Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 14 RJ 718/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 271/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 09. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe: I.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Versichertenrente wegen voller Erwerbsminderung (EM), hilfsweise wegen teilweiser EM, hilfsweise wegen teilweiser EM bei Berufsunfähigkeit (BU) ab 01. März 2004.
Die 1954 geborene Klägerin hatte keine Berufsausbildung abgeschlossen. Sie war ab September 1971 als Lackiererin, Raumpflegerin und Küchenhilfe beschäftigt. Ab Juli 1984 war sie als Produktionsarbeiterin tätig, zuletzt vom 05. Juni 1994 bis zum Eintritt dauernder krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit (AU) am 25. August 2003 bei der S-F GmbH & Co Kommanditgesellschaft (KG) in L/S. Nach Auslaufen der Entgeltfortzahlung bezog die Klägerin vom 06. Oktober 2003 bis zum 28. Februar 2005 Krankengeld.
Im März 2004 hatte sie die Gewährung von EM-Rente beantragt. Die Beklagte ließ die Klägerin durch den Facharzt für Innere Medizin Dr. S untersuchen und begutachten. Dieser Arzt bescheinigte der Klägerin in seinem Gutachten vom 13. April 2004 ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte, zeitweise auch mittelschwere Arbeiten unter Berücksichtigung der aufgezeigten qualitativen Leistungseinschränkungen; auch als Produktionsarbeiterin könne die Klägerin sechs Stunden und mehr täglich tätig sein (Wirbelsäulenschmerzsymptomatik bei degenerativen Veränderungen, Glaukom). Mit Bescheid vom 07. Mai 2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 31. August 2004). Volle bzw. teilweise EM bzw. teilweise EM bei BU würden nicht vorliegen.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Cottbus Befundberichte von den behandelnden Ärzten der Klägerin erstatten lassen, und zwar von dem Chirurgen Dipl.-Med. H vom 02. Februar 2005 und von dem Internisten Dr. W vom 28. Februar 2005. Das SG hat den Facharzt für Orthopädie, Rheumatologie, physikalische Therapie, Chirotherapie, Sportmedizin, Sozialmedizin und Rehabilitationswesen Dr. I als Sachverständigen eingesetzt. Dieser Arzt hat in seinem Gutachten vom 27. September 2005 folgende Gesundheitsstörungen der Klägerin mitgeteilt: mäßige Arthrose in den Acromioclaviculargelenken mit daraus resultierenden leichten Funktionseinbußen im Bereich der Schultergelenke, beginnender Morbus Dupuytren mit einer daraus resultierenden geringen Funktionseinschränkung im Bereich der Hände, leichte Funktionseinschränkung im Bereich der Halswirbelsäule bei leichten strukturellen Veränderungen im mittleren Halswirbelsäulenbereich, leichte bis mäßige osteochondrotische Veränderungen im unteren Lendenwirbelsäulenbereich mit leichten Funktionseinschränkungen, initiale Coxarthrose beiderseits ohne nennenswerte Funktionseinschränkungen, Glaukom, Ulcusdiathese. Die Klägerin könne täglich regelmäßig noch mindestens sechs Stunden körperlich leichte, gelegentlich auch mittelschwere sowie geistig einfache Arbeiten - unter Berücksichtigung der im Einzelnen dargelegten qualitativen Leistungseinschränkungen - in allen Haltungsarten verrichten. Das SG hat ferner eine Arbeitgeberauskunft der S-F GmbH & Co KG vom 26. Januar 2005 nebst ergänzender Äußerung vom 29. Juni 2005 eingeholt; hierauf wird Bezug genommen.
Mit Urteil vom 09. Dezember 2005 hat das SG die auf die Gewährung von Rente wegen EM gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Die Klägerin habe gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf Rente wegen voller EM noch einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser EM bzw. teilweiser EM bei BU gemäß den §§ 43, 240 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI). Die Klägerin könne täglich mindestens sechs Stunden körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten mit diversen qualitativen Einschränkungen ausführen. Sie sei auch nicht berufsunfähig. Unter Berücksichtigung der Auskunft ihres letzten Arbeitgebers könne sie nach Maßgabe des Mehrstufenschemas des Bundessozialgerichts (BSG) allenfalls in die Berufsgruppe der Angelernten des unteren Bereichs eingestuft werden. Der konkreten Bezeichnung einer Verweisungstätigkeit habe es daher nicht bedurft. Die Klägerin sei mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
Mit der Berufung wendet sich die Klägerin gegen dieses Urteil. Sie trägt vor: Das SG habe ihren Gesundheitszustand nicht hinreichend berücksichtigt. Sie sei auch außerstande, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein. Auf die Berufungsbegründung der Klägerin vom 18. Juli 2006 wird Bezug genommen.
Aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich der Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 09. Dezember 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 07. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit ab 01. März 2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren. Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat im Berufungsverfahren ergänzend einen Bericht des Chirurgen und Handchirurgen Dr. R vom 29. November 2006 hinsichtlich der am 14. September 2006 und am 20. Oktober 2006 erfolgten ambulanten Operationen wegen Dupuytren´scher Kontraktur der linken und rechten Hand sowie einer Tumoroperation am linken Ringfinger vom 06. November 2006 eingeholt; hierauf wird Bezug genommen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen, wegen der medizinischen Feststellungen auf die zum Verfahren eingeholten Befundberichte und das Sachverständigengutachten von Dr. I Bezug genommen.
Die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung der Klägerin durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (vgl. § 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung der Klägerin, mit der diese bei verständiger Würdigung ihres Begehrens (vgl. § 123 SGG) ihre erstinstanzlich erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 4 SGG auf Gewährung von Rente wegen voller EM, hilfsweise wegen teilweiser EM, hilfsweise wegen teilweiser EM bei BU, für die Zeit ab 01. März 2004 weiter verfolgt, ist nicht begründet.
Die Klägerin hat aufgrund ihres im März 2004 gestellten Rentenantrages (vgl. § 99 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB VI) weder einen Anspruch auf Rente wegen voller EM (§ 43 Abs. 2 SGB VI) noch auf Rente wegen teilweiser EM nach § 43 Abs. 1 SGB VI oder auf Rente wegen teilweiser EM bei BU nach § 240 SGB VI.
Die Vorschriften des § 43 SGB VI und des § 240 SGB VI (vgl. § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB VI) setzen zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI) sowie das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der EM bzw. BU voraus (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3, Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI, § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Darüber hinaus müssen volle oder teilweise EM bzw. BU vorliegen (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 SGB VI, § 240 Abs. 2 SGB VI).
Voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei bzw. mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Nach § 240 Abs. 2 SGB VI sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (vgl. § 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI).
Die Klägerin war und ist in dem vorliegend streitigen Zeitraum ab 01. März 2004 nicht voll bzw. teilweise erwerbsgemindert im Sinne von § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB VI und auch nicht berufsunfähig im Sinne von § 240 Abs. 2 SGB VI. Denn sie verfügte und verfügt in dem maßgebenden Zeitraum noch über ein mindestens sechsstündiges Restleistungsvermögen zumindest für leichte körperliche und einfache geistige Arbeiten, mit dem sie regelmäßig einer mindestens sechsstündigen Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen konnte und kann. Dass die Klägerin über ein derartiges Leistungsvermögen verfügte und auch derzeit noch verfügt, folgt zur Überzeugung des Senats aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere aus dem vorliegenden Gutachten des im Verwaltungsverfahren als Sachverständigen eingesetzten Arztes Dr. S sowie des im Klageverfahren bestellten Gerichtssachverständigen Dr. I. Beide Ärzte haben der Klägerin übereinstimmend ein derartiges mindestens sechsstündiges bzw. sogar vollschichtiges (Dr. S) Restleistungsvermögen bescheinigt, und zwar durchgehend seit dem 01. März 2004.
Das mindestens sechsstündige Restleistungsvermögen der Klägerin war und ist nach den von den Sachverständigen festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen auch nicht derart reduziert, dass es einem Arbeitseinsatz der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter betriebsüblichen Bedingungen entgegenstünde (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI). Die Klägerin kann zwar nach den von den Sachverständigen getroffenen Feststellungen wegen ihrer Leiden nur noch körperlich leichte, gelegentlich aber sogar mittelschwere Tätigkeiten mit dem Heben und Tragen von Lasten bis 12 Kilogramm (Dr. I) in allen Haltungsarten bzw. im Wechsel derselben verrichten. Ausgeschlossen sind Arbeiten mit längeren oder häufigen einseitigen körperlichen Belastungen, in Nachtschicht, in Zwangshaltungen, auf Leitern und Gerüsten, mit längerem Vorhalten der Arme und mit ständigem Zufassen größerer Gegenstände sowie auch (Dr. S) Arbeiten unter Einwirkung von Kälte und Nässe sowie Arbeiten mit besonderen Anforderungen an das Sehvermögen. Bei Beachtung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen bestand und besteht aber weder eine spezifische Leistungsbehinderung noch lag oder liegt eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor (vgl. BSG, Urteil vom 18. Februar 1998, - B 5/4 RA 58/97 R - veröffentlicht in juris). Es lagen und liegen zwar bei der Klägerin Leistungseinschränkungen vor, die teilweise über den Rahmen dessen hinausgehen, was inhaltlich vom Begriff der körperlich leichten Tätigkeiten umfasst wird. Dies gilt besonders hinsichtlich der Notwendigkeit, bestimmte äußere Einwirkungen wie Hitze und Kälte zu vermeiden (vgl. BSG, Urteil vom 11. Mai 1991 - B 13 RJ 71/90 R - veröffentlicht in juris). Die bei der Klägerin festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen sind aber nicht geeignet, das Feld körperlich leichter Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Denn die vorliegenden Leistungseinschränkungen wie der Ausschluss von Arbeiten in Hitze und Kälte, auf Leitern und Gerüsten, im Knien und Hocken bzw. in Zwangshaltungen sowie mit besonderen Anforderungen an das Sehvermögen und auch - im Hinblick auf den Kleinwuchs der Klägerin (Körpergröße von 139 cm) - der Ausschluss von Arbeiten mit längerem Vorhalten der Arme zählen nicht zu den ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen und schon gar nicht zu den schweren spezifischen Leistungsbehinderungen (vgl. dazu die auf die Vorlagebeschlüsse des 13. Senats ergangenen Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996 - GS 1 bis 4/95 - GS 2/95 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Weitergehende Funktionseinschränkungen resultieren nach den Feststellungen der Sachverständigen aus dem Kleinwuchs der Klägerin nicht. Das Gleiche gilt hinsichtlich der geistigen Fähigkeiten der Klägerin, die keine nennenswerten Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen, ihrem Ausbildungsniveau entsprechenden Arbeitsplatz erkennen lassen. Eine durchschnittliche Anpassungs-, Umstellungs- und Verantwortungsfähigkeit ist bei ihr gegeben. Die im Verlauf des Berufungsverfahrens durchgeführten operativen Eingriffe an beiden Händen haben nicht zu einer überdauernden Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit einer oder beider Hände geführt. Vielmehr ist nach der diesbezüglich eingeholten Auskunft des behandelnden Arztes Dr. R vom 29. November 2006 davon auszugehen, dass bis auf weiteres von einer vollständigen Wiederherstellung der Gebrauchsfähigkeit beider Hände ausgegangen werden kann. Insgesamt betreffen die bei der Klägerin festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen jedenfalls lediglich einen kleinen Teilbereich des allgemeinen Arbeitsmarktes, lassen aber ein weites Feld von Beschäftigungsmöglichkeiten unberührt.
So konnte und kann die Klägerin mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen etwa noch leichte Bürotätigkeiten verrichten. Das Gleiche gilt für Sortier- und Verpackungstätigkeiten sowie die Tätigkeit einer - einfachen - Pförtnerin. Im Hinblick darauf, dass nach der Leistungsbeurteilung des gerichtlichen Sachverständigen jedenfalls für derart leichte Tätigkeiten keine relevanten Einschränkungen bezüglich der Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit, der Auffassungsgabe und der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit bestanden und bestehen, konnte und kann die Klägerin auch noch derart einfache Tätigkeiten nach einer Zeit der Einarbeitung bis zu drei Monaten vollwertig verrichten.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser EM bei BU. Denn sie war und ist in dem vorliegend maßgebenden Zeitraum seit 01. März 2004 nicht berufsunfähig im Sinne des § 240 Abs. 2 SGB VI.
Ausgangspunkt für die Prüfung von BU ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der "bisherige Beruf" der Versicherten. Dies ist in der Regel die zuletzt versicherungspflichtig ausgeübte Beschäftigung (vgl. z. B. BSG, SozR 3-2200, § 1246 Nrn. 130, 146; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 - B 13 RJ 43 /99 R - veröffentlicht in juris). Danach ist als bisheriger Beruf der Klägerin der Beruf der Produktionsarbeiterin der rentenrechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen. Diesen Beruf hatte die Klägerin zuletzt bis zum Eintritt dauernder krankheitsbedingter AU am 25. August 2003 seit 15. Juni 1994 bei der S-F GmbH & Co KG und auch zuvor langjährig bei einem anderen Arbeitgeber versicherungspflichtig ausgeübt. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin ihren bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten kann, wofür sprechen könnte, dass die Arbeitgeberin in ihrer Auskunft vom 26. Januar 2005 darauf hingewiesen hat, die Klägerin sei den gestellten Anforderungen teilweise nur mit Einschränkungen gerecht geworden. Selbst wenn die Klägerin aber aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage war und ist, diesen ihren bisherigen Beruf mindestens sechs Stunden täglich auszuüben, war und ist sie gleichwohl nicht berufsunfähig. Denn ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser EM bei BU steht der Versicherten nicht schon dann zu, wenn sie ihren bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann. Hinzukommen muss vielmehr, dass für die Versicherte auch keine sozial zumutbare Erwerbstätigkeit im Sinne des § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI mehr vorhanden ist, die sie mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen noch ausführen kann. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtig sich dabei nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Vornahme dieser Bewertung hat die höchstrichterliche Rechtsprechung des BSG das so genannte Mehrstufenschema entwickelt. Dieses Schema untergliedert die Arbeiterberufe in verschiedene Berufsgruppen. Diese Berufsgruppen werden durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. z. B. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nrn. 132, 138, 140; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 - B 13 RJ 43/99 R -).
Im Rahmen dieses Mehrstufenschemas ist die Klägerin, die über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt, der ersten Berufsgruppe mit dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen. Denn nach der Arbeitgeberauskunft vom 26. Januar 2005, gegen die die Klägerin Einwendungen nicht erhoben hat, war für die von der Klägerin zuletzt langjährig verrichtete Tätigkeit der Produktionsarbeiterin, die im Wesentlichen aus dem Verlesen von Rohware, dem Stopfen von Gurken in Konservendosen und Gläser und dem Putzen von Wintergemüse bestand, für eine völlig ungelernte Kraft eine Einweisungs- bzw. Anlernzeit von lediglich zwei Tagen ausreichend. Eine Bewertung dieser Tätigkeit, die eine Zuordnung zur Berufsgruppe der Angelernten ermöglichte, ist damit ausgeschlossen. Selbst wenn aber im Hinblick auf die Entlohnung der Klägerin (zuletzt 7,48 EUR pro Stunde) eine Zuordnung zum Bereich der Anlerntätigkeiten in Betracht käme, wird die für eine Zuordnung zum oberen Bereich der Angelernten erforderliche Wertigkeit in jedem Fall nicht erreicht. Aufgrund der Bewertung des bisherigen Berufs der Klägerin als einer ungelernten Tätigkeit bzw. allenfalls einer Anlerntätigkeit im unteren Bereich ist die Klägerin aber sozial zumutbar auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, für die ihr Restleistungsvermögen noch ausreicht. Denn grundsätzlich darf auch eine dem unteren Anlernbereich zugeordnete Versicherte im Vergleich zu ihrem bisherigen Beruf auf die nächst niedrigere Berufsgruppe verwiesen werden (ständige Rechtsprechung: vgl. z. B. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 134 mit weiteren Nachweisen; BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 5; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 - B 13 RJ 43/99 R -). Ein Berufsschutz, der die konkrete Bezeichnung einer Verweisungstätigkeit erfordert hätte, steht der Klägerin damit nicht zu. Für die Klägerin in Betracht kommende Tätigkeitsfelder des allgemeinen Arbeitsmarktes sind bereits benannt worden.
Da die Klägerin nach alledem mit ihrem verbliebenen Leistungsvermögen noch Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten konnte und kann, ist sie auch nicht berufsunfähig.
Darauf, ob die Klägerin einem ihrem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz tatsächlich erhalten konnte oder erhält, kommt es nicht an. Denn die jeweilige Arbeitsmarktlage, die für leistungsgeminderte Arbeitnehmer - wie die Klägerin - derzeit kaum entsprechende Arbeitsplatzangebote zur Verfügung stellt, ist für die Feststellung von voller bzw. teilweiser EM oder BU - wie der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt hat - unerheblich (vgl. § 43 Abs. 3 Halbsatz 2, § 240 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 2 SGB VI).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe: I.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Versichertenrente wegen voller Erwerbsminderung (EM), hilfsweise wegen teilweiser EM, hilfsweise wegen teilweiser EM bei Berufsunfähigkeit (BU) ab 01. März 2004.
Die 1954 geborene Klägerin hatte keine Berufsausbildung abgeschlossen. Sie war ab September 1971 als Lackiererin, Raumpflegerin und Küchenhilfe beschäftigt. Ab Juli 1984 war sie als Produktionsarbeiterin tätig, zuletzt vom 05. Juni 1994 bis zum Eintritt dauernder krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit (AU) am 25. August 2003 bei der S-F GmbH & Co Kommanditgesellschaft (KG) in L/S. Nach Auslaufen der Entgeltfortzahlung bezog die Klägerin vom 06. Oktober 2003 bis zum 28. Februar 2005 Krankengeld.
Im März 2004 hatte sie die Gewährung von EM-Rente beantragt. Die Beklagte ließ die Klägerin durch den Facharzt für Innere Medizin Dr. S untersuchen und begutachten. Dieser Arzt bescheinigte der Klägerin in seinem Gutachten vom 13. April 2004 ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte, zeitweise auch mittelschwere Arbeiten unter Berücksichtigung der aufgezeigten qualitativen Leistungseinschränkungen; auch als Produktionsarbeiterin könne die Klägerin sechs Stunden und mehr täglich tätig sein (Wirbelsäulenschmerzsymptomatik bei degenerativen Veränderungen, Glaukom). Mit Bescheid vom 07. Mai 2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 31. August 2004). Volle bzw. teilweise EM bzw. teilweise EM bei BU würden nicht vorliegen.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Cottbus Befundberichte von den behandelnden Ärzten der Klägerin erstatten lassen, und zwar von dem Chirurgen Dipl.-Med. H vom 02. Februar 2005 und von dem Internisten Dr. W vom 28. Februar 2005. Das SG hat den Facharzt für Orthopädie, Rheumatologie, physikalische Therapie, Chirotherapie, Sportmedizin, Sozialmedizin und Rehabilitationswesen Dr. I als Sachverständigen eingesetzt. Dieser Arzt hat in seinem Gutachten vom 27. September 2005 folgende Gesundheitsstörungen der Klägerin mitgeteilt: mäßige Arthrose in den Acromioclaviculargelenken mit daraus resultierenden leichten Funktionseinbußen im Bereich der Schultergelenke, beginnender Morbus Dupuytren mit einer daraus resultierenden geringen Funktionseinschränkung im Bereich der Hände, leichte Funktionseinschränkung im Bereich der Halswirbelsäule bei leichten strukturellen Veränderungen im mittleren Halswirbelsäulenbereich, leichte bis mäßige osteochondrotische Veränderungen im unteren Lendenwirbelsäulenbereich mit leichten Funktionseinschränkungen, initiale Coxarthrose beiderseits ohne nennenswerte Funktionseinschränkungen, Glaukom, Ulcusdiathese. Die Klägerin könne täglich regelmäßig noch mindestens sechs Stunden körperlich leichte, gelegentlich auch mittelschwere sowie geistig einfache Arbeiten - unter Berücksichtigung der im Einzelnen dargelegten qualitativen Leistungseinschränkungen - in allen Haltungsarten verrichten. Das SG hat ferner eine Arbeitgeberauskunft der S-F GmbH & Co KG vom 26. Januar 2005 nebst ergänzender Äußerung vom 29. Juni 2005 eingeholt; hierauf wird Bezug genommen.
Mit Urteil vom 09. Dezember 2005 hat das SG die auf die Gewährung von Rente wegen EM gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Die Klägerin habe gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf Rente wegen voller EM noch einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser EM bzw. teilweiser EM bei BU gemäß den §§ 43, 240 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI). Die Klägerin könne täglich mindestens sechs Stunden körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten mit diversen qualitativen Einschränkungen ausführen. Sie sei auch nicht berufsunfähig. Unter Berücksichtigung der Auskunft ihres letzten Arbeitgebers könne sie nach Maßgabe des Mehrstufenschemas des Bundessozialgerichts (BSG) allenfalls in die Berufsgruppe der Angelernten des unteren Bereichs eingestuft werden. Der konkreten Bezeichnung einer Verweisungstätigkeit habe es daher nicht bedurft. Die Klägerin sei mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
Mit der Berufung wendet sich die Klägerin gegen dieses Urteil. Sie trägt vor: Das SG habe ihren Gesundheitszustand nicht hinreichend berücksichtigt. Sie sei auch außerstande, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein. Auf die Berufungsbegründung der Klägerin vom 18. Juli 2006 wird Bezug genommen.
Aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich der Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 09. Dezember 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 07. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit ab 01. März 2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren. Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat im Berufungsverfahren ergänzend einen Bericht des Chirurgen und Handchirurgen Dr. R vom 29. November 2006 hinsichtlich der am 14. September 2006 und am 20. Oktober 2006 erfolgten ambulanten Operationen wegen Dupuytren´scher Kontraktur der linken und rechten Hand sowie einer Tumoroperation am linken Ringfinger vom 06. November 2006 eingeholt; hierauf wird Bezug genommen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen, wegen der medizinischen Feststellungen auf die zum Verfahren eingeholten Befundberichte und das Sachverständigengutachten von Dr. I Bezug genommen.
Die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung der Klägerin durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (vgl. § 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung der Klägerin, mit der diese bei verständiger Würdigung ihres Begehrens (vgl. § 123 SGG) ihre erstinstanzlich erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 4 SGG auf Gewährung von Rente wegen voller EM, hilfsweise wegen teilweiser EM, hilfsweise wegen teilweiser EM bei BU, für die Zeit ab 01. März 2004 weiter verfolgt, ist nicht begründet.
Die Klägerin hat aufgrund ihres im März 2004 gestellten Rentenantrages (vgl. § 99 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB VI) weder einen Anspruch auf Rente wegen voller EM (§ 43 Abs. 2 SGB VI) noch auf Rente wegen teilweiser EM nach § 43 Abs. 1 SGB VI oder auf Rente wegen teilweiser EM bei BU nach § 240 SGB VI.
Die Vorschriften des § 43 SGB VI und des § 240 SGB VI (vgl. § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB VI) setzen zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI) sowie das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der EM bzw. BU voraus (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3, Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI, § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Darüber hinaus müssen volle oder teilweise EM bzw. BU vorliegen (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 SGB VI, § 240 Abs. 2 SGB VI).
Voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei bzw. mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Nach § 240 Abs. 2 SGB VI sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (vgl. § 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI).
Die Klägerin war und ist in dem vorliegend streitigen Zeitraum ab 01. März 2004 nicht voll bzw. teilweise erwerbsgemindert im Sinne von § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB VI und auch nicht berufsunfähig im Sinne von § 240 Abs. 2 SGB VI. Denn sie verfügte und verfügt in dem maßgebenden Zeitraum noch über ein mindestens sechsstündiges Restleistungsvermögen zumindest für leichte körperliche und einfache geistige Arbeiten, mit dem sie regelmäßig einer mindestens sechsstündigen Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen konnte und kann. Dass die Klägerin über ein derartiges Leistungsvermögen verfügte und auch derzeit noch verfügt, folgt zur Überzeugung des Senats aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere aus dem vorliegenden Gutachten des im Verwaltungsverfahren als Sachverständigen eingesetzten Arztes Dr. S sowie des im Klageverfahren bestellten Gerichtssachverständigen Dr. I. Beide Ärzte haben der Klägerin übereinstimmend ein derartiges mindestens sechsstündiges bzw. sogar vollschichtiges (Dr. S) Restleistungsvermögen bescheinigt, und zwar durchgehend seit dem 01. März 2004.
Das mindestens sechsstündige Restleistungsvermögen der Klägerin war und ist nach den von den Sachverständigen festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen auch nicht derart reduziert, dass es einem Arbeitseinsatz der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter betriebsüblichen Bedingungen entgegenstünde (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI). Die Klägerin kann zwar nach den von den Sachverständigen getroffenen Feststellungen wegen ihrer Leiden nur noch körperlich leichte, gelegentlich aber sogar mittelschwere Tätigkeiten mit dem Heben und Tragen von Lasten bis 12 Kilogramm (Dr. I) in allen Haltungsarten bzw. im Wechsel derselben verrichten. Ausgeschlossen sind Arbeiten mit längeren oder häufigen einseitigen körperlichen Belastungen, in Nachtschicht, in Zwangshaltungen, auf Leitern und Gerüsten, mit längerem Vorhalten der Arme und mit ständigem Zufassen größerer Gegenstände sowie auch (Dr. S) Arbeiten unter Einwirkung von Kälte und Nässe sowie Arbeiten mit besonderen Anforderungen an das Sehvermögen. Bei Beachtung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen bestand und besteht aber weder eine spezifische Leistungsbehinderung noch lag oder liegt eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor (vgl. BSG, Urteil vom 18. Februar 1998, - B 5/4 RA 58/97 R - veröffentlicht in juris). Es lagen und liegen zwar bei der Klägerin Leistungseinschränkungen vor, die teilweise über den Rahmen dessen hinausgehen, was inhaltlich vom Begriff der körperlich leichten Tätigkeiten umfasst wird. Dies gilt besonders hinsichtlich der Notwendigkeit, bestimmte äußere Einwirkungen wie Hitze und Kälte zu vermeiden (vgl. BSG, Urteil vom 11. Mai 1991 - B 13 RJ 71/90 R - veröffentlicht in juris). Die bei der Klägerin festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen sind aber nicht geeignet, das Feld körperlich leichter Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Denn die vorliegenden Leistungseinschränkungen wie der Ausschluss von Arbeiten in Hitze und Kälte, auf Leitern und Gerüsten, im Knien und Hocken bzw. in Zwangshaltungen sowie mit besonderen Anforderungen an das Sehvermögen und auch - im Hinblick auf den Kleinwuchs der Klägerin (Körpergröße von 139 cm) - der Ausschluss von Arbeiten mit längerem Vorhalten der Arme zählen nicht zu den ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen und schon gar nicht zu den schweren spezifischen Leistungsbehinderungen (vgl. dazu die auf die Vorlagebeschlüsse des 13. Senats ergangenen Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996 - GS 1 bis 4/95 - GS 2/95 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Weitergehende Funktionseinschränkungen resultieren nach den Feststellungen der Sachverständigen aus dem Kleinwuchs der Klägerin nicht. Das Gleiche gilt hinsichtlich der geistigen Fähigkeiten der Klägerin, die keine nennenswerten Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen, ihrem Ausbildungsniveau entsprechenden Arbeitsplatz erkennen lassen. Eine durchschnittliche Anpassungs-, Umstellungs- und Verantwortungsfähigkeit ist bei ihr gegeben. Die im Verlauf des Berufungsverfahrens durchgeführten operativen Eingriffe an beiden Händen haben nicht zu einer überdauernden Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit einer oder beider Hände geführt. Vielmehr ist nach der diesbezüglich eingeholten Auskunft des behandelnden Arztes Dr. R vom 29. November 2006 davon auszugehen, dass bis auf weiteres von einer vollständigen Wiederherstellung der Gebrauchsfähigkeit beider Hände ausgegangen werden kann. Insgesamt betreffen die bei der Klägerin festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen jedenfalls lediglich einen kleinen Teilbereich des allgemeinen Arbeitsmarktes, lassen aber ein weites Feld von Beschäftigungsmöglichkeiten unberührt.
So konnte und kann die Klägerin mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen etwa noch leichte Bürotätigkeiten verrichten. Das Gleiche gilt für Sortier- und Verpackungstätigkeiten sowie die Tätigkeit einer - einfachen - Pförtnerin. Im Hinblick darauf, dass nach der Leistungsbeurteilung des gerichtlichen Sachverständigen jedenfalls für derart leichte Tätigkeiten keine relevanten Einschränkungen bezüglich der Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit, der Auffassungsgabe und der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit bestanden und bestehen, konnte und kann die Klägerin auch noch derart einfache Tätigkeiten nach einer Zeit der Einarbeitung bis zu drei Monaten vollwertig verrichten.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser EM bei BU. Denn sie war und ist in dem vorliegend maßgebenden Zeitraum seit 01. März 2004 nicht berufsunfähig im Sinne des § 240 Abs. 2 SGB VI.
Ausgangspunkt für die Prüfung von BU ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der "bisherige Beruf" der Versicherten. Dies ist in der Regel die zuletzt versicherungspflichtig ausgeübte Beschäftigung (vgl. z. B. BSG, SozR 3-2200, § 1246 Nrn. 130, 146; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 - B 13 RJ 43 /99 R - veröffentlicht in juris). Danach ist als bisheriger Beruf der Klägerin der Beruf der Produktionsarbeiterin der rentenrechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen. Diesen Beruf hatte die Klägerin zuletzt bis zum Eintritt dauernder krankheitsbedingter AU am 25. August 2003 seit 15. Juni 1994 bei der S-F GmbH & Co KG und auch zuvor langjährig bei einem anderen Arbeitgeber versicherungspflichtig ausgeübt. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin ihren bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten kann, wofür sprechen könnte, dass die Arbeitgeberin in ihrer Auskunft vom 26. Januar 2005 darauf hingewiesen hat, die Klägerin sei den gestellten Anforderungen teilweise nur mit Einschränkungen gerecht geworden. Selbst wenn die Klägerin aber aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage war und ist, diesen ihren bisherigen Beruf mindestens sechs Stunden täglich auszuüben, war und ist sie gleichwohl nicht berufsunfähig. Denn ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser EM bei BU steht der Versicherten nicht schon dann zu, wenn sie ihren bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann. Hinzukommen muss vielmehr, dass für die Versicherte auch keine sozial zumutbare Erwerbstätigkeit im Sinne des § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI mehr vorhanden ist, die sie mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen noch ausführen kann. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtig sich dabei nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Vornahme dieser Bewertung hat die höchstrichterliche Rechtsprechung des BSG das so genannte Mehrstufenschema entwickelt. Dieses Schema untergliedert die Arbeiterberufe in verschiedene Berufsgruppen. Diese Berufsgruppen werden durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. z. B. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nrn. 132, 138, 140; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 - B 13 RJ 43/99 R -).
Im Rahmen dieses Mehrstufenschemas ist die Klägerin, die über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt, der ersten Berufsgruppe mit dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen. Denn nach der Arbeitgeberauskunft vom 26. Januar 2005, gegen die die Klägerin Einwendungen nicht erhoben hat, war für die von der Klägerin zuletzt langjährig verrichtete Tätigkeit der Produktionsarbeiterin, die im Wesentlichen aus dem Verlesen von Rohware, dem Stopfen von Gurken in Konservendosen und Gläser und dem Putzen von Wintergemüse bestand, für eine völlig ungelernte Kraft eine Einweisungs- bzw. Anlernzeit von lediglich zwei Tagen ausreichend. Eine Bewertung dieser Tätigkeit, die eine Zuordnung zur Berufsgruppe der Angelernten ermöglichte, ist damit ausgeschlossen. Selbst wenn aber im Hinblick auf die Entlohnung der Klägerin (zuletzt 7,48 EUR pro Stunde) eine Zuordnung zum Bereich der Anlerntätigkeiten in Betracht käme, wird die für eine Zuordnung zum oberen Bereich der Angelernten erforderliche Wertigkeit in jedem Fall nicht erreicht. Aufgrund der Bewertung des bisherigen Berufs der Klägerin als einer ungelernten Tätigkeit bzw. allenfalls einer Anlerntätigkeit im unteren Bereich ist die Klägerin aber sozial zumutbar auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, für die ihr Restleistungsvermögen noch ausreicht. Denn grundsätzlich darf auch eine dem unteren Anlernbereich zugeordnete Versicherte im Vergleich zu ihrem bisherigen Beruf auf die nächst niedrigere Berufsgruppe verwiesen werden (ständige Rechtsprechung: vgl. z. B. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 134 mit weiteren Nachweisen; BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 5; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 - B 13 RJ 43/99 R -). Ein Berufsschutz, der die konkrete Bezeichnung einer Verweisungstätigkeit erfordert hätte, steht der Klägerin damit nicht zu. Für die Klägerin in Betracht kommende Tätigkeitsfelder des allgemeinen Arbeitsmarktes sind bereits benannt worden.
Da die Klägerin nach alledem mit ihrem verbliebenen Leistungsvermögen noch Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten konnte und kann, ist sie auch nicht berufsunfähig.
Darauf, ob die Klägerin einem ihrem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz tatsächlich erhalten konnte oder erhält, kommt es nicht an. Denn die jeweilige Arbeitsmarktlage, die für leistungsgeminderte Arbeitnehmer - wie die Klägerin - derzeit kaum entsprechende Arbeitsplatzangebote zur Verfügung stellt, ist für die Feststellung von voller bzw. teilweiser EM oder BU - wie der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt hat - unerheblich (vgl. § 43 Abs. 3 Halbsatz 2, § 240 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 2 SGB VI).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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