L 7 KA 105/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 79 KA 185/02 KZA
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 7 KA 105/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Januar 2006 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Ablehnung einer Ermächtigung zur Abrechnung von Leistungen im Sinne der Nr. 03 des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragszahnärztliche Leistungen (EBM-Z) - Zuschlag für Leistungen außerhalb der Sprechstunde, bei Nacht (20 Uhr bis 8 Uhr) oder an Sonn- und Feiertagen - für die Zeit vom 01. Juli 2002 bis zum 30. Juni 2004.

Der Kläger ist seit Jahren als Vertragszahnarzt im Zuständigkeitsbereich der als Beigeladene zu 1) zum Rechtsstreit beigeladenen Kassenzahnärztlichen Vereinigung zugelassen. Zumindest in der Zeit vom 01. Juli 1999 bis zum 30. Juni 2006 leitete er den " Zahnärztlichen Notdienst im Krankenhaus im Friedrichshain". Diese Einrichtung war bereits bis zum Beginn des hier streitigen Zeitraums zur Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung ermächtigt, wobei die Ermächtigung auf die Behandlung von Schmerzfällen während des nächtlich angebotenen Dienstes beschränkt war. Tatsächlich durchgeführt wurden die jeweiligen Behandlungen nach Maßgabe der Ermächtigung auf der Grundlage eines von dem Kläger erstellten Einsatzplanes im Wechsel von ihm sowie von ebenfalls anderweitig zugelassenen Vertragszahnärzten, die für ihre Leistungen von dem Kläger eine Vergütung auf Honorarbasis erhielten.

Mit Beschluss vom 19. Juni 2002 ermächtigte der Zulassungsausschuss für Zahnärzte in Berlin (Zulassungsausschuss) die vom Kläger geleitete Einrichtung für die Zeit vom 01. Juli 2002 bis zum 30. Juni 2004 erneut zur Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung. Hierbei beschränkte der Zulassungsausschuss die Ermächtigung auf die tägliche Behandlung von Schmerzfällen in der Zeit von 20 Uhr bis 2 Uhr und erklärte in diesem Zusammenhang nur bestimmte Nummern des EBM-Z für abrechnungsfähig. Hinsichtlich der insoweit fehlenden Nr. 03 EBM-Z führte er aus: Diese Nummer sei nicht abrechnungsfähig, weil der darin aufgeführte Zuschlag nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nur dann beansprucht werden könne, wenn eine Leistung außerhalb der Sprechstunde erbracht werde. Dies sei hier nicht der Fall, weil die von der Ermächtigung erfassten Leistungen innerhalb der von der Einrichtung selbst gewählten Notfallsprechzeiten erbracht werden müssten.

Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies der Beklagte mit seinem Beschluss vom 28. August 2002 als unbegründet zurück, weil die Nr. 03 EBM-Z zum einen keine vertragszahnärztliche Leistung beschreibe und deshalb nicht zum Gegenstand einer Ermächtigung gemacht werden könne; zum anderen sei sie nach ihrem Sinn und Zweck nur dann abrechnungsfähig, wenn eine Behandlung "zur Unzeit" erbracht werde, woran es hier angesichts der ausschließlich in die Nachstunden fallenden Sprechzeiten aber gerade fehle.

Mit seiner daraufhin erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht: Er habe Anspruch darauf, dass die Nr. 03 EBM-Z für abrechnungsfähig erklärt werde. Entgegen der Auffassung des Beklagten dürfe sie zunächst zum Gegenstand der Ermächtigung gemacht werden, weil der Behandlungszeitpunkt untrennbar mit der Behandlung selbst verknüpft sei. Des Weiteren seien ihre Voraussetzungen bei einer allein am Wortlaut orientierten Auslegung der Vorschrift in seinem Fall in allen drei Alternativen erfüllt, weil die von der Einrichtung angebotenen Leistungen ausschließlich in solchen Zeiten erbracht würden, die außerhalb der Sprechzeiten der Behandler in deren jeweiliger Praxis lägen, die Behandlungen stets in der Nacht durchgeführt würden und überdies auch an allen Sonn- und Feiertagen stattfänden. Da nach dem Wortlaut der Nr. 03 EBM-Z Zweifel nicht aufkommen könnten, sei für eine am Sinn und Zweck der Vorschrift orientierte Auslegung kein Raum. Sie führe im Übrigen auch nicht zu dem vom Beklagten für zutreffend erachteten Ergebnis, weil hiermit außer Betracht gelassen werde, dass es sich bei den im Rahmen der Ermächtigung angebotenen Leistungen um den offiziellen zahnärztlichen Nachtnotfalldienst der Beigeladenen zu 1) handele, dessen Leistungen unstreitig unter die Nr. 03 EBM-Z fielen, müssten sie von jeweils einzelnen zur Teilnahme am Notfalldienst herangezogenen Mitgliedern der Beigeladenen 1) erbracht werden.

Im Laufe des Klageverfahrens hat der Zulassungsausschuss die vom Kläger geleitete Einrichtung mit seinem Beschluss vom 11. Februar 2004 für die Zeit vom 01. Juli 2004 bis zum 30. Juni 2006 in dem bereits zuvor zuerkannten Umfang erneut zur Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung ermächtigt. Den wiederum gegen die Ablehnung der Abrechnungsfähigkeit der Nr. 03 EBM-Z eingelegten Widerspruch des Klägers hat der Beklagte mit seinem Beschluss vom 05. April 2006 mit derselben Begründung wie in seinem Beschluss vom 28. August 2002 zurückgewiesen. Hiergegen hat der Kläger ebenfalls vor dem Sozialgericht Berlin Klage erhoben. Diese Klage ist dort unter dem Aktenzeichen S 79 KA 198/06 nach wie vor anhängig. Auf die ihm persönlich für die sich anschließende Zeit vom 01. Juli 2006 bis zum 30. Juni 2008 erteilte Ermächtigung hat der Kläger mit seinem Schreiben vom 24. April 2006 verzichtet. Der Zulassungsausschuss hat daraufhin mit seinem Beschluss vom 12. Mai 2006 erklärt, dass die ausgesprochene Ermächtigung mit sofortiger Wirkung erloschen sei.

Die Klage gegen den Beschluss des Beklagten vom 28. August 2002 hat das Sozialgericht mit seinem Urteil vom 25. Januar 2006 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Nr. 03 EBM-Z sei im Fall des Klägers sowohl nach ihrem Wortlaut als auch nach ihrem Sinn und Zweck nicht abrechnungsfähig. Denn die Leistungen würden innerhalb der von der Ermächtigung erfassten und vor diesem Hintergrund als üblich zu bezeichnenden Behandlungszeiten erbracht. Zudem entstünden den zu diesen Zeiten gerade zur Verfügung stehenden Behandlern keine Nachteile, um deren Ausgleich es mit dem Zuschlag nach der Nr. 03 EBM-Z jedoch gehe.

Gegen dieses ihm am 17. Juli 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11. August 2006 Berufung eingelegt, mit der er sein bisheriges Vorbringen weiter vertieft.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Januar 2006 aufzuheben und festzustellen, dass der Beschluss des Beklagten vom 28. August 2002 rechtswidrig gewesen ist und der Beklagte verpflichtet war, eine Ermächtigung für die Ziff. 03 EBM-Z zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält seinen Beschluss für rechtmäßig.

Die übrigen Beteiligten stellen keine Anträge.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Das mit ihr angegriffene Urteil des Sozialgerichts vom 25. Januar 2006 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Denn die im Oktober 2002 bei Gericht eingegangene Klage erweist sich als zulässig, aber unbegründet. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist richtige Klageart allerdings schon seit dem 01. Juli 2004 nicht mehr die (die Anfechtungsklage umschließende) Verpflichtungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), sondern die Fortsetzungsfeststellungsklage in analoger Anwendung von § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG, weil der in dem angefochtenen Beschluss des Beklagten vom 28. August 2002 geregelte Ermächtigungszeitraum von zwei Jahren bereits am 30. Juni 2004 abgelaufen ist. Hierdurch hat sich die ursprünglich erhobene Klage in der Hauptsache erledigt.

Das in analoger Anwendung von § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG für die Fortsetzung des Rechtsstreits erforderliche berechtigte Interesse daran, durch das Gericht feststellen zu lassen, dass die Ablehnung der begehrten Ermächtigung zur Erbringung von Leistungen nach der Nr. 03 EBM-Z rechtswidrig gewesen ist, steht dem Kläger zu. Denn insoweit genügt jedes nach vernünftigen Erwägungen nach Lage des Falles anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art, wobei letztlich entscheidend ist, dass die begehrte Feststellung geeignet ist, die Position des Rechtsschutzsuchenden in einem der genannten Bereichen zu verbessern (vgl. z. B. BSGE 79, 33 m. w. Nachw.). Letzteres ist hier mit Blick auf die wirtschaftliche Situation des Klägers der Fall, obwohl die für die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen zuständige Beigeladene zu 1) den vorliegend in Rede stehenden Zuschlag nach der Nr. 03 EBM-Z für Leistungen außerhalb der Sprechstunde, bei Nacht oder an Sonn- und Feiertagen nach den Angaben des Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat jedenfalls für die Zeit bis zum 31. Dezember 2005 und damit auch für den in dem Beschluss des Beklagten vom 28. August 2002 geregelten Ermächtigungszeitraum vom 01. Juli 2002 bis zum 30. Juni 2004 gezahlt hat. Denn insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Beigeladene zu 1) entsprechend ihrer Ankündigung in ihrem Schriftsatz vom 22. September 2005 sowie in ihren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hinsichtlich der erbrachten Zahlungen beabsichtigt, sachlich-rechnerische Richtigstellungen vorzunehmen, für die die nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts maßgebliche Frist von vier Jahren seit Ergehen des jeweiligen Quartalsabrechnungsbescheides zumindest teilweise noch läuft. Des Weiteren ist zu beachten, dass der Beklagte für den sich an die vorliegend in Rede stehende Zeitspanne anschließenden Ermächtigungszeitraum vom 01. Juli 2004 bis zum 30. Juni 2006 eine seinem Beschluss vom 28. August 2002 vergleichbare Entscheidung getroffen hat und die Beigeladene zu 1) nach den weiteren Ausführungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat jedenfalls für das in diesen Zeitraum fallende Quartal II/06 den Zuschlag nach der Nr. 03 EBM-Z noch nicht gezahlt hat. Im Hinblick hierauf ist ein schutzwürdiges Interesse an der begehrten Feststellung im Lichte von Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes zu bejahen, obwohl der Kläger gegen den sich auf den Ermächtigungszeitraum vom 01. Juli 2004 bis zum 30. Juni 2006 beziehenden Beschluss des Beklagten erneut Klage erhoben hat. Denn richtige Klageart für diese Klage ist wegen der auch dort bereits eingetretenen Hauptsachenerledigung erneut die Fortsetzungsfeststellungsklage, für die sich letztlich dieselben Rechtsfragen stellen wie in dem hier bereits im Berufungsverfahren anhängigen Rechtsstreit.

Die nach den vorstehenden Ausführungen zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Denn der Beschluss des Beklagten vom 28. August 2002 ist rechtmäßig, weil dem Kläger ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Ermächtigung für die Nr. 03 EBM-Z nicht zugestanden hat. Hierbei kann dahinstehen, in welcher Fassung der zum 01. Januar 2004 neu gefasste EBM-Z auf den Fall des Klägers zur Anwendung kommen müsste. Denn die am 01. Januar 2004 in Kraft getretene Fassung unterscheidet sich von der früheren Fassung – abgesehen von redaktionellen Änderungen und der Bewertungszahl – letztlich nur darin, dass die früher nur ergänzend angefügten Abrechnungsbestimmungen, die aber ebenfalls verbindlichen Charakter hatten (vgl. Liebold/Raff/Wissing, DER Kommentar – BEMA-Z –, Bd. I, Stand 4/2005, Allg. Einführung – Historie –, RdNr. 41), nunmehr in die Leistungslegende der Nr. 03 EBM-Z selbst aufgenommen worden sind.

Ferner bedarf keiner Entscheidung, ob im Fall des Klägers die Voraussetzungen für die Zahlung eines Zuschlags für Leistungen außerhalb der Sprechstunde, bei Nacht oder an Sonn- und Feiertagen nach der Nr. 03 EBM-Z erfüllt sind. Denn wie der Beklagte zur Verneinung des Anspruchs auf Erteilung der begehrten Ermächtigung in seinem Beschluss vom 28. August 2002 zutreffend ausgeführt hat, scheitert dieser Anspruch bereits daran, dass der Zuschlag nach der Nr. 03 EBM-Z nicht zum Gegenstand einer Ermächtigung im Sinne des § 95 Abs. 4 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches in Verbindung mit § 31 der Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte gemacht werden kann. Mit einer Ermächtigung wird nämlich dem betroffenen Zahnarzt bzw. der betroffenen Einrichtung lediglich die Befugnis eingeräumt, Leistungen im System der gesetzlichen Krankenversicherung gegenüber darin Versicherten erbringen zu dürfen. Hierbei beschreibt der Begriff der Leistung im teilnahmerechtlichen Sinne stets die durch bestimmte Modalitäten gekennzeichnete Handlung als solche, nicht jedoch Abrechnungsfragen, die – wie die hier interessierende Frage, ob wegen des Bestehens bestimmter Behandlungsmodalitäten die Zahlung eines Zuschlags gerechtfertigt ist – erst im Anschluss an die Handlung selbst aufgeworfen werden können. Derartige Fragen sind allein von den für die Honorierung der Leistungen zuständigen Kassenzahnärztlichen Vereinigungen zu klären und haben mangels inhaltlicher Überschneidungen mit der Befugnis zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nichts zu tun. Dies schließt es zugleich aus, den Zulassungsgremien im vorstehenden Zusammenhang eine so genannte "Randzuständigkeit" zur Entscheidung über die Frage der Abrechnungsfähigkeit des hier in Rede stehenden Zuschlags nach der Nr. 03 EBM-Z zuzugestehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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