Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 19 R 522/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 R 1344/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 7. Juni 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist die Erstattung von Beiträgen aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Kläger ist 1950 geboren worden. Seit 1. September 1964 hatte er in der Sozialpflichtversicherung der DDR rentenrechtliche Zeiten, überwiegend Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt, seit 1. Juli 1990 bis Dezember 1998 mehr als sechzig Monate an Pflichtbeitragszeiten in der Rentenversicherung der DDR und der Bundesrepublik Deutschland. Nach 2004 hat der Kläger keine Sozialleistungen mehr beantragt und deshalb auch nicht erhalten. Im März 2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten, ihm die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Zinsen zu erstatten. Zur Begründung gab er an, dass er von irgendetwas leben müsse. Er erhalte keine Sozialhilfe mehr und auch keine Leistungen der Arbeitsförderung. Durch Bescheid vom 10. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 2005 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Der Kläger erfülle nicht die gesetzlichen Voraussetzungen dafür, weil er die allgemeine Wartezeit erfüllt und damit einen Rentenanspruch erworben habe. Mit seiner Klage hat der Kläger, wie bereits im Widerspruchsverfahren, geltend gemacht, dass er die Mittel aus der Beitragserstattung benötige, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Er beziehe bereits seit mehren Jahren keine Leistungen und könne nicht auf einen Rentenanspruch vertröstet werden, der ihm in zehn Jahren zustehe. Durch Urteil vom 7. Juni 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger erfülle nicht die Voraussetzungen für eine Beitragserstattung. Er sei zwar nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung, besitze aber das Recht zur freiwilligen Versicherung. Gegen das Urteil hat der Kläger "Revision" eingelegt, mit der er sein Anliegen weiter verfolgt. Er beantragt der Sache nach, das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) und den Bescheid der Beklagten vom 10. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die Beiträge zur Rentenversicherung einschließlich Zinsen zu erstatten.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten lagen dem Gericht bei seiner Entscheidung vor. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.
II.
Der Senat hat das Rechtsmittel des Klägers, das er als "Revision" bezeichnet hat, als Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts angesehen. Wie der Kläger der zutreffenden Rechtsmittelbelehrung des Urteils entnehmen konnte, stand ihm gegen das Urteil grundsätzlich nur die Berufung zu. Eine Revision wäre nur dann zulässig gewesen, wenn das Sozialgericht sie zugelassen und die Beklagte ihr zugestimmt hätte (§ 161 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Beide Voraussetzungen liegen nicht vor. Über die Berufung konnte der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden. Denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und sieht eine mündliche Verhandlung angesichts der klaren Sach- und Rechtslage nicht als erforderlich an (§ 153 Abs. 4 SGG). Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Beitragserstattung ist, wie das Sozialgericht zutreffend erkannt hat, § 210 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Von vornherein kann der Kläger danach keine Erstattung von Beiträgen für Zeiten im Beitrittsgebiet vor dem 30. Juni 1990 beanspruchen. § 210 Abs. 3 Satz 6 SGB VI schließt das ausdrücklich aus. Das erklärt sich dadurch, dass das Recht der DDR keine Beitragserstattung kannte; hierbei sollte es auch nach bundesdeutschem Recht bleiben. Darüber hinaus sieht das Gesetz eine Erstattung nur in Höhe der Beiträge vor, die der Kläger selbst getragen hat (§ 210 Abs. 3 Satz 1 SGB VI). Angesichts dessen kann der Kläger von vornherein auch für die Zeit ab dem 1. Juli 1990 keine Erstattung für die Beitragsanteile beanspruchen, die im besonderen Arbeitgeber (§ 168 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) oder Sozialversicherungsträger (wie die Bundesanstalt/Bundesagentur für Arbeit während des Bezugs von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und Krankenkassen während des Bezuges von Krankengeld, § 170 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB VI in der jeweils geltenden Fassung) getragen hatten. Soweit danach überhaupt noch ein Erstattungsanspruch in Betracht kommt, ist die Voraussetzung des § 210 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI nicht erfüllt. Denn der Kläger ist zur freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung berechtigt, da er versicherungsfrei ist und sich im Inland aufhält (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Jedenfalls so lange der Kläger seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kommt es für das Recht zur freiwilligen Versicherung nicht auf die Staatsangehörigkeit an. Einen Anspruch auf Erstattung von Beiträgen aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei Einkommens- oder Vermögenslosigkeit kennt das Gesetz nicht. Deshalb kann auch offen bleiben, ob dem Kläger Ansprüche auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gegen andere Leistungsträger als der Beklagten zustehen könnten und aus welchen Gründen er sie nicht durchsetzt. Bereits mangels eines Erstattungsanspruchs hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Verzinsung von geleisteten Beiträgen. Nur am Rand wird deshalb darauf hingewiesen, dass es einen gesetzlichen Anspruch auf Verzinsung eingezahlter Beiträge nicht gibt. Die gesetzliche Regelung über die Beitragserstattung ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Das Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Grundgesetz) schützt nur Anwartschaften auf Leistungen der Sozialversicherung, die der laufenden Sicherung des Lebensunterhalts dienen und wesentlich auf Eigenleistungen der Versicherten beruhen. So lange Versicherte – wie im Fall des Klägers – eine solche Leistung auf Grund ihrer eingezahlten Beiträge erwarten können, ist den Anforderungen des Grundgesetzes prinzipiell genüge getan. Nur folgerichtig ist es, wenn § 210 SGB VI (in Verbindung mit § 7 SGB VI) eine Erstattung von Beiträgen im wesentlichen nur in den Fällen vorsieht, in denen die Mindest-Anwartschaftszeit für einen Rentenanspruch (fünf Jahre mit Beitragszeiten, §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI) bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres nicht erreicht worden ist, Beitragszeiten also im Regelfall nicht zu einem Rentenanspruch führen. Der laufende Lebensunterhalt ist vor Eintritt eines Leistungsfalls in der gesetzlichen Rentenversicherung jedenfalls dann durch Leistungen anderer Träger gesichert, wenn Versicherte über kein verwertbares Einkommen oder Vermögen verfügen (Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch und Sozialhilfe nach dem Kapitel 3 des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch). Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Gründe:
I.
Streitig ist die Erstattung von Beiträgen aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Kläger ist 1950 geboren worden. Seit 1. September 1964 hatte er in der Sozialpflichtversicherung der DDR rentenrechtliche Zeiten, überwiegend Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt, seit 1. Juli 1990 bis Dezember 1998 mehr als sechzig Monate an Pflichtbeitragszeiten in der Rentenversicherung der DDR und der Bundesrepublik Deutschland. Nach 2004 hat der Kläger keine Sozialleistungen mehr beantragt und deshalb auch nicht erhalten. Im März 2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten, ihm die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Zinsen zu erstatten. Zur Begründung gab er an, dass er von irgendetwas leben müsse. Er erhalte keine Sozialhilfe mehr und auch keine Leistungen der Arbeitsförderung. Durch Bescheid vom 10. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 2005 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Der Kläger erfülle nicht die gesetzlichen Voraussetzungen dafür, weil er die allgemeine Wartezeit erfüllt und damit einen Rentenanspruch erworben habe. Mit seiner Klage hat der Kläger, wie bereits im Widerspruchsverfahren, geltend gemacht, dass er die Mittel aus der Beitragserstattung benötige, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Er beziehe bereits seit mehren Jahren keine Leistungen und könne nicht auf einen Rentenanspruch vertröstet werden, der ihm in zehn Jahren zustehe. Durch Urteil vom 7. Juni 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger erfülle nicht die Voraussetzungen für eine Beitragserstattung. Er sei zwar nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung, besitze aber das Recht zur freiwilligen Versicherung. Gegen das Urteil hat der Kläger "Revision" eingelegt, mit der er sein Anliegen weiter verfolgt. Er beantragt der Sache nach, das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) und den Bescheid der Beklagten vom 10. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die Beiträge zur Rentenversicherung einschließlich Zinsen zu erstatten.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten lagen dem Gericht bei seiner Entscheidung vor. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.
II.
Der Senat hat das Rechtsmittel des Klägers, das er als "Revision" bezeichnet hat, als Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts angesehen. Wie der Kläger der zutreffenden Rechtsmittelbelehrung des Urteils entnehmen konnte, stand ihm gegen das Urteil grundsätzlich nur die Berufung zu. Eine Revision wäre nur dann zulässig gewesen, wenn das Sozialgericht sie zugelassen und die Beklagte ihr zugestimmt hätte (§ 161 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Beide Voraussetzungen liegen nicht vor. Über die Berufung konnte der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden. Denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und sieht eine mündliche Verhandlung angesichts der klaren Sach- und Rechtslage nicht als erforderlich an (§ 153 Abs. 4 SGG). Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Beitragserstattung ist, wie das Sozialgericht zutreffend erkannt hat, § 210 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Von vornherein kann der Kläger danach keine Erstattung von Beiträgen für Zeiten im Beitrittsgebiet vor dem 30. Juni 1990 beanspruchen. § 210 Abs. 3 Satz 6 SGB VI schließt das ausdrücklich aus. Das erklärt sich dadurch, dass das Recht der DDR keine Beitragserstattung kannte; hierbei sollte es auch nach bundesdeutschem Recht bleiben. Darüber hinaus sieht das Gesetz eine Erstattung nur in Höhe der Beiträge vor, die der Kläger selbst getragen hat (§ 210 Abs. 3 Satz 1 SGB VI). Angesichts dessen kann der Kläger von vornherein auch für die Zeit ab dem 1. Juli 1990 keine Erstattung für die Beitragsanteile beanspruchen, die im besonderen Arbeitgeber (§ 168 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) oder Sozialversicherungsträger (wie die Bundesanstalt/Bundesagentur für Arbeit während des Bezugs von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und Krankenkassen während des Bezuges von Krankengeld, § 170 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB VI in der jeweils geltenden Fassung) getragen hatten. Soweit danach überhaupt noch ein Erstattungsanspruch in Betracht kommt, ist die Voraussetzung des § 210 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI nicht erfüllt. Denn der Kläger ist zur freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung berechtigt, da er versicherungsfrei ist und sich im Inland aufhält (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Jedenfalls so lange der Kläger seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kommt es für das Recht zur freiwilligen Versicherung nicht auf die Staatsangehörigkeit an. Einen Anspruch auf Erstattung von Beiträgen aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei Einkommens- oder Vermögenslosigkeit kennt das Gesetz nicht. Deshalb kann auch offen bleiben, ob dem Kläger Ansprüche auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gegen andere Leistungsträger als der Beklagten zustehen könnten und aus welchen Gründen er sie nicht durchsetzt. Bereits mangels eines Erstattungsanspruchs hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Verzinsung von geleisteten Beiträgen. Nur am Rand wird deshalb darauf hingewiesen, dass es einen gesetzlichen Anspruch auf Verzinsung eingezahlter Beiträge nicht gibt. Die gesetzliche Regelung über die Beitragserstattung ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Das Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Grundgesetz) schützt nur Anwartschaften auf Leistungen der Sozialversicherung, die der laufenden Sicherung des Lebensunterhalts dienen und wesentlich auf Eigenleistungen der Versicherten beruhen. So lange Versicherte – wie im Fall des Klägers – eine solche Leistung auf Grund ihrer eingezahlten Beiträge erwarten können, ist den Anforderungen des Grundgesetzes prinzipiell genüge getan. Nur folgerichtig ist es, wenn § 210 SGB VI (in Verbindung mit § 7 SGB VI) eine Erstattung von Beiträgen im wesentlichen nur in den Fällen vorsieht, in denen die Mindest-Anwartschaftszeit für einen Rentenanspruch (fünf Jahre mit Beitragszeiten, §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI) bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres nicht erreicht worden ist, Beitragszeiten also im Regelfall nicht zu einem Rentenanspruch führen. Der laufende Lebensunterhalt ist vor Eintritt eines Leistungsfalls in der gesetzlichen Rentenversicherung jedenfalls dann durch Leistungen anderer Träger gesichert, wenn Versicherte über kein verwertbares Einkommen oder Vermögen verfügen (Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch und Sozialhilfe nach dem Kapitel 3 des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch). Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
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