Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
31
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 72 KR 332/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 31 B 98/07 KR PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 21. Juli 2006 wird aufgehoben. Dem Kläger wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin R N beigeordnet. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde, der das Sozialgericht (SG) Berlin nicht abgeholfen hat, ist begründet. Dem Kläger ist für das Verfahren vor dem SG Berlin Prozesskostenhilfe nach § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit §§ 114 Satz 1, 115, 119 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) zu gewähren.
Wie das SG ausgeführt hat, ist die Gewährung von Prozesskostenhilfe nach den genannten Vorschriften davon abhängig, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Daher beurteilt das angerufene Gericht die Erfolgsaussicht regelmäßig ohne abschließende tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffes. Steht eine höchstrichterliche Klärung von im Hauptsacheverfahren noch entscheidungserheblichen Fragen aus, so läuft es dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, dem Unbemittelten wegen fehlender Erfolgsaussicht seines Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten. Denn dadurch würde der unbemittelten Partei im Gegensatz zu der bemittelten die Möglichkeit genommen, ihren Rechtsstandpunkt im Hauptsacheverfahren darzustellen und von dort aus in die höhere Instanz zu bringen (vgl. zuletzt Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 14. Juni 2006 - 2 BvR 626/06 -, BvR 656/06, zitiert nach juris, RdNr. 13 mwN).
An diesen Grundsätzen gemessen hat die Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Auffassung des SG, die Klage sei schon unzulässig, teilt der Senat nicht. Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Fortführung seiner Krankenversicherung vom 1. Februar 2004 an als freiwillige Krankenversicherung. Dieses Prozessziel kann er nur erreichen, wenn der Bescheid der Beklagten vom 10. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2006 nicht in Bestandskraft erwächst. Bei sachdienlicher und vernünftiger Auslegung des Begehrens (§ 123 SGG) wendet er sich also mit der innerhalb der Klagefrist des § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG erhobenen Klage gegen diese Bescheide. Dies hat er zwar nicht im Antrag, aber schon in der Begründung des Klageschriftsatzes unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht.
In der Sache streiten die Beteiligten im Kern über die Frage, ob dem Kläger hinsichtlich der Versäumung der Beitrittsfrist des § 9 Abs. 2 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) nach § 27 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist oder, sofern diese Möglichkeit nicht gegeben sein sollte, ein Beratungsfehler der Beklagten vorliegt, aus dem der Kläger einen Anspruch auf Fortführung seiner Krankenversicherung als freiwillige Versicherung nach den von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelten Grundsätzen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs herleiten kann. Die Entscheidung dieser Fragen hängt zum einen von einer Würdigung des abschließend aufzuklärenden Sachverhalts durch das Gericht ab, die im Prozesskostenhilfeverfahren grundsätzlich nicht vorwegzunehmen ist. Zum anderen ist die von der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 2006 vertretene Auffassung, die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs seien neben der Regelung über die Wiedereinsetzung in § 27 SGB X nicht anwendbar, durch höchstrichterliche Rechtsprechung bislang nicht bestätigt und in der Rechtsprechung der Landessozialgerichte umstritten (entgegen der zitierten Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin vom 22. September 2004 - L 9 33/04 - etwa Thüringer Landessozialgericht Urteil vom 21. Februar 2005 - L 6 KR 665/03 -, zitiert nach juris). Da diese Frage entscheidungserheblich sein kann, ist Prozesskostenhilfe zu gewähren.
Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erscheint erforderlich, § 121 Abs. 2 ZPO. Der Rechtsstreit ist für den Kläger von erheblicher Bedeutung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 73 a SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177).
Gründe:
Die zulässige Beschwerde, der das Sozialgericht (SG) Berlin nicht abgeholfen hat, ist begründet. Dem Kläger ist für das Verfahren vor dem SG Berlin Prozesskostenhilfe nach § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit §§ 114 Satz 1, 115, 119 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) zu gewähren.
Wie das SG ausgeführt hat, ist die Gewährung von Prozesskostenhilfe nach den genannten Vorschriften davon abhängig, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Daher beurteilt das angerufene Gericht die Erfolgsaussicht regelmäßig ohne abschließende tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffes. Steht eine höchstrichterliche Klärung von im Hauptsacheverfahren noch entscheidungserheblichen Fragen aus, so läuft es dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, dem Unbemittelten wegen fehlender Erfolgsaussicht seines Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten. Denn dadurch würde der unbemittelten Partei im Gegensatz zu der bemittelten die Möglichkeit genommen, ihren Rechtsstandpunkt im Hauptsacheverfahren darzustellen und von dort aus in die höhere Instanz zu bringen (vgl. zuletzt Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 14. Juni 2006 - 2 BvR 626/06 -, BvR 656/06, zitiert nach juris, RdNr. 13 mwN).
An diesen Grundsätzen gemessen hat die Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Auffassung des SG, die Klage sei schon unzulässig, teilt der Senat nicht. Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Fortführung seiner Krankenversicherung vom 1. Februar 2004 an als freiwillige Krankenversicherung. Dieses Prozessziel kann er nur erreichen, wenn der Bescheid der Beklagten vom 10. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2006 nicht in Bestandskraft erwächst. Bei sachdienlicher und vernünftiger Auslegung des Begehrens (§ 123 SGG) wendet er sich also mit der innerhalb der Klagefrist des § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG erhobenen Klage gegen diese Bescheide. Dies hat er zwar nicht im Antrag, aber schon in der Begründung des Klageschriftsatzes unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht.
In der Sache streiten die Beteiligten im Kern über die Frage, ob dem Kläger hinsichtlich der Versäumung der Beitrittsfrist des § 9 Abs. 2 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) nach § 27 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist oder, sofern diese Möglichkeit nicht gegeben sein sollte, ein Beratungsfehler der Beklagten vorliegt, aus dem der Kläger einen Anspruch auf Fortführung seiner Krankenversicherung als freiwillige Versicherung nach den von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelten Grundsätzen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs herleiten kann. Die Entscheidung dieser Fragen hängt zum einen von einer Würdigung des abschließend aufzuklärenden Sachverhalts durch das Gericht ab, die im Prozesskostenhilfeverfahren grundsätzlich nicht vorwegzunehmen ist. Zum anderen ist die von der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 2006 vertretene Auffassung, die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs seien neben der Regelung über die Wiedereinsetzung in § 27 SGB X nicht anwendbar, durch höchstrichterliche Rechtsprechung bislang nicht bestätigt und in der Rechtsprechung der Landessozialgerichte umstritten (entgegen der zitierten Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin vom 22. September 2004 - L 9 33/04 - etwa Thüringer Landessozialgericht Urteil vom 21. Februar 2005 - L 6 KR 665/03 -, zitiert nach juris). Da diese Frage entscheidungserheblich sein kann, ist Prozesskostenhilfe zu gewähren.
Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erscheint erforderlich, § 121 Abs. 2 ZPO. Der Rechtsstreit ist für den Kläger von erheblicher Bedeutung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 73 a SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177).
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