Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 77 AL 3146/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 AL 2/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. November 2003 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im gesamten Verfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich noch gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 1992 und die damit verbundene Rückforderung von Leistungen sowie Krankenversicherungsbeiträgen.
Die 1959 geborene Klägerin kündigte ihr ab 1. April 1986 bestehendes Arbeitsverhältnis zur B AG zum 30. Juni 1992. Am 7. Juli 1992 meldete die Klägerin sich arbeitslos. Die Beklagte bewilligte ihr mit Wirkung von diesem Tag Alg für 312 Tage nach einem Arbeitsentgelt von 7.600 DM (Bewilligungsbescheid vom 23. September 1992) bzw. 8.327,16 DM (Änderungsbescheid vom 6. Oktober 1992). Nachdem die Klägerin mitgeteilt hatte, sie sei ab 1. Januar 1993 als Unternehmensberaterin selbständig tätig, hob die Beklagte die Bewilligungsentscheidung ab diesem Zeitpunkt (bindend) auf. Bereits am 22. Juli 1992 war die Klägerin zur Geschäftsführerin der G Verwaltungs- und Handelsgesellschaft mit beschränkter Haftung (im Folgenden: G-GmbH) bestellt worden. Gesellschafter waren der Ehemann der Klägerin, H M, und der Zeuge K M (im Folgenden: M.). Der Zeuge K L (im Folgenden: L.) war stiller Gesellschafter. Zweck der Gesellschaft waren der Erwerb, die Verwaltung, die Beratung, Planung und Einrichtung von gastronomischen Betrieben und Beherbergungsstätten, die Durchführung von Veranstaltungen, insbesondere auf dem Gebiet der Gastronomie, der Handel mit Gastronomiebedarf aller Art und Groß-Kücheneinrichtungen sowie deren Installation, Reparatur und Wartung. Die Klägerin blieb Geschäftsführerin der G-GmbH bis zu deren Auflösung infolge rechtskräftiger Abweisung eines Antrages auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens (Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 20. Juni 1997 – 36 H 1147/97 und 1550/97). Die G-GmbH wurde am 28. April 1998 wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöscht. Wegen der Angaben der Klägerin zur Art und zum zeitlichen Umfang ihrer Tätigkeit für die G-GmbH wird auf die von ihr gefertigte Aufstellung (Anlagen B 7 und B 8 zum Schriftsatz vom 13. November 2003) verwiesen.
Am 16. Mai 2000 teilte L. der Beklagten mit, die Klägerin sei in der Zeit des Alg-Bezuges als Geschäftsführerin der G-GmbH tätig gewesen und habe dafür monatlich 5.000 DM (netto) erhalten. Im Rahmen einer Vernehmung durch die Beklagte bestätigte L. seine Angaben; auf die in der Akte der Beklagten enthaltene Niederschrift vom 21. Juni 2000 und die von L. überreichten Unterlagen wird Bezug genommen. Hierzu von der Beklagten angehört, erklärte die Klägerin, sie stehe weder seit August 1992 in einem mindestens fünfzehn Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigungsverhältnis, noch habe sie während der Zeit des Alg-Bezuges in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden; sie sei in der Zeit vom 7. Juli bis 31. Dezember 1992 nur durch den Leistungsbezug krankenversichert gewesen sei.
Durch Bescheid vom 25. Mai 2001 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Alg ab 7. Juli 1992 (ganz) auf mit der Begründung, dass die Klägerin als Geschäftsführerin der G-GmbH in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe und verlangte die Erstattung des gezahlten Alg in Höhe von 17.870,40 DM sowie den Ersatz von Krankenversicherungsbeiträgen in Höhe von 4.217,96 DM, also von insgesamt 22.088,36 DM. Der Widerspruch der Klägerin war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10. August 2001).
Im Klageverfahren hat die Klägerin u. a. vorgetragen, sie habe in nur kurzzeitigem Umfang, maximal 20 Stunden monatlich, für die G-GmbH gearbeitet. Als Geschäftsführerin der G-GmbH habe sie in der Zeit vom 22. Juli bis 31. Dezember 1992 keinerlei Gehalt oder Honorar bezogen. Das Sozialgericht (SG) hat M. und L. als Zeugen schriftlich befragt; auf die Antwortschreiben der Zeugen vom 8. März 2003 (nebst Anlagen) und 7. Mai 2003 wird Bezug genommen. Das SG hat H M sowie L. und M. als Zeugen vernommen. Auf die (teilweise rekonstruierten) Sitzungsniederschriften vom 27. Oktober und 17. November 2003 wird Bezug genommen. Mit Urteil vom 17. November 2003 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 25. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 2001 aufgehoben. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen des § 45 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) für die Aufhebung der Alg-Bewilligung und in der Folge davon für die Erstattung der gezahlten Leistungen und für den Ersatz von Krankenversicherungsbeiträgen lägen nicht vor. Es habe nicht zur vollen Überzeugung des Gerichts geklärt werden können, ob die Klägerin im fraglichen Zeitraum in mehr als kurzzeitigem Umfang als Geschäftsführerin für die G-GmbH tätig gewesen und damit ihre Arbeitslosigkeit entfallen sei. Bis auf die Aussage des L. gebe es kein Beweismittel, welches unmittelbar einen derartigen Arbeitsumfang bestätige. Dieser Aussage komme jedoch keine Beweiserheblichkeit zu, weil sie nicht auf eigener Wahrnehmung beruhe. Die Folgen der Beweislosigkeit habe die Beklagte zu tragen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie trägt vor: Die Würdigung der Zeugenaussagen durch das Vordergericht sei unverständlich und nicht nachvollziehbar. Aus den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen L. und M. könne nur geschlussfolgert werden, dass die Klägerin eine mehr als geringfügige Beschäftigung ausgeübt habe. Das Fehlen konkreter Angaben zum genauen zeitlichen Umfang der Tätigkeit könne nicht zu Lasten der Beklagten und der Versichertengemeinschaft gehen. Nachdem die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung am 29. November 2006 die Aufhebungs- und die Erstattungsverfügungen auf die Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 1992 beschränkt hat, beantragt sie,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. November 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft ihren Vortrag, wonach sie im streitbetroffenen Zeitraum höchstens zwanzig Stunden im Monat für die G-GmbH gearbeitet habe.
Der Senat hat M. zur Tätigkeit der Klägerin für die G-GmbH als Zeugen vernommen. Auf die Vernehmungsniederschrift vom 29. November 2006 wird Bezug genommen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Gerichtsakte und die Akte der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist begründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 25. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 2001 ist, nachdem die Beklagte die in diesen Bescheiden enthaltenen Aufhebungs- und die Erstattungsverfügungen auf die Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 1992 beschränkt und die Klägerin damit teilweise klaglos gestellt hatte, nicht zu beanstanden. Die gegen die belastenden Verwaltungsakte insoweit aufrecht erhaltene (Anfechtungs-)Klage war unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Leistungsbewilligungen ist § 45 SGB X. Nach dieser Vorschrift in Verbindung mit § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) ist ein (von Anfang an) rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt auch für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit er auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X) oder soweit der Begünstigte die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Ermessen war von der Beklagten gemäß § 330 Abs. 2 SGB III nicht auszuüben; diese Norm findet auf Grund des im Arbeitsförderungsrecht maßgebenden Geltungszeitraumprinzips auch für vor dem 1. Januar 1998 liegende Alg-Bezugszeiten Anwendung (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juni 2004 – B 7 AL 58/03 R = BSGE 93, 51 ff. = SozR 4-4100 § 115 Nr. 1).
Die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X sind erfüllt. Die Leistungsbewilligungen durch die Bescheide vom 23. September 1992 und 6. Oktober 1992 waren bereits bei ihrem Erlass jedenfalls für Zeiträume ab 1. August 1992 rechtswidrig. Denn spätestens ab diesem Zeitpunkt war die Klägerin nicht mehr arbeitslos; sie erfüllte damit nicht mehr die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Alg.
Rechtsgrundlage für die seinerzeitigen Bewilligungen waren die §§ 100 ff. Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Nach § 100 Abs. 1 AFG hatte Anspruch auf Alg, wer arbeitslos ist, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, die Anwartschaftszeit erfüllt, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Alg beantragt hat. Gemäß § 101 Abs. 1 Satz 1 AFG in der Fassung des Gesetzes vom 23. Dezember 1976 (BGBl. I, S. 3845) war arbeitslos im Sinne des Gesetzes ein Arbeitnehmer, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stand oder nur eine kurzzeitige Beschäftigung ausübte. Nicht arbeitslos war der Arbeitnehmer, wenn er eine Tätigkeit als Selbständiger ausübte, die die Grenze des § 102 überschritt (§ 101 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Regelung 2 AFG) oder mehrere kurzzeitige Tätigkeiten entsprechenden Umfanges ausübte, die zusammen die Grenzen des § 102 überschritten (§ 101 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Regelung 2 AFG). Nach § 102 Abs. 1 Satz 1 AFG war kurzzeitig im Sinne des § 101 Abs. 1 AFG eine Beschäftigung, die auf weniger als 18 Stunden wöchentlich der Natur der Sache nach beschränkt zu sein pflegte oder im voraus durch einen Arbeitsvertrag beschränkt war. Gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer blieben unberücksichtigt (§ 102 Abs. 1 Satz 2 AFG).
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht zur vollen Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin (spätestens) ab 1. August 1992 jedenfalls mindestens durchschnittlich 20 Stunden pro Woche und damit mehr als kurzzeitig als Geschäftsführerin der G-GmbH beschäftigt und deshalb nicht mehr arbeitslos war. Dabei ist von einer abhängigen Beschäftigung und nicht von einer selbständigen Tätigkeit für die Gesellschaft auszugehen, weil die Klägerin keine Gesellschaftsanteile gehalten hatte (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2001 – B 12 KR 10/01 R = SozR 3-2400 § 7 Nr. 20). Letztlich kann der damalige Status der Klägerin aber offen bleiben, da in beiden Fällen die Grenze des § 102 AFG maßgeblich ist (vgl. 101 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Regelung 2 AFG). Dass die Klägerin mehr als kurzzeitig für die G-GmbH gearbeitet hatte, ergibt sich vor allem aus den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen M. und L. M. hat die Arbeitssituation der G-GmbH zum Beginn ihrer Geschäftstätigkeit im Einzelnen anschaulich geschildert. In diesem Zusammenhang erweist sich jedenfalls die Einschätzung des Zeugen, dass die Klägerin mehr als 18 Stunden wöchentlich gearbeitet habe, schon deshalb als tragfähige Grundlage für die Überzeugungsbildung des Senats, weil die Klägerin eben nicht nur für "die Finanzen zuständig" war; vielmehr hat sich bei der Vernehmung durch den Senat herausgestellt, dass die Klägerin von Anfang an auch Kunden für die G-GmbH akquiriert hatte. Dieser Aussage des Zeugen hat die Klägerin jedenfalls nicht widersprochen. Rückschlüsse auf den zeitlichen Umfang der Tätigkeit der Klägerin lässt auch die Aussage des M. zu, dass in der Aufbauphase häufig mehr Arbeit anfällt, als wenn das Unternehmen "richtig läuft". Wenn der Zeuge angibt, dass die Klägerin seinerzeit den Umfang ihrer Tätigkeit für die G-GmbH stets besonders hervorgehoben habe, dann lässt dieser Hinweis im Zusammenhang mit der Aussage des Zeugen vor dem SG, die Klägerin habe damals zum Ausdruck gebracht, dass sie "bis in die Nacht habe arbeiten müssen", nur den Schluss zu, dass die Klägerin in erheblichem zeitlichen Umfang für die G-GmbH tätig gewesen sein muss. Diese Schlussfolgerung erweist sich auch vor dem Hintergrund, dass die Gesellschafter der G-GmbH in dem streitigen Zeitraum – unstreitig – alle anderweit beansprucht waren, als gerechtfertigt. Dass die Arbeitsbelastung durchschnittlich jedenfalls 20 Stunden in der Woche erreicht haben muss, ist schon der schriftlichen Aussage des M. vom 8. März 2003 zu entnehmen, wonach er die Arbeitszeit der Klägerin "in der ersten Zeit ihrer Tätigkeit mit mindestens vierzig Stunden pro Woche veranschlagt" hat. Alle Aussagen des M. zum Umfang der Arbeit der Klägerin decken sich überdies mit den Bekundungen des L. In seiner schriftlichen Erklärung vom 7. Mai 2003 gibt L. an, dass die Klägerin "offiziell ab 1. August 1992 als Geschäftsführerin hauptberuflich für die G tätig (war)". Bei dieser Aussage ist L. auch bei seiner Zeugenvernehmung vor dem SG geblieben, indem er ausgesagt hat: "Das war eine Vollzeittätigkeit, bis auf die ersten Tage. Vielleicht nicht acht Stunden jeden Tag", "es war auf jeden Fall eine Vollzeittätigkeit".
Die Überzeugung vom Vorliegen einer mehr als kurzzeitigen Beschäftigung der Klägerin wird auch durch die Aussage des M. gestützt, dass die Gesellschafter von der Klägerin als Gegenleistung für die ihr zugesagte Vergütung von 5.000 DM monatlich eine Tätigkeit in mehr als kurzzeitigem Umfang erwartet hatten. Nach seinem damaligen Eindruck – so gibt der Zeuge an – entsprach die tatsächlich geleistete Arbeit auch diesen Erwartungen. Dass der Klägerin eine derartige Vergütung ab August 1992 zugesagt worden war, steht aber ausweislich des Protokolls der Gesellschafterversammlung vom 8. Oktober 1992 fest. Darin ist unter "5. Entgelt Frau B" festgehalten: "Frau B erhält bis 31. Oktober 1992 die vereinbarte Entlohnung von 5.000,- DM monatlich (ab August 1992)". Ob die Klägerin diese Vergütung tatsächlich wie "vereinbart" erhalten hatte, was sie bestreitet, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Das Protokoll belegt jedenfalls, dass die Gesellschafter einer Vergütung der Tätigkeit der Klägerin in dieser Höhe zugestimmt haben. Dabei muss der "Gegenwert" für die festgesetzte Vergütung in einer entsprechenden Arbeitsleistung bestanden haben.
Zu berücksichtigen sind überdies die Vereinbarungen zur Arbeitszeit der Klägerin im Geschäftsführervertrag vom 17. April 1993. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 dieses Vertrages war eine wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin von "durchschnittlich mindestens zwanzig Stunden" vereinbart. Dieser Vertrag wurde zwar erst etwa dreieinhalb Monate nach dem Ende des streitigen Aufhebungszeitraums geschlossen. Die Beklagte weist aber zu Recht darauf hin, dass davon ausgegangen werden kann, dass sich der Geschäftsführervertrag von April 1993 hinsichtlich der Arbeitszeit und der Vergütung der Klägerin an den bisherigen Verhältnissen orientiert hatte. Für die Richtigkeit der Aussagen der Zeugen M. und L. spricht zudem die Tatsache, dass die Klägerin auch nach dem streitigen Aufhebungszeitraum Geschäftsführerin der G-GmbH blieb, obwohl der branchenerfahrene Zeuge M. im April 1993 zum weiteren Geschäftsführer bestellt worden war. Dieser Umstand und die für beide Geschäftsführer gleich hohe Vergütung belegen, dass die – ursprünglich branchenfremde – Klägerin spätestens zu diesem Zeitpunkt eine für die G-GmbH gleichwertige Bedeutung erreicht hatte. Eine solche Entwicklung ist nur auf der Grundlage eines von Anfang an (deutlich) mehr als kurzzeitigen Arbeitseinsatzes der Klägerin erklärlich.
Die eigenen Angaben der Klägerin zu Art und Umfang ihrer Tätigkeit für die G-GmbH ab August 1992 sind demgegenüber uneinheitlich und damit unglaubhaft. Im Vorverfahren hatte die Klägerin noch vorgetragen, sie habe "die Rolle der Geschäftsführerin – quasi als Strohmann für Herrn M – " übernommen, und zwar "aus Gefälligkeit" (Widerspruch vom 7. Juni 2001). Sie hat ferner ausgeführt: "Ihre Behauptung, ich wäre für die G in dem fraglichen Zeitraum tätig gewesen und es hätte ein Beschäftigungsverhältnis bestanden, trifft nicht zu". Hiervon abweichend hat die Klägerin im Klageverfahren darauf abgestellt, "dass das nicht zu bestreitende Beschäftigungsverhältnis kurzzeitiger Natur war" (Schriftsatz vom 11. Februar 2002, Seite 3).
Hinzu kommt, dass die Angaben der Klägerin zu den konkret von ihr verrichteten Tätigkeiten unvollständig sind. Sie hat diese Tätigkeiten mit Schriftsatz vom 11. Februar 2002 sowie insbesondere in den Anlagen B 7 und B 8 zum Schriftsatz vom 13. November 2003 im Einzelnen beschrieben und einen Zeitaufwand von insgesamt "maximal zwanzig Stunden im Monat" als Geschäftsführerin der G-GmbH (Schriftsatz vom 11. Februar 2002, Seite 4) behauptet. Tätigkeiten im Bereich der Kundenwerbung (Akquisition) und –betreuung (Auftragsbearbeitung) sind in den Aufstellungen der Klägerin nicht enthalten. Noch im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin ausdrücklich daran festgehalten, nur im vorgetragenen Umfang tätig gewesen zu sein. Aufgrund der glaubhaften Aussage des Zeugen M. steht jedoch fest, dass die Klägerin auch schon im Aufhebungszeitraum Kunden für die G-GmbH akquiriert und betreut hatte. Von besonderem Gewicht ist in diesem Zusammenhang die Aussage von M., (u. a.) der Flughafen S sei (schon 1992) ein Kunde der Klägerin gewesen, der die Klägerin nicht widersprochen hat. Ausweislich der sich aus den DATEV-Auszügen ergebenden Umsätze hatte dieser Kunde ein besonderes wirtschaftliches Gewicht. Der Vortrag der Klägerin ist auch nicht mit der laut Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 8. Oktober 1992 zu ihren Gunsten vereinbarten Entlohnung von 5.000 DM monatlich in Übereinstimmung zu bringen. Wenn die Angaben der Klägerin in der Anlage B 8 zur geleisteten Arbeit in den Monaten August und September 1992 zu Grunde gelegt werden, ist eine vereinbarte Vergütung für die Geschäftsführertätigkeit in dieser Höhe schlechterdings nicht nachvollziehbar. Ebenfalls nicht plausibel sind insoweit die Aussagen des vom SG als Zeugen vernommenen H M, des Ehemannes der Klägerin. Dieser Zeuge hat im Wesentlichen den Vortrag der Klägerin zum zeitlichen Umfang der Beschäftigung bestätigt und ausgesagt, die Klägerin sei anfangs "pro Woche vielleicht zwei bis drei Stunden tätig" gewesen. Seine weitere auf Vorhalt des Protokolls der Gesellschafterversammlung vom 8. Oktober 1992 vor dem SG getroffene Aussage, die Klägerin habe im Zuge der Gleichberechtigung ein entsprechendes Gehalt bekommen sollen, ist damit nicht verträglich. Denn es ist lebensfremd, dass eine im Aufbau befindliche Gesellschaft ihrer (branchenfremden) Geschäftsführerin für eine Tätigkeit von lediglich zwei bis drei Stunden pro Woche aus Gleichbehandlungsgründen ein "Gehalt" von 5.000 DM zubilligt. Dabei kann – wie ausgeführt – dahinstehen, ob der Klägerin diese Beträge tatsächlich gezahlt worden sind. Weil es auf die tatsächliche Zahlung nicht ankommt, war auch nicht dem Antrag der Klägerin zu entsprechen, die den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 1992 betreffenden Auszüge ihres Privatkontos bei der D Bank beizuziehen.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Aussagen der Zeugen M. und L. zusammen mit den ermittelten schriftlichen Unterlagen im Gegensatz zum Vortrag der Klägerin und zu den Aussagen des Zeugen M ein schlüssiges, widerspruchsfreies und nachvollziehbares Bild ergeben. Die Glaubwürdigkeit der Zeugen M. und L. wird auch nicht durch den Vortrag der Klägerin erschüttert, die Zeugen hätten die Absicht, ihr durch das Verbreiten unrichtiger Behauptungen zu schaden. Da Anhaltspunkte für eine wahrheitswidrige Aussage der Zeugen nicht bestehen, sind die Motive des Zeugen L. dafür, sich im Jahr 2000 an die Beklagte zu wenden, für die Überzeugungsbildung des Senats unbeachtlich.
Der Beginn der Beschäftigung in anspruchsschädlichem Umfang ist auf den 1. August 1992 zu datieren. Der Zeuge L. hatte bereits bei seiner Vernehmung durch die Beklagte ausgesagt, dass die Klägerin "offiziell ab August 1992 Geschäftsführerin (war)" (Niederschrift vom 21. Juni 2000). Er hat diese Aussage später schriftlich wiederholt (Erklärung vom 7. Mai 2003). Nach der schriftlichen Erklärung des M. vom 8. März 2003 war die Klägerin "vom 30. Juli 1992 bis mindestens 23. Mai 1997 als Geschäftsführerin für die G-GmbH tätig". Ab dem Monat August 1992 sollte die Klägerin laut Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 8. Oktober 1992 die vereinbarte Entlohnung von 5.000 DM erhalten. Dem Umstand, dass die Arbeitslosigkeit der Klägerin damit erst ab 1. August 1992 entfallen ist, hat die Beklagte dadurch Rechnung getragen, dass sie die von ihr getroffene Aufhebungs- und die Erstattungsverfügung auf die Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 1992 beschränkt hat.
Die Beklagte war auch gemäß § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X berechtigt, die Alg-Bewilligungen mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Die Klägerin kann sich auf Vertrauen nicht berufen, weil die Bewilligungen jedenfalls für Zeiträume ab 1. August 1992 auf von ihr mindestens grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemachten Angaben beruht haben (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X). Sie hat noch am 31. August 1992 jegliche selbständige Tätigkeit sowie jegliche Nebenbeschäftigung verneint, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt bereits in (deutlich) mehr als kurzzeitigem Umfang als Geschäftsführerin der G-GmbH beschäftigt gewesen war. Die Bedeutung dieser Tatsachen für den Leistungsanspruch liegt auf der Hand und kann zudem dem Merkblatt für Arbeitslose, welches die Klägerin erhalten hatte, entnommen werden. Die Klägerin, von deren Einsichts- und Kritikfähigkeit sich der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 29. November 2006 überzeugen konnte, hat zumindest die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt und damit grob fahrlässig gehandelt (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 Halbsatz 2 SGB X). Dabei war zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach der aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung über eine überdurchschnittliche persönliche Urteilsfähigkeit und ein ebensolches Einsichtsvermögen verfügt. Die Befugnis der Beklagten, die bewilligenden Verwaltungsakte für die Vergangenheit zurückzunehmen scheitert auch nicht an den insoweit gesetzlich vorgesehenen Fristen. Die Beklagte hat sowohl die maßgebliche Zehn-Jahres-Frist des § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X als auch die Ein-Jahres-Frist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten.
Der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist auch unter Berücksichtigung des § 24 SGB X rechtmäßig. Denn die Beklagte hatte der Klägerin mit Schreiben vom 29. Juni 2000 Gelegenheit gegeben, sich zu dem im Anhörungsschreiben genannten Sachverhalt zu äußern.
Die Klägerin hat gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X die ihr für die Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 1992 erbrachten Alg-Leistungen zu erstatten. Die Ersatzforderung der Beklagten wegen der im Erstattungszeitraum (siehe dazu: BSG, Urteil vom 20. Juni 2001 – B 11 AL 10/01 R = BSGE 88, 172 ff. = SozR 3-4300 § 119 Nr. 3) vom 1. August bis 31. Dezember 1992 gezahlten Krankenversicherungsbeiträge beurteilt sich nach § 335 Abs. 1 SGB III. § 335 SGB III ist vorliegend auf Grund des Geltungszeitraumprinzips ebenso wie § 330 SGB III anwendbar (vgl. BSG, Urteil vom 2. September 2004 – B 7 AL 88/03 R = SozR 4-1500 § 128 Nr. 5). Die Norm regelt als Annex zur Aufhebung der Alg-Bewilligung und Erstattung dieser Leistung den Ersatz der von der Beklagten wegen des Alg-Bezugs gezahlten Krankenversicherungsbeiträge. Sie setzt die rechtmäßige Aufhebung der Leistungsbewilligung gemäß § 45 SGB X i. V. mit § 330 SGB III und eine rechtmäßige Erstattungsforderung (§ 50 Abs. 1 SGB X) voraus. Diese Erfordernisse sind – wie ausgeführt – für die Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 1992 gegeben. Anhaltspunkte dafür, dass die Ersatzpflicht der Klägerin gemäß § 335 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB III wegen eines weiteren Krankenversicherungsverhältnisses entfallen sein könnte, bestehen nicht. Die Klägerin hat auf die entsprechende Frage der Beklagten ausdrücklich erklärt, dass sie in der Zeit vom 7. Juli bis 31. Dezember 1992 nur durch den Leistungsbezug krankenversichert war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Wegen der vergleichsweise geringen Reduzierung der Aufhebungs- und der Erstattungsverfügung ist von einer Quotelung abgesehen worden.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich noch gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 1992 und die damit verbundene Rückforderung von Leistungen sowie Krankenversicherungsbeiträgen.
Die 1959 geborene Klägerin kündigte ihr ab 1. April 1986 bestehendes Arbeitsverhältnis zur B AG zum 30. Juni 1992. Am 7. Juli 1992 meldete die Klägerin sich arbeitslos. Die Beklagte bewilligte ihr mit Wirkung von diesem Tag Alg für 312 Tage nach einem Arbeitsentgelt von 7.600 DM (Bewilligungsbescheid vom 23. September 1992) bzw. 8.327,16 DM (Änderungsbescheid vom 6. Oktober 1992). Nachdem die Klägerin mitgeteilt hatte, sie sei ab 1. Januar 1993 als Unternehmensberaterin selbständig tätig, hob die Beklagte die Bewilligungsentscheidung ab diesem Zeitpunkt (bindend) auf. Bereits am 22. Juli 1992 war die Klägerin zur Geschäftsführerin der G Verwaltungs- und Handelsgesellschaft mit beschränkter Haftung (im Folgenden: G-GmbH) bestellt worden. Gesellschafter waren der Ehemann der Klägerin, H M, und der Zeuge K M (im Folgenden: M.). Der Zeuge K L (im Folgenden: L.) war stiller Gesellschafter. Zweck der Gesellschaft waren der Erwerb, die Verwaltung, die Beratung, Planung und Einrichtung von gastronomischen Betrieben und Beherbergungsstätten, die Durchführung von Veranstaltungen, insbesondere auf dem Gebiet der Gastronomie, der Handel mit Gastronomiebedarf aller Art und Groß-Kücheneinrichtungen sowie deren Installation, Reparatur und Wartung. Die Klägerin blieb Geschäftsführerin der G-GmbH bis zu deren Auflösung infolge rechtskräftiger Abweisung eines Antrages auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens (Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 20. Juni 1997 – 36 H 1147/97 und 1550/97). Die G-GmbH wurde am 28. April 1998 wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöscht. Wegen der Angaben der Klägerin zur Art und zum zeitlichen Umfang ihrer Tätigkeit für die G-GmbH wird auf die von ihr gefertigte Aufstellung (Anlagen B 7 und B 8 zum Schriftsatz vom 13. November 2003) verwiesen.
Am 16. Mai 2000 teilte L. der Beklagten mit, die Klägerin sei in der Zeit des Alg-Bezuges als Geschäftsführerin der G-GmbH tätig gewesen und habe dafür monatlich 5.000 DM (netto) erhalten. Im Rahmen einer Vernehmung durch die Beklagte bestätigte L. seine Angaben; auf die in der Akte der Beklagten enthaltene Niederschrift vom 21. Juni 2000 und die von L. überreichten Unterlagen wird Bezug genommen. Hierzu von der Beklagten angehört, erklärte die Klägerin, sie stehe weder seit August 1992 in einem mindestens fünfzehn Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigungsverhältnis, noch habe sie während der Zeit des Alg-Bezuges in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden; sie sei in der Zeit vom 7. Juli bis 31. Dezember 1992 nur durch den Leistungsbezug krankenversichert gewesen sei.
Durch Bescheid vom 25. Mai 2001 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Alg ab 7. Juli 1992 (ganz) auf mit der Begründung, dass die Klägerin als Geschäftsführerin der G-GmbH in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe und verlangte die Erstattung des gezahlten Alg in Höhe von 17.870,40 DM sowie den Ersatz von Krankenversicherungsbeiträgen in Höhe von 4.217,96 DM, also von insgesamt 22.088,36 DM. Der Widerspruch der Klägerin war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10. August 2001).
Im Klageverfahren hat die Klägerin u. a. vorgetragen, sie habe in nur kurzzeitigem Umfang, maximal 20 Stunden monatlich, für die G-GmbH gearbeitet. Als Geschäftsführerin der G-GmbH habe sie in der Zeit vom 22. Juli bis 31. Dezember 1992 keinerlei Gehalt oder Honorar bezogen. Das Sozialgericht (SG) hat M. und L. als Zeugen schriftlich befragt; auf die Antwortschreiben der Zeugen vom 8. März 2003 (nebst Anlagen) und 7. Mai 2003 wird Bezug genommen. Das SG hat H M sowie L. und M. als Zeugen vernommen. Auf die (teilweise rekonstruierten) Sitzungsniederschriften vom 27. Oktober und 17. November 2003 wird Bezug genommen. Mit Urteil vom 17. November 2003 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 25. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 2001 aufgehoben. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen des § 45 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) für die Aufhebung der Alg-Bewilligung und in der Folge davon für die Erstattung der gezahlten Leistungen und für den Ersatz von Krankenversicherungsbeiträgen lägen nicht vor. Es habe nicht zur vollen Überzeugung des Gerichts geklärt werden können, ob die Klägerin im fraglichen Zeitraum in mehr als kurzzeitigem Umfang als Geschäftsführerin für die G-GmbH tätig gewesen und damit ihre Arbeitslosigkeit entfallen sei. Bis auf die Aussage des L. gebe es kein Beweismittel, welches unmittelbar einen derartigen Arbeitsumfang bestätige. Dieser Aussage komme jedoch keine Beweiserheblichkeit zu, weil sie nicht auf eigener Wahrnehmung beruhe. Die Folgen der Beweislosigkeit habe die Beklagte zu tragen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie trägt vor: Die Würdigung der Zeugenaussagen durch das Vordergericht sei unverständlich und nicht nachvollziehbar. Aus den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen L. und M. könne nur geschlussfolgert werden, dass die Klägerin eine mehr als geringfügige Beschäftigung ausgeübt habe. Das Fehlen konkreter Angaben zum genauen zeitlichen Umfang der Tätigkeit könne nicht zu Lasten der Beklagten und der Versichertengemeinschaft gehen. Nachdem die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung am 29. November 2006 die Aufhebungs- und die Erstattungsverfügungen auf die Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 1992 beschränkt hat, beantragt sie,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. November 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft ihren Vortrag, wonach sie im streitbetroffenen Zeitraum höchstens zwanzig Stunden im Monat für die G-GmbH gearbeitet habe.
Der Senat hat M. zur Tätigkeit der Klägerin für die G-GmbH als Zeugen vernommen. Auf die Vernehmungsniederschrift vom 29. November 2006 wird Bezug genommen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Gerichtsakte und die Akte der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist begründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 25. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 2001 ist, nachdem die Beklagte die in diesen Bescheiden enthaltenen Aufhebungs- und die Erstattungsverfügungen auf die Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 1992 beschränkt und die Klägerin damit teilweise klaglos gestellt hatte, nicht zu beanstanden. Die gegen die belastenden Verwaltungsakte insoweit aufrecht erhaltene (Anfechtungs-)Klage war unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Leistungsbewilligungen ist § 45 SGB X. Nach dieser Vorschrift in Verbindung mit § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) ist ein (von Anfang an) rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt auch für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit er auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X) oder soweit der Begünstigte die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Ermessen war von der Beklagten gemäß § 330 Abs. 2 SGB III nicht auszuüben; diese Norm findet auf Grund des im Arbeitsförderungsrecht maßgebenden Geltungszeitraumprinzips auch für vor dem 1. Januar 1998 liegende Alg-Bezugszeiten Anwendung (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juni 2004 – B 7 AL 58/03 R = BSGE 93, 51 ff. = SozR 4-4100 § 115 Nr. 1).
Die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X sind erfüllt. Die Leistungsbewilligungen durch die Bescheide vom 23. September 1992 und 6. Oktober 1992 waren bereits bei ihrem Erlass jedenfalls für Zeiträume ab 1. August 1992 rechtswidrig. Denn spätestens ab diesem Zeitpunkt war die Klägerin nicht mehr arbeitslos; sie erfüllte damit nicht mehr die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Alg.
Rechtsgrundlage für die seinerzeitigen Bewilligungen waren die §§ 100 ff. Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Nach § 100 Abs. 1 AFG hatte Anspruch auf Alg, wer arbeitslos ist, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, die Anwartschaftszeit erfüllt, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Alg beantragt hat. Gemäß § 101 Abs. 1 Satz 1 AFG in der Fassung des Gesetzes vom 23. Dezember 1976 (BGBl. I, S. 3845) war arbeitslos im Sinne des Gesetzes ein Arbeitnehmer, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stand oder nur eine kurzzeitige Beschäftigung ausübte. Nicht arbeitslos war der Arbeitnehmer, wenn er eine Tätigkeit als Selbständiger ausübte, die die Grenze des § 102 überschritt (§ 101 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Regelung 2 AFG) oder mehrere kurzzeitige Tätigkeiten entsprechenden Umfanges ausübte, die zusammen die Grenzen des § 102 überschritten (§ 101 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Regelung 2 AFG). Nach § 102 Abs. 1 Satz 1 AFG war kurzzeitig im Sinne des § 101 Abs. 1 AFG eine Beschäftigung, die auf weniger als 18 Stunden wöchentlich der Natur der Sache nach beschränkt zu sein pflegte oder im voraus durch einen Arbeitsvertrag beschränkt war. Gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer blieben unberücksichtigt (§ 102 Abs. 1 Satz 2 AFG).
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht zur vollen Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin (spätestens) ab 1. August 1992 jedenfalls mindestens durchschnittlich 20 Stunden pro Woche und damit mehr als kurzzeitig als Geschäftsführerin der G-GmbH beschäftigt und deshalb nicht mehr arbeitslos war. Dabei ist von einer abhängigen Beschäftigung und nicht von einer selbständigen Tätigkeit für die Gesellschaft auszugehen, weil die Klägerin keine Gesellschaftsanteile gehalten hatte (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2001 – B 12 KR 10/01 R = SozR 3-2400 § 7 Nr. 20). Letztlich kann der damalige Status der Klägerin aber offen bleiben, da in beiden Fällen die Grenze des § 102 AFG maßgeblich ist (vgl. 101 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Regelung 2 AFG). Dass die Klägerin mehr als kurzzeitig für die G-GmbH gearbeitet hatte, ergibt sich vor allem aus den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen M. und L. M. hat die Arbeitssituation der G-GmbH zum Beginn ihrer Geschäftstätigkeit im Einzelnen anschaulich geschildert. In diesem Zusammenhang erweist sich jedenfalls die Einschätzung des Zeugen, dass die Klägerin mehr als 18 Stunden wöchentlich gearbeitet habe, schon deshalb als tragfähige Grundlage für die Überzeugungsbildung des Senats, weil die Klägerin eben nicht nur für "die Finanzen zuständig" war; vielmehr hat sich bei der Vernehmung durch den Senat herausgestellt, dass die Klägerin von Anfang an auch Kunden für die G-GmbH akquiriert hatte. Dieser Aussage des Zeugen hat die Klägerin jedenfalls nicht widersprochen. Rückschlüsse auf den zeitlichen Umfang der Tätigkeit der Klägerin lässt auch die Aussage des M. zu, dass in der Aufbauphase häufig mehr Arbeit anfällt, als wenn das Unternehmen "richtig läuft". Wenn der Zeuge angibt, dass die Klägerin seinerzeit den Umfang ihrer Tätigkeit für die G-GmbH stets besonders hervorgehoben habe, dann lässt dieser Hinweis im Zusammenhang mit der Aussage des Zeugen vor dem SG, die Klägerin habe damals zum Ausdruck gebracht, dass sie "bis in die Nacht habe arbeiten müssen", nur den Schluss zu, dass die Klägerin in erheblichem zeitlichen Umfang für die G-GmbH tätig gewesen sein muss. Diese Schlussfolgerung erweist sich auch vor dem Hintergrund, dass die Gesellschafter der G-GmbH in dem streitigen Zeitraum – unstreitig – alle anderweit beansprucht waren, als gerechtfertigt. Dass die Arbeitsbelastung durchschnittlich jedenfalls 20 Stunden in der Woche erreicht haben muss, ist schon der schriftlichen Aussage des M. vom 8. März 2003 zu entnehmen, wonach er die Arbeitszeit der Klägerin "in der ersten Zeit ihrer Tätigkeit mit mindestens vierzig Stunden pro Woche veranschlagt" hat. Alle Aussagen des M. zum Umfang der Arbeit der Klägerin decken sich überdies mit den Bekundungen des L. In seiner schriftlichen Erklärung vom 7. Mai 2003 gibt L. an, dass die Klägerin "offiziell ab 1. August 1992 als Geschäftsführerin hauptberuflich für die G tätig (war)". Bei dieser Aussage ist L. auch bei seiner Zeugenvernehmung vor dem SG geblieben, indem er ausgesagt hat: "Das war eine Vollzeittätigkeit, bis auf die ersten Tage. Vielleicht nicht acht Stunden jeden Tag", "es war auf jeden Fall eine Vollzeittätigkeit".
Die Überzeugung vom Vorliegen einer mehr als kurzzeitigen Beschäftigung der Klägerin wird auch durch die Aussage des M. gestützt, dass die Gesellschafter von der Klägerin als Gegenleistung für die ihr zugesagte Vergütung von 5.000 DM monatlich eine Tätigkeit in mehr als kurzzeitigem Umfang erwartet hatten. Nach seinem damaligen Eindruck – so gibt der Zeuge an – entsprach die tatsächlich geleistete Arbeit auch diesen Erwartungen. Dass der Klägerin eine derartige Vergütung ab August 1992 zugesagt worden war, steht aber ausweislich des Protokolls der Gesellschafterversammlung vom 8. Oktober 1992 fest. Darin ist unter "5. Entgelt Frau B" festgehalten: "Frau B erhält bis 31. Oktober 1992 die vereinbarte Entlohnung von 5.000,- DM monatlich (ab August 1992)". Ob die Klägerin diese Vergütung tatsächlich wie "vereinbart" erhalten hatte, was sie bestreitet, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Das Protokoll belegt jedenfalls, dass die Gesellschafter einer Vergütung der Tätigkeit der Klägerin in dieser Höhe zugestimmt haben. Dabei muss der "Gegenwert" für die festgesetzte Vergütung in einer entsprechenden Arbeitsleistung bestanden haben.
Zu berücksichtigen sind überdies die Vereinbarungen zur Arbeitszeit der Klägerin im Geschäftsführervertrag vom 17. April 1993. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 dieses Vertrages war eine wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin von "durchschnittlich mindestens zwanzig Stunden" vereinbart. Dieser Vertrag wurde zwar erst etwa dreieinhalb Monate nach dem Ende des streitigen Aufhebungszeitraums geschlossen. Die Beklagte weist aber zu Recht darauf hin, dass davon ausgegangen werden kann, dass sich der Geschäftsführervertrag von April 1993 hinsichtlich der Arbeitszeit und der Vergütung der Klägerin an den bisherigen Verhältnissen orientiert hatte. Für die Richtigkeit der Aussagen der Zeugen M. und L. spricht zudem die Tatsache, dass die Klägerin auch nach dem streitigen Aufhebungszeitraum Geschäftsführerin der G-GmbH blieb, obwohl der branchenerfahrene Zeuge M. im April 1993 zum weiteren Geschäftsführer bestellt worden war. Dieser Umstand und die für beide Geschäftsführer gleich hohe Vergütung belegen, dass die – ursprünglich branchenfremde – Klägerin spätestens zu diesem Zeitpunkt eine für die G-GmbH gleichwertige Bedeutung erreicht hatte. Eine solche Entwicklung ist nur auf der Grundlage eines von Anfang an (deutlich) mehr als kurzzeitigen Arbeitseinsatzes der Klägerin erklärlich.
Die eigenen Angaben der Klägerin zu Art und Umfang ihrer Tätigkeit für die G-GmbH ab August 1992 sind demgegenüber uneinheitlich und damit unglaubhaft. Im Vorverfahren hatte die Klägerin noch vorgetragen, sie habe "die Rolle der Geschäftsführerin – quasi als Strohmann für Herrn M – " übernommen, und zwar "aus Gefälligkeit" (Widerspruch vom 7. Juni 2001). Sie hat ferner ausgeführt: "Ihre Behauptung, ich wäre für die G in dem fraglichen Zeitraum tätig gewesen und es hätte ein Beschäftigungsverhältnis bestanden, trifft nicht zu". Hiervon abweichend hat die Klägerin im Klageverfahren darauf abgestellt, "dass das nicht zu bestreitende Beschäftigungsverhältnis kurzzeitiger Natur war" (Schriftsatz vom 11. Februar 2002, Seite 3).
Hinzu kommt, dass die Angaben der Klägerin zu den konkret von ihr verrichteten Tätigkeiten unvollständig sind. Sie hat diese Tätigkeiten mit Schriftsatz vom 11. Februar 2002 sowie insbesondere in den Anlagen B 7 und B 8 zum Schriftsatz vom 13. November 2003 im Einzelnen beschrieben und einen Zeitaufwand von insgesamt "maximal zwanzig Stunden im Monat" als Geschäftsführerin der G-GmbH (Schriftsatz vom 11. Februar 2002, Seite 4) behauptet. Tätigkeiten im Bereich der Kundenwerbung (Akquisition) und –betreuung (Auftragsbearbeitung) sind in den Aufstellungen der Klägerin nicht enthalten. Noch im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin ausdrücklich daran festgehalten, nur im vorgetragenen Umfang tätig gewesen zu sein. Aufgrund der glaubhaften Aussage des Zeugen M. steht jedoch fest, dass die Klägerin auch schon im Aufhebungszeitraum Kunden für die G-GmbH akquiriert und betreut hatte. Von besonderem Gewicht ist in diesem Zusammenhang die Aussage von M., (u. a.) der Flughafen S sei (schon 1992) ein Kunde der Klägerin gewesen, der die Klägerin nicht widersprochen hat. Ausweislich der sich aus den DATEV-Auszügen ergebenden Umsätze hatte dieser Kunde ein besonderes wirtschaftliches Gewicht. Der Vortrag der Klägerin ist auch nicht mit der laut Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 8. Oktober 1992 zu ihren Gunsten vereinbarten Entlohnung von 5.000 DM monatlich in Übereinstimmung zu bringen. Wenn die Angaben der Klägerin in der Anlage B 8 zur geleisteten Arbeit in den Monaten August und September 1992 zu Grunde gelegt werden, ist eine vereinbarte Vergütung für die Geschäftsführertätigkeit in dieser Höhe schlechterdings nicht nachvollziehbar. Ebenfalls nicht plausibel sind insoweit die Aussagen des vom SG als Zeugen vernommenen H M, des Ehemannes der Klägerin. Dieser Zeuge hat im Wesentlichen den Vortrag der Klägerin zum zeitlichen Umfang der Beschäftigung bestätigt und ausgesagt, die Klägerin sei anfangs "pro Woche vielleicht zwei bis drei Stunden tätig" gewesen. Seine weitere auf Vorhalt des Protokolls der Gesellschafterversammlung vom 8. Oktober 1992 vor dem SG getroffene Aussage, die Klägerin habe im Zuge der Gleichberechtigung ein entsprechendes Gehalt bekommen sollen, ist damit nicht verträglich. Denn es ist lebensfremd, dass eine im Aufbau befindliche Gesellschaft ihrer (branchenfremden) Geschäftsführerin für eine Tätigkeit von lediglich zwei bis drei Stunden pro Woche aus Gleichbehandlungsgründen ein "Gehalt" von 5.000 DM zubilligt. Dabei kann – wie ausgeführt – dahinstehen, ob der Klägerin diese Beträge tatsächlich gezahlt worden sind. Weil es auf die tatsächliche Zahlung nicht ankommt, war auch nicht dem Antrag der Klägerin zu entsprechen, die den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 1992 betreffenden Auszüge ihres Privatkontos bei der D Bank beizuziehen.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Aussagen der Zeugen M. und L. zusammen mit den ermittelten schriftlichen Unterlagen im Gegensatz zum Vortrag der Klägerin und zu den Aussagen des Zeugen M ein schlüssiges, widerspruchsfreies und nachvollziehbares Bild ergeben. Die Glaubwürdigkeit der Zeugen M. und L. wird auch nicht durch den Vortrag der Klägerin erschüttert, die Zeugen hätten die Absicht, ihr durch das Verbreiten unrichtiger Behauptungen zu schaden. Da Anhaltspunkte für eine wahrheitswidrige Aussage der Zeugen nicht bestehen, sind die Motive des Zeugen L. dafür, sich im Jahr 2000 an die Beklagte zu wenden, für die Überzeugungsbildung des Senats unbeachtlich.
Der Beginn der Beschäftigung in anspruchsschädlichem Umfang ist auf den 1. August 1992 zu datieren. Der Zeuge L. hatte bereits bei seiner Vernehmung durch die Beklagte ausgesagt, dass die Klägerin "offiziell ab August 1992 Geschäftsführerin (war)" (Niederschrift vom 21. Juni 2000). Er hat diese Aussage später schriftlich wiederholt (Erklärung vom 7. Mai 2003). Nach der schriftlichen Erklärung des M. vom 8. März 2003 war die Klägerin "vom 30. Juli 1992 bis mindestens 23. Mai 1997 als Geschäftsführerin für die G-GmbH tätig". Ab dem Monat August 1992 sollte die Klägerin laut Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 8. Oktober 1992 die vereinbarte Entlohnung von 5.000 DM erhalten. Dem Umstand, dass die Arbeitslosigkeit der Klägerin damit erst ab 1. August 1992 entfallen ist, hat die Beklagte dadurch Rechnung getragen, dass sie die von ihr getroffene Aufhebungs- und die Erstattungsverfügung auf die Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 1992 beschränkt hat.
Die Beklagte war auch gemäß § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X berechtigt, die Alg-Bewilligungen mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Die Klägerin kann sich auf Vertrauen nicht berufen, weil die Bewilligungen jedenfalls für Zeiträume ab 1. August 1992 auf von ihr mindestens grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemachten Angaben beruht haben (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X). Sie hat noch am 31. August 1992 jegliche selbständige Tätigkeit sowie jegliche Nebenbeschäftigung verneint, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt bereits in (deutlich) mehr als kurzzeitigem Umfang als Geschäftsführerin der G-GmbH beschäftigt gewesen war. Die Bedeutung dieser Tatsachen für den Leistungsanspruch liegt auf der Hand und kann zudem dem Merkblatt für Arbeitslose, welches die Klägerin erhalten hatte, entnommen werden. Die Klägerin, von deren Einsichts- und Kritikfähigkeit sich der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 29. November 2006 überzeugen konnte, hat zumindest die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt und damit grob fahrlässig gehandelt (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 Halbsatz 2 SGB X). Dabei war zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach der aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung über eine überdurchschnittliche persönliche Urteilsfähigkeit und ein ebensolches Einsichtsvermögen verfügt. Die Befugnis der Beklagten, die bewilligenden Verwaltungsakte für die Vergangenheit zurückzunehmen scheitert auch nicht an den insoweit gesetzlich vorgesehenen Fristen. Die Beklagte hat sowohl die maßgebliche Zehn-Jahres-Frist des § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X als auch die Ein-Jahres-Frist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten.
Der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist auch unter Berücksichtigung des § 24 SGB X rechtmäßig. Denn die Beklagte hatte der Klägerin mit Schreiben vom 29. Juni 2000 Gelegenheit gegeben, sich zu dem im Anhörungsschreiben genannten Sachverhalt zu äußern.
Die Klägerin hat gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X die ihr für die Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 1992 erbrachten Alg-Leistungen zu erstatten. Die Ersatzforderung der Beklagten wegen der im Erstattungszeitraum (siehe dazu: BSG, Urteil vom 20. Juni 2001 – B 11 AL 10/01 R = BSGE 88, 172 ff. = SozR 3-4300 § 119 Nr. 3) vom 1. August bis 31. Dezember 1992 gezahlten Krankenversicherungsbeiträge beurteilt sich nach § 335 Abs. 1 SGB III. § 335 SGB III ist vorliegend auf Grund des Geltungszeitraumprinzips ebenso wie § 330 SGB III anwendbar (vgl. BSG, Urteil vom 2. September 2004 – B 7 AL 88/03 R = SozR 4-1500 § 128 Nr. 5). Die Norm regelt als Annex zur Aufhebung der Alg-Bewilligung und Erstattung dieser Leistung den Ersatz der von der Beklagten wegen des Alg-Bezugs gezahlten Krankenversicherungsbeiträge. Sie setzt die rechtmäßige Aufhebung der Leistungsbewilligung gemäß § 45 SGB X i. V. mit § 330 SGB III und eine rechtmäßige Erstattungsforderung (§ 50 Abs. 1 SGB X) voraus. Diese Erfordernisse sind – wie ausgeführt – für die Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 1992 gegeben. Anhaltspunkte dafür, dass die Ersatzpflicht der Klägerin gemäß § 335 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB III wegen eines weiteren Krankenversicherungsverhältnisses entfallen sein könnte, bestehen nicht. Die Klägerin hat auf die entsprechende Frage der Beklagten ausdrücklich erklärt, dass sie in der Zeit vom 7. Juli bis 31. Dezember 1992 nur durch den Leistungsbezug krankenversichert war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Wegen der vergleichsweise geringen Reduzierung der Aufhebungs- und der Erstattungsverfügung ist von einer Quotelung abgesehen worden.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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