Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
15
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 78 SO 2327/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 15 B 262/06 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 2. November 2006 geändert. Der Antragsgegner wird verpflichtet, der Antragstellerin ab dem 1. September 2006 276,00 EUR für den vollen Kalendermonat (für Teilmonate anteilig) zu zahlen. Die Leistungsverpflichtung besteht bis zum 20. März 2007, soweit die Antragstellerin nicht vorher ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland aufgibt oder der Antragsgegner durch Verwaltungsakt bestandskräftig über Leistungen der Grundsicherung im Alter ab dem 24. Juni 2006 entscheidet. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin deren außergerichtliche Kosten für beide Rechtszüge zu einem Drittel zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin ist 1925 in der Ukraine geboren worden, deren Staatsangehörigkeit sie besitzt. Sie reiste erstmals 1990 zu einem mehrmonatigen Besuch ihrer Tochter S K in die Bundesrepublik Deutschland ein. Diese und ihr Schwiegersohn I K, die als freie Künstler tätig sind, waren 1990 im Rahmen eines Programms des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) in die Bundesrepublik Deutschland gekommen und haben seither durchgehend einen Wohnsitz in Berlin. Daneben besteht seit einem unbekannten Zeitpunkt eine Wohnung in New York City, USA. Im Oktober 1998 beantragte die Antragstellerin, ihr eine Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland für die Dauer eines Jahr zu erteilen. Sie gab an, als Lehrerin für russische Literatur und Sprache für den DAAD tätig werden zu wollen. Erteilt wurde lediglich ein ab 1. Mai 1999 auf drei Monate befristetes Besuchsvisum, das wegen einer akuten Erkrankung der Antragstellerin bis zum 15. August 1999 verlängert worden war. Zur Erteilung eines weitergehenden Aufenthaltstitels kam es nicht, die Antragstellerin verließ die Bundesrepublik Deutschland daraufhin am 21. August 1999. Ab Dezember 1999 stellte die Antragstellerin von der Ukraine aus mehrere Anträge, mit denen sie die Erteilung eines dauerhaften Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland zum Zweck der Familienzusammenführung anstrebte. Sie sei herzkrank und wegen einer schweren Augenerkrankung mit Blindheit bedroht. Ihren Lebensunterhalt bestreite sie durch Unterstützung ihrer Tochter. Diese erklärte ihrerseits, dass sie sich um die Antragstellerin kümmern könne, wenn diese in Berlin ansässig sei und wies unter anderem auf ein bereits anlässlich der Visaverlängerung eingereichtes Schreiben der D B vom 15. Juli 1999 hin (Bestätigung eines Wertpapierdepots im Nennwert von 145.000,00 DM und einer Vollmacht für dieses Depot zu Gunsten der Antragstellerin); ergänzend reichte sie eine "Produktübersicht" der D B vom 16. Oktober 2002 ein, die unter anderem ein (in ihrem und dem Namen ihres Ehemanns geführtes) Wertpapierdepot mit einem Kurswert von über 88.000,00 EUR auswies, sowie Schreiben über den Verkauf von Kunstwerken und die Teilnahme an Ausstellungen. Daneben wandten sich die Tochter und der Schwiegersohn der Antragstellerin mehrfach an Personen und Institutionen des politischen und kulturellen Lebens, die sich wiederum gegenüber der Ausländerbehörde dafür verwandten, der Antragstellerin den von ihr begehrten Aufenthaltstitel zu erteilen. Mit Wirkung ab 20. August 2003 wurde der Antragstellerin ein zunächst auf drei Monate befristetes Visum für die Bundesrepublik Deutschland erteilt. Die Berliner Ausländerbehörde hatte dem zugestimmt, nachdem der Schwiegersohn der Antragstellerin am 15. Juli 2003 gegenüber der Ausländerbehörde eine schriftliche Erklärung abgegeben hatte, in der er sich dazu verpflichtete, für die Dauer des Aufenthalts der Antragstellerin in der Bundesrepublik Deutschland für die vollen Unterhaltskosten (einschließlich der Versorgung mit Wohnraum, Versorgung im Krankheitsfall, Übernahme evtl. Rückreisekosten) aufzukommen. Er gab in der Erklärung weiter an, aus selbständiger Tätigkeit einen monatlichen Nettoverdienst von ca. 5700,00 EUR zu erzielen. Die Verpflichtungserklärung widerrief er im Juli 2005 jedenfalls gegenüber dem Antragsgegner mit der Begründung, dass er wegen einer Erkrankung, die sich seit Juli 2003 deutlich verschlechtert habe, in seiner Erwerbstätigkeit gravierend eingeschränkt sei. Er sei nicht imstande, außer für sich selbst noch für weitere Personen aufzukommen. Im November 2003 wurde der Antragstellerin eine bis zum 14. November 2005 befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Über den Verlängerungsantrag vom November 2005, den sie im besonderen mit ihrem Gesundheitszustand und der deswegen erforderlichen Betreuungsbedürftigkeit begründete, ist bisher nicht entschieden worden. Der Antragstellerin – zu deren Gunsten erneut verschiedene Personen und Institutionen bei der Ausländerbehörde vorstellig wurden – wurden in der Folge regelmäßig Fiktionsbescheinigungen erteilt, zuletzt befristet bis zum 20. März 2007. Zur Darstellung ihres Gesundheitszustandes legte sie ein Attest der Ärzte D und M K vom 27. Juni 2006 vor, das in seinem Wortlaut im wesentlichen einem vom 15. November 2005 entspricht, welches beim Antragsgegner vorgelegt worden war. Darin wird der Antragstellerin bescheinigt, sich kaum bewegen zu können und deshalb nicht reisefähig und auch nicht mehr in der Lage zu sein, sich selbst zu versorgen. Sie sei ständig auf die Hilfe ihrer Tochter angewiesen. Mit Schreiben vom 17. November 2006 kündigte die Ausländerbehörde an, den Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis abzulehnen, da die Sicherung des Lebensunterhalts nicht nachgewiesen sei. Zuvor hatten die Tochter und der Schwiegersohn der Antragstellerin im September 2006 durch Anwaltsschreiben mitteilen lassen, dass sie in den letzten drei Monaten keinerlei Einkünfte erzielt hätten und den Lebensunterhalt der Antragstellerin deshalb auch nicht sicherstellen könnten. Eine neue Verpflichtungserklärung würden sie deshalb auch nicht abgeben. Ab 1. Dezember 2003 hatte die Antragstellerin mit ihrem Schwiegersohn einen Untermietvertrag für eine in der O Straße, B in der ersten Etage gelegene Wohnung abgeschlossen, in der sie bereits seit 30. August 2003 beim Landeseinwohneramt angemeldet war. Diese Wohnung hatten der Schwiegersohn und die Tochter der Antragstellerin ab 1. August 1998 zur Nutzung als Atelierwohnung angemietet. Ausweislich deren Mietvertrag mit der K G zur K- und K mbH vom 10. November 1998 beträgt die Wohnfläche ca. 92,48 m², hiervon sind 45,34 m² als Atelierfläche ausgewiesen. Die Miete einschließlich Vorauszahlungen für Betriebskosten und Heizkosten war anfangs mit 1.001,55 DM (entsprechend 512,08 EUR) vereinbart. Seit 2004 beträgt sie 539,99 EUR, hiervon trägt der Schwiegersohn der Antragstellerin einen monatlichen Anteil von 99,71 EUR. In der Wohnung waren die Tochter und der Schwiegersohn der Antragstellerin bis zum 11. Juli 2004 gemeldet. Seit 28. September 2004 besteht eine Anmeldung der beiden für eine Wohnung in B-S als Alleinwohnung. Daneben besteht ein Mietverhältnis für eine Wohnung in B-Z, in der sie vom 12. Juli bis zum 27. September 2004 gemeldet waren und welche der Schwiegersohn der Antragstellerin als Postadresse verwendet. Ebenfalls ab 1. Dezember 2003 gewährte der Antragsgegner der Antragstellerin Leistungen nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (seit 1. Januar 2005: nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch [SGB XII]). Leistungen für die Kosten der Unterkunft gewährte er dabei – zuletzt nach Abhilfe eines Widerspruchs – in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen. Auf ihren Antrag vom 5. Januar 2006 hin gewährte der Antragsgegner der Antragstellerin mit Bescheid vom 29. September 2006 Leistungen der Grundsicherung im Alter für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 23. Juni 2006 (Ende der Gültigkeit der am 24. November 2005 erteilten Fiktionsbescheinigung) und wies darauf hin, dass für die Weitergewährung ein neuer Antrag gestellt werden müsse. Die Antragstellerin bat, diese Zahlungen auf das Konto ihrer Tochter zu überweisen, da ihr eigenes Konto aufgelöst sei. Bereits am 1. September 2006 hatte die Antragstellerin vor dem Verwaltungsgericht Berlin beantragt, den Antragsgegner zur Gewährung von Leistungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten. Nachdem die Sache zuständigkeitshalber an das Sozialgericht Berlin verwiesen worden war, hat sich die Antragstellerin gegenüber dem Gericht nicht mehr geäußert. Der Antragsgegner hat zunächst geltend gemacht, dass Leistungen über den 23. Juni 2006 deshalb nicht gewährt werden könnten, weil die Antragstellerin noch keinen Aufenthaltstitel für die Zeit ab dem 24. Juni 2006 vorgelegt habe. Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat er dem Begehren der Antragstellerin entgegengehalten, dass bei einem unangekündigten Hausbesuch ihres Prüfdienstes am 29. September und einem angekündigten am 2. Oktober 2006 festgestellt worden sei, dass weder die Antragstellerin noch deren Tochter oder ihr Schwiegersohn unter der Anschrift in der O Straße wohnten. Der Bevollmächtigte in einem anderen sozialgerichtlichen Verfahren der Antragstellerin habe dem Prüfdienst am 2. Oktober 2006 vielmehr mitgeteilt, dass die Antragstellerin krank sei und bei Verwandten gepflegt werde. Es sei daher nicht bekannt, wo und unter welchen Umständen sich die Antragstellerin aufhalte. Durch Beschluss vom 2. November 2006 hat das Sozialgericht den Antrag zurückgewiesen. Soweit die Antragstellerin Leistungen ab Januar 2006 begehre, sei der Antrag unzulässig, da der Antragstellerin angesichts des Bewilligungsbescheides vom 29. September 2006 ein Rechtsschutzbedürfnis für eine vorläufige gerichtliche Entscheidung fehle. Im übrigen sei weder glaubhaft gemacht, dass die Antragstellerin ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen könne, noch ob sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland habe. Der Aufenthaltsort sei ungeklärt, da die Antragstellerin bei zwei Hausbesuchen nicht angetroffen worden sei. Wo und von wem die Antragstellerin wegen einer Krankheit gepflegt worden sei, habe sie trotz Nachfrage nicht angegeben. Auffallend sei auch die Auflösung des einstmals für die Antragstellerin bestehenden Bankkontos. Nichts anderes ergebe sich unter dem Gesichtspunkt der Folgenabwägung, da die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Antragstellerin vollkommen ungeklärt seien und sie Aufforderungen des Antragsgegners, die Situation zu erhellen, unbeachtet lasse. Mit ihrer Beschwerde hat die Antragstellerin ihr Begehren weiterverfolgt. Sie erfülle die Voraussetzungen für die Leistungen der Grundsicherung. Wie sich aus ihrem Reisepass ergebe, habe sie die Bundesrepublik Deutschland nicht verlassen. Ihr Konto sei von der Bank aufgelöst worden, da keine Geldeingänge mehr zu verzeichnen gewesen seien. Über Einkommen oder Vermögen verfüge sie nicht. Sie sei auch in der Wohnung in der O Straße wohnhaft. Die vom Antragsgegner in dem weiteren Prüfbericht vom 13. November 2006 (unangekündigter Hausbesuch am 10. November 2006, angekündigter am 13. November 2006) gehegten Zweifel griffen nicht durch. Die in der Wohnung vorgefundenen Gegenstände bestätigten vielmehr, dass sie nicht von ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn bewohnt werde und ihnen auch nicht als Atelier diene. Dass sie den Prüfern des Antragsgegners mehrfach nicht geöffnet habe, erkläre sich aus ihrer Angst vor möglichen Überfällen und ihren mangelnden Sprachkenntnissen. Auch die vom Antragsgegner behauptete Ungeeignetheit der Wohnung für eine ältere Person spreche nicht dagegen, dass sie tatsächlich von einer bewohnt werde. Immerhin habe sie erwiesener Maßen im Zeitpunkt eines Hausbesuches im August 2004 in der Wohnung gewohnt, obwohl ihr Gesundheitszustand schon in diesem Zeitpunkt schlecht gewesen sei. Eine Aussage, dass sie sich bei Verwandten aufhalte, sei nicht getätigt worden. Allenfalls könne der Antragsgegner einem Missverständnis unterlegen haben. Auch ein abendlicher Hausbesuch einer Ärztin sowie die Einlieferung in ein Krankenhaus durch einen Rettungswagen bestätigten, dass sie in der Wohnung in der O Straße tatsächlich wohne. Der Antragsgegner hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Antragstellerin hat es ausdrücklich abgelehnt, eine Erklärung zur Entbindung von der ärztlichen Verschwiegenheitspflicht für die Ärztin für Allgemeinmedizin T zu erteilen, welche der Antragstellerin – nach ihren Angaben am 12. Dezember 2006 – einen Hausbesuch abgestattet hatte.
II.
Die Beschwerde ist in vollem Umfang unbegründet, soweit die Antragstellerin Leistungen der Grundsicherung bis zum Zeitpunkt des Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes am 1. September 2006 erstrebt. Das ergibt sich bereits daraus, dass Bedarfe, die in der Zeit vor der gerichtlichen Geltendmachung entstanden sind, jedenfalls im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich außer Betracht bleiben. Soweit Leistungen ab dem 1. September 2006 (Eingang des Antrags beim Verwaltungsgericht) erstrebt werden, sind die Voraussetzungen für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang erfüllt. Da die Antragstellerin eine Veränderung des bisher "leistungslosen" Zustands erstrebt, muss bei summarischer Prüfung mit ausreichender Wahrscheinlichkeit erkennbar sein, dass ein Anspruch nach materiellem Recht besteht (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 916 Zivilprozessordnung [ZPO]; Anordnungsanspruch) und eine besondere Eilbedürftigkeit vorliegt (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 917, 918 ZPO; Anordnungsgrund). Ein Anordnungsanspruch ist nur hinsichtlich des Regelsatzes für Haushaltsangehörige (§ 42 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 28 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch [SGB XII]) glaubhaft gemacht. Dass die Vorschriften über die Leistungen der Grundsicherung überhaupt auf die Antragstellerin anwendbar sind, steht nach Lage der Akten wenigstens derzeit nicht ernsthaft in Frage. Die Geltung des SGB für einen Sachverhalt setzt voraus, dass die Antragstellerin ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs, das heißt in der Bundesrepublik Deutschland hat (§ 30 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch [SGB I]). Seinen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, welche darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird; der gewöhnliche Aufenthalt ist dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (§ 30 Abs. 3 SGB I). Da es auf die tatsächlichen Verhältnisse ankommt, reicht es zwar nicht aus, wenn die Antragstellerin unter der Adresse O Straße, B polizeilich gemeldet ist. Jedoch gibt es aktuell keinen Anhaltspunkt dafür, dass sie den Geltungsbereich des SGB XII auf Dauer verlassen haben könnte. Soweit die örtliche Zuständigkeit des Antragsgegners in Frage gestellt sein könnte, ergibt sich dessen vorläufige Leistungsverpflichtung aus § 43 SGB I. Es ist nach summarischer Prüfung auch nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin gegenwärtig über Einkommen oder Vermögen verfügen würde, welches den Anspruch ausschlösse (§§ 41 Abs. 2, 43 SGB XII) oder dass ihr tatsächlich Unterhalt in anspruchsausschließender Weise geleistet worden wäre und weiterhin zufließt (s. dazu Brühl/Schoch in Lehr- und Praxiskommentar zum SGB XII § 41 Randziffer 27). Allerdings kann ihr nur der Regelsatz und auch dieser nur in Höhe des Betrags für Haushaltsangehörige (276,- EUR monatlich) zuerkannt werden, da nicht glaubhaft gemacht ist, dass sie als Haushaltsvorstand oder Alleinlebende Anspruch auf den Regelsatz für diesen Personenkreis (345,- EUR) hat. Insoweit kommt zum Tragen, dass nicht feststellbar ist, dass sie tatsächlich einen eigenen Haushalt in der von ihr angegebenen Wohnung führt (siehe unten zu den Unterkunftskosten).
Da die Leistungen der Grundsicherung lediglich das Existenzminimum sichern, folgt aus dem Vorliegen des Anordnungsanspruchs, dass auch ein Anordnungsgrund besteht (s. zum Ganzen Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05 –). Dem Charakter des einstweiligen Rechtsschutzes Rechnung tragend ist der Antragsgegner jedoch nur zeitlich befristet verpflichtet worden. Der 20. März 2007 als spätester Zeitpunkt für das Ende der einstweiligen Leistungsverpflichtung entspricht dem Datum, bis zu dem die am 21. Dezember 2006 von der Ausländerbehörde ausgestellte Fiktionsbescheinigung gilt.
Kein Anordnungsanspruch ist dagegen glaubhaft gemacht, was die Kosten für die von der Antragstellerin untergemietete Wohnung in der O Straße angeht. Nach § 42 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 29 SGB XII sind die tatsächlichen Kosten für angemessenen Wohnraum zu übernehmen, der selbstgenutzt sein muss. Zwar trägt die Antragstellerin vor, die Wohnung selbst zu bewohnen. Dies kann aber selbst dann nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, wenn zu ihren Gunsten unterstellt wird, dass sie sowohl am 12. Dezember 2006 in der Wohnung einen ärztlichen Hausbesuch erhalten hat, als auch in der Nacht vom 25. auf den 26. Dezember 2006 von der Wohnung aus mit dem Rettungswagen abgeholt worden war. Dies lässt zunächst nur auf einen punktuellen, nicht aber auf einen dauerhaften Aufenthalt in der Wohnung schließen. Aus dem Prüfungsprotokoll vom 31. August 2004 (Prüfungstag 30. August 2004) lässt sich ein dauerhafter Aufenthalt im streitigen Zeitraum, anders als die Antragstellerin meint, gerade dann nicht ableiten, wenn ihr eigener Vortrag zugrunde gelegt wird. Denn in den Attesten der Ärzte D und M K vom 15. November 2005 und vom 27. Juni 2006 wird – jeweils – von einem "in den letzten 3 – 4 Monaten erheblich" verschlechterten Allgemeinzustand berichtet und ebenso, dass sich die Antragstellerin kaum bewegen könne. Das indiziert deutliche Veränderungen im Vergleich zum Jahr 2004, in dem zwar bereits davon die Rede war, dass die Antragstellerin der Pflege (durch ihre Tochter) bedürfe, in der sie aber anlässlich der Prüfung am 30. August 2004 noch dabei beobachtet werden konnte, dass sie sich selbständig von der linken Seite der Wohnung (in der sich ausweislich des in der Verwaltungsakte des Antragsgegners befindlichen Grundrisses die mit "Wohnküche" und "Wohnraum" bezeichneten Räumlichkeiten befinden) in den im Grundriss mit "Atelier" bezeichneten Raum begab und dort hinter einer Malereistaffel Platz nahm. Der Gesundheitszustand, welcher der Antragstellerin 2005 und 2006 bescheinigt worden ist, weckt darüber hinaus – anders als sie meint – durchaus Zweifel daran, ob die Wohnung für einen Menschen mit derartigen gesundheitsbedingten Einschränkungen geeignet ist. Selbst wenn diese Zweifel aber außer acht gelassen werden, da eine Wohnung naturgemäß trotz ihrer "Ungeeignetheit" tatsächlich bewohnt werden kann, so sprechen doch weitere Umstände dagegen, dass sie sich dort dauerhaft aufhält. Denn wenn die Antragstellerin tatsächlich in dem Umfang der Pflege bedarf, wie sie selbst, insbesondere im Verfahren zur Erlangung eines Aufenthaltsstatus, vorträgt, so ist nicht ersichtlich, wie diese geleistet wird. Es kann nicht erkannt werden, dass im besonderen ihre Tochter, auf deren Pflege die Antragstellerin nach ihrem Vortrag sowohl gegenüber der Ausländerbehörde als auch gegenüber dem Antragsgegner vorrangig zurückgreifen will, diese Pflegeleistungen erbringen könnte. Wie sich aus den Akten ergibt, ist diese regelmäßig mit der Vorbereitung von Ausstellungsprojekten befasst beziehungsweise befasst gewesen, die mit Ortsabwesenheit verbunden sind. Darüber hinaus verfügen die Tochter und der Schwiegersohn der Antragstellerin offenbar über eine Wohnung in New York City, was gleichfalls indiziert, dass sie sich regelmäßig außerhalb Berlins aufhalten und nicht in der Lage sind, die Antragstellerin zu pflegen. Schließlich spricht der Umstand, dass sowohl bei den Hausbesuchen im Oktober 2006 als auch jedenfalls bei dem am 10. November 2006 die Fenster der Wohnung mit Papier beziehungsweise Stoffbahnen verklebt waren – was entgegen der Darstellung der Antragstellerin sowohl dem Prüfbericht vom 2. Oktober 2006 als auch dem vom 13. November 2006 eindeutig entnommen werden kann –, dagegen, dass die Wohnung überhaupt dauernd zu Wohnzwecken genutzt wird. Diese Art des Sichtschutzes ist für Wohnräume gänzlich unüblich, da er sich nicht auf einfache Art und Weise je nach Tageszeit beseitigen lässt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Wohnung laut Hauptmietvertrag ausdrücklich zur Nutzung als Atelierwohnung an die Tochter und den Schwiegersohn der Antragstellerin vermietet ist, die auch als Videokünstler tätig sind. Dies würde auch erklären, dass bei dem Hausbesuch am 13. November 2006 zwar weder Farbe noch Pinsel vorgefunden wurde, wohl aber Videokassetten. Daraus, dass ihr bis Ende 2005 Leistungen der Grundsicherung bestandskräftig gewährt worden sind, kann die Antragstellerin keine Rechte ableiten. Da es sich um Anspruchsleistungen handelt, können sie nur gewährt werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür auch im hier streitigen Zeitraum erfüllt sind. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 193 SGG. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin deren außergerichtliche Kosten für beide Rechtszüge zu einem Drittel zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin ist 1925 in der Ukraine geboren worden, deren Staatsangehörigkeit sie besitzt. Sie reiste erstmals 1990 zu einem mehrmonatigen Besuch ihrer Tochter S K in die Bundesrepublik Deutschland ein. Diese und ihr Schwiegersohn I K, die als freie Künstler tätig sind, waren 1990 im Rahmen eines Programms des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) in die Bundesrepublik Deutschland gekommen und haben seither durchgehend einen Wohnsitz in Berlin. Daneben besteht seit einem unbekannten Zeitpunkt eine Wohnung in New York City, USA. Im Oktober 1998 beantragte die Antragstellerin, ihr eine Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland für die Dauer eines Jahr zu erteilen. Sie gab an, als Lehrerin für russische Literatur und Sprache für den DAAD tätig werden zu wollen. Erteilt wurde lediglich ein ab 1. Mai 1999 auf drei Monate befristetes Besuchsvisum, das wegen einer akuten Erkrankung der Antragstellerin bis zum 15. August 1999 verlängert worden war. Zur Erteilung eines weitergehenden Aufenthaltstitels kam es nicht, die Antragstellerin verließ die Bundesrepublik Deutschland daraufhin am 21. August 1999. Ab Dezember 1999 stellte die Antragstellerin von der Ukraine aus mehrere Anträge, mit denen sie die Erteilung eines dauerhaften Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland zum Zweck der Familienzusammenführung anstrebte. Sie sei herzkrank und wegen einer schweren Augenerkrankung mit Blindheit bedroht. Ihren Lebensunterhalt bestreite sie durch Unterstützung ihrer Tochter. Diese erklärte ihrerseits, dass sie sich um die Antragstellerin kümmern könne, wenn diese in Berlin ansässig sei und wies unter anderem auf ein bereits anlässlich der Visaverlängerung eingereichtes Schreiben der D B vom 15. Juli 1999 hin (Bestätigung eines Wertpapierdepots im Nennwert von 145.000,00 DM und einer Vollmacht für dieses Depot zu Gunsten der Antragstellerin); ergänzend reichte sie eine "Produktübersicht" der D B vom 16. Oktober 2002 ein, die unter anderem ein (in ihrem und dem Namen ihres Ehemanns geführtes) Wertpapierdepot mit einem Kurswert von über 88.000,00 EUR auswies, sowie Schreiben über den Verkauf von Kunstwerken und die Teilnahme an Ausstellungen. Daneben wandten sich die Tochter und der Schwiegersohn der Antragstellerin mehrfach an Personen und Institutionen des politischen und kulturellen Lebens, die sich wiederum gegenüber der Ausländerbehörde dafür verwandten, der Antragstellerin den von ihr begehrten Aufenthaltstitel zu erteilen. Mit Wirkung ab 20. August 2003 wurde der Antragstellerin ein zunächst auf drei Monate befristetes Visum für die Bundesrepublik Deutschland erteilt. Die Berliner Ausländerbehörde hatte dem zugestimmt, nachdem der Schwiegersohn der Antragstellerin am 15. Juli 2003 gegenüber der Ausländerbehörde eine schriftliche Erklärung abgegeben hatte, in der er sich dazu verpflichtete, für die Dauer des Aufenthalts der Antragstellerin in der Bundesrepublik Deutschland für die vollen Unterhaltskosten (einschließlich der Versorgung mit Wohnraum, Versorgung im Krankheitsfall, Übernahme evtl. Rückreisekosten) aufzukommen. Er gab in der Erklärung weiter an, aus selbständiger Tätigkeit einen monatlichen Nettoverdienst von ca. 5700,00 EUR zu erzielen. Die Verpflichtungserklärung widerrief er im Juli 2005 jedenfalls gegenüber dem Antragsgegner mit der Begründung, dass er wegen einer Erkrankung, die sich seit Juli 2003 deutlich verschlechtert habe, in seiner Erwerbstätigkeit gravierend eingeschränkt sei. Er sei nicht imstande, außer für sich selbst noch für weitere Personen aufzukommen. Im November 2003 wurde der Antragstellerin eine bis zum 14. November 2005 befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Über den Verlängerungsantrag vom November 2005, den sie im besonderen mit ihrem Gesundheitszustand und der deswegen erforderlichen Betreuungsbedürftigkeit begründete, ist bisher nicht entschieden worden. Der Antragstellerin – zu deren Gunsten erneut verschiedene Personen und Institutionen bei der Ausländerbehörde vorstellig wurden – wurden in der Folge regelmäßig Fiktionsbescheinigungen erteilt, zuletzt befristet bis zum 20. März 2007. Zur Darstellung ihres Gesundheitszustandes legte sie ein Attest der Ärzte D und M K vom 27. Juni 2006 vor, das in seinem Wortlaut im wesentlichen einem vom 15. November 2005 entspricht, welches beim Antragsgegner vorgelegt worden war. Darin wird der Antragstellerin bescheinigt, sich kaum bewegen zu können und deshalb nicht reisefähig und auch nicht mehr in der Lage zu sein, sich selbst zu versorgen. Sie sei ständig auf die Hilfe ihrer Tochter angewiesen. Mit Schreiben vom 17. November 2006 kündigte die Ausländerbehörde an, den Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis abzulehnen, da die Sicherung des Lebensunterhalts nicht nachgewiesen sei. Zuvor hatten die Tochter und der Schwiegersohn der Antragstellerin im September 2006 durch Anwaltsschreiben mitteilen lassen, dass sie in den letzten drei Monaten keinerlei Einkünfte erzielt hätten und den Lebensunterhalt der Antragstellerin deshalb auch nicht sicherstellen könnten. Eine neue Verpflichtungserklärung würden sie deshalb auch nicht abgeben. Ab 1. Dezember 2003 hatte die Antragstellerin mit ihrem Schwiegersohn einen Untermietvertrag für eine in der O Straße, B in der ersten Etage gelegene Wohnung abgeschlossen, in der sie bereits seit 30. August 2003 beim Landeseinwohneramt angemeldet war. Diese Wohnung hatten der Schwiegersohn und die Tochter der Antragstellerin ab 1. August 1998 zur Nutzung als Atelierwohnung angemietet. Ausweislich deren Mietvertrag mit der K G zur K- und K mbH vom 10. November 1998 beträgt die Wohnfläche ca. 92,48 m², hiervon sind 45,34 m² als Atelierfläche ausgewiesen. Die Miete einschließlich Vorauszahlungen für Betriebskosten und Heizkosten war anfangs mit 1.001,55 DM (entsprechend 512,08 EUR) vereinbart. Seit 2004 beträgt sie 539,99 EUR, hiervon trägt der Schwiegersohn der Antragstellerin einen monatlichen Anteil von 99,71 EUR. In der Wohnung waren die Tochter und der Schwiegersohn der Antragstellerin bis zum 11. Juli 2004 gemeldet. Seit 28. September 2004 besteht eine Anmeldung der beiden für eine Wohnung in B-S als Alleinwohnung. Daneben besteht ein Mietverhältnis für eine Wohnung in B-Z, in der sie vom 12. Juli bis zum 27. September 2004 gemeldet waren und welche der Schwiegersohn der Antragstellerin als Postadresse verwendet. Ebenfalls ab 1. Dezember 2003 gewährte der Antragsgegner der Antragstellerin Leistungen nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (seit 1. Januar 2005: nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch [SGB XII]). Leistungen für die Kosten der Unterkunft gewährte er dabei – zuletzt nach Abhilfe eines Widerspruchs – in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen. Auf ihren Antrag vom 5. Januar 2006 hin gewährte der Antragsgegner der Antragstellerin mit Bescheid vom 29. September 2006 Leistungen der Grundsicherung im Alter für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 23. Juni 2006 (Ende der Gültigkeit der am 24. November 2005 erteilten Fiktionsbescheinigung) und wies darauf hin, dass für die Weitergewährung ein neuer Antrag gestellt werden müsse. Die Antragstellerin bat, diese Zahlungen auf das Konto ihrer Tochter zu überweisen, da ihr eigenes Konto aufgelöst sei. Bereits am 1. September 2006 hatte die Antragstellerin vor dem Verwaltungsgericht Berlin beantragt, den Antragsgegner zur Gewährung von Leistungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten. Nachdem die Sache zuständigkeitshalber an das Sozialgericht Berlin verwiesen worden war, hat sich die Antragstellerin gegenüber dem Gericht nicht mehr geäußert. Der Antragsgegner hat zunächst geltend gemacht, dass Leistungen über den 23. Juni 2006 deshalb nicht gewährt werden könnten, weil die Antragstellerin noch keinen Aufenthaltstitel für die Zeit ab dem 24. Juni 2006 vorgelegt habe. Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat er dem Begehren der Antragstellerin entgegengehalten, dass bei einem unangekündigten Hausbesuch ihres Prüfdienstes am 29. September und einem angekündigten am 2. Oktober 2006 festgestellt worden sei, dass weder die Antragstellerin noch deren Tochter oder ihr Schwiegersohn unter der Anschrift in der O Straße wohnten. Der Bevollmächtigte in einem anderen sozialgerichtlichen Verfahren der Antragstellerin habe dem Prüfdienst am 2. Oktober 2006 vielmehr mitgeteilt, dass die Antragstellerin krank sei und bei Verwandten gepflegt werde. Es sei daher nicht bekannt, wo und unter welchen Umständen sich die Antragstellerin aufhalte. Durch Beschluss vom 2. November 2006 hat das Sozialgericht den Antrag zurückgewiesen. Soweit die Antragstellerin Leistungen ab Januar 2006 begehre, sei der Antrag unzulässig, da der Antragstellerin angesichts des Bewilligungsbescheides vom 29. September 2006 ein Rechtsschutzbedürfnis für eine vorläufige gerichtliche Entscheidung fehle. Im übrigen sei weder glaubhaft gemacht, dass die Antragstellerin ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen könne, noch ob sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland habe. Der Aufenthaltsort sei ungeklärt, da die Antragstellerin bei zwei Hausbesuchen nicht angetroffen worden sei. Wo und von wem die Antragstellerin wegen einer Krankheit gepflegt worden sei, habe sie trotz Nachfrage nicht angegeben. Auffallend sei auch die Auflösung des einstmals für die Antragstellerin bestehenden Bankkontos. Nichts anderes ergebe sich unter dem Gesichtspunkt der Folgenabwägung, da die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Antragstellerin vollkommen ungeklärt seien und sie Aufforderungen des Antragsgegners, die Situation zu erhellen, unbeachtet lasse. Mit ihrer Beschwerde hat die Antragstellerin ihr Begehren weiterverfolgt. Sie erfülle die Voraussetzungen für die Leistungen der Grundsicherung. Wie sich aus ihrem Reisepass ergebe, habe sie die Bundesrepublik Deutschland nicht verlassen. Ihr Konto sei von der Bank aufgelöst worden, da keine Geldeingänge mehr zu verzeichnen gewesen seien. Über Einkommen oder Vermögen verfüge sie nicht. Sie sei auch in der Wohnung in der O Straße wohnhaft. Die vom Antragsgegner in dem weiteren Prüfbericht vom 13. November 2006 (unangekündigter Hausbesuch am 10. November 2006, angekündigter am 13. November 2006) gehegten Zweifel griffen nicht durch. Die in der Wohnung vorgefundenen Gegenstände bestätigten vielmehr, dass sie nicht von ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn bewohnt werde und ihnen auch nicht als Atelier diene. Dass sie den Prüfern des Antragsgegners mehrfach nicht geöffnet habe, erkläre sich aus ihrer Angst vor möglichen Überfällen und ihren mangelnden Sprachkenntnissen. Auch die vom Antragsgegner behauptete Ungeeignetheit der Wohnung für eine ältere Person spreche nicht dagegen, dass sie tatsächlich von einer bewohnt werde. Immerhin habe sie erwiesener Maßen im Zeitpunkt eines Hausbesuches im August 2004 in der Wohnung gewohnt, obwohl ihr Gesundheitszustand schon in diesem Zeitpunkt schlecht gewesen sei. Eine Aussage, dass sie sich bei Verwandten aufhalte, sei nicht getätigt worden. Allenfalls könne der Antragsgegner einem Missverständnis unterlegen haben. Auch ein abendlicher Hausbesuch einer Ärztin sowie die Einlieferung in ein Krankenhaus durch einen Rettungswagen bestätigten, dass sie in der Wohnung in der O Straße tatsächlich wohne. Der Antragsgegner hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Antragstellerin hat es ausdrücklich abgelehnt, eine Erklärung zur Entbindung von der ärztlichen Verschwiegenheitspflicht für die Ärztin für Allgemeinmedizin T zu erteilen, welche der Antragstellerin – nach ihren Angaben am 12. Dezember 2006 – einen Hausbesuch abgestattet hatte.
II.
Die Beschwerde ist in vollem Umfang unbegründet, soweit die Antragstellerin Leistungen der Grundsicherung bis zum Zeitpunkt des Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes am 1. September 2006 erstrebt. Das ergibt sich bereits daraus, dass Bedarfe, die in der Zeit vor der gerichtlichen Geltendmachung entstanden sind, jedenfalls im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich außer Betracht bleiben. Soweit Leistungen ab dem 1. September 2006 (Eingang des Antrags beim Verwaltungsgericht) erstrebt werden, sind die Voraussetzungen für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang erfüllt. Da die Antragstellerin eine Veränderung des bisher "leistungslosen" Zustands erstrebt, muss bei summarischer Prüfung mit ausreichender Wahrscheinlichkeit erkennbar sein, dass ein Anspruch nach materiellem Recht besteht (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 916 Zivilprozessordnung [ZPO]; Anordnungsanspruch) und eine besondere Eilbedürftigkeit vorliegt (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 917, 918 ZPO; Anordnungsgrund). Ein Anordnungsanspruch ist nur hinsichtlich des Regelsatzes für Haushaltsangehörige (§ 42 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 28 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch [SGB XII]) glaubhaft gemacht. Dass die Vorschriften über die Leistungen der Grundsicherung überhaupt auf die Antragstellerin anwendbar sind, steht nach Lage der Akten wenigstens derzeit nicht ernsthaft in Frage. Die Geltung des SGB für einen Sachverhalt setzt voraus, dass die Antragstellerin ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs, das heißt in der Bundesrepublik Deutschland hat (§ 30 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch [SGB I]). Seinen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, welche darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird; der gewöhnliche Aufenthalt ist dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (§ 30 Abs. 3 SGB I). Da es auf die tatsächlichen Verhältnisse ankommt, reicht es zwar nicht aus, wenn die Antragstellerin unter der Adresse O Straße, B polizeilich gemeldet ist. Jedoch gibt es aktuell keinen Anhaltspunkt dafür, dass sie den Geltungsbereich des SGB XII auf Dauer verlassen haben könnte. Soweit die örtliche Zuständigkeit des Antragsgegners in Frage gestellt sein könnte, ergibt sich dessen vorläufige Leistungsverpflichtung aus § 43 SGB I. Es ist nach summarischer Prüfung auch nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin gegenwärtig über Einkommen oder Vermögen verfügen würde, welches den Anspruch ausschlösse (§§ 41 Abs. 2, 43 SGB XII) oder dass ihr tatsächlich Unterhalt in anspruchsausschließender Weise geleistet worden wäre und weiterhin zufließt (s. dazu Brühl/Schoch in Lehr- und Praxiskommentar zum SGB XII § 41 Randziffer 27). Allerdings kann ihr nur der Regelsatz und auch dieser nur in Höhe des Betrags für Haushaltsangehörige (276,- EUR monatlich) zuerkannt werden, da nicht glaubhaft gemacht ist, dass sie als Haushaltsvorstand oder Alleinlebende Anspruch auf den Regelsatz für diesen Personenkreis (345,- EUR) hat. Insoweit kommt zum Tragen, dass nicht feststellbar ist, dass sie tatsächlich einen eigenen Haushalt in der von ihr angegebenen Wohnung führt (siehe unten zu den Unterkunftskosten).
Da die Leistungen der Grundsicherung lediglich das Existenzminimum sichern, folgt aus dem Vorliegen des Anordnungsanspruchs, dass auch ein Anordnungsgrund besteht (s. zum Ganzen Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05 –). Dem Charakter des einstweiligen Rechtsschutzes Rechnung tragend ist der Antragsgegner jedoch nur zeitlich befristet verpflichtet worden. Der 20. März 2007 als spätester Zeitpunkt für das Ende der einstweiligen Leistungsverpflichtung entspricht dem Datum, bis zu dem die am 21. Dezember 2006 von der Ausländerbehörde ausgestellte Fiktionsbescheinigung gilt.
Kein Anordnungsanspruch ist dagegen glaubhaft gemacht, was die Kosten für die von der Antragstellerin untergemietete Wohnung in der O Straße angeht. Nach § 42 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 29 SGB XII sind die tatsächlichen Kosten für angemessenen Wohnraum zu übernehmen, der selbstgenutzt sein muss. Zwar trägt die Antragstellerin vor, die Wohnung selbst zu bewohnen. Dies kann aber selbst dann nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, wenn zu ihren Gunsten unterstellt wird, dass sie sowohl am 12. Dezember 2006 in der Wohnung einen ärztlichen Hausbesuch erhalten hat, als auch in der Nacht vom 25. auf den 26. Dezember 2006 von der Wohnung aus mit dem Rettungswagen abgeholt worden war. Dies lässt zunächst nur auf einen punktuellen, nicht aber auf einen dauerhaften Aufenthalt in der Wohnung schließen. Aus dem Prüfungsprotokoll vom 31. August 2004 (Prüfungstag 30. August 2004) lässt sich ein dauerhafter Aufenthalt im streitigen Zeitraum, anders als die Antragstellerin meint, gerade dann nicht ableiten, wenn ihr eigener Vortrag zugrunde gelegt wird. Denn in den Attesten der Ärzte D und M K vom 15. November 2005 und vom 27. Juni 2006 wird – jeweils – von einem "in den letzten 3 – 4 Monaten erheblich" verschlechterten Allgemeinzustand berichtet und ebenso, dass sich die Antragstellerin kaum bewegen könne. Das indiziert deutliche Veränderungen im Vergleich zum Jahr 2004, in dem zwar bereits davon die Rede war, dass die Antragstellerin der Pflege (durch ihre Tochter) bedürfe, in der sie aber anlässlich der Prüfung am 30. August 2004 noch dabei beobachtet werden konnte, dass sie sich selbständig von der linken Seite der Wohnung (in der sich ausweislich des in der Verwaltungsakte des Antragsgegners befindlichen Grundrisses die mit "Wohnküche" und "Wohnraum" bezeichneten Räumlichkeiten befinden) in den im Grundriss mit "Atelier" bezeichneten Raum begab und dort hinter einer Malereistaffel Platz nahm. Der Gesundheitszustand, welcher der Antragstellerin 2005 und 2006 bescheinigt worden ist, weckt darüber hinaus – anders als sie meint – durchaus Zweifel daran, ob die Wohnung für einen Menschen mit derartigen gesundheitsbedingten Einschränkungen geeignet ist. Selbst wenn diese Zweifel aber außer acht gelassen werden, da eine Wohnung naturgemäß trotz ihrer "Ungeeignetheit" tatsächlich bewohnt werden kann, so sprechen doch weitere Umstände dagegen, dass sie sich dort dauerhaft aufhält. Denn wenn die Antragstellerin tatsächlich in dem Umfang der Pflege bedarf, wie sie selbst, insbesondere im Verfahren zur Erlangung eines Aufenthaltsstatus, vorträgt, so ist nicht ersichtlich, wie diese geleistet wird. Es kann nicht erkannt werden, dass im besonderen ihre Tochter, auf deren Pflege die Antragstellerin nach ihrem Vortrag sowohl gegenüber der Ausländerbehörde als auch gegenüber dem Antragsgegner vorrangig zurückgreifen will, diese Pflegeleistungen erbringen könnte. Wie sich aus den Akten ergibt, ist diese regelmäßig mit der Vorbereitung von Ausstellungsprojekten befasst beziehungsweise befasst gewesen, die mit Ortsabwesenheit verbunden sind. Darüber hinaus verfügen die Tochter und der Schwiegersohn der Antragstellerin offenbar über eine Wohnung in New York City, was gleichfalls indiziert, dass sie sich regelmäßig außerhalb Berlins aufhalten und nicht in der Lage sind, die Antragstellerin zu pflegen. Schließlich spricht der Umstand, dass sowohl bei den Hausbesuchen im Oktober 2006 als auch jedenfalls bei dem am 10. November 2006 die Fenster der Wohnung mit Papier beziehungsweise Stoffbahnen verklebt waren – was entgegen der Darstellung der Antragstellerin sowohl dem Prüfbericht vom 2. Oktober 2006 als auch dem vom 13. November 2006 eindeutig entnommen werden kann –, dagegen, dass die Wohnung überhaupt dauernd zu Wohnzwecken genutzt wird. Diese Art des Sichtschutzes ist für Wohnräume gänzlich unüblich, da er sich nicht auf einfache Art und Weise je nach Tageszeit beseitigen lässt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Wohnung laut Hauptmietvertrag ausdrücklich zur Nutzung als Atelierwohnung an die Tochter und den Schwiegersohn der Antragstellerin vermietet ist, die auch als Videokünstler tätig sind. Dies würde auch erklären, dass bei dem Hausbesuch am 13. November 2006 zwar weder Farbe noch Pinsel vorgefunden wurde, wohl aber Videokassetten. Daraus, dass ihr bis Ende 2005 Leistungen der Grundsicherung bestandskräftig gewährt worden sind, kann die Antragstellerin keine Rechte ableiten. Da es sich um Anspruchsleistungen handelt, können sie nur gewährt werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür auch im hier streitigen Zeitraum erfüllt sind. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 193 SGG. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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