom Senat vorzunehmenden Beweiswürdigung kein entscheidendes Gewicht zukommen kann. Angesichts der eindeutigen Beweislage erübrigen sich weiter gehende Ausführungen zur quantitativen Belastbarkeit des Klägers. Abschließend erwähnenswert erscheint lediglich, dass der Kläger nach dem ärztlichen Entlassungsbericht der Brandenburg-Klinik im August 2001, also unmittelbar vor Beantragung der Rente, nach einer fünfwöchigen stationären medizinischen Rehabilitation sogar für fähig gehalten wurde, seinen Beruf als Bauarbeiter, mit dem schwere körperliche Arbeit verbunden ist, weiter zu verrichten. Diese nach besonders intensiver Beobachtung des Klägers gewonnene Einschätzung verdeutlicht, dass das Leistungsvermögen des Klägers bei Beantragung der Rente nicht in dem von ihm selbst behaupteten Umfange beeinträchtigt war. Für eine seitdem eingetretene wesentliche Verschlimmerung der Leiden ist nichts ersichtlich.
Nach alledem ist der Senat davon überzeugt, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers weder teilweise noch vollständig gemindert ist.
Die Arbeitsmarktlage ist in diesem Zusammenhang nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3, 2. Halbs. SGB VI); es ist also unerheblich, ob der Kläger noch einen leidensgerechten Arbeitsplatz finden kann.
Einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach der Übergangsvorschrift in § 240 Abs. 1 SGB VI hat der Kläger ebenfalls nicht. Einen Rentenanspruch hat danach, wer – wie der Kläger – vor dem 1. Januar 1961 geboren und berufsunfähig ist. Gemäß § 240 Abs. 2 SGB VI sind Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Hieran gemessen ist der Kläger in Ermangelung der medizinischen Voraussetzungen nicht berufsunfähig.
Ausgangspunkt für die Beurteilung von Berufsunfähigkeit ist danach der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat (ständ. Rspr., vgl. nur BSG, Urteil vom 24. März 1983, 1 RA 15/82, SozR 2200 § 1246 Nr. 107). In der Regel ist dies die letzte nicht nur vorübergehende versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit.
Bisheriger Beruf des Klägers in diesem Sinne ist derjenige eines Bauarbeiters, in welchem er von 1990 bis 2001 beschäftigt war. Zugunsten des Klägers unterstellt der Senat, dass er diesen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann, weil sein Rückenleiden schwere körperliche Arbeit nicht mehr zulässt.
Allein hieraus folgt aber keine Berufsunfähigkeit im gesetzlichen Sinne. Eine solche liegt nämlich erst vor, wenn es nicht zumindest eine andere berufliche Tätigkeit gibt, die dem Kläger sozial zumutbar und für die er sowohl gesundheitlich als auch fachlich geeignet ist. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat das Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächst niedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. nur BSG, Urteil vom 11. Mai 2000, B 13 RJ 43/99 R, RegNr. 24877 [BSG-Intern], m.w.N. zur ständ. Rspr. des BSG, zitiert nach juris).
Die Wertigkeit des bisherigen Berufs des Klägers als Bauarbeiter kann zur Überzeugung des Senats nur im Bereich des "angelernten Arbeiters" (oberer Bereich) angesiedelt werden, selbst wenn aufgrund der von W. erstellten Arbeitgeberauskünfte zu unterstellen ist, dass der Kläger seit 1993 übertariflich entlohnt wurde und besondere Verantwortung für den Betrieb trug. Eine Facharbeiterausbildung hat der Kläger, der zuvor jahrelang verschiedene Hilfstätigkeiten vom Schlosser bis zum Pizzabäcker und Teppichverleger verrichtet hatte, nicht abgeschlossen. Besondere Umstände, die es gebieten würden, den Wert der Arbeit des Klägers für den Betrieb so hoch einzustufen, dass es gerechtfertigt wäre, ihn als Facharbeiter zu behandeln, sind nicht ersichtlich. Untergeordnete Bedeutung misst der Senat der vom Kläger erst am 23. November 2005 bei dem Gericht eingereichten "Bescheinigung über die berufliche Qualifizierung" bei, die das Datum des 31. Oktober 2001 trägt. Sie hat schon deshalb geringeren Beweiswert als die später auf Veranlassung des Gerichts eingeholte Arbeitgeberauskunft, weil sie schon auf den ersten Blick eine Gefälligkeitsbescheinigung ist und die Qualifizierung des Klägers deutlich übertreibend darstellt, während die auf gerichtliche Anfrage erstellte Arbeitgeberauskunft vom 18. Juli 2006 die Tätigkeit des Klägers realistischer und weniger übertreibend zeichnet. Ausgehend von der Bescheinigung, die das Datum des 31. Oktober 2001 trägt, würde es sich bei dem über keine Berufsausbildung verfügenden Kläger um einen Vorarbeiter handeln, der Bauaufträge eigenständig übernahm und diese völlig eigenständig erledigte, bis hin zur Erstellung von Abrechnungen. Der Senat hält dies für nicht glaubhaft, zumal die Auskunft vom 18. Juli 2006 den Wert der Arbeit des Klägers erheblich zurückhaltender darstellt. Danach hat der Kläger als Angelernter Maurer-, Putz-, Beton-, Trockenbau- und Fliesenarbeiten verrichtet, außerdem oblagen ihm Baustellenorganisation und Materiallieferungen. Seine Entlohnung erfolgte in der Tarifgruppe eines gehobenen Baufacharbeiters nach Berufsgruppe IV/4. Gerade diese tarifliche Einordnung belegt aber, dass der Kläger nicht dem Facharbeiter im Sinne des oben dargestellten Mehrstufenschemas gleichgestellt war, denn die so genannten Baufacharbeiter des Baugewerbes aus der Gruppe IV/4 gehören noch nicht zu den Facharbeitern im Sinne des Mehrstufenschemas (Bundessozialgericht, Urteil vom 9. September 1986, 5b RJ 82/85, SozR 2200 § 1246 Nr. 140). Nach den Festlegungen im Anhang zum Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe gehören zur Berufsgruppe IV/4 gerade nur Arbeitnehmer, die eine angelernte Spezialtätigkeit aus Berufsgruppe V/2 drei Jahre ausgeübt haben. Die Stellung eines Facharbeiters im rentenrechtliche Sinne ist dagegen erst ab Berufsgruppe IV/2 erreicht, die der Kläger als lediglich Angelernter nicht erreichte; dabei handelt es sich um Arbeitnehmer, die in einem anerkannten Ausbildungsberuf über eine bestandene Abschlussprüfung verfügen oder dem Facharbeiter tarifvertraglich gleichgestellt sind. Der Arbeitnehmer dagegen, für den sein beruflicher Aufstieg in der Gruppe IV/4 des erwähnten Anhangs zum Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe endet, beginnt ohne jegliche Vorbildung in der Gruppe VII (Bauwerker), kommt nach einjähriger Tätigkeit in die Gruppe VI (Baufachwerker), wird nach angelernter Spezialtätigkeit in die Gruppe V 2 (Baufacharbeiter) eingestuft und gelangt dann nach dreijähriger Tätigkeit in die Berufsgruppe IV/4. Er ist also lediglich angelernt in einer Spezialtätigkeit. In der zitierten Entscheidung hat das Bundessozialgericht betont, dass die Berufsgruppen IV/3 und IV/4 nicht vom Leitbild des Facharbeiters und von dessen fachlicher Qualifikation geprägt sind. Dem schließt der Senat sich nach eigener Prüfung an. Die von W. unmissverständlich bestätigte tarifliche Einstufung des Klägers in die Gruppe IV/4 ist ein Indiz gegen eine bisherige Berufstätigkeit vom qualitativen Wert eines Facharbeiters im Sinne des Mehrstufenschemas.
Grundsätzlich kann der Kläger damit auf jede nicht qualifizierte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, sofern diese nicht von nur sehr geringem Wert ist. In Betracht kommen etwa die Montage kleinerer Gegenstände, eine Beschäftigung als Magaziner im Hochbau oder die Tätigkeit als Hausmeister oder Pförtner.
Eine Vernehmung des W. als Zeuge sah der Senat nicht als erforderlich an, so dass dem darauf zielenden Antrag des Klägers nicht entsprochen werden musste. Sowohl zu der tariflichen Einstufung des Klägers als auch zu den von ihm ausgeübten Tätigkeiten hat W. sich schriftlich geäußert. Der Beweisantrag ist insoweit ohne Substanz, als unklar geblieben ist, inwieweit eine Vernehmung des W. als Zeuge Tatsachen ergeben soll, die über den Inhalt der schriftlichen Bekundungen hinausgehen. Durch den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag ist damit nicht hinreichend deutlich geworden, inwiefern der Senat seine Sachaufklärungspflicht aus § 103 SGG nicht erfüllt haben soll.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis der Hauptsache.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht gegeben sind.
Rechtskraft
Aus
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