L 16 AL 341/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 58 AL 2209/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 AL 341/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Mai 2006 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im gesamten Verfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Zugunstenverfahrens gemäß § 44 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) darüber, ob die Beklagte berechtigt war, die der Klägerin bewilligte Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 3. August 2002 bis zum 28. Februar 2003 teilweise aufzuheben und die Erstattung von überzahlter Alhi in Höhe von 3.704,40 EUR zu verlangen.

Die 1956 geborene Klägerin, die zuletzt als kaufmännische Sachbearbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt war, bezog von der Beklagten bis zur Erschöpfung ihres Anspruches Arbeitslosengeld (Alg). Den Antrag auf Anschluss-Alhi für die Zeit ab 3. August 2002 lehnte die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 19. August 2002 im Hinblick auf das anzurechnende Einkommen des Ehemannes, eines Polizeibeamten, ab. Im Widerspruchsverfahren hob die Beklagte den Bescheid vom 19. August 2002 auf (Abhilfebescheid vom 28. Januar 2003) und teilte der Klägerin mit Schreiben vom 15. Januar 2003 mit, dass diese in den nächsten Tagen einen Alhi-Bewilligungsbescheid erhalten werde. Nach Maßgabe des beigefügten Berechnungsbogens sei auf den dem Grunde nach bestehenden wöchentlichen Alhi-Anspruch von 136,43 EUR ein wöchentlicher gerundeter Betrag von 123,48 EUR anzurechnen, so dass sich ein wöchentlicher Alhi-Zahlbetrag von 12,95 EUR ergebe; auf den Berechnungsbogen wird im Übrigen verwiesen. Mit Bescheid vom 7. Februar 2003 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit ab 3. August 2002 Alhi ohne Absetzung von Anrechnungsbeträgen in Höhe eines wöchentlichen Zahlbetrages von 136,43 EUR. Mit Änderungsbescheid vom 4. März 2003 setzte die Beklagte für die Zeit ab 1. März 2003 bei einem wöchentlichen Leistungssatz von 135,59 EUR und einem davon abzusetzenden wöchentlichen Anrechnungsbetrag von 123,48 EUR einen wöchentlichen Alhi-Zahlbetrag von 12,11 EUR fest (wöchentliches Bemessungsentgelt gerundet = 390 EUR; Leistungsgruppe A). Diese Bescheide erwuchsen in Bestandskraft. Nach einer entsprechenden Anhörung der Klägerin mit Schreiben vom 26. Februar 2003 hob die Beklagte mit Bescheid vom 21. April 2003 die Bewilligung von Alhi für die Zeit ab 3. August 2002 teilweise in Höhe von 123,48 EUR wöchentlich auf mit der Begründung, dass bei der ab 3. August 2002 bewilligten Alhi ein entsprechender wöchentlicher Anrechnungsbetrag zu berücksichtigen gewesen sei. "Den Umständen nach" sei die Aufhebung der Bewilligung nach § 45 SGB X i.V. mit § 330 Abs. 3 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung - (SGB III) auch für die Vergangenheit vorzunehmen gewesen. Den überzahlten Betrag für die Zeit vom 3. August 2002 bis zum 28. Februar 2003 in Höhe von 3.704,40 EUR habe die Klägerin nach § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten. Der hiergegen eingelegte Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 2003). Die Bescheide erwuchsen in Bestandskraft.

Auf den Überprüfungsantrag der Klägerin vom Juni 2005 erteilte die Beklagte den Bescheid vom 8. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juli 2005, mit dem die Beklagte eine Rücknahme des Bescheides vom 21. April 2003 gemäß § 44 SGB X ablehnte. Die Klägerin sei bereits wegen des Vorbezuges von Alhi damit vertraut gewesen, dass Einkommen ihres Ehegatten anzurechnen sei. Mit dem Schreiben vom 15. Januar 2003 und dem dazu gehörenden Berechnungsbogen sei sie zudem schriftlich davon in Kenntnis gesetzt worden, dass ein - bezifferter - Anrechnungsbetrag ermittelt worden sei.

Das Sozialgericht (SG) Berlin hat auf den Antrag der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung, den Bescheid der Beklagten vom 21. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2003 aufzuheben, die Beklagte mit Urteil vom 19. Mai 2006 unter Aufhebung des Bescheides vom 8. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juli 2004 verpflichtet, den Bescheid vom 21. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2003 aufzuheben. Zur Begründung ist ausgeführt: Die zulässige Klage sei auch begründet. Die Beklagte habe zu Unrecht eine Rücknahme nach § 44 SGB X abgelehnt. Der "angefochtene Bescheid" in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2003 sei rechtswidrig. Maßstab für die rückwirkende Teilaufhebung des Bewilligungsbescheides sei § 45 SGB X i.V. mit § 330 Abs. 2 SGB III. Danach sei eine rückwirkende Aufhebung nur bei einem grob fahrlässigen Verschulden der Klägerin an der Leistungsüberzahlung möglich. Dies sei indes nicht der Fall. Die Klägerin habe aus ihrer Sicht alles Erforderliche getan, um eine korrekte Leistungsbewilligung auf den Weg zu bringen. Ihr habe sich auch nicht aus sonstigen Hinweisen oder Umständen im Zusammenhang mit der Bewilligung die Offenkundigkeit eines Fehlers aufdrängen müssen. Die Beklagte sei daher nicht berechtigt gewesen, die fehlerhafte Leistungsbewilligung mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben.

Mit der Berufung wendet sich die Beklagte gegen dieses Urteil. Sie trägt vor: Entgegen der Auffassung des SG sei von einer groben Fahrlässigkeit der Klägerin auszugehen. Gerade im Rahmen des laufenden Widerspruchsverfahrens wegen der Ablehnung des Antrages auf Alhi habe sich die Klägerin zwangsläufig auch mit der grundsätzlichen Anrechnung von Einkommen des Ehegatten auseinandersetzen müssen, was sich auch ihrem Widerspruchsschreiben vom 27. August 2002 entnehmen lasse. Dieses lasse eine detaillierte Kenntnis der Klägerin von den Regelungen über die Höhe der Anrechnung von Einkommen bzw. den möglichen Absetzbeträgen erkennen. Im Zusammenhang mit dem der Klägerin mit Schreiben vom 15. Januar 2003 übersandten Berechnungsbogen hätte dieser auch auffallen müssen, dass der dort bezifferte Anrechnungsbetrag von 123,48 EUR wöchentlich versehentlich im Bescheid vom 7. Februar 2003 nicht in Abzug gebracht worden sei. In der Vergangenheit seien der Klägerin regelmäßig die Fehler zu ihren Ungunsten aufgefallen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Mai 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und trägt im Übrigen vor: Sie genieße Vertrauensschutz, da ihr keine grob fahrlässige Unkenntnis vorzuwerfen sei. Das SG habe zu Recht festgestellt, dass sie allein durch die Kenntnisnahme des Bescheides ihre Obliegenheit aus dem Sozialrechtsverhältnis erfüllt habe. Eine Verpflichtung zur Überprüfung der Richtigkeit des Bescheides treffe sie grundsätzlich nicht (Verweis auf BSG, Urteil vom 8. Februar 2001 – B 11 AL 21/00 R = SozR 3-1300 § 45 Nr. 45)

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Leistungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist begründet.

Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 8. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juli 2005 den Antrag der Klägerin auf Rücknahme des Bescheides vom 21. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2003 gemäß § 44 Abs. 1 SGB X zu Recht abgelehnt; dabei ist bei verständiger Würdigung des Klagebegehrens (vgl. § 123 SGG) entgegen dem erstinstanzlich protokollierten Prozessantrag davon auszugehen, dass die Klägerin keine isolierte Anfechtungsklage gegen den - bestandskräftigen - Bescheid vom 21. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2003 erhoben hat, sondern eine statthafte kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage. Aus der Klagebegründung und dem in der Klageschrift bezeichneten Antrag ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass sich die Klägerin gegen den Überprüfungsbescheid vom 8. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juli 2005 wendet. Diesen Streitgegenstand hat trotz des fehlerhaft protokollierten Klageantrages auch das SG seiner Entscheidung zugrunde gelegt.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 21. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2003 im Zugunstenverfahren nach § 44 Abs. 1 SGB X. Denn bei der Erteilung dieser Bescheide hat die Beklagte weder das Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unzutreffend erwiesen hätte.

Dabei kann allerdings dahinstehen, ob die Klägerin seinerzeit vor Bekanntgabe der rückwirkenden Teilaufhebungsentscheidung vom 21. April 2003 ordnungsgemäß nach § 24 Abs. 1 SGB X angehört worden war. Denn § 24 SGB X gehört zu den vertrauensschützenden Normen des Verfahrensrechts, so dass Verstöße dagegen im Verfahren nach § 44 SGB X ohnehin nicht zu korrigieren sind (vgl. BSG SozR 1200 § 44 Nr. 18). Die Teilaufhebung der Alhi-Bewilligung mit Bescheid vom 21. April 2003 kann auch nicht wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot des § 33 Abs. 1 SGB X als rechtswidrig angesehen werden. Denn die Beklagte hat in diesem Bescheid die vorgenommene Teilaufhebung unter Konkretisierung des Anrechnungsbetrages für die einzelnen Wochen nachvollziehbar bestimmt (vgl. BSG SozR 3-1500 § 128 Nr. 15 S. 32; BSG, Urteil vom 2. Juni 2004 - B 7 AL 58/03 R = SozR 4-4100 § 115 Nr. 1).

Grundlage der Rücknahme eines - wie hier - anfänglich objektiv rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit ist § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 und Abs. 4 SGB X i.V. mit § 330 Abs. 2 SGB X. Die Alhi-Bewilligung für die Zeit vom 3. August 2002 bis zum 28. Februar 2003 war rechtswidrig, soweit die Beklagte anstelle eines wöchentlichen Zahlbetrages von 12,95 EUR (für die Zeit vom 3. August 2002 bis zum 31. Dezember 2002) bzw. 12,11 EUR (für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis zum 28. Februar 2003) einen wöchentlichen Zahlbetrag von 136,43 EUR festgesetzt hatte.

Gemäß § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III in der bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung (im Folgenden ohne Zusatz zitiert) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Alhi, die arbeitslos sind, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben, einen Anspruch auf Alg mangels Erfüllung der Anwartschaftszeit nicht haben, in der Vorfrist Alg bezogen haben, ohne dass der Anspruch wegen des Eintritts von Sperrzeiten für die Dauer von insgesamt von 24 Wochen erloschen ist, und bedürftig sind. Die Klägerin war in dem vorliegend in Rede stehenden Zeitraum vom 3. August 2002 bis zum 28. Februar 2003 arbeitslos, beim Arbeitsamt bzw. der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und hatte auch die Voraussetzungen des § 190 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 SGB III – was zwischen den Beteiligten im Übrigen unstreitig ist - erfüllt.

Die Höhe der Alhi errechnet sich gemäß § 195 SGB III unter Berücksichtigung des Leistungsentgelts, der sich nach dem Familienstatus richtenden Nettolohnersatzquote sowie nach dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen. Das aus der SGB III-Leistungsentgeltverordnung ersichtliche Leistungsentgelt (§§ 151 Abs. 2 Nr. 2, 198 Satz 2 Nr. 4 SGB III) ergibt sich seinerseits aus zwei weiteren Kriterien, einerseits aus dem Bemessungsentgelt und zum anderen aus der die pauschalen gesetzlichen Entgeltabzüge vom Bemessungsentgelt bestimmenden Lohnsteuerklasse (§§ 136, 137 SGB III). Unter Zugrundlegung der genannten Vorschriften ergibt sich - vor Anrechnung - bei einem wöchentlichen Arbeitsentgelt (Bemessungsentgelt) der Klägerin von gerundet 390,00 EUR in der Leistungsgruppe A bei einem gemäß § 195 Nr. 1 SGB III anwendbaren Leistungssatz von 53 % des Leistungsentgeltes nach der maßgeblichen Leistungsentgeltverordnung 2002 ein Alhi-Anspruch der Klägerin von wöchentlich 136,43 EUR und ab 1. Januar 2003 – nach Maßgabe der SGB III-Leistungsentgeltverordnung 2003 – von wöchentlich 135,59 EUR. In welchem Umfang Einkommen des Ehegatten zu berücksichtigen ist, richtet sich vorliegend nach § 194 Abs. 1 Satz 2 SGB III. Nach dieser Vorschrift ist auch das Einkommen des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu Lasten des Antragstellers als Einkommen zu berücksichtigen, soweit es die vorgesehenen Freibeträge im Sinne von § 194 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 SGB III übersteigt. Nach den letztgenannten Vorschriften ist Freibetrag ein Betrag in Höhe der Alhi, die dem Einkommen des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten entspricht, mindestens aber ein Betrag in Höhe von 80 % des Betrages, bis zu dem auf Erwerbsbezüge eines Alleinstehenden Einkommensteuer nicht festzusetzen wäre (§ 32a Abs. 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz).

Die dem Ehemann der Klägerin in dem in Rede stehenden Bewilligungszeitraum zufließenden monatlichen Bezüge aus seinem Beamtenverhältnis in Höhe von 2.660,42 EUR brutto stellen danach grundsätzlich zu berücksichtigendes Einkommen dar. Hiervon abzusetzen sind die auf das Einkommen entfallenden Steuern sowie Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind, ferner die notwendigen Aufwendungen für den Erwerb, zur Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 194 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 3 SGB III). Da der Ehemann der Klägerin als Beamter nicht in der gesetzlichen Sozialversicherung versicherungspflichtig war und ist, kommt die 3 %-Pauschale gemäß § 3 Abs. 2 der Alhi-Verordnung vom 13. Dezember 2001 (AlhiV 2002) als Pauschbetrag für die nach § 194 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB III vom Einkommen abzusetzenden Versicherungsbeiträge nicht zum Tragen.

Von den danach zu berücksichtigenden monatlichen Nettobezügen des Ehemannes in Höhe von 2.104,50 EUR sind die auf dem Berechnungsbogen zu dem Schreiben vom 15. Januar 2003 aufgeführten Versicherungsbeiträge in Höhe von 476,65 EUR (Kranken- und Pflegeversicherung, freiwillige Rentenversicherungsbeiträge, Unfallversicherung. Lebensversicherung, Haftpflicht-, Kfz-Haftpflicht- und Kaskoversicherung, Rechtsschutzversicherung, Hausratversicherung) monatlich abzuziehen, ferner Werbungskosten in Höhe von 118,78 EUR. Des Weiteren ist von den Bezügen des Ehemannes ein Freibetrag in Höhe des hypothetischen Alhi-Leistungsbetrages des Ehemannes der Klägerin in Höhe von monatlich 823,25 EUR abzuziehen, ferner schließlich noch der Pauschbetrag nach § 194 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SGB III, der sich aus § 3 Abs. 1 AlhiV 2002 ergibt und sich vorliegend auf 150,73 EUR monatlich beläuft. Es ergibt sich somit ein zu berücksichtigendes Einkommen des Ehemannes der Klägerin in Höhe von monatlich 535,09 EUR bzw. wöchentlich (gerundet) 123,48 EUR. Die Berechnung der Beklagten in dem dem Schreiben vom 15. Januar 2003 beigefügten Bogen ist somit nicht zu beanstanden und wurde von der Klägerin auch nicht beanstandet. Für den Zeitraum vom 3. August 2002 bis zum 28. Februar 2003 hatte die Klägerin demnach einen Alhi-Anspruch in Höhe von wöchentlich 12,95 EUR bzw. - ab 1. Januar 2003 nach Maßgabe der SGB III-Leistungsentgeltverordnung 2003 - in Höhe von wöchentlich 12,11 EUR. Soweit die Beklagte darüber hinausgehend Alhi-Leistungen bewilligt hatte, war diese Bewilligung anfänglich objektiv rechtswidrig. Die erforderliche Rechtsgrundlage für die rückwirkende Teilaufhebung der bewilligten Alhi wegen anfänglicher objektiver Rechtswidrigkeit bildet § 45 SGB X. Von den Tatbeständen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X kommt vorliegend lediglich die Nr. 3 in Betracht, weil tatsächliche Anhaltspunkte für die Anwendung der Tatbestände der Nrn. 1 und 2 nicht erkennbar sind. Nach der genannten Vorschrift kann sich der durch einen anfänglich objektiv rechtswidrigen Verwaltungsakt Begünstigte nicht auf Vertrauen berufen, soweit er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Dahinstehen kann, ob die Klägerin die Teilrechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides vom 7. Februar 2003 kannte. Jedenfalls steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Unkenntnis dieser Teilrechtswidrigkeit auf grober Fahrlässigkeit beruht. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Betroffene die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 Halbsatz 2 SGB X). Dabei ist nicht ein objektiver, sonder ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab anzulegen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 Nr. 22; BSG, Urteil vom 24. April 1997 - 11 RAr 89/96 - veröffentlicht in juris; BSG, Urteil vom 8. Februar 2001 - B 11 AL 21/00 R -).

Die Teilrechtswidrigkeit der in dem Bewilligungsbescheid vom 7. Februar 2003 enthaltenen Regelung war für die Klägerin schon deshalb augenfällig, weil sie mit Schreiben vom 15. Januar 2003, d. h. drei Wochen vor der Bescheiderteilung, ausdrücklich im Hinblick auf den gesondert zu erteilenden Bewilligungsbescheid darauf hingewiesen worden war, dass auf die Alhi, die sich dem Grunde nach auf wöchentlich 136,43 EUR belaufe, ein wöchentlicher Betrag von 123,48 EUR aus dem Einkommen ihres Ehemannes anzurechnen sei, woraus sich ein "zustehender" wöchentlicher Leistungsbetrag von 12,95 EUR errechne. Dabei ergab sich die Berechnung exakt und für die Klägerin ohne weiteres nachvollziehbar aus dem beigefügten Berechnungsbogen, den die Klägerin – wie auch das Schreiben vom 15. Januar 2003 im Übrigen – nach ihrem Vorbringen erhalten und auch gelesen hat. Dass die Klägerin vor Erlass des Bewilligungsbescheides diesen Berechnungsbogen erhalten hatte, hat das SG indes bei seiner Entscheidung völlig unberücksichtigt gelassen. Bei Erteilung des Bewilligungsbescheides, den sie ebenfalls zur Kenntnis genommen und gelesen hat, hätte der Klägerin daher ins Auge springen müssen, dass die Bewilligung eines wöchentlichen Zahlbetrages von 136,43 EUR ohne jegliche Anrechnung von Einkommen des Ehemannes fehlerhaft sein musste, und zwar schon deshalb, weil der in dem Bewilligungsbescheid ausgeworfene Zahlbetrag genau dem Betrag entsprach, den die Beklagte ihr in dem Berechnungsbogen vom 15. Januar 2003 als den dem Grunde nach bestehenden Anspruch auf Alhi - vor Anrechnung - mitgeteilt hatte. Die Klägerin hatte als langjährige kaufmännische Sachbearbeiterin auch die durch den persönlichen Eindruck in der mündlichen Verhandlung untermauerte Einsichts- und Kritikfähigkeit, anhand der in dem Bescheid mitgeteilten Rechengrößen nachzuvollziehen, dass Einkommen ihres Ehemannes - wie dies auch bei früheren Alhi-Bewilligungen der Fall war - anzurechnen war, zumal die Beklagte den Antrag auf Anschluss-Alhi für die Zeit ab 3. August 2002 im Hinblick auf das anzurechnende Einkommen des Ehemannes zunächst vollständig abgelehnt hatte. Aus früheren Widerspruchsverfahren, beispielsweise dem Widerspruch der Klägerin gegen den Alhi-Bewilligungsbescheid vom 13. Dezember 1999, lässt sich zudem entnehmen, dass die Klägerin detaillierte Kenntnisse von den Anrechnungsvorschriften hatte und durchaus in der Lage war, diese - wenngleich laienhaft - nachzuvollziehen. Es musste sich ihr daher geradezu aufdrängen, dass bei gleich bleibenden Bezügen ihres Ehemannes aus seiner Tätigkeit als P sich auch weiterhin eine Anrechnung von Einkommen ergeben musste. Die Klägerin hätte den Bewilligungsbescheid vom 7. Februar 2003 daher ohne weiteres zum Anlass für Richtigkeitsüberlegungen und Vorstellungen oder Hinweisen gegenüber der Beklagten nehmen müssen. Denn ein Antragsteller ist zwar grundsätzlich nicht gehalten, Bewilligungsbescheide im Einzelnen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, sondern er darf davon ausgehen, dass eine Fachbehörde nach den für die Leistung erheblichen Tatsachen fragt und seine wahrheitsgemäßen Angaben zutreffend umsetzt. Etwas anderes gilt aber dann, wenn - wie hier - die Rechtswidrigkeit in Anbetracht der subjektiven Erkenntnismöglichkeiten der Klägerin aus anderen Gründen geradezu "in die Augen springt" (vgl. BSG, Urteil vom 8. Februar 2001 - B 11 AL 21/00 R -).

Die Beklagte war somit nach § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 3, Abs. 4 SGB X i.V. mit § 330 Abs. 2 SGB III berechtigt und ohne Ausübung von Ermessen verpflichtet, die Alhi-Bewilligung rückwirkend für die Zeit vom 3. August 2002 bis zum 28. Februar 2002 in Höhe eines wöchentlichen Betrages von 123,48 EUR aufzuheben. Die Frist für eine rückwirkende Teilaufhebung nach § 44 Abs. 4 Satz 2 SGB X hatte die Beklagte gewahrt. Die Pflicht zur Erstattung der insoweit überzahlten Alhi in Höhe von 3.704,40 EUR folgt aus § 50 Abs. 1 SGB X. Die Beklagte hatte in dem Bescheid vom 21. April 2003 die aufgelaufene Überzahlung gemäß § 50 Abs. 3 SGB X auch beanstandungsfrei geltend gemacht.

Dass durch den späteren Wechsel der Lohnsteuerklasse von vier auf fünf mit Wirkung vom 1. Januar 2003 sich durch die Anwendung der Leistungsgruppe D im Hinblick auf das anzurechnende Einkommen des Ehemannes möglicherweise gar kein Alhi-Zahlbetrag für die Klägerin ab 1. Januar 2003 mehr ergab, was zu einer Aufhebung auch der verbliebenen Bewilligung ab 1. Januar 2003 durch die Beklagte mit Bescheid vom 23. Oktober 2003 führte, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn die vorliegend (nur) streitbefangene Teilaufhebungsentscheidung in Höhe von wöchentlich 123, 48 EUR ist insoweit jedenfalls rechtmäßig. Über darüber hinausgehende Aufhebungsentscheidungen der Beklagten war vorliegend nicht zu befinden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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