Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 87 KR 595/99
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 13/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte den Kläger zu Recht als Arbeitgeber zur Zahlung von Gesamtversicherungsbeiträgen und zur Umlage von Lohnfortzahlungsbeiträgen in Höhe von 39.249,22 DM (20.067,81 EUR) für die Arbeitnehmer der Firma A M, P hergezogen hat.
Am 22. Mai 1992 meldete A M beim Gewerbeamt der Stadt P Ffirma mit Firmensitz in der D Str., P (seiner Wohnadresse) an. Die Firma wurde am 15. Juni 1993 abgemeldet und am 18. Dezember 1993 erneut in der DStr. angemeldet; zuletzt ist sie am 28. Dezember 1993 nach B verlegt worden. Unter der Firmenadresse S Straße, P, dem damaligen Wohnsitz des Klägers, wurde am 17. Juni 1993 die Firma F-Bau (Innenausbau und Renovierung) an- und am 2. September 1993 wieder abgemeldet sowie in der Folge unter derselben Adresse am 13. September 1993 die Firma H B (Spachtelarbeiten an Wänden) angemeldet. Die Firma verlegte am 19. Januar 1994 ihren Sitz in die D Str., wo H B gemeldet war, und wurde zum 1. März 1994 abgemeldet. Unstreitig fungierten die Inhaber der zuletzt genannten Firmen lediglich als "Strohfrau" bzw. "Strohmann" für den Kläger, der tatsächlich Inhaber der Betriebe war, dem aber aufgrund der innegehabten Aufenthaltsgenehmigung selbständige Erwerbstätigkeiten nicht gestattet waren. Mit beiden Firmeninhabern bestanden schriftliche Vereinbarungen, wonach die in der Gewerbsanzeige genannten Person keinerlei finanzielle Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Betrieb treffen sollten (dazu die Vernehmung der B F am 31. Mai 1994 und des H B am 17. September 1994 sowie Vereinbarung zwischen B F und dem Kläger vom 30. Juni 1993). Die Ermittlungsverfahren gegen B F und H B wurden gemäß § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) eingestellt.
Bei einer Durchsuchung der Geschäftsräume im Zuge der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wurde ein Notizbuch des Klägers sichergestellt, in dem unter anderem auch Namen (großteils nur Vornamen) der bei A M beschäftigen Personen aufgelistet waren. A M wurde von der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der illegalen Beschäftigung von Ausländern nicht vernommen, da er nach Auskunft seines Sohnes M M, der in diesem Betrieb beschäftigt war, nur Strohmann für den Kläger gewesen sei (Bericht der Polizeiinspektion N vom 12. Juli 1994 und Protokoll der Vernehmung des M M am 11. Juli 1994). Im Verlauf der Ermittlungen stellte sich ferner heraus, dass A M in der Zeit vom 2. April 1990 bis zum 28. Februar 1994 bei einer anderen Firma sozialversicherungspflichtig beschäftigt war. Das Ermittlungsverfahren gegen A M wurde am 29. September 1994 eingestellt. Nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 7. März 1995 gegenüber A M für nicht gemeldete Arbeitnehmer Beitragsforderungen in Höhe von 42.531,79 DM geltend gemacht hatte, nahm sie diesen Bescheid mit Bescheid vom 27. Februar 1996 zurück, da die Pflicht, Sozialversicherungsbeiträge abzuführen, ihm nicht oblegen habe, sondern dem Kläger als alleinigem Geschäftsführer.
Am 22. Februar 1994 gab der Kläger bei der Beklagten an, nur für die Firmen Fund B als Arbeitgeber verantwortlich gewesen zu sein.
Im Jahre 1995 stellte die Beklagte Ermittlungen zum Aufenthaltsort des Klägers an. Eine Anfrage vom 19. Januar 1995 ergab, dass der Kläger am 24. Januar 1995 in B polizeilich gemeldet war. Am 2. März 1995 konnte dort jedoch ein Bescheid nicht zugestellt werden, da er am 7. Februar 1995 nach B verzogen war, was er ordnungsgemäß bei der Meldebehörde angezeigt hatte. Mit Bescheid vom 10. April 1996 machte die Beklagte gegenüber dem Kläger Beitragsforderungen in Höhe von 42.531,79 DM für in der Zeit vom Januar 1992 bis März 1993 bei der Firma M beschäftigte, zum Teil unbekannte ausländische Arbeitnehmer geltend. Den Bescheid stellte sie öffentlich zu.
Am 26. November 1997 legte der Kläger gegen diesen Bescheid sowie gegen den nicht streitgegenständlichen Bescheid vom 12. Mai 1995, mit dem Beiträge in Höhe von 6.531,83 DM für Arbeitnehmer der Firma B F geltend gemacht worden waren, Widerspruch ein, nachdem er im Rahmen von Vollstreckungshandlungen von den Bescheiden Kenntnis erlangt hatte. Mit Schreiben vom 19. Januar 1998 erkannte er die Beitragsforderung wegen der Arbeitnehmer der Firma B F an, wandte sich aber dagegen, als Arbeitgeber für die Firma A M herangezogen zu werden. A M habe maßgeblichen Einfluss auf die Einstellung und Beschäftigung der Arbeitnehmer gehabt. Vor allem habe er die Einstellung der polnischen Arbeitnehmer M, J und W veranlasst, für die er auch die Arbeitserlaubnisse beantragt habe, sowie die Einstellung seines Sohnes. Der Kläger sei davon ausgegangen, dass für diese Arbeitnehmer A M auch die Sozialversicherungsbeiträge gezahlt habe. Er, der Kläger, sei allenfalls teilweise für die aufgelaufenen Beitragsschulden verantwortlich, so dass ein Anerkenntnis hinsichtlich dieser Beitragsschuld nicht abgegeben werden könne. Im Außenverhältnis seien zumeist die beiden Söhne des A M für die Firma aufgetreten. Deren entlastende Aussagen im strafrechtlichen Verfahren seien schon wegen des Verwandtschaftsverhältnisses in Zweifel zu ziehen. Er, der Kläger, habe keine Vollmachten zum Abschluss von Verträgen gehabt. Die Einnahmen der Firma seien auf das Konto des A M geflossen. Im Übrigen seien die Arbeitnehmer im angefochtenen Bescheid zum Teil doppelt aufgeführt, so dass sich allenfalls eine Beitragsforderung in Höhe von 31.081,51 DM ergebe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 1999 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unzulässig zurück. Weder bei der Staatsanwaltschaft noch beim Landgericht D sei im April 1996 die Anschrift des Klägers bekannt gewesen, so dass die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung nach § 37 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) iVm Artikel 15 Abs. 2 Satz 2 des Bayerischen Verwaltungs- Zustellungs- und Vollstreckungsgesetzes vorlegen hätten. Durch die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft D sei die Arbeitgebereigenschaft des Klägers hinreichend bewiesen. Die Einstellung des Verfahrens gegen ihn sei lediglich nach § 153 Abs. 1 StPO erfolgt, weil weitere umfangreiche Ermittlungen im Ausland nach Ablauf von 3 Jahren nicht mehr als verhältnismäßig angesehen worden seien. Unter Berücksichtigung der Aufstellung aus dem Notizbuch verringere sich die Beitragsnachforderung für die Gesamtsozialversicherungsbeiträge und die Umlangen nach dem Lohnfortzahlungsgesetz auf 39.249,22 DM.
Hiergegen hat der Kläger Klage beim Sozialgericht (SG) Dresden erhoben, die mit Beschluss vom 19. Juli 1999 an das zuständige SG Berlin verwiesen worden ist. Das SG Berlin hat die Deutsche Rentenversicherung Niederbayern-Oberpfalz und die Bundesagentur für Arbeit beigeladen. Mit Urteil vom 6. Januar 2003 hat es den angefochtenen Bescheid vom 10. April 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 1999 aufgehoben. Der Widerspruch habe nicht als unzulässig, weil verfristet zurückgewiesen werden dürfen, da der Bescheid vom 10. April 1996 nicht wirksam öffentlich zugestellt worden sei. Zwar sei der Kläger wegen unbekannten Aufenthalts im Jahre 1994 zur Fahndung mit Haftbefehl ausgeschrieben gewesen. Diese Ereignisse hätten aber in erheblicher zeitlicher Ferne zur öffentlichen Zustellung gelegen. Eigene Ermittlungen zum Aufenthalt habe die Beklagte unmittelbar vor der Entscheidung zur öffentlichen Zustellung nicht mehr durchgeführt. Die Beklagte sei daher ihrer Prüfungspflicht vor Durchführung einer öffentlichen Zustellung nicht ausreichend nachgekommen. Der Bescheid vom 10. April 1996 sei rechtswidrig. Der Kläger sei nicht als Arbeitgeber im Sinne von § 28e Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) anzusehen. Bei einem Einzelunternehmen sei Arbeitgeber allein der Träger des Einzelunternehmens. Davon ausgehend sei als Arbeitgeber A M anzusehen, wie sich aus der Gewerbeauskunft der Stadt P ergebe. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger der Inhaber des Einzelunternehmens M gewesen sei, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Ob er angestellter Bauleiter oder Geschäftsführer gewesen sei, könne dahin stehen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie ist der Auffassung, das SG habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Kläger zwar formal nicht der Inhaber des Betriebes, aber in dem Betrieb der eigentliche Chef gewesen sei. Der Kläger habe stets mit derselben Praxis gearbeitet, nämlich Dritte als Unternehmer benutzt, um selbst der eigentliche Betriebsinhaber zu sein. Vor dem Hintergrund weiterer Ermittlungen des Senats, wonach durch eine Rückfrage in der Gemeinde B, dem zuletzt bekannten Wohnort des Klägers, im Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides ohne weiteres der aktuelle Wohnort des Klägers bekannt geworden wäre, hat sie den Verzicht auf die Geltendmachung der Beiträge auf das Jahr 1992 entfallenden Beiträge im Vergleichswege angeboten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 6. Januar 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat im Termin zur mündlichen Verhandlung dargelegt, dass er im Betrieb des A M, seines Onkels, keine Entscheidungsbefugnisse gehabt habe. Die Firma sei von der Familie seines Onkels, also dem Onkel selbst und seinen Söhnen, geführt worden. Der Onkel sei zwar sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen, aber nicht in einem Umfang, der für den Unterhalt der Familie ausgereicht habe. Er - der Kläger – habe die Bauleitung für den Onkel übernommen gehabt. Der Onkel habe sämtliche Einnahmen aus dem Betrieb für sich und seine Familie vereinnahmt und ihm nur unregelmäßig Geld zugesteckt. Ein festes Gehalt oder eine Gewinnbeteiligung seien nicht vereinbart gewesen. Im Frühsommer 1993 habe sich die Familie M entschieden, nach B umzuziehen und dort ein Restaurant zu eröffnen. Die Firma in P habe geschlossen werden müssen. Daraufhin habe er sich entschlossen, selbst eine Firma zu gründen und B F überredet, für ihn die Firma anzumelden. Dies sei dann seine Firma gewesen, was im Innenverhältnis schriftlich so vereinbart gewesen sei. Auch nach außen sei leicht erkennbar gewesen, dass es sich eigentlich um seine Firma gehandelt habe. So sei der Geschäftsverkehr über seine Adresse abgewickelt und entsprechend auch die Rechnungen ausgestellt worden, so dass alle Zahlungen unmittelbar auf sein Konto überwiesen worden seien. Im Laufe des Jahres 1993 habe B F die Firma nicht mehr weiter für ihn halten wollen, so dass er sich an sich an H B gewandt habe, der in der Folge für ihn als Strohmann aufgetreten sei. Auch H B sei nicht mit an der Führung des Geschäfts beteiligt gewesen.
Die Beigeladenen haben sich dem Vortrag der Beklagten angeschlossen.
Dem Senat haben die den Vorgang betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die Akten des Sozialgerichts Berlin (S 87 KR 595/99-85) vorgelegen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Zutreffend hat das SG entschieden, dass der angefochtene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt.
Entgegen der im Widerspruchsbescheid von der Beklagten vertretenen Auffassung ist der angegriffene Bescheid vom 10. April 1996 zwischen den Beteiligten nicht bindend geworden (§ 77 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Er war nicht ordnungsgemäß bekannt geben worden, so dass die Rechtsbehelfsfrist des § 84 SGG nicht in Lauf gesetzt worden ist, was das SG im Einzelnen zutreffend dargestellt hat. Nachdem im Berufungsverfahren festgestellt werden konnte, dass der aktuelle Wohnort des Klägers durch eine Rückfrage bei der letzten bekannt gewesenen Wohnortgemeinde ohne Weiteres hätte ermittelt werden können, hält auch die Beklagte offenbar nicht mehr an ihrer ursprünglichen Rechtsauffassung fest. Der Senat nimmt daher auf die Begründung insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug (§ 153 Abs. 4 SGG).
Der danach rechtzeitig mit dem Widerspruch angegriffene Bescheid ist rechtswidrig, weil die Beklagte den Kläger zu Unrecht als Arbeitgeber für die streitigen Beitrags- und Umlageforderungen in Anspruch genommen hat.
Beitragsansprüche, die nicht rechtzeitig erfüllt worden sind, hat die Beklagte als Einzugsstelle nach § 28h Abs. 1 Satz 2 SGB IV gegenüber dem Arbeitgeber, als Schuldner des Gesamtversicherungsbeitrages (§ 28e SGB IV) geltend zu machen.
Eine Legaldefinition für den Begriff "Arbeitgeber" existiert nicht. Die Rechtsprechung definiert ihn als denjenigen, der einen anderen beschäftigt, zu dem der Beschäftigte also in persönlicher Abhängigkeit steht (vgl. § 7 SGB IV). Da eine Beschäftigung dann vorliegt, wenn die Unterordnung unter ein Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung umfassendes Weisungsrecht des Arbeitgebers und eine Eingliederung in den Betrieb erfolgt, ist Arbeitgeber in der Regel der Betriebsinhaber, der das unmittelbare Weisungsrecht ausübt (Seewald in Kasseler Kommentar § 28a SGB IV RdNr. 3 und § 7 SGB IV RdNr. 45a).
Entgegen der Auffassung der Beklagten steht ausgehend von diesen Grundsätzen nicht mit ausreichender Sicherheit fest, dass der Kläger der Inhaber des Betriebes war und auf dieser Grundlage gegenüber den in Bescheid aufgeführten Arbeitnehmern als deren Arbeitgeber ein Weisungsrecht ausgeübt hat. Für die Annahme der Beklagten, es habe eine Strohmannkonstruktion vorgelegen und A M sei nicht der Betriebsinhaber mit entsprechenden Dispositions- und Weisungsbefugnissen, sondern nur der vorgeschobene Betriebsinhaber gewesen, mag zwar einiges sprechen. Nachgewiesen ist dies zur Überzeugung des Senats jedoch nicht.
Dabei vermag der Senat vor allem dem Schluss der Beklagten nicht zu folgen, für das Vorliegen eines Strohmannverhältnisses spreche ohne Weiteres, dass der Kläger in der Folge solche Konstruktionen unstreitig genutzt hat, um einen Betrieb führen zu können. Dies erscheint dem Senat gerade deshalb nicht zwingend, weil diese beiden vom Kläger nicht bestrittenen Strohmannverhältnisse anders ausgestaltet waren. Die Strohfrau und der Strohmann konnten sich auf schriftliche Vereinbarungen berufen, aus denen klar hervorging, dass der Kläger Betriebsinhaber war. Die Betriebe F und B waren unter der Anschrift des Klägers angemeldet, der gesamte Geschäftsverkehr ist ohne Umwege über den Kläger abgewickelt worden. Auch die Zahlungen der Auftraggeber gingen auf dem Konto des Klägers unmittelbar ein. Der Kläger hat sich nach alledem ungewöhnlich wenig Mühe gegeben, die tatsächlichen Verhältnisse im Betrieb zu verdecken. Nachdem die Anmeldung beim Gewerbeamt erfolgt war, sind B F und H B nicht mehr nach außen für den Betrieb aufgetreten. Derartige Verhältnisse sind in Bezug auf A M nicht ermittelt worden. Dessen Betrieb ist unter seiner eigenen und nicht der klägerischen Adresse angemeldet worden. Das Vorliegen einer schriftliche Vereinbarung über das Innenverhältnis, ist von M M, dem Sohn des A M, nicht behauptet worden. Es liegen außer seiner Aussage auch keine sonstigen Aussagen (etwa von Arbeitnehmern) vor, die beschreiben würden, dass der Kläger "der Chef" der Firma war, wie dies bezüglich der Firmen F und B der Fall ist. Gegen die Inhaberschaft des Klägers spricht schließlich auch, dass der Betrieb M kurze Zeit nach Abmeldung mit demselben Betriebsziel wieder gegründet und anschließend nach B verlegt worden ist. Es gibt keinerlei Hinweise dafür, dass der Kläger zu diesem späteren Zeitpunkt etwas mit dem Betrieb zu tun hatte. Die Wiedergründung und die Verlegung des Betriebssitzes vom Wohnort des Klägers weg sprechen aber gegen die Richtigkeit der Zeugenerklärung des M M, dass die Familie M, seien es der Vater oder die Söhne, mit der Führung eines solchen Geschäfts nichts zu tun gehabt hätten, außer dass der Vater den Namen gegeben habe.
Der Kläger selbst, der im Laufe des polizeilichen Ermittlungsverfahrens nicht im Einzelnen zu den Vorwürfen hinsichtlich des Betriebes des A M vernommen worden ist, hat bei seiner Anhörung vor dem Senat nachvollziehbar geschildert, dass er zwar im Betrieb seines Onkels mitgearbeitet und dabei – etwa wie ein Vorarbeiter – die Arbeitnehmer auf dem Bau angeleitet habe. Unternehmerische Entscheidungen habe er aber nicht treffen können. Er hat bestritten, am wirtschaftlichen Erfolg des Betriebes in irgendeiner Weise unmittelbar beteiligt gewesen zu sein. Er hat vielmehr dargelegt, der Onkel habe das Geld allein verwaltet und ihm nicht einmal regelmäßig Gehalt gezahlt. Im Ergebnis habe er – der Kläger – sich deshalb entschlossen, einen eigenen Betrieb zu gründen, zumal die Familie M P verlassen habe. Nach dem vom Senat in der Verhandlung gewonnen persönlichen Eindruck des Klägers spricht alles für die Glaubhaftigkeit dieser Angaben. Er hat damit Verhältnisse geschildert, wie sie für eine Mitarbeit in einem Familienbetrieb üblich sind. Eine (Mit)Inhaberschaft am Betrieb ist dagegen nicht nachvollziehbar, wenn nicht einmal eine Teilhabe am wirtschaftlichen Ergebnis eingeräumt ist.
Für den Senat sind weitere Ermittlungsmöglichkeiten nicht ersichtlich, selbst wenn letzte Zweifel an der Richtigkeit der klägerischen Darstellung bleiben mögen. Eigene Ermittlungen zum streitigen Sachverhalt sind von der Beklagten nicht durchgeführt worden. Sie hat auch im gerichtlichen Verfahren keine weiteren Ermittlungsschritte aufgezeigt. Dem sozialgerichtlichen Verfahren ist wegen der in §§ 103, 128 SGG niedergelegten Amtsermittlungspflicht eine subjektive Beweisführungslast zwar fremd. Einen der Beteiligten können aber nach den hier geltenden Grundsätzen über die objektive Beweislast (Feststellungslast) gleichwohl nachteilige Folgen daraus treffen, dass das Gericht eine bestimmte Tatsache nach Ausschöpfung aller Beweismittel nicht feststellen kann. Dabei gilt der Grundsatz, dass jeder Beteiligte die Beweislast für diejenigen Tatsachen trägt, welche die von ihm geltend gemachte Rechtsfolge begründen (vgl. etwa BSGE 6, 70, 73; BSGE 71, 256, 260 mwN = SozR 3-4100 § 119 Nr. 7 mwN; ferner z.B. Leitherer in: Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 103 RdNr. 19a mwN). Da sich nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu gewinnenden Überzeugung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) entscheidungserhebliche Tatsachen nicht feststellen lassen, kommt es auf die objektive Beweislast an, die die Beklagte für das Vorliegen der Arbeitgebereigenschaft trägt. Die Berufung konnte damit keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte den Kläger zu Recht als Arbeitgeber zur Zahlung von Gesamtversicherungsbeiträgen und zur Umlage von Lohnfortzahlungsbeiträgen in Höhe von 39.249,22 DM (20.067,81 EUR) für die Arbeitnehmer der Firma A M, P hergezogen hat.
Am 22. Mai 1992 meldete A M beim Gewerbeamt der Stadt P Ffirma mit Firmensitz in der D Str., P (seiner Wohnadresse) an. Die Firma wurde am 15. Juni 1993 abgemeldet und am 18. Dezember 1993 erneut in der DStr. angemeldet; zuletzt ist sie am 28. Dezember 1993 nach B verlegt worden. Unter der Firmenadresse S Straße, P, dem damaligen Wohnsitz des Klägers, wurde am 17. Juni 1993 die Firma F-Bau (Innenausbau und Renovierung) an- und am 2. September 1993 wieder abgemeldet sowie in der Folge unter derselben Adresse am 13. September 1993 die Firma H B (Spachtelarbeiten an Wänden) angemeldet. Die Firma verlegte am 19. Januar 1994 ihren Sitz in die D Str., wo H B gemeldet war, und wurde zum 1. März 1994 abgemeldet. Unstreitig fungierten die Inhaber der zuletzt genannten Firmen lediglich als "Strohfrau" bzw. "Strohmann" für den Kläger, der tatsächlich Inhaber der Betriebe war, dem aber aufgrund der innegehabten Aufenthaltsgenehmigung selbständige Erwerbstätigkeiten nicht gestattet waren. Mit beiden Firmeninhabern bestanden schriftliche Vereinbarungen, wonach die in der Gewerbsanzeige genannten Person keinerlei finanzielle Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Betrieb treffen sollten (dazu die Vernehmung der B F am 31. Mai 1994 und des H B am 17. September 1994 sowie Vereinbarung zwischen B F und dem Kläger vom 30. Juni 1993). Die Ermittlungsverfahren gegen B F und H B wurden gemäß § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) eingestellt.
Bei einer Durchsuchung der Geschäftsräume im Zuge der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wurde ein Notizbuch des Klägers sichergestellt, in dem unter anderem auch Namen (großteils nur Vornamen) der bei A M beschäftigen Personen aufgelistet waren. A M wurde von der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der illegalen Beschäftigung von Ausländern nicht vernommen, da er nach Auskunft seines Sohnes M M, der in diesem Betrieb beschäftigt war, nur Strohmann für den Kläger gewesen sei (Bericht der Polizeiinspektion N vom 12. Juli 1994 und Protokoll der Vernehmung des M M am 11. Juli 1994). Im Verlauf der Ermittlungen stellte sich ferner heraus, dass A M in der Zeit vom 2. April 1990 bis zum 28. Februar 1994 bei einer anderen Firma sozialversicherungspflichtig beschäftigt war. Das Ermittlungsverfahren gegen A M wurde am 29. September 1994 eingestellt. Nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 7. März 1995 gegenüber A M für nicht gemeldete Arbeitnehmer Beitragsforderungen in Höhe von 42.531,79 DM geltend gemacht hatte, nahm sie diesen Bescheid mit Bescheid vom 27. Februar 1996 zurück, da die Pflicht, Sozialversicherungsbeiträge abzuführen, ihm nicht oblegen habe, sondern dem Kläger als alleinigem Geschäftsführer.
Am 22. Februar 1994 gab der Kläger bei der Beklagten an, nur für die Firmen Fund B als Arbeitgeber verantwortlich gewesen zu sein.
Im Jahre 1995 stellte die Beklagte Ermittlungen zum Aufenthaltsort des Klägers an. Eine Anfrage vom 19. Januar 1995 ergab, dass der Kläger am 24. Januar 1995 in B polizeilich gemeldet war. Am 2. März 1995 konnte dort jedoch ein Bescheid nicht zugestellt werden, da er am 7. Februar 1995 nach B verzogen war, was er ordnungsgemäß bei der Meldebehörde angezeigt hatte. Mit Bescheid vom 10. April 1996 machte die Beklagte gegenüber dem Kläger Beitragsforderungen in Höhe von 42.531,79 DM für in der Zeit vom Januar 1992 bis März 1993 bei der Firma M beschäftigte, zum Teil unbekannte ausländische Arbeitnehmer geltend. Den Bescheid stellte sie öffentlich zu.
Am 26. November 1997 legte der Kläger gegen diesen Bescheid sowie gegen den nicht streitgegenständlichen Bescheid vom 12. Mai 1995, mit dem Beiträge in Höhe von 6.531,83 DM für Arbeitnehmer der Firma B F geltend gemacht worden waren, Widerspruch ein, nachdem er im Rahmen von Vollstreckungshandlungen von den Bescheiden Kenntnis erlangt hatte. Mit Schreiben vom 19. Januar 1998 erkannte er die Beitragsforderung wegen der Arbeitnehmer der Firma B F an, wandte sich aber dagegen, als Arbeitgeber für die Firma A M herangezogen zu werden. A M habe maßgeblichen Einfluss auf die Einstellung und Beschäftigung der Arbeitnehmer gehabt. Vor allem habe er die Einstellung der polnischen Arbeitnehmer M, J und W veranlasst, für die er auch die Arbeitserlaubnisse beantragt habe, sowie die Einstellung seines Sohnes. Der Kläger sei davon ausgegangen, dass für diese Arbeitnehmer A M auch die Sozialversicherungsbeiträge gezahlt habe. Er, der Kläger, sei allenfalls teilweise für die aufgelaufenen Beitragsschulden verantwortlich, so dass ein Anerkenntnis hinsichtlich dieser Beitragsschuld nicht abgegeben werden könne. Im Außenverhältnis seien zumeist die beiden Söhne des A M für die Firma aufgetreten. Deren entlastende Aussagen im strafrechtlichen Verfahren seien schon wegen des Verwandtschaftsverhältnisses in Zweifel zu ziehen. Er, der Kläger, habe keine Vollmachten zum Abschluss von Verträgen gehabt. Die Einnahmen der Firma seien auf das Konto des A M geflossen. Im Übrigen seien die Arbeitnehmer im angefochtenen Bescheid zum Teil doppelt aufgeführt, so dass sich allenfalls eine Beitragsforderung in Höhe von 31.081,51 DM ergebe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 1999 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unzulässig zurück. Weder bei der Staatsanwaltschaft noch beim Landgericht D sei im April 1996 die Anschrift des Klägers bekannt gewesen, so dass die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung nach § 37 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) iVm Artikel 15 Abs. 2 Satz 2 des Bayerischen Verwaltungs- Zustellungs- und Vollstreckungsgesetzes vorlegen hätten. Durch die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft D sei die Arbeitgebereigenschaft des Klägers hinreichend bewiesen. Die Einstellung des Verfahrens gegen ihn sei lediglich nach § 153 Abs. 1 StPO erfolgt, weil weitere umfangreiche Ermittlungen im Ausland nach Ablauf von 3 Jahren nicht mehr als verhältnismäßig angesehen worden seien. Unter Berücksichtigung der Aufstellung aus dem Notizbuch verringere sich die Beitragsnachforderung für die Gesamtsozialversicherungsbeiträge und die Umlangen nach dem Lohnfortzahlungsgesetz auf 39.249,22 DM.
Hiergegen hat der Kläger Klage beim Sozialgericht (SG) Dresden erhoben, die mit Beschluss vom 19. Juli 1999 an das zuständige SG Berlin verwiesen worden ist. Das SG Berlin hat die Deutsche Rentenversicherung Niederbayern-Oberpfalz und die Bundesagentur für Arbeit beigeladen. Mit Urteil vom 6. Januar 2003 hat es den angefochtenen Bescheid vom 10. April 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 1999 aufgehoben. Der Widerspruch habe nicht als unzulässig, weil verfristet zurückgewiesen werden dürfen, da der Bescheid vom 10. April 1996 nicht wirksam öffentlich zugestellt worden sei. Zwar sei der Kläger wegen unbekannten Aufenthalts im Jahre 1994 zur Fahndung mit Haftbefehl ausgeschrieben gewesen. Diese Ereignisse hätten aber in erheblicher zeitlicher Ferne zur öffentlichen Zustellung gelegen. Eigene Ermittlungen zum Aufenthalt habe die Beklagte unmittelbar vor der Entscheidung zur öffentlichen Zustellung nicht mehr durchgeführt. Die Beklagte sei daher ihrer Prüfungspflicht vor Durchführung einer öffentlichen Zustellung nicht ausreichend nachgekommen. Der Bescheid vom 10. April 1996 sei rechtswidrig. Der Kläger sei nicht als Arbeitgeber im Sinne von § 28e Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) anzusehen. Bei einem Einzelunternehmen sei Arbeitgeber allein der Träger des Einzelunternehmens. Davon ausgehend sei als Arbeitgeber A M anzusehen, wie sich aus der Gewerbeauskunft der Stadt P ergebe. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger der Inhaber des Einzelunternehmens M gewesen sei, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Ob er angestellter Bauleiter oder Geschäftsführer gewesen sei, könne dahin stehen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie ist der Auffassung, das SG habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Kläger zwar formal nicht der Inhaber des Betriebes, aber in dem Betrieb der eigentliche Chef gewesen sei. Der Kläger habe stets mit derselben Praxis gearbeitet, nämlich Dritte als Unternehmer benutzt, um selbst der eigentliche Betriebsinhaber zu sein. Vor dem Hintergrund weiterer Ermittlungen des Senats, wonach durch eine Rückfrage in der Gemeinde B, dem zuletzt bekannten Wohnort des Klägers, im Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides ohne weiteres der aktuelle Wohnort des Klägers bekannt geworden wäre, hat sie den Verzicht auf die Geltendmachung der Beiträge auf das Jahr 1992 entfallenden Beiträge im Vergleichswege angeboten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 6. Januar 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat im Termin zur mündlichen Verhandlung dargelegt, dass er im Betrieb des A M, seines Onkels, keine Entscheidungsbefugnisse gehabt habe. Die Firma sei von der Familie seines Onkels, also dem Onkel selbst und seinen Söhnen, geführt worden. Der Onkel sei zwar sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen, aber nicht in einem Umfang, der für den Unterhalt der Familie ausgereicht habe. Er - der Kläger – habe die Bauleitung für den Onkel übernommen gehabt. Der Onkel habe sämtliche Einnahmen aus dem Betrieb für sich und seine Familie vereinnahmt und ihm nur unregelmäßig Geld zugesteckt. Ein festes Gehalt oder eine Gewinnbeteiligung seien nicht vereinbart gewesen. Im Frühsommer 1993 habe sich die Familie M entschieden, nach B umzuziehen und dort ein Restaurant zu eröffnen. Die Firma in P habe geschlossen werden müssen. Daraufhin habe er sich entschlossen, selbst eine Firma zu gründen und B F überredet, für ihn die Firma anzumelden. Dies sei dann seine Firma gewesen, was im Innenverhältnis schriftlich so vereinbart gewesen sei. Auch nach außen sei leicht erkennbar gewesen, dass es sich eigentlich um seine Firma gehandelt habe. So sei der Geschäftsverkehr über seine Adresse abgewickelt und entsprechend auch die Rechnungen ausgestellt worden, so dass alle Zahlungen unmittelbar auf sein Konto überwiesen worden seien. Im Laufe des Jahres 1993 habe B F die Firma nicht mehr weiter für ihn halten wollen, so dass er sich an sich an H B gewandt habe, der in der Folge für ihn als Strohmann aufgetreten sei. Auch H B sei nicht mit an der Führung des Geschäfts beteiligt gewesen.
Die Beigeladenen haben sich dem Vortrag der Beklagten angeschlossen.
Dem Senat haben die den Vorgang betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die Akten des Sozialgerichts Berlin (S 87 KR 595/99-85) vorgelegen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Zutreffend hat das SG entschieden, dass der angefochtene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt.
Entgegen der im Widerspruchsbescheid von der Beklagten vertretenen Auffassung ist der angegriffene Bescheid vom 10. April 1996 zwischen den Beteiligten nicht bindend geworden (§ 77 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Er war nicht ordnungsgemäß bekannt geben worden, so dass die Rechtsbehelfsfrist des § 84 SGG nicht in Lauf gesetzt worden ist, was das SG im Einzelnen zutreffend dargestellt hat. Nachdem im Berufungsverfahren festgestellt werden konnte, dass der aktuelle Wohnort des Klägers durch eine Rückfrage bei der letzten bekannt gewesenen Wohnortgemeinde ohne Weiteres hätte ermittelt werden können, hält auch die Beklagte offenbar nicht mehr an ihrer ursprünglichen Rechtsauffassung fest. Der Senat nimmt daher auf die Begründung insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug (§ 153 Abs. 4 SGG).
Der danach rechtzeitig mit dem Widerspruch angegriffene Bescheid ist rechtswidrig, weil die Beklagte den Kläger zu Unrecht als Arbeitgeber für die streitigen Beitrags- und Umlageforderungen in Anspruch genommen hat.
Beitragsansprüche, die nicht rechtzeitig erfüllt worden sind, hat die Beklagte als Einzugsstelle nach § 28h Abs. 1 Satz 2 SGB IV gegenüber dem Arbeitgeber, als Schuldner des Gesamtversicherungsbeitrages (§ 28e SGB IV) geltend zu machen.
Eine Legaldefinition für den Begriff "Arbeitgeber" existiert nicht. Die Rechtsprechung definiert ihn als denjenigen, der einen anderen beschäftigt, zu dem der Beschäftigte also in persönlicher Abhängigkeit steht (vgl. § 7 SGB IV). Da eine Beschäftigung dann vorliegt, wenn die Unterordnung unter ein Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung umfassendes Weisungsrecht des Arbeitgebers und eine Eingliederung in den Betrieb erfolgt, ist Arbeitgeber in der Regel der Betriebsinhaber, der das unmittelbare Weisungsrecht ausübt (Seewald in Kasseler Kommentar § 28a SGB IV RdNr. 3 und § 7 SGB IV RdNr. 45a).
Entgegen der Auffassung der Beklagten steht ausgehend von diesen Grundsätzen nicht mit ausreichender Sicherheit fest, dass der Kläger der Inhaber des Betriebes war und auf dieser Grundlage gegenüber den in Bescheid aufgeführten Arbeitnehmern als deren Arbeitgeber ein Weisungsrecht ausgeübt hat. Für die Annahme der Beklagten, es habe eine Strohmannkonstruktion vorgelegen und A M sei nicht der Betriebsinhaber mit entsprechenden Dispositions- und Weisungsbefugnissen, sondern nur der vorgeschobene Betriebsinhaber gewesen, mag zwar einiges sprechen. Nachgewiesen ist dies zur Überzeugung des Senats jedoch nicht.
Dabei vermag der Senat vor allem dem Schluss der Beklagten nicht zu folgen, für das Vorliegen eines Strohmannverhältnisses spreche ohne Weiteres, dass der Kläger in der Folge solche Konstruktionen unstreitig genutzt hat, um einen Betrieb führen zu können. Dies erscheint dem Senat gerade deshalb nicht zwingend, weil diese beiden vom Kläger nicht bestrittenen Strohmannverhältnisse anders ausgestaltet waren. Die Strohfrau und der Strohmann konnten sich auf schriftliche Vereinbarungen berufen, aus denen klar hervorging, dass der Kläger Betriebsinhaber war. Die Betriebe F und B waren unter der Anschrift des Klägers angemeldet, der gesamte Geschäftsverkehr ist ohne Umwege über den Kläger abgewickelt worden. Auch die Zahlungen der Auftraggeber gingen auf dem Konto des Klägers unmittelbar ein. Der Kläger hat sich nach alledem ungewöhnlich wenig Mühe gegeben, die tatsächlichen Verhältnisse im Betrieb zu verdecken. Nachdem die Anmeldung beim Gewerbeamt erfolgt war, sind B F und H B nicht mehr nach außen für den Betrieb aufgetreten. Derartige Verhältnisse sind in Bezug auf A M nicht ermittelt worden. Dessen Betrieb ist unter seiner eigenen und nicht der klägerischen Adresse angemeldet worden. Das Vorliegen einer schriftliche Vereinbarung über das Innenverhältnis, ist von M M, dem Sohn des A M, nicht behauptet worden. Es liegen außer seiner Aussage auch keine sonstigen Aussagen (etwa von Arbeitnehmern) vor, die beschreiben würden, dass der Kläger "der Chef" der Firma war, wie dies bezüglich der Firmen F und B der Fall ist. Gegen die Inhaberschaft des Klägers spricht schließlich auch, dass der Betrieb M kurze Zeit nach Abmeldung mit demselben Betriebsziel wieder gegründet und anschließend nach B verlegt worden ist. Es gibt keinerlei Hinweise dafür, dass der Kläger zu diesem späteren Zeitpunkt etwas mit dem Betrieb zu tun hatte. Die Wiedergründung und die Verlegung des Betriebssitzes vom Wohnort des Klägers weg sprechen aber gegen die Richtigkeit der Zeugenerklärung des M M, dass die Familie M, seien es der Vater oder die Söhne, mit der Führung eines solchen Geschäfts nichts zu tun gehabt hätten, außer dass der Vater den Namen gegeben habe.
Der Kläger selbst, der im Laufe des polizeilichen Ermittlungsverfahrens nicht im Einzelnen zu den Vorwürfen hinsichtlich des Betriebes des A M vernommen worden ist, hat bei seiner Anhörung vor dem Senat nachvollziehbar geschildert, dass er zwar im Betrieb seines Onkels mitgearbeitet und dabei – etwa wie ein Vorarbeiter – die Arbeitnehmer auf dem Bau angeleitet habe. Unternehmerische Entscheidungen habe er aber nicht treffen können. Er hat bestritten, am wirtschaftlichen Erfolg des Betriebes in irgendeiner Weise unmittelbar beteiligt gewesen zu sein. Er hat vielmehr dargelegt, der Onkel habe das Geld allein verwaltet und ihm nicht einmal regelmäßig Gehalt gezahlt. Im Ergebnis habe er – der Kläger – sich deshalb entschlossen, einen eigenen Betrieb zu gründen, zumal die Familie M P verlassen habe. Nach dem vom Senat in der Verhandlung gewonnen persönlichen Eindruck des Klägers spricht alles für die Glaubhaftigkeit dieser Angaben. Er hat damit Verhältnisse geschildert, wie sie für eine Mitarbeit in einem Familienbetrieb üblich sind. Eine (Mit)Inhaberschaft am Betrieb ist dagegen nicht nachvollziehbar, wenn nicht einmal eine Teilhabe am wirtschaftlichen Ergebnis eingeräumt ist.
Für den Senat sind weitere Ermittlungsmöglichkeiten nicht ersichtlich, selbst wenn letzte Zweifel an der Richtigkeit der klägerischen Darstellung bleiben mögen. Eigene Ermittlungen zum streitigen Sachverhalt sind von der Beklagten nicht durchgeführt worden. Sie hat auch im gerichtlichen Verfahren keine weiteren Ermittlungsschritte aufgezeigt. Dem sozialgerichtlichen Verfahren ist wegen der in §§ 103, 128 SGG niedergelegten Amtsermittlungspflicht eine subjektive Beweisführungslast zwar fremd. Einen der Beteiligten können aber nach den hier geltenden Grundsätzen über die objektive Beweislast (Feststellungslast) gleichwohl nachteilige Folgen daraus treffen, dass das Gericht eine bestimmte Tatsache nach Ausschöpfung aller Beweismittel nicht feststellen kann. Dabei gilt der Grundsatz, dass jeder Beteiligte die Beweislast für diejenigen Tatsachen trägt, welche die von ihm geltend gemachte Rechtsfolge begründen (vgl. etwa BSGE 6, 70, 73; BSGE 71, 256, 260 mwN = SozR 3-4100 § 119 Nr. 7 mwN; ferner z.B. Leitherer in: Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 103 RdNr. 19a mwN). Da sich nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu gewinnenden Überzeugung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) entscheidungserhebliche Tatsachen nicht feststellen lassen, kommt es auf die objektive Beweislast an, die die Beklagte für das Vorliegen der Arbeitgebereigenschaft trägt. Die Berufung konnte damit keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
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