L 1 B 236/06 KR ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 82 KR 2682/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 B 236/06 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Im Streit um eine Festbetragsfestsetzung nach § 35 SGB V sind weder der GBA noch die Bundesrepublik Deutschland notwendig beizuladen.

Es bestehen Zweifel an der Vereinbarkeit des Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 19.07.2005 über die Ergänzung der Anlage 2 zur Arzneimittel-Richtlinie um die Festbetragsgruppe der Stufe 2 "Glucocorticoide inhalativ, oral" (Bundesanzeiger Nr. 192 vom 11.10.2005 S. 14983) mit § 35 Abs. 1 SGB V.

Eine "andere geeignete Vergleichsgröße" nach § 35 Abs. 1 Satz 5, Abs. 3 Satz 1 SGB V setzt eine Ermittlung des kleinsten gleichen gemeinsamen Nenners gleicher therapeutischer Wirkung voraus. Es sind alle hierfür maßgeblich relevanten Faktoren zu berücksichtigen.

Es spricht einiges dafür, dass für eine Festbetragsfestsetzung unter Einschluss des Wirkstoffes Beclometason eine Differenzierung auch nach der Wirkstoffpartikelgröße erfolgen muss.

Durch eine nicht im Einklang mit § 35 Abs. 1 SGB V stehende Festbetragsgruppenbildung wird ein Arzneimittelverteiber jedenfalls dann in eigenen Rechten verletzt, wenn die Regelung den gesetzlichen Zielvorstellungen widerspricht und ein daran orientiertes Auftreten die Marktposition des Unternehmers kausal einschränkt.

Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen eine Festbetragsfestsetzung setzt eine offensichtliche Verletzung von subjektiven Rechten der Antragstellerin voraus, die hier nicht vorliegen.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die weiteren Kosten des Verfahrens. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege vorläufigen Rechtschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage vom 25. November 2005 vor dem Sozialgericht Berlin (SG) Aktenzeichen S 82 KR 2682/05 gegen die gemeinsame und einheitliche Festbetragsfestsetzung der beklagten Spitzenverbände der Krankenkassen vom 28. Oktober 2005 für Glucocorticoide (inhalativ, oral) gemäß § 35 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zum 1. Januar 2006.

Glucocorticoide in Form von (Kortison-)Sprays dienen der Behandlung obstruktiver Atemwegserkrankungen wie insbesondere Asthma bronchiale und chronisch obstruktive Bronchitis (COPD). Zu ihnen gehören die Wirkstoffe Beclometason, Fluticason, Mometason und Budesonid.

Die Antragstellerin ist ein pharmazeutisches Unternehmen und vertreibt unter anderem die Beclometason-haltigen Arzneimittel Junik und Bronchocort. Beclometason-haltige Sprays werden in unterschiedlichen Wirkstoffgehalten (also unterschiedlicher Menge des Wirkstoffes im Verhältnis zur Gesamtgasmenge) und zusätzlich in unterschiedlicher Form der Größe der einzelnen Wirkstoffpartikel angeboten ("Galenik"). In herkömmlicher Form haben die Teilchen einen medianen aerodynamischen Massendurchmesser (MMAD) von 4,8 µm. Bei der "extrafeinen" Form sind die Teilchen nur 1,1 µm im Durchmesser groß. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob diese Verkleinerung der Inhalationsteilchen therapeutische Bedeutung hat. Die genannten Produkte der Antragstellerin enthalten Beclometason in der feineren Form. Sie hat für sie eine neue Arzneimittelzulassung erhalten. Für den Wirkstoff Beclometason gab es vor der hier streitigen Festbetragsfestsetzung eine Festsetzung auf Grundlage einer Eingruppierung gem. § 35 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB V (so genannte Festbetragsgruppe 1 für Arzneimittel mit demselben Wirkstoff) (=Festsetzung vom 13.02.2004: Wirkstärke w 0,2, Packungsgröße pk 200 Hub oder Stück, Festbetrag 49,39 EUR). Am 7. Dezember 2004 beschloss der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) nach § 91 SGB V für die Wirkstoffgruppen der Glucocorticoide -inhalativ, oral und nasal- ein Anhörungsverfahren zur Aktualisierung bestehender Festbetragsgruppen nach § 35 Abs. 1, Abs. 1 a SGB V einzuleiten. Beabsichtigt war die Festsetzung einer Festbetragsgruppe nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V (pharmakologisch-therapeutisch vergleichbare Wirkstoffe, insbesondere mit chemisch verwandten Stoffen, so genannte Festbetragsgruppe 2), gebildet aus Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Beclometason, Budesonid, Fluticason und Mometason in verschiedenen Darreichungsformen.

Die Klägerin (unter ihrer damaligen Firma F GmbH) erhob in ihrer Stellungnahme vom 28. Januar 2005 Einwände gegen die Gruppenbildung. Die neu zugelassenen Beclometason-haltigen Fertigarzneimittel Junik und Bronchocort steigerten gegenüber der herkömmlichen Teilchengröße die pulmonale Deposition von 10 bis 20 % der mit dem Sprühstoß freigesetzten Wirkstoffmenge (also dem Anteil der Wirkstoffmenge, mit der der erwünschte Effekt in der Lunge erreicht werden kann) auf 50 bis 60 % pro Sprühstoß. Damit könne die insgesamt eingesetzte Wirkstoffmenge reduziert werden, was das Nebenwirkungsrisiko deutlich senke. Auch reduzierten sich so Ablagerungen im Mund-Rachenraum. Damit verringere sich das Ausmaß unerwünschter lokaler und systemischer Nebenwirkungen (z. B. Heiserkeit, Pilzinfektionen). Um die vergleichbare therapeutische Wirkung zu erzielen, müssten Aerosole mit herkömmlicher Teilchengröße in einer um den Faktor 2,5 höheren Dosis verabreicht werden. Die unterschiedlichen Wirkweisen müssten bei der Gruppenbildung beachtet werden. Weiter müssten zwei Gruppen gebildet werden, eine Gruppe für die Pulverinhalatoren und eine weitere Gruppe für treibgasbetriebene Dosieraerosole. Die Antragstellerin rügte ferner die Vergleichsgrößenermittlung anhand des Verordnungsverhaltens der Ärzte und den für die einzelnen Wirkstoffe eingeführten Wirkstärken. Diese Vergleichsgröße sei strategieanfällig. Hingegen seien durchschnittliche Tagesdosen oder Tageshöchstdosen für die Vergleichsgrößenermittlung geeignet. Bei einer gemeinsamen Gruppe müsse hier ein Äquivalenzfaktor 2,5 für Beclometason extra-feiner gegenüber normaler Partikelgröße berücksichtigt werden.

Andere Hersteller forderten u. a., unterschiedliche Darreichungsformen, die gewährleisten sollen, dass die Sprays optimal eingesetzt werden (Turbohaler etc.) besonders zu berücksichtigen, ebenso sparsame Nachfüllsysteme. Diese Stellungnahmen wertete –soweit ersichtlich - der Sachverständige Prof. Dr. von der Universität für den Unterausschuss Arzneimittel aus. Die fortlaufende Entwicklung der Applikationssysteme, auch bei dem bisher unter Stufe 1 geregelten Wirkstoff Beclometason, mache die bisher aus pharmakologisch-therapeutischen Gründen getroffene Differenzierung in unterschiedliche Festbetragsstufen bei den oralen inhalativen Glucocorticoiden überflüssig. Alle Wirkstoffe seien pharmakologisch-therapeutisch vergleichbar und könnten deshalb unter eine gemeinsame Festbetragsgruppe der Stufe 2 subsumiert werden. Sie besäßen bei gleicher Pharmakodynamik unterschiedliche Wirkstärke; Die Begleitwirkungen seien nicht relevant unterschiedlich. Keines der aufgeführten Fertigarzneimittel stelle gegenüber den anderen aufgeführten eine relevante therapeutische Verbesserung dar.

Am 19. Juli 2005 beschloss der G-BA unter anderem die Ergänzung der Anlage 2 zur Arzneimittel-Richtlinie um die Festbetragsgruppe der Stufe 2 "Glucocorticoide inhalativ, oral" (Bundesanzeiger Nr. 192 vom 11. Oktober 2005 S. 14983). Beclometason erhielt dabei für orale Sprays die Vergleichsgröße 0,09. In der Begründung heißt es, der Unterausschuss sei zum Schluss gekommen, dass die vorliegenden Daten die Annahme einer therapeutischen Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen, durch einen Vertreter der Gruppe inhalativer Glucocorticoide nicht rechtfertigten. Daher lägen keine hinreichenden Gründe für die Herausnahme einzelner Vertreter vor. Für alle Applikationssysteme sei kein pharmakologisch-therapeutischer Unterschied dokumentiert, der eine Separierung der Festbetragsgruppe oder einen zusätzlichen Faktor rechtfertige. Speziell zum Nebenwirkungsrisiko von Beclometason durch eine hohe pulmonale Depositionsrate heißt es, "die hier anstehenden inhalativen Korticosteroide besitzen hinsichtlich der Substitutionen am Cyclopentanring keine Schutzfunktionen, die eine lokale Wirkung oder Resorption ausschließen würden. Auch die Überprüfung der aktuellen Fachinformationen ergab keine Unterschiede, die eine Ausgruppierung rechtfertigen würden (siehe Fachinformationen inhalative Kortikosteroide, Nebenwirkungsspektrum)." Zum Einwand, als Vergleichsgröße dürften nicht nur die verordnungsgewichteten durchschnittlichen Wirkstoffmengen der Einzeldosis berücksichtigt werden – also u. a. zum Einwand der Antragstellerin, es müsse ein Faktor 2,5 für Beclometason extrafein berücksichtigt werden, führt der Unterausschuss aus, die Methode der verordnungsgewichteten durchschnittlichen Wirkstoffmenge der Einzelwirkstärke berücksichtige mit den entsprechenden Verordnungen adäquat alle Indikationen der ambulanten Therapiemöglichkeiten und die notwendigen Dosierungen (niedrige und hohe) sowie die realen nationalen Marktverhältnisse und die Verordnungsgewohnheiten. Die Mindestanforderungen an einen Qualitätsmaßstab seien durch die arzneimittelrechtliche Zulassung gegeben, die Grundlage der Festbetragsgruppenbildung sei. Die geringe Partikelgröße korreliere in den niedrigeren Wirkstärken mit einer geringeren Applikationshäufigkeit (Applikationsfrequenz mal Anzahl der Einzeldosen). Bei der Wirkstärke 400 µg seien die täglichen Dosierungsschemata identisch. Auch Einwände anderer Hersteller, ihre Produkte seien therapeutisch wirksamer bzw. der Wirkstoff Dexamethason wegen seiner schwerwiegenden systemischen Nebenwirkungen auszuscheiden, hat der G-BA für nicht beachtlich gehalten. So sei eine Verbesserung der Patientencompliance durch Handhabungsvorteile keine therapeutische Verbesserung im Sinne der Entscheidungsgrundlagen vom 12.02.2005. Eine Differenzierung zwischen Fertigarzneimitteln mit Inhalationssystemen und Nachfüllpackungen erfolge nicht. Mittelbare Applikationshilfen würden zu den Medizinprodukten gerechnet werden, ein Festbetrag für Fertigarzneimittel mit zusätzlichen mittelbaren Applikationshilfen sei nur auf Antrag des Herstellers möglich. Zahlreiche Hersteller verzichteten zudem aus hygienischen Gründen auf ein Refillsystem.

Grundlage der Entscheidung des G-BA waren dessen "Entscheidungsgrundlagen vom 15. Februar 2005". Diese enthalten Definitionen für pharmakologisch-therapeutische Vergleichbarkeit bzw. chemische Verwandtschaft im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V für eine Festpreisgruppe der Stufe 2. Unter C ist eine Methode zur Ermittlung einer "anderen geeigneten Vergleichsgröße" im Sinne des § 35 Abs. 3 SGB V niedergelegt.

Mit Schreiben vom 8. September 2005 teilte das zuständige Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung dem G-BA mit, den einschlägigen Beschluss gemäß § 94 SGB V nicht zu beanstanden.

Die Antragsgegner beschlossen am 30. August 2005, dass Anhörungsverfahren bezüglich der konkreten Festbeträge einzuleiten.

Die Antragstellerin nahm auch in diesem Verfahren Stellung. Sie wiederholte ihre Einwendungen gegen die fehlende Berücksichtigung der Teilchengröße. Ihre niedrig dosierten Dosieraerosole stünden als therapeutische Alternative zu hoch dosierten Präparaten für gesetzlich Versicherte nicht zum Festbetrag zur Verfügung. Die vorgeschlagenen Festbeträge verhinderten eine in der Qualität gesicherte Therapie und ließen die Verfügbarkeit notwendiger Therapiealternativen unberücksichtigt. Auch sei das Zustandekommen der zugrunde gelegten Wirkstärkenvergleichsgrößen intransparent und nicht nachvollziehbar.

Am 28. Oktober 2006 beschlossen die Antragsgegner für die Wirkstoffgruppe Glucocorticoide inhalativ, oral ausgehend von einer Standardpackung 200 Hub mit 1,2 WGV je Hub für die Hauptanwendungsgebiete Heuschnupfen, Asthma bronchiale, kortikosteroidbedürftige, obstruktive Bronchitiden einen Festbetrag von 37,28 EUR auf Apothekeneinkaufspreisebene. Dieser Beschluss wurde im Bundesanzeiger Nr. 208 vom 4. November 2005 S.15728 bekannt gegeben.

Die Antragstellerin erhob hiergegen am 25. November 2005 Klage. Sie hat ferner am 15. Dezember 2005 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Sie hat zur Sache darauf hingewiesen, dass in der Fachinformation für das Arzneimittel Junik in Kapitel 10 die empfohlene Tagesgesamtdosis in Mikrogramm Beclometason Dipropionat niedriger sei als die für viele andere Beclometason Dipropionat-Formulierungen; diese solle individuell für den Patienten ermittelt werden. Dieser Hinweis sei durch die Arzneimittelzulassungsbehörde – das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) – erfolgt, um die Fachkreise darauf hinzuweisen, dass die Dosierungen zwischen herkömmlichem und extrafeinem Beclometason nicht gegeneinander ausgetauscht werden dürften. Aus der fachlichen Stellungnahme des BfArM vom 11. September 2003 ergebe sich, dass sich die therapeutische Wirksamkeit bereits in einer um den Faktor 2,5 niedrigeren Dosierung zeige. Deshalb habe es sich um Neuzulassungen gehandelt, im Gegensatz zu den herkömmlichen Beclometason-Präparaten, bei welchen lediglich das FCKW-Träger-Treibgas gegen ein nicht FCKW-haltiges Gas ausgetauscht worden sei.

Ihr Aussetzungsinteresse überwiege das Vollziehungsinteresse der öffentlichen Hand, weil die Festbetragsfestsetzung der Antragsgegner, eine Allgemeinverfügung, offensichtlich rechtswidrig sei und sowohl gegen § 35 SGB V als auch gegen Art. 3 und 12 Grundgesetz (GG) verstoße. § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V sei verletzt, weil Beclometason herkömmlicher Wirkstärke und Beclometason extrafein nicht pharmakologisch-therapeutisch vergleichbar im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V seien. Das BSG habe im Urteil vom 24.11.2004 –B 3 KR 10/04 R (BSGE 93, 296) aus dieser gesetzlichen Bestimmung das Prinzip der gleichen Wettbewerbsbedingungen hergeleitet. Es habe es für notwendig erachtet, dass bei vergleichbaren Wirkstoffen zusätzlich nach der Wirkstärke zu differenzieren sei. Bei gleichen Packungsgrößen müsse dem wirksameren Arzneimittel ein höherer Festbetrag zugeordnet werden als dem wirkstoffschwächeren. Herkömmliches Beclometason sei 2,5-fach höher zu dosieren als extrafeines Beclometason. Nach der BSG-Rechtsprechung dürfe es nicht sein, dass ein Wirkstoff unterbewertet werde, indem die erforderliche Tagesdosis im Vergleich zum Referenzarzneistoff nahezu verdoppelt werde, obwohl die Wirkstoffe gleich wirksam seien und in der ärztlichen Verordnungspraxis auch als gleich wirksam behandelt würden. Hinsichtlich der Vergleichsgröße, die der G-BA nach § 35 Abs. 1 Satz 5 SGB V zu ermitteln habe, bestimme das Gesetz in § 35 Abs. 3 Satz 1 rechnerisch mittlere Tages- oder Einzeldosen oder andere geeignete Vergleichsgrößen. Der konkrete relevante Dosierungsunterschied um den Faktor 2,5 müsse berücksichtigt werden. Die Firma F habe diesen Faktor im Zulassungsverfahren durch klinische Daten belegt. Das Präparat sei auf dieser Basis zugelassen worden. Die Antragstellerin hat eine gutachterliche Stellungnahme des Dr. V beigefügt, des Sprechers der Arbeitsgruppe Aerosolmedizin der Sektion Pathophysiologie und Aerosolmedizin in der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie. Diese stützt ihr Vorbringen.

Die Antragsgegner haben auf die ausdrückliche Regelung des § 35 Abs. 7 Satz 2 SGB V hingewiesen. Grundsätzlich überwiege das öffentliche Interesse am vorläufigen Vollzug der Festbetragsregelungen. Für die Gruppenbildung, also die pharmakologisch-therapeutische Vergleichbarkeit nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V, spiele die feine galenische Form keine Rolle. Auf eine unterschiedliche Bioverfügbarkeit könne sich die Antragstellerin nicht berufen, weil § 35 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz SGB V ausdrücklich auf wirkstoffgleiche Arzneimittel, d. h. auf Festbetragsgruppenbildungen nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V beschränkt sei. Therapeutische Verbesserungen seien nach § 35 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 1b SGB V nur privilegiert, soweit es sich um Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen handele. Die Vergleichsgrößenbestimmung sei in zwei Urteilen des Sozialgerichts Berlin vom 22. November 2005 (S 81 KR 3778/04 und S 87 KR 3717/04) umfangreich überprüft und für rechtmäßig befunden worden. Das früher praktizierte Verfahren der Festlegung der sog. DDD (Defined Daily Doses) werde mittlerweile für Preisbestimmungen als ungeeignet angesehen. Eine einzelfallbezogene Ermittlung eines Äquivalenzfaktors aufgrund der durchgeführten und veröffentlichten allgemein zugänglichen Studien sei zu aufwändig und angesichts der Vielzahl festzusetzender Gruppen nicht praktikabel. Auch der Vorschlag aus Industriekreisen, als Vergleichsgröße die in den Fachinformationen der Fertigarzneimittel eines Wirkstoffs jeweils angegebene Erhaltungsdosis in der Leitindikation festzusetzen, sei nicht praktikabel. Der G-BA habe deshalb beschlossen, zur Ermittlung der Vergleichsgröße wirkstoffbezogen die am Markt vorhandenen, arzneimittelgesetzlich zugelassenen Wirkstärken und die zum Zeitpunkt des Gruppenbeschlusses verfügbaren Jahresdaten des Arzneimittelindexes heranzuziehen. Dieses Verfahren habe den Vorteil, dass sämtliche Arzneimittel eines Wirkstoffes und deren zugelassenen Wirkstärken die Vergleichsgröße bestimmten und eigene Bewertungen des G-BA entbehrlich seien. Die Methode orientiere sich streng an der ärztlichen Verordnungspraxis und sei willkürfrei, transparent und nachvollziehbar. Es werde dabei nicht auf die Dosierung abgestellt, weil diese für jeden Patienten individuell bestimmt werden muss. Die Entscheidung des BSG vom 24.11.2004 (a.a.O.) beträfe nur die dort streitige Rechtsverordnung zu ACE-Hemmern. Hinsichtlich der Interessenabwägung müsse berücksichtigt werden, dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage für die Krankenkassen de facto zu einer irreparablen Belastung führten. Bei unverändertem Verordnungsverhalten würden den Krankenkassen Einsparungen i. H. v. jährlich 15 Millionen Euro entzogen. Der mit der Feststellung und Beitreibung der notwendigen Zuzahlungen verbundene Verwaltungsaufwand im Falle einer späteren Aufhebung der einstweiligen Anordnung sei zudem untragbar. Aus den jährlich anfallenden rund 570 Millionen Arzneimittelverordnungen müssten diejenigen herausgefiltert werden, die Arzneimittel der hier streitigen Gruppe beträfen und die seit 2006 ersparten Zuzahlungen von den Versicherten eingefordert werden.

Mit Beschluss vom 11. April 2006 hat das SG den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung zurückgewiesen. Die Antragstellerin sei als pharmazeutisches Unternehmen zwar antragsbefugt (Hinweis auf BSGE 93, 296). Das öffentliche Vollzugsinteresse überwiege aber das Aussetzungsinteresse, weil ein Erfolg der Hauptsachenklage günstigstenfalls offen sei und ein Vorrang des Individualinteresses aus anderen Gründen nicht glaubhaft gemacht worden sei. Es gebe keine Anhaltspunkte, dass die vom G-BA praktizierte Vergleichsbildung gem. § 35 Abs. 3 SGB V anhand der verordnungsgewichteten durchschnittlichen Einzelwirkstärke offensichtlich rechtswidrig sein könne. Dazu reiche es nicht aus, dass die Festsetzung bezüglich der von der Antragstellerin vertretenen Präparate mit Beclometason in extrafeiner Form möglicherweise zu zweifelhaften Ergebnissen führe. Die Methode an sich sei transparent und sachgerecht. Hinsichtlich der weiteren Interessenabwägung sei nicht davon auszugehen, dass die Antragstellerin durch die erwarteten Umsatzverluste von 2 Millionen Euro im Jahr durch die erzwungene Preissenkung von maximal 23,5 % in ihrer Existenz bedroht sein könnte. Die Ertragseinbußen seien im Falle eines Obsiegens in der Hauptsache reparabel. Aufgrund der Bedeutung der Festbeträge für die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung, einer Gemeinwohlaufgabe von hohem Rang (Bezug auf BVerfGE 106, 275) sei von Gesetzes wegen dem öffentlichem Interesse am Sofortvollzug der Festbetragsfestsetzung gegenüber dem Individualinteresse der Arzneimittelhersteller Vorrang eingeräumt worden. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage würde die Antragsgegner auch erheblich treffen, wie diese glaubhaft gemacht hätten.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin vom 17. Mai 2006, der das SG nicht abgeholfen hat. Sie wiederholt darin ihre erstinstanzlichen Argumente. Insbesondere führe das Konzept der verordnungsgewichteten durchschnittlichen Einzelwirkstärke unter Missachtung der Rechtsprechung des BSG zu einem fehlerhaften Arzneimittelvergleich, der die Marktverhältnisse deutlich zu Lasten ihrer Produkte verzerre. Das Gesetz sehe in § 35 Abs. 3 SGB V nach wie vor die Tagestherapiedosen als maßgeblich für die Vergleichsgröße vor. Der Gesetzgeber gehe von der hohen wissenschaftlichen Aussagekraft des Modells aus, das auch an anderer Stelle des SGB V verwendet werde. Andere geeignete Vergleichsgrößen müssten gleich sachgerecht sein. Arzneimittelfestbeträge sollten Wirtschaftlichkeitsreserven ausschöpfen. Dafür komme es entscheidend auf eine Kosten-Nutzen Relation an. Die geeigneten Vergleichsgrößen müssten zu medizinisch angemessenen Ergebnissen führen. Dies sei hier nicht der Fall. Das System der verordnungsgewichteten durchschnittlichen Einzelwirkstärken führe zu sachwidrigen Verzerrungen. Der Festbetrag für die therapieäquivalenten Präparate Junik extrafein (Wirkstärke 100 µg) betrage 46,05 EUR und für Beclometason Ratiopharm® mit herkömmlichem Beclometason (250 µg) 74,74 EUR. Somit sei der Höchsterstattungspreis für das herkömmliche Beclometason fast zweimal so hoch wie für Präparate mit extrafeinem Beclometason. Diese Gleichbehandlung trotz sachlich relevantem Unterschied verstoße gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 1 GG. Das Festbetragsverfahren dürfe nur abbilden, was ohnehin kraft des Wirtschaftlichkeitsgebotes gelte. Die Produkte der Antragstellerin mit Beclometason in extrafeiner Form müssten besonders berücksichtigt werden, weil es sich dabei um eine therapeutische Verbesserung handele. Der gleiche Therapieerfolg sei mit 2,5-fach niedrigerer Dosierung und entsprechend weniger substanzspezifischen Nebenwirkungen erreichbar. Sie verweist hierzu auf eine Übersichtsarbeit von Thompson et al. Hierbei habe sich eine insgesamt signifikant erniedrigte Rate von unerwünschten Ereignissen gezeigt. Die lokalen Nebenwirkungen seien um ein Drittel gesenkt worden (von 12 % auf 8 %). Auch die Beurteilung der systemischen Nebenwirkungen (zum Beispiel Wachstumsverzögerungen bei Kindern, Osteoporose, Glaukom und Katarakt) aufgrund einfacher, leicht messbarer Hilfsparameter habe diesen Nachweis erbracht. Die Antragstellerin bewerbe die therapeutischen Vorteile der extrafeinen Beclometason-Formen. Dies habe sich jedoch nicht auf den Markterfolg ausgewirkt.

Hinsichtlich der Interessenabwägung vertritt die Antragstellerin die Auffassung, selbst bei offener Rechtslage dürfte ihr Interesse nicht erst dann den Vorzug erhalten, wenn sie akut in ihrer Existenz bedroht sei. Mittlerweile sei das Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung vom 26. April 2006 (AVWG) in Kraft gesetzt. Aufgrund des dortigen Preismoratoriums seien Preiserhöhungen ohnehin nicht möglich. Hinzu komme noch, dass § 31 Abs. 3 Satz 4 SGB V vorsehe, dass die Spitzenverbände der Krankenkassen diejenigen Arzneimittel, deren Apotheken Einkaufspreise einschließlich Mehrwertsteuer mindestens um 30 % niedriger als der jeweils gültige Festbetrag lägen, von der Zuzahlung freistellen könnten. § 130a Abs. 3 b SGB V erlaube es, dass der Herstellerabschlag für patentfreie wirkstoffgleiche Arzneimittel entfalle, wenn diese Voraussetzung erfüllt sei. Den Anbietern herkömmlichen Beclometasons fiele es erheblich leichter, diese Voraussetzungen zu erfüllen und damit den Wettbewerb noch mehr zu ihren Gunsten zu verzerren. Der Umsatz der Antragstellerin für ihr Produkt Junik sei im ersten Halbjahr 2006 gegenüber dem ersten Halbjahr 2005 von 144.200 Einheiten auf 137.400 Einheiten gefallen, der Marktanteil von 7,2% auf 6,3% zurückgegangen. Da näherungsmäßig die Wareneinstiegskosten die Hälfte der Herstellerabgabepreise betrögen, betrage ihr Verlust im ersten Halbjahr 2006 gegenüber dem ersten Halbjahr 2005 884.197 EUR. Traditionell sei das zweite Halbjahr wegen der Erkrankungssituation umsatzstärker. Die Antragstellerin beantragt,

unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Berlin vom 11.04.2006 die aufschiebende Wirkung der Klage vom 25.11.2005 (S 82 KR 2682/05) gegen die durch die Antragsgegnerinnen zu 1. bis 8. im Bundesanzeiger vom 28.10.2005 veröffentlichte Festsetzung der Festbeträge für Glucocorticoide (inhalativ, oral) anzuordnen.

Die Antragsgegner zu 2., 3 und 4. beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie regen an, den GBA und die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium für Gesundheit, beizuladen (Hinweis auf Kassler Kommentar - Hess § 35 Randnr. 16). Auch sie wiederholen ihr erstinstanzliches Vorbringen und tragen ergänzend u. a. vor, sie seien an die Rechtsvorschriften, Richtlinien und Festsetzungen des G-BA gebunden. Beim Ausschluss des Rechtsweges gegen die Festsetzungen durch den G-BA nach § 35 Abs. 7 SGB V handele es sich um eine vorrangige Sonderregelung. Den Spitzenverbänden kämen auch keine Rechte zu, wie sie beispielsweise den Aufsichtsbehörden zugewiesen seien. Die Vergleichsgrößenbildung bei der Festbetragsgruppe der Stufe 2 habe nur den Sinn, Vergleichbarkeit von Arzneimitteln mit verschiedenen Wirkstoffen herzustellen. Die Methode der Vergleichsgrößenberechnung vollziehe nach, wie die ärztliche Praxis die verschiedenen Wirkstoffe therapeutisch einsetze. Die Bewertung der therapeutischen Wirksamkeit eines Wirkstoffes sei nicht Aufgabe der Feststellungen im Rahmen des § 35 SGB V. Solche Bewertungen nehme viel mehr (nur) das Institut nach § 35 b SGB V vor. Auf die Frage der Bioverfügbarkeit gleicher Wirkstoffe im Rahmen des § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V käme es bereits deshalb nicht an, weil diese für Beclometason gar nicht ermittelt werden könne. Unter Bioverfügbarkeit verstehe man die Geschwindigkeit und das Ausmaß, in denen der therapeutisch wirksame Anteil eines Arzneimittels freigesetzt und resorbiert bzw. am Wirkungsort verfügbar sei. Vorliegend werde der Wirkstoff topisch, d. h. gezielt an einem Ort – der Lunge – angewendet. Hinsichtlich der systemischen Nebenwirkungen sei dies von der individuellen Handhabung des Patienten mit abhängig. Die tatsächliche Lungendepositionsrate korreliere stark mit dem individuellen Verhalten des Patienten. Jeder Patient solle nach jeder Anwendung den Mund gut ausspülen. So werde der überschüssige Teil des Wirkstoffes, der nicht in die Lunge gelange, ausgespült. Ab der Wirkungsstärke 400 µg seien überdies die täglichen Dosierungsschemata (Applikationsfrequenz mal Anzahl der Einzeldosen) identisch. Laut den Fachinformationen sollten Beclometason-Dosieraerosole in extrafeiner Form zwei bis 16-mal täglich inhaliert werden, herkömmliches Beclometason 2 bis 8-mal. Junik könne somit bei gleicher Wirkstärke bis zu viermal täglich häufiger inhaliert werden. Dies belege nicht die höhere Wirksamkeit. Entsprechendes gelte für die Dosierempfehlungen bei schweren Asthmaformen. So werde bei Junik eine Gesamtwirkstärke pro Tag von 0,8 Milligramm, bei der Behandlung mit Beclometason-Ratiopharm® eine Gesamtstärke von 0,4 bis 1 Milligramm benötigt.

Die GKV hätten, bezogen auf das Präparat Junik durch die Festbetragsfestsetzung rund eine Million Euro eingespart. Zum 01.07.2006 seien für diese Gruppe aufgrund des AVWG neue –abgesenkte- Festbeträge festgesetzt worden.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das SG hat es zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die streitgegenständliche Festbetragsfestsetzung der Antragsgegner anzuordnen.

Beschwerde und Antrag sind zulässig (nachfolgend 1.), jedoch unbegründet (2.).

Auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Beschluss des SG wird zunächst gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verwiesen.

Die gemäß § 172 SGG statthafte Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt (173 SGG).

1. Der Antrag ist zulässig.

1.1 Es fehlt nicht an der Antragsbefugnis bzw. im Hauptsacheverfahren an der Klagebefugnis. Der Senat folgt wie bereits das SG der Ansicht des BSG in den Urteilen vom 24. November 2004 (BSGE 93, 296, 298ff; 94, 1,4ff) wonach Arzneimittelhersteller bzw. Vertriebsfirmen geltend machen können, durch eine Festbetragsfestsetzung in ihrem Grundrecht aus Art. 12 GG (i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG) verletzt zu sein, in dem ein erheblicher Wettbewerbsnachteil behauptet wird (anders LSG Berlin, Urteil vom 17.09.2003 -mittelbaren Folgen komme nie berufsregelnde Tendenz zu-, das allerdings vor der Entscheidung des BSG ergangen ist). Die Entscheidung des BVerfG vom 17. Dezember 2002 (BVerfGE 106, 275 ff) hat die Grundrechtsbetroffenheit von Arzneimittelherstellern nur verneint, soweit die Spitzenverbände der Krankenkassen zur Festbetragsfestsetzung von Arzneimitteln ermächtigt wurden (BVerfG aaO S.297f). In der Entscheidung heißt es ausdrücklich, die noch offenen Fragen zu den Einzelheiten der Festbetragsfestsetzungen hätten keinen Einfluss auf die hier vorgenommene verfassungsrechtliche Klärung. Geprüft worden sei nur das Verfahren zur Normsetzung, nicht jedoch die mit den Normen selbst verbundenen materiellen verfassungsrechtlichen Fragen (BVerfG aaO S. 296).

1.2. Der G-BA und das Bundesgesundheitsministerium waren nicht beizuladen. Es liegt kein Fall notwendiger Beiladung nach § 75 Abs. 2 SGG vor. Die Entscheidung, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Festbetragsfestsetzung anzuordnen oder dies abzulehnen trifft die genannte Institution und die Bundesrepublik Deutschland nicht direkt. Gleiches gilt auch für die Hauptsache: Selbst wenn das SG die Festbetragsfestsetzung durch den G-BA für rechtswidrig hält und deshalb nicht zur Anwendung gelangen lässt, hätte dies nämlich nur Bindungswirkung für das konkrete Verfahren. Die Rechtsverbindlichkeit der Festsetzung ansonsten bliebe unberührt. Der G-BA und die Aufsichtsbehörde werden nicht in eigenen Rechten berührt. Die von den Antragsgegnern angeführte Kommentierung im Kassler Kommentar § 35 SGB V Randnr.16 begründet die gegenteilige Auffassung mit einem Hinweis auf BSGE 63, 163. Dieser Entscheidung des BSG lässt sich allerdings nicht entnehmen, dass in dem dort entschiedenen Fall eine Beiladung erforderlich war bzw. gewesen wäre. Im Hauptsacheverfahren mag eine Beiladung sinnvoll sein, weil für G-BA sowie dessen Aufsichtsbehörde von Interesse ist, ob die Judikative die Normsetzung billigt. Gegen eine Beiladung spricht aber, dass nach dem System der Kostentragung der §§ 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. 154, 162 III Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zu den Verfahrenskosten auch die Kosten des Beigeladenen zählen können. In anderen Rechtsgebieten ist die Beiladung des Normgebers alleine deshalb, weil es inzident um die Rechtmäßigkeit einer Norm geht, unüblich. Im Eilverfahren mit summarischer Prüfung erscheint eine Beiladung nach § 75 Abs. 1 SGG jedenfalls nicht opportun.

2. Dem Antrag bleibt jedoch in der Sache Erfolg versagt. Nach § 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Diese Wirkung entfällt nach § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG unter anderem in den durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen, hier aufgrund § 35 Abs. 7 SGB V. Gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache jedoch auf Antrag durch Beschluss die aufschiebende Wirkung anordnen. Es handelt sich um eine gerichtliche Interessenabwägung nach pflichtgemäßem Ermessen, bei welcher die für und gegen einen Sofortvollzug sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abzuwägen sind.

Hier überwiegt aufgrund der im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes gebotenen und alleine möglichen summarischen und pauschalen Prüfung der Sach- und Rechtslage im Ergebnis das gesetzlich vermutete öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Festbetrags-festsetzung, da diese zwar möglicherweise rechtswidrig ist (dazu nachfolgend 2.1 bis 2.2) jedoch nicht offensichtlich subjektive Rechte der Antragstellerin verletzt (dazu 2.3). Bei offenen Erfolgsaussichten ist im Zweifel der gesetzlichen Bestimmung zu folgen, weil auch nicht ersichtlich ist, dass der Antragstellerin dadurch unzumutbare Nachteile entstehen könnten (dazu 2.4):

2.1 Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB V (hier in der Fassung durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 23.11.2003) bestimmt der G-BA in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V, für welche Gruppen von Arzneimitteln Festbeträge festgesetzt werden können. In den Gruppen sollen Arzneimittel mit ( ) 2. pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen, insbesondere mit chemisch verwandten Stoffen, zusammengefasst werden ( ). Nach § 35 Abs. 1 Satz 5 SGB V ermittelt der G-BA auch die nach Absatz 3 notwendigen rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder andere geeignete Vergleichsgrößen. Der Senat hält die streitgegenständliche Festbetragsfestsetzung durch den G-BA für möglicherweise rechtswidrig.

2.1.1 Verfahrensfehler allerdings sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist die Antragstellerin vom G-BA vorab um Stellungnahme gebeten worden (§ 92 Abs. 2 Satz 5 SGB V). Ausweislich der Beschlussbegründung hat der Ausschuss die Argumente der Antragstellerin auch berücksichtigt.

2.1.2 Grundsätzliche Zweifel an der Richtlinienermächtigung im § 35 Abs. 1, Abs. 5 SGB V bestehen nicht (hierzu BVerfGE 106, 275, 305ff).

2.1.3 Aus Sicht des Senats ist weiter nicht ersichtlich, dass es dem G-BA verwehrt gewesen sein könnte, Arzneimittel mit dem Wirkstoff Beclometason in extrafeiner Form in die Gruppe der Glucocorticoide – inhalativ, oral in eine "Festbetragsgruppe 2" nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V zusammen mit Beclometason in herkömmlicher Wirkstoffgröße, Budesonid, Fluticason und Mometason einzuordnen. Dies gilt allerdings (nur) unter der Maßgabe, dass die konkreten Zweifel hinsichtlich der Vergleichsgrößenbildung nach § 35 Abs. 1 Satz 5 Abs. 3 SGB V (dazu unten 2.1.4.) ausgeräumt sind.

Die Produkte der Antragstellerin sind solche mit pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen, insbesondere mit chemisch verwandten Stoffen. Dies gilt sowohl im Vergleich zu Beclometason herkömmlicher Form als auch zu den anderen Glucocorticoiden. Die chemische Verwandtschaft ist unstreitig. Pharmakologisch-therapeutische Vergleichbarkeit ist nicht nur bei Identität gegeben, sondern bereits dann, wenn sich bezüglich der Wirkung ein gemeinsamer Nenner finden lässt (ähnlich: SG Berlin, Urteil vom 22.11.2005 S 81 KR 3778/04 Orlowski in: Maaßen/Schermer/Wiegand/Zipperer, SGB V, § 35 Randnr. 6 c). Alle Kortison-Sprays in den aufgeführten Darreichungsformen dienen der Behandlung derselben Krankheiten auf dieselbe Weise.

Dies gilt, selbst wenn die Verabreichung von Beclometason in extrafeiner Form gegenüber der von Beclometason herkömmlicher Form eine unterschiedliche Bioverfügbarkeit darstellte. Unterschiedliche Bioverfügbarkeiten wirkstoffgleicher Arzneimittel, die für die Therapie bedeutsam sind, sind nämlich nach § 35 Abs.1 Satz 2 SGB V (nur) zu berücksichtigen. Daraus folgt bereits nach dem Wortlaut, dass dieser Unterschied zu beachten ist, jedoch kein Sachkriterium ist, welches eine Vergleichbarkeit im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 oder Nr. 3 SGB V ausschließt. Ein solches Auslegungsergebnis steht auch im Einklang mit dem generellen Zweck der Festbetragseinführung, zu einer möglichst wirtschaftlichen Arzneimittelversorgung der Versicherten zu führen. Nach dem Gesetz ist zur Berücksichtigung einer derartigen Unterscheidung in § 35 Abs. 1 Satz 5, Abs. 3 SGB V ausdrücklich die Ermittlung des Festbetrages aufgrund der tatsächlichen Wirkung in Form der rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder anderer geeigneter Vergleichsgrößen vorgesehen.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegner sind unterschiedliche Bioverfügbarkeiten wirkstoffgleicher Arzneimittel allerdings nicht nur innerhalb einer Festbetragsgruppe nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V (derselbe Wirkstoff) zu berücksichtigen. § 35 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz SGB V bezieht sich auf den ersten Halbsatz, der die Kriterien für alle Festbetragsgruppen enthält. Wirkstoffgleiche, aber unterschiedliche Arzneimittel können, wie der vorliegende Fall zeigt, auch in einer Festbetragsgruppe nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V auftreten. Aus welchen Gründen dann ein Abstellen auf die Bioverfügbarkeit ausgeschlossen sein soll, erschließt sich nicht.

Es ist ferner nicht ersichtlich, dass die betreffenden Aerosole nicht zu einer einzigen Festbetragsgruppe zusammengefasst werden dürften. Unter Hinweis auf das sachverständige Gutachten führt der G-BA hierzu aus, therapeutisch wirksame Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Arzneimitteln gäbe es heute nicht mehr.

2.1.4 Nach summarischer Prüfung hat der Senat allerdings Bedenken, ob die Festbetragsfestsetzung auf einer "anderen geeigneten Vergleichsgröße" nach § 35 Abs. 1 Satz 5, Abs. 3 Satz 1 SGB V beruht. Aus den Vorschriften ergibt sich aus Sicht des Senats der zwingende gesetzliche Auftrag an den G-BA und die Spitzenverbände der Krankenkassen, zur Vorbereitung der Festbetragsfestsetzung als Basis für alle einbezogenen Medikamente den (kleinsten) gleichen gemeinsamen Nenner gleicher therapeutischer Wirkung zu ermitteln. Nur dann ist bei Festbetragsgruppen der Nummern 2 und 3 gewährleistet, dass die Vergleichsgröße sachgerecht ist. Alleine dann ist sichergestellt, dass bei gleicher Packungsgröße für das wirksamere Arzneimittel ein höherer Preis zu zahlen ist, wie dies das BSG im Urteil vom 24.11.2004 richtig fordert. Kann ein solcher gemeinsamer Nenner nicht gebildet werden (z. B. weil neben der Wirkstoffkonzentration andere Faktoren berücksichtigt werden müssten), erzwingt die Vorschrift, von einer gemeinsamen Gruppe nach § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB V abzusehen. Dass das BSG seine allgemeine Aussage, ein wirkstärkenhöheres Arzneimittel müsse einen höheren Festbetrag zugeordnet bekommen als ein wirkstärkenniedrigeres Arzneimittel, nur im entschiedenen Fall einer Rechtsverordnung nach § 35 a SGB V zu ACE-Hemmern für einschlägig gehalten habe könnte, ist nicht ersichtlich. Sowohl das SGB V wie auch die Grundrechte gelten unabhängig von der Art der Medikamente.

Dass auf die tatsächliche Wirkung als dem gemeinsamen Nenner abzustellen ist, ergibt sich aus der gesetzlichen Vorgabe, von rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen auszugehen. Die Tages- oder Einzeldosen können sich neben dem reinen Wirkstoff bzw. der Wirkstoffkombination auch aus anderen Faktoren ergeben, z. B. – wie hier von der Antragstellerin behauptet– unterschiedlicher Galenik. Weitere Faktoren neben der hier im Streit stehenden Bedeutung der unterschiedlichen Galenik können beispielsweise auch unterschiedliche Verabreichungsmethoden ("Applikationssysteme") sein, wie dies der G-BA im konkreten Beschluss angeprüft, (und mit der Begründung mangelnder Relevanz) abgelehnt hat. Wenn es gerade bei den Kortisonsprays darauf ankommt, den Wirkstoff richtig ein- und wieder auszuatmen, dürften Hilfen, die dies gewährleisten, von praktischer Therapierelevanz sein. Dass die Darreichungsform auch in den Fällen eine unbeachtliche "Compliance" sein soll, in denen durch eine bestimmte Anwendung die aufgenommene Wirkstoffmenge reduziert werden kann, wie dies der G-BA lapidar meint, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Betrachtet man z. B. bei den Aerosolsprays, bei denen es wichtig ist, das Gas-Wirkstoffgemisch richtig ein- und auszuatmen, die Patientenzielgruppe Kinder, dürfte es für die therapeutische Wirkung von erheblicher Relevanz sein, ob ein Spray einen Fehlgebrauch gar nicht erst zulässt oder nicht. Der Auffassung, für Geeignetheit im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 5 SGB V reiche es aus, dass die Vergleichsgröße den mit ihr verfolgten Zweck mindestens fördere, ist nicht zuzustimmen. Es geht hier nicht darum, ob –wie bei der Verfassungskontrolle eines Gesetzes auf seine Geeignetheit hin- der als wünschenswert bezeichnete Effekt überhaupt erzielt wurden, ob also zum Beispiel das "Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung" vom 26. April 2006 tatsächlich die Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung verbessert, sondern das Gesetz stellt die Voraussetzung gleicher Zweckerreichung auf wie bei der Zugrundelegung der rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen.

Die Berücksichtigung anderer Umstände, welche in der konkreten Therapie die Wirkung beeinflussen, ergibt sich ferner auch aus § 35 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz SGB V ("unterschiedliche Bioverfügbarkeiten wirkstoffgleicher Arzneimittel sind zu berücksichtigen, sofern sie für die Therapie bedeutsam sind"). Führt die "Berücksichtigung" nicht bereits zu unterschiedlichen Gruppenbildungen, muss sie zwingend Einfluss auf die Vergleichsgröße haben, soweit sie für die Therapie bedeutsam ist.

Das Argument der Antragsgegner, die therapeutische Wirksamkeit solle (nur) im Rahmen des § 35 b SGB V von Beachtung sein, ist contra legem. Die zuvor genannten Vorschriften stellen –wie ausgeführt- selbst auf die Therapiewirksamkeit ab.

Die Antragsgegner können sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sich das System der sogenannten DDD für die Festbetragsfestsetzung angesichts der zu großen individuellen Therapieunterschiede als untauglich herausgestellt habe. Das Gesetz gibt als gemeinsamen kleinsten Nenner die mittleren Tages- oder Einzeldosen vor und erlaubt ersatzweise lediglich andere (gleich) geeignete Vergleichsgrößen. Der Gesetzgeber misst der Vergleichsgröße der DDD zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit nach wie vor große Bedeutung zu. So sollen gem. § 73 Abs. 8 Satz 4 SGB V die Vertragsärzte über die Kosten der Arzneimittel je Tagesdosis informiert werden. Das DDD-Vergleichsmodell hat auch in § 84 Abs. 7 a SGB V (eingeführt zum 01.05.2006 durch das AVMG) gesetzliche Anerkennung gefunden, worauf die Antragstellerin zutreffend hinweist.

Durch die Berücksichtigung aller therapierelevanten Umstände als Faktoren für "gleich geeignete Vergleichsgröße" ist auch gewährleistet, dass Arzneimittelinnovationen (auch außerhalb des Patentschutzes) adäquat berücksichtigt werden (ebenso zur Sachgerechtigkeit der Gruppenbildung: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.09.2000 – L 5 KR 11/95 – Juris).

Dass kein therapeutisch relevanter Faktor unter den Tisch fallen darf, erzwingt letztlich auch das gesetzgeberische Gebot, Wirtschaftlichkeitsreserven auszuschöpfen. § 35 Abs. 5 Satz 2 SGB V soll sich an der möglichst preisgünstigsten Versorgungsmöglichkeit ausrichten (so ausdrücklich BVerfGE 106, 275,300). Der Preiswettbewerb soll wirksam sein. Dies gilt nicht nur für den Wettbewerb zwischen den Arzneimitteln mit vergleichbaren Wirkstoffen und/oder Wirkstärken, wie dies die Antragsgegner und der G-BA annehmen, sondern auch für andere Faktoren. Die Antragstellerin behauptet, bei einer adäquaten Berücksichtigung der Vorteile von Beclometason extrafein gegenüber dem normalen Beclometason, könnten die gesetzlichen Krankenkassen viel Geld sparen.

2.1.5 Entgegen der Auffassung der Antragsgegner ist schließlich auch nicht ersichtlich, dass die vom G-BA verwendeten "Entscheidungsgrundlagen des Unterausschusses Arzneimittel vom 15. Februar 2005" generell zu rechtmäßigen Ergebnissen nach § 35 Abs. 5 SGB V führen, indem auf die Wirkstärkenvergleichsgröße (wvg) abgestellt wird. Bei allen dort niedergelegten Berechnungsmethoden (§ 1 Vergleichsgröße für Wirkstoffe mit vergleichbarer Applikationsfrequenz; § 2 Vergleichsgröße für Wirkstoffe mit unterschiedlicher Applikationsfrequenz – hier für Beclometason angewendet – , § 3 Vergleichsgröße für Wirkstoffe mit unterschiedlichen Applikationsfrequenzen und Behandlungszeiten und in § 4 zusätzlich noch Berücksichtigung der unterschiedlichen Anzahl therapiefreier Tage) wird nur der absolute Wirkstoff berücksichtigt, also das Verhältnis des Wirkstoffes zur Gesamtmenge des Arzneimittels (hier zum Trägergas). Für die Therapie (möglicherweise) relevante weitere Faktoren bleiben unberücksichtigt, wie hier die Unterschiede in der Galenik des Wirkstoffes Beclometason. Bereits die Ausgangsprämisse greift also zu kurz, es sei grundsätzlich davon auszugehen, dass nur therapeutisch sinnvolle Wirkstärken zugelassen würden. Von therapeutischer Relevanz muss nicht nur die jeweilige einzelne Wirkstärke sein. Daran ändert auch die Verwendung der "modifizierten Gauß-Klammer-Funktion" nichts, indem die zu den im Markt verfügbaren Einzelwirkstärken ausgewiesenen Verordnungen, ermittelt nach dem prozentualen Verordnungsanteil, zunächst abgerundet und zu diesem Ergebnis dann der Wert 1 addiert wird. Auf diese Weise wird (nur) gewährleistet, dass neu zugelassene, noch nicht verordnete Wirkstärken wenigstens mit dem Wert 1 berücksichtigt werden. Auch insoweit wird nämlich nur die Wirkstärke an sich für relevant gehalten. Das System der wvg-Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen vermag bereits nicht zu erklären, weshalb es einerseits nur auf die Einzelwirkstärken ankommen soll, andererseits jedoch in § 2 und § 3 doch einzeltherapiebezogene Faktoren wie die Applikationsfrequenz und in § 3 zusätzlich die Behandlungszeit sowie nach § 4 sogar noch die unterschiedliche Anzahl therapiefreier Tage Berücksichtigung finden sollen. Wenn sich die Relevanz der Einzelwirkstärken sachgerecht in der Verordnungshäufigkeit widerspiegeln soll, ist es unlogisch, dann doch auch noch zu berücksichtigen, dass ein Arzneimittel mit einem bestimmten Wirkstoff in einer bestimmten Einzelwirkstärke statt wie üblich viermal täglich nur dreimal täglich und nicht für fünf Tage sondern nur für vier Tage eingenommen werden soll (vgl. hierzu die Begründung des G-BA in der Festbetragsgruppenfestsetzung zur "Berücksichtigung eines Applikationsfaktors für Mometason und Budesonid").

Die so verwendete Vergleichsgröße ist nur in der Lage zur Marktabbildung der einzelnen Wirkstärken. Sie ist als Vergleichsgröße ungeeignet, wenn – wie hier von der Antragsgegnerin behauptet – ein für die Therapie wichtiger weiterer Faktor unberücksichtigt bleibt. Die Antragstellerin weist aus Sicht des Senats zutreffend darauf hin, dass die Verordnungspraxis ein in Bezug auf § 35 Abs. 1 Satz 5, Abs. 5 SGB V möglicherweise verzerrtes Bild ergeben kann, wenn für einen Teil der Arzneimittel auch andere Indikationen zugelassen sind.

Aus dem zum 1. Mai 2006 neu eingeführten Abs. 1 b des § 35 SGB V, der ein überaus kompliziertes und aufwändiges Verfahren zur Feststellung einer therapeutischen Verbesserung nach Abs. 1 Satz 3 zweiter Halbsatz und Abs. 1 a Satz 2 SGB V vorsieht, kann nicht gefolgert werden, dass die Anforderungen an die Vergleichsgrößenbildung (nunmehr) geringer (geworden) sind. Abgesehen davon, dass § 35 Abs. 1 Satz 5 und Abs. 3 SGB V ältere Vorschriften sind, regelt der neue Abs. 1b etwas anderes, nämlich Umstände, bei deren Vorliegen bestimmte Arzneimittel nicht in Festbetragsgruppen nach § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB V aufgenommen werden dürfen.

Die Annahme, die Berücksichtigung von weiteren Faktoren sei angesichts des möglicherweise erforderlichen Ermittlungsaufwandes nicht möglich, ist so generell formuliert mit dem Gesetz nicht vereinbar. Auf die Ausführungen unter 2.1.4 wird verwiesen.

2.1.6 Bei summarischer Betrachtung spricht einiges dafür, dass die konkrete Vergleichsgrößenfestsetzung möglicherweise rechtswidrig ist, weil die entsprechenden Behauptungen der Antragstellerin plausibel sind, also als relevanter Faktor nicht berücksichtigt wurde, dass bei Beclometason in extrafeiner Form bei gleicher Wirkstärke eine niedrigere Dosierung vorgenommen werden kann.

Die Antragstellerin kann sich für ihr diesbezügliches Vorbringen auf die Arzneimittelzulassung und die hierfür eingeführten Studien berufen. Das BfArM bestätigt im Schreiben vom 11. September 2003 eine Lungendepositionsverbesserung um den Faktor 2 bis 2,5. Die Antragsgegner bestätigen diesen Effekt indirekt, indem sie auf die Fachinformationen verweisen. Laut Zulassung sei eine geringere Applikationshäufigkeit vorgesehen, allerdings nicht mehr ab der Wirkstärke 400 µg. Auf die Bestätigung in den Fachinformationen weist die Antragstellerin zutreffend in ihrem jüngsten Schriftsatz vom 28.11.2006 hin. Aus dem Umstand, dass die Mindestapplikation nicht niedriger ist als bei Beclometason herkömmlicher Galenik, und der hohen empfohlenen Maximaldosierung in den Fachinformationen ist zwar zutreffend ein Indiz dafür zu entnehmen, dass in jedem Fall eine individuelle Therapie nötig ist, worauf die Antragsgegner zutreffend hinweisen. Dies erlaubt allerdings nicht den Schluss, die Galenik sei für die Therapie irrelevant, zumal nach den Hinweisen der Antragstellerin im Schriftsatz vom 28.11.2006 die Höchstdosierung (entgegen den Behauptungen der Antragsgegner) niedriger ist als bei Beclometason in herkömmlicher Partikelgröße.

Gegen eine relevante Unterscheidung spricht jedoch, dass die Arzneimittel der Klägerin nicht vermehrt verschrieben werden, obgleich sie (theoretisch) die geeigneteren Arzneimittel darstellen müssten.

Soweit die Antragsgegner den behaupteten Effekt geringerer Nebenwirkungen mit der Anwendungsregel widerlegen wollen, alle Patienten sollten generell nach der Anwendung den Mund gut ausspülen und anschließend das Wasser ausspucken, erscheint dies als Argument völlig ungeeignet. Es geht hier nicht um die Nebenwirkungen falscher Anwendungen, sondern um die Nebenwirkungen bei richtiger Anwendung.

Im Beschluss des G-BA heißt es (zur Frage etwaiger Ausgruppierung) lediglich, die aktuellen Fachinformationen ergäben keine relevanten Unterschiede. Hinsichtlich des entsprechenden Einwandes zur Vergleichsgrößenermittlung führt die Begründung des Beschlusses nur (auf Seite 32) aus, aus den aktuellen Fachinformationen ließe sich die behauptete Depositionsrate nicht verifizieren.

Die Relevanz der behaupteten therapeutischen Verbesserung wird im Hauptsacheverfahren geklärt werden müssen. Dazu ist der vom G-BA hinzugezogene Gutachter anzuhören. Der G-BA wird zu erklären haben, weshalb die Unterlagen aus der Arzneimittelzulassung nicht herangezogen wurden.

Bei der Frage, ob § 35 Abs. 1 Satz 5 Abs.3 SGB V eingehalten ist, werden sich die Antragsgegner und der G-BA kaum auf einen (gesetzgeberischen) Beurteilungsspielraum berufen können. Die Einhaltung des gesetzlichen Rahmens, der die Kompetenzen zur Setzung der Richtlinien als untergesetzliche Normen erlaubt, ist voll gerichtlich überprüfbar ebenso wie die Zugrundelegung des richtigen und vollständigen Sachverhaltes und der Logik etwaiger Schlüsse.

2.1.7 Weitere (mögliche) Mängel der Festsetzung durch den G-BA sind nicht ersichtlich. Insbesondere ergibt sich aus der Begründung, dass die für die Antragstellerin nicht nachvollziehbare Änderung der Vergleichsgröße der gewichteten Wirkstärkensumme von 0,1 im Entwurf auf letztlich 0,09 der Verwendung neuerer Verordnungszahlen geschuldet ist. In der Begründung heißt es, die Ermittlung der Vergleichsgrößen sei aktualisiert und erfolge auf der Basis der Verordnungsdaten des Jahres 2004.

2.2 Mängel der konkreten Preisfestsetzung durch die Antragsgegner in originärer Zuständigkeit nach § 35 Abs. 5 Satz 2 SGB V selbst sind für den Senat nicht ersichtlich.

2.3 Sollte die Festbetragsfestsetzung auf einer fehlerhaften Vergleichsgrößenbildung beruhen, spricht viel dafür, dass die Antragstellerin dadurch auch in eigenen Rechten verletzt ist.

2.3.1 Marktbezogene Regelungen, auf die die Marktteilnehmer treffen, definieren nur den Schutzbereich des Grundrechtes aus Art. 12 Abs. 1 GG (Neumann in FS 50 Jahre BSG 2004 S. 245,260). Es ist aber beeinträchtigt, wenn der Staat das Verhalten der Unternehmer im Wettbewerb regelt. Dafür "genügt, dass durch staatliche Maßnahmen der Wettbewerb beeinflusst und die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit dadurch behindert wird" (BVerfG, B. v. 25.03.1992 – 1 BvR 298/06 – BVerfGE 86, 28, 37 mit weiteren Nachweisen). Die Arzneimittelhersteller können deshalb erfolgreich gerichtlichen Rechtschutz gegen solche staatlichen Maßnahmen beanspruchen, die den Wettbewerb mit ihren Konkurrenten verfälschen (BSG, Urteil vom 31.05.2006 – B 6 KA 13/05 R- Rdnr. 34f mit Bezug auf BSGE 94, 1). Ein Hersteller wird im Wettbewerb benachteiligt, wenn die besondere therapeutische Qualität seines Arzneimittels durch Gleichbewertung mit andersartigen Konkurrenzprodukten verneint wird und dieses Arzneimittel als durch andere gleichwertig ersetzbar erscheint (BSG, Urteil vom 31.05.2006 Randnr. 35). Einen solchen Fall darf es nämlich nach dem SGB V selbst nicht geben. Hier könnte die Antragstellerin demnach in ihrem Teilhabegrundrecht aus Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG verletzt sein, wenn die Gleichbehandlung ihrer Produkte mit denen mit dem Wirkstoff Beclometason anderer Galenik zu Unrecht erfolgt ist. Ob in jedem Fall bei einer rechtswidrigen Festbetragsfestsetzung subjektive Rechte durch einen relevanten Eingriff in den Wettbewerb verletzt sein können, braucht selbst im Hauptsacheverfahren nicht entschieden zu werden. Dagegen spricht, dass nicht jede rechtswidrige Gruppen- bzw. Vergleichsgrößen- bzw. Festbetragsfestsetzung kausal zu Umsatz- bzw. Gewinnrückgängen führen muss. Gerade der Wettbewerb der Arzneimittelhersteller untereinander ist unstreitig auch von anderen Faktoren geprägt (Therapiehinweise, Bekanntheit eines Medikaments bei den Ärzten und damit -last but not least – der jeweils betriebene Werbeaufwand). Der Staat setzt zwar einseitig den Preis fest, damit ist aber die Nachfrage noch nicht abschließend geregelt.

2.3.2 Eine relevante Wettbewerbsverzerrung liegt jedoch in jedem Fall dann vor, wenn die Festbetragsregelung eine Ausrichtung der unternehmerischen Ziele am Gesetz und ein Handeln in Einklang mit den gesetzgeberischen Zielvorstellungen (hier konkret: Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven) nicht nur nicht belohnt, sondern sogar bestraft. Der Staat verzerrt den Wettbewerb, wenn er die Nachfrage konträr zu seinen eigenen gesetzlichen Zielvorstellungen beeinflusst, sich also widersprüchlich verhält. Daraus resultierende Begünstigungen muss ein Wettbewerber nicht hinnehmen (vgl. BVerfG, Bs. v. 12.06.1990 BVerfGE 82, 209, 223f). Das Vorliegen einer solchen Situation behauptet die Antragstellerin: sie fühlt sich doppelt benachteiligt. Zum einen hält sie den Festbetrag für ihre Produkte mit Beclometason extrafein für zu gering. Zum anderen erhalten aus ihrer Sicht die Anbieter von Beclometason herkömmlicher Galenik zu Unrecht höhere Festbeträge als vorher, obwohl die Behandlung mit deren Arzneimitteln teurer ist und sogar eine schlechtere Therapie für die Patienten darstellt, weil die Nebenwirkungen höher sind.

Gegen eine Verletzung subjektiver Rechte spricht allerdings, dass nicht sicher ist, dass bei einer Fehlerbeseitigung (d. h. Zugrundelegung einer adäquaten Vergleichsgröße) ein für die Antragstellerin günstigerer Festbetrag resultieren muss. Es ist nicht ersichtlich, dass der Antragstellerin ein Recht zustehen könnte, ihre Produkte aus der Festbetragsgruppenbildung gänzlich herauszunehmen. Eine bloße Herausnahme der Produkte der Antragstellerin widerspräche den grundsätzlichen Interessen am möglichst umfassenden Einsatz dieses Instruments zur Kostensenkung. Gegen eine relevant kausale Wettbewerbsbenachteiligung spricht auch insoweit, dass Umsatz und Gewinn primär von der Zahl der ärztlichen Verordnungen abhängen. Außerdem kann davon ausgegangen werden, dass Vorteile eines bestimmten Arzneimittels wie geringere Nebenwirkungen die Patienten dazu bewegen können, höhere Zuzahlungen zu akzeptieren (vgl. in diesem Sinne LSG Berlin, Beschluss vom 26.10.2000 – L 9 B 97/00 KR ER; von den Antragsgegnern eingeführt).

2.4 Da danach weder sicher von einem Erfolg der Hauptsachenklage ausgegangen, noch ihr Scheitern prognostiziert werden kann, hat sich die gerichtliche Ermessensentscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes an der Interessenlage zu orientieren. Die Antragstellerin hat hier ihr Interesse primär durch die Umsatzverluste beziffert, welche ihr durch die Absenkung der Festbeträge für ihre Produkte entstanden sind bzw. noch entstehen. Sie hat nicht vorgebracht, durch die Umsatzrückgänge in ihrer unternehmerischen Existenz gefährdet zu sein, wenn sie ihr etwa zustehende höhere Festbeträge erst nach rechtskräftiger Klärung nachbezahlt erhielte. Hingegen hat das SG bereits zutreffend darauf abgestellt, dass es für die Krankenkassen einen unzumutbaren großen Aufwand darstellte, im Falle der aufschiebenden Wirkung der Klage nach ihrer rechtskräftigen Erfolglosigkeit von den Versicherten die von diesen zwischenzeitlich ersparten Zuzahlungen einzufordern. Diese Beträge müssten praktisch abgeschrieben werden.

Die Neueinführung des § 130a Abs. 3a SGB V hat für die Interessenabwägung keinen entscheidenden Einfluss. Zutreffend weisen die Antragsgegner darauf hin, dass hinsichtlich § 130a Abs. 3 a SGB V der Preisstand vom 1. November 2005 maßgeblich ist, hingegen die streitgegenständliche Festbetragsfestsetzung die (niedrigeren) Festbeträge erst ab 1. Januar 2006 vorgeschrieben hat. Soweit die Antragstellerin befürchtet, ihr Schaden liege nicht nur in den bezifferbaren Umsatzrückgängen, sondern darüber hinaus in einer Verschlechterung ihrer Marktsituation im Bezug auf die bevorzugten Konkurrenten, ist auch insoweit nicht ersichtlich, dass sie einen etwaigen Schaden nicht im oder im Anschluss an das Hauptsacheverfahren geltend machen könnte. Sollte die Festbetragsregelung abzuändern sein, werden die Antragsgegner zu prüfen haben, ob die neue Regelung für die Vergangenheit die Wettbewerbsverzerrung zugunsten der Produkte der Antragsteller auszugleichen hat (etwa, indem ihre Produkte nachträglich aus der Festbetragsgruppe herausgenommen werden), hingegen die – an sich gebotene – generelle Ausrichtung der Festbetragsregelung aus Wirtschaftlichkeitsgründen am Wirkstoff Beclometason extrafein nur mit Wirkung für die Zukunft erfolgen könnte. Soweit möglicherweise nicht alle etwaigen Schäden ausgleichbar sein könnten, weil möglicherweise zwar Versichertengelder in hohem Umfang durch die falsche Festbetragsfestsetzung verschwendet sein könnten, ohne dass andererseits der entgangene Gewinn des Antragstellers bezifferbar sein könnte, wäre wohl zur Vermeidung das bislang von der Antragstellerin angestrebte Verfahren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage von vorneherein ungeeignet gewesen. Sie begehrt nämlich nicht im Wege einer einstweiligen Anordnung eine andere Festbetragsregelung welche die Wettbewerbsverzerrung zu ihren Gunsten, jedoch zu Lasten ihrer Konkurrenten zum Inhalt haben soll. In der Hauptsache geht es (bislang) nicht auch um ein Verpflichtungsbegehren.

Im Übrigen haben die Antragsgegner als mittelbare staatliche Verwaltung die (Amts-)Pflicht zur Prüfung der Rechtslage, da sie an Gesetz und Recht gebunden sind (Art. 20 Abs. 3, 1 Abs. 3 GG). Sie dürfen rechtswidrige Rechtsnormen nicht einfach anwenden, sondern haben auf die Schaffung rechtmäßiger Zustände hinzuwirken. Jedenfalls bei untergesetzlichen Normen geht der Vorrang der höherrangigen Norm vor (so zutreffend Jarass in Jarass/Pieroth GG, 7. Auflage 2004 Art. 20 Randnr. 40).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VWGO. Der Streitwert war auf 1.000.000 EUR zu schätzen nach § 197 a SGG i. V. m. §§ 53 Abs. 3 Nr. 4, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz und trägt dem Umstand Rechnung, dass vorliegend nicht die Hauptsache, sondern eine Entscheidung im vorläufigen Rechtschutzverfahren streitbefangen ist. Grundlage der Schätzung sind die Angaben der Antragstellerin zu dem ihr entgangenen Gewinn.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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