L 15 B 111/06 SO PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
15
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 38 SO 1418/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 15 B 111/06 SO PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 18. April 2006 geändert. Dem Kläger wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. G S, Tstraße, B bewilligt, soweit er mit der Klage einen Anspruch auf Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt für die Monate November und Dezember 2004 zuzüglich der Weihnachtsbeihilfe geltend macht. Im Übrigen wird die Beschwerde zurück gewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde des Klägers hat teilweise Erfolg. Hinsichtlich seiner im Tenor genannten Klageansprüche hat die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg und erfordert die Vertretung durch einen Rechtsanwalt, dessen Kosten der Kläger nicht aus eigenen Mitteln – den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) – aufbringen kann (§ 73 a Sozialgerichtsgesetz – SGG – i.V.m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung – ZPO -).

Das Sozialgericht hat bei seiner Ablehnung des PKH - Antrages darauf abgestellt, dass dieser am 24. Mai 2005 – an diesem Tag gingen 3 Bände Verwaltungsvorgänge des Beklagten bei Gericht ein – entscheidungsreif gewesen und späteres Vorbringen des Klägers bei der Prüfung dieses Antrages nicht mehr zu berücksichtigen sei. Diese Auffassung ist schon deshalb unzutreffend, weil das Gericht den Kläger, der seine Klage unter Hinweis auf längerfristige Erkrankung am 11. März 2005 zunächst nur zur Fristwahrung erhoben hatte, erst mit Schreiben vom 30. Mai 2005 aufgefordert hat, die Klage nunmehr zu begründen und einen konkreten Klageantrag anzukündigen. Von Entscheidungsreife des PKH - Gesuches kann deshalb erst nach Eingang der Klagebegründung und Präzisierung des Klagebegehrens am 13. Juni 2005 ausgegangen werden.

Bezüglich der begehrten Hilfe für den Lebensunterhalt für die Monate November und Dezember 2004 besteht hinreichende Erfolgsaussicht jedenfalls deshalb, weil zur Klärung des Anspruches weitere Ermittlungen von Seiten des Gerichts erforderlich sind. Der noch nach den §§ 11, 12 Bundessozialhilfegesetz – BSHG – zu prüfende Anspruch kann nicht allein unter Hinweis darauf abgelehnt werden, dass der Kläger insoweit keinen Erfolg mit seinem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bei den Verwaltungsgerichten gehabt hat. Soweit das OVG Berlin in seinem Beschluss vom 11. Mai 2005 – OVG 6 S 8/05 – auf die nicht geklärten Aufenthaltsverhältnisse des Klägers bis Ende Juli 2004 abgestellt hat, ist dies im hiesigen Hauptsacheverfahren für den streitigen Leistungszeitraum November und Dezember 2004 letztlich nicht entscheidungserheblich, zumal dem Kläger mit Bescheid vom 21. Oktober 2004 Hilfe zum Lebensunterhalt für die Monate Juli bis Oktober 2004 bewilligt worden ist.

Der im vorliegenden Verfahren angefochtene Bescheid vom 23. November 2004, mit dem die weitere Hilfegewährung mit Wirkung ab 01. November 2004 wegen "mangelnder Mitwirkung gemäß §§ 60 ff. SGB I" eingestellt worden ist, begegnet rechtlichen Bedenken, denn der Kläger hat aus seiner Sicht fristgemäß die von ihm mit Schreiben des Beklagten vom 21. Oktober 2004 geforderten Unterlagen – soweit bei ihm vorhanden – vorgelegt und zu allen Fragen Stellung genommen. Sofern dies dem Beklagten nicht ausreichte, hätte es weiterer konkreter Auflagen dem Kläger gegenüber bedurft, ohne die dieser annehmen konnte, seinen Mitwirkungspflichten zur Prüfung der fortbestehenden Anspruchsvoraussetzungen nachgekommen zu sein. Die rechtsfehlerhafte Ablehnung der Leistungsgewährung führt insoweit jedoch noch nicht zum Erfolg der Klage, vielmehr werden die entscheidungserheblichen tatsächlichen Wohn- und Lebensverhältnisse des Klägers in den Monaten November und Dezember 2004 im Klageverfahren noch näher aufzuklären sein. Für seinen tatsächlichen Aufenthalt unter der angegebenen Anschrift P Straße spricht neben einer dahingehenden Bescheinigung des im gleichen Hause ansässigen Vermieters, dass der Kläger nach Angaben eines Nachbarn im November 2004 in dieser Wohnung von der Kriminalpolizei vorübergehend verhaftet worden sein soll, also dort erreichbar war. Ferner wurde er von Mitarbeitern des Beklagten bei unangemeldeten Hausbesuchen am 13. und 17. Dezember 2004 in seiner Wohnung angetroffen. Der Kläger ist im Übrigen nicht verpflichtetet, den Bediensteten des Beklagten Zutritt zu seiner Wohnung zu gestatten. Es geht allerdings zu seinen Lasten, wenn sich dadurch entscheidungserhebliche Umstände seiner Lebensverhältnisse nicht klären lassen. Insbesondere konnte deshalb nicht festgestellt werden, ob der Kläger in der angemieteten Wohnung alleine lebt. Bisher ist nicht hinreichend plausibel erklärt, weshalb die Klingelanlage und der Briefeinwurf an der Wohnungstür nur bzw. auch den Namen M ausweisen und um wen es sich bei der Frau handelt, die bei einem der Hausbesuche die Wohnungstür geöffnet und zunächst in Abrede gestellt hat, den Kläger zu kennen. Insoweit dürfte nicht nur der Kläger persönlich anzuhören, sondern auch diese – von ihm namentliche zu benennende – Frau als Zeugin zu vernehmen sein.

Sollten weitere Ermittlungen des Gerichts den geltend gemachten Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt (Regelsatz und Miete) für die Monate November und Dezember 2004 stützen, ergäbe sich ohne Weiteres auch ein Anspruch auf die Weihnachtsbeihilfe 2004 (vgl. § 21 Abs. 1 a Nr. 7 BSHG), dies alles allerdings nur unter der Voraussetzung, dass der vom Kläger benannte Darlehensgeber M E tatsächlich nur im Hinblick auf die vom Kläger erwartete weitere Hilfegewährung durch den Beklagten eingesprungen ist (vgl. Birk in LPK-BSHG, 6. Auflage 2003, Randnr. 15 f zu § 5 BSHG mit weiteren Nachweisen zu den nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts möglichen Ausnahmen vom Grundsatz "keine Sozialhilfe für die Vergangenheit").

Hinsichtlich der weiteren vom Kläger geltend gemachten Ansprüche ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe dagegen zu Recht wegen fehlender Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung abgelehnt worden. Zinsen für etwaig zu Unrecht vorenthaltene Hilfe zum Lebensunterhalt stehen grundsätzlich nur nach Maßgabe des § 44 SGB I zu, worüber von der Behörde gesondert zu entscheiden ist, darüber hinaus nur als Schadensersatz im Falle einer Amtspflichtverletzung, für dessen Geltendmachung ausschließlich der ordentliche Rechtsweg gegeben ist (vgl. Art. 34 Grundgesetz). Die vom Kläger begehrte Bekleidungsbeihilfe in Höhe von 165,60 EUR ist ihm nach Aktenlage mit Bescheid vom 21. Oktober 2004 zusammen mit der Hilfe zum Lebensunterhalt für den Monat Oktober 2004 bewilligt und auf das von ihm angegebene Empfängerkonto Daniela Rohde überwiesen worden. Die mit weiterem Bescheid vom 21. Oktober 2004 erfolgte Ablehnung des Antrages auf Übernahme der Mietkaution erfolgte zu Recht, denn die Anmietung der Wohnung in der P Straße zum 01. August 2004 ist nach Aktenlage ohne sozialhilferechtliche Notwendigkeit eines Umzuges und ohne vorherige Kenntnis des Beklagten erfolgt. Zwar behauptet der Kläger, dass er den Beklagten mit Schreiben vom 15. Juli 2004 – das er im Beisein eines Zeugen am selben Tag "kuvertiert und eingeworfen" haben will – um Zustimmung zum Umzug gemäß dem am Vortag abgeschlossenen Mietvertrag bis zum 26. Juli 2004 gebeten habe. In den Akten befindet sich aber lediglich eine Kopie dieses Schreibens, das dem Beklagten vom Vermieter des Kläger mit Anschreiben vom 14. September 2004 übersandt worden ist, verbunden mit einer Mahnung bezüglich der Miete für September 2004 und der Kaution in Höhe von 660,-EUR. Gegen eine frühere Kenntnis des Beklagten vom Abschluss des Mietvertrages spricht im Übrigen auch der vom Sachbearbeiter gefertigte Vermerk über ein mit dem Kläger am 29. Juli 2004 geführtes Telefonat, in dem dessen Umzugspläne keinerlei Erwähnung finden, obwohl dies wegen der angeblich erbetenen Zustimmung zum Umzug bis zum 26. Juli 2004 offensichtlich nahe gelegen hätte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 73 a SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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